In Karlsruhe besteht eine jüdische Gemeinde seit der Zeit
kurz nach Gründung der Stadt (1715), unterbrochen von 1940 bis 1945.
Schon im
ältesten Bürgerverzeichnis der Stadt sind einige Juden aufgeführt. Um 1730
gab es in der Stadt etwa 100 Juden, im Jahr 1800 war die Gemeinde auf 530
Mitglieder angewachsen.
An dem im 19. Jahrhundert aufblühenden wirtschaftlichen
Leben der Stadt und an der Industrialisierung waren zahlreiche jüdische Firmen
beteiligt wie die Papierfabriken Vogel und Bernheimer, die Kunstwollfabriken
Vogel und Schnurmann, die Lederfabrik Hermann und Ettlinger sowie der
Warenhauskonzern der Geschwister Knopf. Außerdem gab es vier jüdische Bankhäuser.
Aber auch in allen anderen Wirtschaftsbereichen waren Juden vertreten. Sie
stellten 1928 26 % der Ärzte und 40 % der Rechtsanwälte der Stadt.
Die höchste Zahl jüdischer Einwohner wurde um 1925 mit 3.386 Personen erreicht (2,3 % der
Einwohnerschaft).
1933 wohnten in Karlsruhe 3.119 jüdische Einwohner. Von den 1.375 Juden, die im
Mai 1939 noch in Karlsruhe wohnten, wurden im Oktober 1940 894 nach Gurs
deportiert, wo ein großer Teil den Strapazen des Lagerlebens erlag. Weitere
wurden von Gurs aus oder direkt aus Karlsruhe in die Vernichtungslager des
Ostens deportiert und wurden ermordet. Mindestens 1.421 der Karlsruhe Juden
starben während dem Holocaust.
Nach 1945 entstand eine im Vergleich zur Vorkriegszeit
wesentlich kleinere Gemeinde, die um 1990 ungefähr 400, 2002 über 600
Mitglieder hatte (siehe folgende Seite).
Schon vor 1725 hatte die in Karlsruhe entstandene jüdische
Gemeinde ein Haus nebst Hof und Garten in der Kronenstraße erworben, wo die Synagoge
und ein rituelles Bad (Badhaus) erbaut wurden.
Als diese erste Synagoge der wachsenden Gemeinde nicht mehr
ausreichte, beauftragte sie einen gerade aus Italien zurückgekehrten, jungen
und vielversprechenden Architekten mit dem Bau einer neuen Synagoge, den Sohn
eines Karlsruher Zimmermeisters: Friedrich Weinbrenner. Markgraf Karl Friedrich
genehmigt am 2. Juni 1798 den Bau der Synagoge, der wenige Tage später
mit der Grundsteinlegung am 10. Juni 1798 begonnen werden konnte. Die Synagoge
war Weinbrenners erste größere Bauaufgabe in Karlsruhe. Zwei Pylonen nach ägyptischer
Art flanierten ein Portal, dessen Spitzbogenmuster in der Arkadenreihe darüber
wiederkehrte. Über einen langgestreckten, von dorischen Säulen umgebenen Hof
lenkte der Weg zum Haupteingang. 1800 konnten bereits die ersten Gottesdienste
in der neuen Synagoge stattfinden. Die feierliche Einweihung war jedoch erst 1806
im Beisein des Markgrafen Karl Friedrich. Die Gottesdienste wurden in der neuen Synagoge in
traditioneller Weise abgehalten, was jedoch vielen zunehmend liberal gesonnenen
jüdischen Familien der Stadt immer weniger zusagte. Nach dem Vorbild des
Berliner und Hamburger "Israelitischen Tempelvereins" schlossen sich daher im Frühjahr
1819 zehn jüdische Familien zu einem Karlsruher "Tempelverein" zusammen.
Ihr Ziel war - nach dem damaligen Bericht in einer jüdischen Zeitung -, "ihren,
durch den Druck vergangener Jahrhunderte in seiner Heiligkeit und ehrwürdigen
hohen Bedeutung gesunkenen Kultus zu reinigen, die Gebete... in deutscher
Muttersprache zu verrichten, und durch zweckmäßige Predigten das Gemüt der
Andächtigen erbauen zu lassen" (Sulamith 1819 S. 339-340). Da diese Zielsetzung
den konservativ geprägten Familien zu weit ging, begann schon damals ein
Streit, der 1869 zur Abspaltung der jüdisch-orthodoxen Gemeinde führte.
In Karlsruhe sollen die Gottesdienste nach Art und Weise der
Tempelvereine in Berlin und Hamburg abgehalten werden
(1819)
Artikel
in der Zeitschrift "Sulamith", Jahrgang 1819 S.
339: "Errichtung eines neuen Israelitischen Tempels in
Karlsruhe.
Der schätzenswürdige Herr Hofagent und Bankier S. Haber senior in
Karlsruhe hat daselbst, im Verein mit mehreren würdigen
Gemeindemitgliedern, einen neuen Tempel errichtet, in welchem, nach dem
Muster der neuen Tempel zu Berlin und Hamburg, in deutscher Sprache
gebetet werden soll usw. Folgendes Schreiben eines verehrten Mannes
an den Herausgeber dieser Zeitschrift, enthält das Nähere
darüber:
'Euer
Wohlgeboren löbliches wohlbekanntes Streben zur Verbreitung der Kultur
unter unsern Glaubensgenossen, veranlasst mich, ja macht mir es zur
Pflicht, Ihnen anliegend ein Exemplar der gestrigen hiesigen Zeitung
mitzuteilen, woraus Sie zu ersehen belieben, dass nun auch hier sich
mehrere achtbare Israeliten zur Errichtung eines Bethauses, in welchem in
der Muttersprache gebetet wird, nach Art der Tempelvereine in Berlin und
Hamburg, (womit also auch eine Lehranstalt verbunden wird) vereint, und
den Seiten der Regierung Genehmigung und Schutz in den aufmunterndsten
Ausdrücken zugesichert erhalten haben.
Dass viele schwere Hindernisse zu bekämpfen waren, ehe es gelang, diese
Sache so weit zu bringen, brauche ich Ihnen nciht zu sagen, da es einem so
eifrigen Beförderer der wahren Aufklärung, einem Herausgeber und
Bearbeiter der schätzbaren Sulamith und Direktor mehrerer Israelitischen Schulen
nicht unbekannt sein kann, was für mannigfache große Schwierigkeiten
sich darbieten, wenn man, besonders bei unseren Glaubensgenossen,
eingewurzelte Vorurteile und Missbräuche - seien sie auch dem Zeitgeiste
und dem Volkswohl noch so sehr entgegen - vertilgen will usw.'
(Anmerkung: Dem Vernehmen nach haben nun bereits die Rabbinen im
Badenschen gegen diese Einrichtung protestiert.
D.H.)
Auszug
aus der Karlsruher Zeitung. 'Karlsruhe, den 1sten Juni. Unsere Regierung
hat dieser Tage wieder einen neuen Beweis ihrer liberalen Gesinnungen auf
eine schöne Weise an den Tag gelegt. Das Bedürfnis unserer Zeit, welche
die Forderung echter Aufklärung und wahrer Religiosität jedem
Staatsbürger so nahe ans Herz legt, ward auch mehreren Israelitischen
Einwohnern lebhaft fühlbar. Das Resultat langer und reiflicher
Überlegung, wie diesem Bedürfnisse abgeholfen werden könnte, fiel
endlich dahin aus, dass sich mehrere der hiesigen angesehensten Israeliten
zu dem Zwecke vereinten, ihren, durch den Druck vergangener Jahrhunderte
in seiner Heiligkeit und ehrwürdigen hohen Bedeutung gesunkenen Kultus zu
reinigen, die Gebete, nach Art und Weise des Berliner und Hamburger
Israelitischen Tempelvereins, in deutscher Muttersprache zu verrichten,
und durch zweckmäßige Predigten das Gemüt der Andächtigen erbauen zu
lassen. Dieses Vorhaben hat ein Verein mehrerer Israelitischer Einwohner
der Regierung vorgelegt, welche nicht nur ihre hohe Genehmigung, sondern
auch noch die erhebende Zusicherung erteilte, dass dieses Unternehmen alle
Unterstützung verdiene.'"
Am Abend des 29. Mai 1871 ging die Weinbrennersche
Synagoge in Flammen auf; das Feuer hatte von einem aus Holz gebauten Nachbarhaus
übergegriffen. Es war der größte Brand in der Geschichte Alt-Karlsruhes.
Die Flammen wüteten bis in die Mittagsstunden des folgenden Tages. Bis zur
Fertigstellung eines Neubaus mussten die Gottesdienste der jüdischen Gemeinde für
vier Jahre im oberen Saal des israelitischen Krankenhauses stattfinden, an den
hohen Feiertagen im größeren Saal der "Eintracht".
Die Synagoge ist abgebrannt
(1871)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
21. Juni 1871: "Karlsruhe. Ein schweres Unglück hat die
hiesige israelitische Gemeinde getroffen. Die Mitglieder sind in tiefe
Trauer versetzt. Unsere ehrwürdige Synagoge (Bet HaKnesset) ist
nicht mehr. Die heilige Stätte, an welcher wir tagtäglich unser Gebet
verrichteten, wo wir so oft in ernster wie in freudig erregter Stimmung
unsere Augen zum Himmel emporgehoben, wo wir in den Tagen der Freude
unseren Dank ausgesprochen und in Zeiten des Kummers Trost und Beruhigung
gesucht und gefunden, sie liegt in Asche. In der Nacht vom 29. auf den 30.
Mai brach in dem Hinterhof eines Hauses der Kronenstraße Feuer aus. Die
hiesige Feuerwehr, welche durch ihre nicht genug anzuerkennende
Tüchtigkeit in der Regel einen Brand in kürzester Zeit bewältigt, traf
diesmal gleich bei ihrem Erscheinen einen so ausgebreiteten Feuerherd,
dass an eine Rettung der vom Feuer ergriffenen Gebäude schon nicht mehr
zu denken war. Eines der ersten Gebäude, das dem schrecklichen Elemente
zum Opfer fiel, war die bereits seit nahezu 50 Jahren bestehende
sogenannte Frühsynagoge. Dank dem Allmächtigen wurden die Torarollen
aus derselben gerettet, jedoch schon nicht ohne Gefahr, da dieselben
bereits in Flammen standen. Dem Bäckermeister L. Strauß gebührt das
große Verdienst dieser mutigen und gefährlichen Tat der Rettung, welche
umso höher veranschlagt werden muss, als das Wohnhaus eben dieses Strauß
bereits in Flammen stand und von seiner Habe nur wenig gerettet werden konnte.
Gott vergelte sein gutes Verdienst. Die Gefahr lag sehr nahe, dass
auch die Waldhornstraße von dem Feuer ergriffen werde, und ein Hinterhaus
derselben war bereits von dem verzehrenden Elemente ergriffen. Es bedurfte
der angestrengtesten Tätigkeit und Ausdauer, diese das ganze Quadrat
schon bedrohende Gefahr abzuwenden. Trotz aller Anstrengung konnte aber
nicht verhütet werden, dass die Frauensynagoge gegen 2 Uhr Feuer fing.
Durch vieles Holzwerk genährt, teilte sich die Flamme bald dem Dachstuhle
der Synagoge mit, welcher nach etwa einer halben Stunde mit schrecklichem
Krachen herunterstürzte. Doch wurden auch hier alle Torarollen - Gott
sei Dank - rechtzeitig in Sicherheit gebracht, auch viele Gebetbücher
und Gebetmäntel konnten hier noch gerettet werden.
Jetzt bezeichnen 4 kahle Mauern die Stätte, wo noch
am
jüngsten
Schawuot (Wochenfest) eine sinnig verzierte herrliche Synagoge
gestanden, und der heranbrechende Tag beschien zwei in Asche gelegte
Synagogen. Mit düsterer Wehmut lesen wir noch am Eingang des Vorderhauses
der großen Synagoge, das teilweise stehen geblieben, die in Gold
prangende Aufschrift 'und er brachte mich zum Eingang des Hauses des
Herrn' (Ezechiel 8,14). Das Tor steht noch, das Gotteshaus aber, zu
welchem wir so oft durch dieses Tor eingezogen, liegt in Trümmern. Der
Allmächtige tröste uns und trockene unsere Tränen durch den baldigen
Aufbau eines Gotteshauses, das echt religiöse Interessen wahre und
reelle Befriedigung gewähret.
Über die Hoffnungen und Befürchtungen, die sich an dieses traurige
Ereignis knüpfen, mit Gottes Hilfe - ein andermal, heute versagt meine
Feder hierzu noch den Dienst.
Erwähnung verdient aber gewiss noch folgende Episode.
Seine Königliche Hoheit der Großherzog war alsbald nach Ausdruck der
Feuersbrunst an die Brandstätte geeilt und war bald da bald dort selbst
tätig, die nötigen Anordnungen zu treffen. Der Vorstand des hiesigen
Synagogenrats, Herr Bielefeld, der bei dieser Gelegenheit die Ehre genoss,
Seine Königliche Hoheit zu sprechen, äußerte gegen Hochdenselben unter
Andrerem, es sei nun der Streit wegen des Baues einer neuen Synagoge, der
seit langer Zeit die hiesige Gemeinde in Aufregung versetzte, durch die
Elemente entschieden. Ja, antwortete Seine Königliche Hoheit in
hochherziger Weise, aber leider durch eine sehr traurige Veranlassung,
denn es könne nicht fehlen, dass sehr viele Mitglieder der Gemeinde noch
eine große Anhänglichkeit für die ehrwürdige Stätte bewahrten, an
welcher sie so oft ihren Gefühlen der Freude und des Leides vor Gott
Ausdruck gegeben.
Ehre dem Fürsten, der von solch edler Gesinnung beseelt ist und Heil dem
Lande, das von einem so edlen und hochherzigen Fürsten regiert
wird."
Zum Synagogenbrand
(1871) Anmerkung: Zum Verständnis des Abschnittes ist darauf hinzuweisen, dass
dieser für die orthodox-jüdischen Zeitschrift "Der Israelit"
verfasst wurde. Der Verfasser selbst entstammt konservativen ('gesetzestreuen')
Kreisen. Ihm wird in der Diskussion nach dem Brand der Synagoge deutlich, dass
der Vorstand der Gemeinde den Bau einer modernen Synagoge (d.h. damals mit
Orgel, gemischtem Chorgesang usw.) intendiert und dies zu weiteren Spaltung der
Gemeinde führen wird. Die orthodoxe "Religionsgesellschaft" hatte
sich seinerzeit schon gebildet. Eine "Orgelsynagoge" würde dazu
führen, dass die meisten anderen konservativ Gesonnenen der Gemeinde sich
dieser anschließen würden.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August
1871: "Karlsruhe, im August (1871). Noch ist in aller
Herzen der traurige Ruf: 'Die Synagoge steht in Flammen!' in lebhafter
Erinnerung, noch steigen in unserem Gedächtnis die dicken Rauchwolken und
funkensprühenden Feuersäulen auf - öde liegt sie jetzt da die Stätte,
zu der wir so lange gewandert, um unser Gebet zu Gott zu richten, kahl und
leer ist sie so plötzlich geworden. Die Flammen sind ausgelöscht und der
Qualm ist verfolgen. Die Flammen sind ausgelöscht? - Als vor 18
Jahrhunderten der zweite Tempel in Asche gelegt, zum zweiten Male
schmerzvolle Galuthwanderung angetreten werden musste; ach, da loderten im
Geiste lange Jahrhunderte hindurch fortwährend von Neuem die Lohen zum
Himmel, die Juda fast vernichtet, ihm eine Wunde geschlagen hatten, die
nimmer versiegte. Aus der Zerstörung ist aber, Gott sei Dank, ein Leben
erwachsen, das kein Brand mehr hinwegfegen konnte. Sie hat die Herzen
gekräftigt, gesammelt, entzündet für die Wiedererrichtung des Tempels -
des geistigen, der über Zeit und Raum erhaben, das Gotteswort ward
gepflegt, im Leben geübt, und getröstet schritt Israel der Zukunft
entgegen.
Die Flammen glühen noch, die vom Tempel ausgegangen, wenn auch nicht
allwärts in gleicher Stärke. Und hier? Es ist bekannt, wie der Tempel
schon am verzehrenden Feuer litt, noch ehe das grause Element sich seiner
bemächtigte; es ist bekannt, wie eine Anzahl Gemeinde-Mitglieder sich
sonderte aus Furcht, es würden Institutionen, die ihnen heilig, dem
wahren Judentume entfremdet werden, es würden neue eingeführt werden,
die von dem Gesetzestreuen als verboten zu betrachten sind. Damals
hielten sich Viele, die gleichen religiösen Standpunkt teilen, von
solchem Schritte zurück, mit der Devise: 'Noch zu früh'. Mit einem Male
ist es aber klar geworden. Was die Einen gefürchtet, wird Wahrheit, was
die Anderen gehofft, ist Täuschung. Das Streben des Vorstandes tritt von
Tag zu Tag offener, bestimmter hervor. Ein tragisches Geschick hat alle
Zweifel gelöst. Der Vorstand hat, statt auf heiliger Brandstätte zu
geloben, den Frieden neu und fest zu begründen durch den Bau eines echt
jüdischen Gotteshauses, das alle Anhänger in inniger Eintracht umfassen
soll, kann - - seine höhnische Freude nicht unterdrücken können über
die so plötzliche Lösung des langjährigen Streites.
Im Lyzeum haben wir schon en miniature, was uns bevorsteht. Die Orgel wird
gebaut, der Gottesdienst geändert werden und so manches Andere wird
nachfolgen. Es schmerzt gewaltig der Gedanke, dass in Karlsruhe nun auch
der unvermeidliche Riss so schnell eingetreten, hier, wo so lange der Sitz
der wahren Religiosität, wo Männer, wie Korban Natanel R. Tiah,
R. Ascher - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - gelehrt und
gewirkt haben. Wer hätte gedacht, dass man so schnell der Vergangenheit
vergessen, ja sie höhnen könne! Die Flammen sind ausgelöscht? O nein,
verzehrend wirken sie fort, da, wo man glaubt, dass sie das Heil gebracht.
Die Flammen werden aber - so Gott will - bei uns auch wieder erwärmen,
leuchten, werden uns den Weg zeigen, den wir, die wir noch treu und fest
halten an dem Vermächtnis unserer Ahnen, gehen müssen. Wir glauben darum
auch nimmer dem
Gerüchte,
das sich verbreitet, dass sich eine 3. Gemeinde bilden wolle; da wir
wissen dass - Gott sei Dank - die Majorität der Gemeinde noch Sinn
und Verständnis hat von unserer heiligen Tora, dass sie mit Liebe,
Treue und Innigkeit anhangen dem geoffenbarten Sinaiwort. Die Anhänger
der Orgel, in Gottes Namen, mögen sie machen, was sie wollen; sie haben
unser Prinzip verlassen, mögen sie sich Allem dem ergeben, was 'der
Herren Geist' wünscht und will - unsere Wege scheiden sich -- Wir aber
müssen jetzt - sollte auch da oder dort Voreingenommenheit und
dergleichen vorhanden sein, - jedes persönliche Motiv fallen lassen und
mit denen zusammengehen, die eines Sinns, eines Prinzips mit
uns sind. Die Religionsgesellschaft ist bereits selbstständig geworden,
nun schließen wir uns ihr rückhaltlos an. Wenn Euch die Vergangenheit
kein ausgelöschter Punkt und die Zukunft keine Chimäre, nun - dann
einigt Euch. Ihr habt Euch aus der Vergangenheit die Macht bewahrt, die
Unwiderstehlichkeit verleiht; die strahlen der göttlichen Macht, die
nimmer verlöschen. Aus der Vergangenheit bringt Ihr Alle noch die Prinzipien
mit, wodurch sich die Zukunft als eine glorreiche erweisen muss: die
Überzeugungstreue, die Hochhaltung der ewigen Wahrheiten, die uns von
Gott anvertraut wurden, Wahrheiten, die nicht geändert, nicht umgemodelt,
nicht nicht verstümmelt werden dürfen. Wir täuschen uns hoffentlich
nicht. Die Gesetzestreuen werden sich einigen und aus dieser Einigung wird
eine große, starke und - glaubensfeste Gemeinde hervorgehen. Das wird der
Trost sein, den uns das rauchende Heiligtum gebracht. 'Der Herr sammelt
die Verstoßenen Israels - ferner werd ich sammeln zu ihm zu seinen
Gesammelten' (Jesaja 56,8)."
Die Pläne zum Neubau einer Synagoge gehen bereits in die
Jahre zurück, als die Weinbrennersche Synagoge noch stand. 1862 wurde der
Abbruch des Weinbrennerbaus und ein von Baurat Prof. Josef Durm zu erbauender
Neubau für 60.000 Gulden erwogen. Der Brand der Weinbrennerschen Synagoge veränderte
die Planungen um den Synagogenneubau völlig. Nun stand der Ausführung der Pläne
von Durm nichts mehr im Wege. Allerdings sollte der von ihm geplante Bau
inzwischen etwa 100.000 Gulden kosten. Im März 1872 begannen die
Ausgrabungsarbeiten für die Synagoge und die sie flankierenden Nebengebäude in
der Kronen- und Kaiserstraße. Kurz vor Fertigstellung des Neubaus genehmigte
der Karlsruher Bürgerausschuss die Bewilligung einer Bauprämie als Zuschuss an
die Bauherrschaft, die Israelitische Stadtgemeinde.
Zur Einweihung der
Synagoge am 12. Mai 1875 kamen neben Vertretern der israelitischen
Gemeinden, der Kirchen und der Stadt auch das Großherzogspaar, die Prinzessin
Wilhelmine, die Fürstin Hohenlohe-Langenburg und mit ihnen die Abordnungen der
Militär- und Zivilbehörden. Rabbiner Dr. Adolf Schwarz hielt die Festpredigt.
Nur wenige wussten, das seine Predigt eine Prüfungsarbeit für das Amt des
Stadtrabbiners war. Und da sie so eindrücklich vorgetragen worden war und die
Gemeinde begeisterte, wurde Dr. Schwarz ab dem 1. Juni 1875 für 18 Jahre
Stadtrabbiner in Karlsruhe. Die neue Synagoge hatte auch eine Orgel, was
letztlich zum Bruch mit den Orthodoxen in der jüdischen Gemeinde und zu deren
Entschluss zum Bau einer eigenen Synagoge führte.
Vorschriften für die Gottesdienste zum Regierungsjubelfest
des Großherzogs (1892)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai
1892: "Karlsruhe. Der großherzogliche Oberrat der Israeliten
verordnete die feierliche Begehung des Regierungsjubelfestes Seiner
Königlichen Hoheit des Großherzogs für Samstag, den 30. April, in dem
vormittägigen Gottesdienste unter Absingen von Psalmen, Predigt und einem
besonders verfassten gehaltreichen Gebete. Die Synagogen sollen festlich
dekoriert, die drei aus dem Schrein zu hebenden Torarollen mit dem
größten Schmucke, wie solches nur an den höchsten Feiertagen üblich
ist, versehen sein."
50-jähriges Bestehen der Synagoge in der Kronenstraße
(1925)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 5. Juni 1925: "Karlsruhe. Der Zeitung 'Badische
Presse' vom 28. vorigen Monats entnehmen wir: Am 8. Juni dieses Jahres
sind 50 Jahre verflossen, seitdem die Karlsruher Synagoge in der
Kronenstraße ihrer Bestimmung übergeben wurde. Aus diesem Anlass ist ein
Festgottesdienst vorgesehen, zu dem zahlreiche Einladungen an die
Mitglieder der Israelitischen Gemeinde ergangen sind. Die Feier wird
eingeleitet durch eine Ouvertüre mit Orgel und Orchester, der die
Mendelssohn'sche Arie 'Gott sei mir gnädig' folgt. Bei dem Aus- und
Einheben der Torarollen wirken Solokräfte und der Synagogenchor mit. Bei
dem feierlichen Umzug singt die Gemeinde 'O Gott, helf uns doch'. Die
Festpredigt hält der neue Stadtrabbiner Dr. Hugo Schiff, zur Zeit noch in
Braunschweig. Mit dem Schlusschor aus der 'Schöpfung' von Haydn mit Orgel
und Orchester wird die Feier beendet. -
Einige Daten von dem Synagogenbrand im Jahre 1869: Es war Pfingstmontag
nachts 1/2 1 Uhr, als das damalige Karlsruher Pompierkorps alarmiert
wurde. Die Synagoge stand in hellen Flammen, an Rettung war nicht zu
denken, es musste darauf gesehen werden, dass die Nachbarwiesen geschützt
werden. Die Feuerwehr war damals noch nicht auf der Höhe wie heute, viele
befanden sich auf einem Ausflug in Baden-Baden, bis zum Morgen war das
ganze Eck an der Kronenstraße abgebrannt. Von der damaligen Generation
sind die meisten zur großen Armee eingegangen, nur einige wenige befinden
sich noch am Leben, darunter Privatier Karl Homburger, der diese Woche bei
voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit seinen 83. Geburtstag
feiern kann. Privatier, früher Bäckermeister Strauß, der nebenan eine
Bäckerei hatte, sein Brunder Salomon Strauß, der ein Spezereigeschäft
betrieb. Kutscher Höfele, damals einer der ersten Fuhrhalter der
Residenz, wohnte im gleichen Hause. Weiter wohnten in den abgebrannten
Häusern: Schmiedemeister Bickel, Rabbiner Willstätter und Kantor Wiedhan.
Auch eine israelitische Schule war in einem der abgebrannten Anwesen
untergebracht."
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 19. Juni 1925: "Karlsruhe. Anlässlich des
50-jährigen Bestehens der Synagoge veranstaltete die hiesige
israelitische Gemeinde am gestrigen Sonntag eine stimmungsvolle Feier.
Unter den geladenen Gästen bemerkte man unter anderem Ministerialrat
Schwörer in Vertretung des Staatspräsidenten, Landrat Schaible,
Oberbürgermeister Finter, Monsignore Stumpf sowie
verschiedene Stadträte. Nach einer Ouvertüre von Johann Kaspar Ferdinand
Fischer, gespielt vom Munz'schen Orchester unter Leitung von Herrn Munz
wurde die Feier eingeleitet. Herr Karl Maier sang sodann die
Mendelssohn'sche Arie: 'Gott sei mir gnädig'. Sein von tiefem Empfinden
getragener Vortrag leitete in harmonischer Weise über zu der feierlichen
Handlung der Aushebung der Torarollen. Es fand dann ein Umzug mit den
Torarollen statt, der von dem Gesang 'O Gott, helf uns doch' von Herrn
Kantor Metzger und dem Synagogenchor begleitet wurde. Nach Beendigung des
Umzuges wurden die Torarollen wieder in feierlicher Weise eingehoben.
Einen wesentlichen Teil zur künstlerischen Ausgestaltung der Feier trug
Kerr Sigmund Löwental bei, indem er eine Tenorarie aus 'Josua' von Georg
Friedrich Händel, zum Vortrag brachte. Von sorgfältiger Auswahl des
Programmes zeugte die musikalische Darbietung des 1. Satzes eines Concerto
grosso von Händel, gespielt von Orgel und Orchester. Machtvoll klangen
die Töne durch den Raum und in freudigem Jubel stieg das Fortissime hinan
zu einer Höhe, die gekrönt wurde durch den Vortrag des Predigtliedes:
'Frohlocket ihr Völker' von Theodor Munz. Die Predigt wurde gehalten von
Herrn Stadtrabbiner Dr. Hugo Schiff. An den Anfang seiner Betrachtungen
stellte er den durch Dichterworte zum Ausdruck gebrachten Gedanken, dass Steine
zerbröckeln und Mauern zerfallen im Strome der Zeiten und Völker, doch
was Seelen in Leid geschaffen, ewigen Bestand habe. In weiteren
Ausführungen gedachte der Prediger der Persönlichkeiten, die sich um die
Gemeinde, ihr Wohl und ihre Einrichtungen in hervorragender Weise verdient
gemacht haben und vergaß nicht, der Gemeinde den Opfertod im Weltkriege
von 55 ihrer Mitglieder ins Gedächtnis zurückzurufen. Anknüpfend an das
50-jährige Jubiläum des Gotteshauses, das im Jahre 1875 an Stelle eines
alten abgebrannten erbaut und am 12. Mai 1875 durch den in Wien heute noch
lebenden damaligen Stadtrabbiner Herrn Dr. Schwarz geweiht wurde, kam Herr
Dr. Schiff zu Betrachtungen religiöser Art. Die eindrucksvolle Feier
endete mit dem Schlusschor aus der 'Schöpfung' von Joseph
Haydn."
Schändung der Synagoge durch Hakenkreuz-Schmierereien
(1926)
Artikel
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 19. Februar
1926: "Synagogenschändung. Auch die Ehrentafel für die
Gefallenen beschmutzt. Den schimpflichen Beschmutzungen der Synagogen
in München, Kiel und anderswo reiht sich nunmehr eine gleiche Handlung in
Karlsruhe an. Dort wurden in einer der letzten Nächte die Vorhalle zum
Eingang der Synagoge, alle Wände und der Boden mit etwa
einhalbmetergroßen Hakenkreuzen aus Teerfarbe beschmiert. Sogar die dort
angebrachte Ehrentafel für die im Felde Gefallenen ist beschmutzt worden.
Bezeichnenderweise bemerkt das rechtsstehende 'Karlsruhe Tagblatt' (Nr. 67
vom 10. Februar), 'dass derartige verletzende und verhetzende Vorkommnisse
nicht zur Ausgleichung der Gegensätze beitragen, und dass man sie nur als
Bubenstreiche bezeichnen kann, für die der vernünftige Mensch kein
Verständnis habe.' Leider müssen wir nach unseren Erfahrungen auf diesem
Gebite befürchten, dass in gewissen völkischen kreisen für solche
Heldentaten wohlwollendes Verständnis besteht, ohne dass man die Träger
solcher Anschauung als 'unvernünftige Menschen' bezeichnen
könnte."
59 Jahre, nachdem die Synagoge Weinbrenners durch einen großen
Brand zerstört worden war, ging auch die Synagoge Durms in Flammen auf. Beim Novemberpogrom
1938 wurde sie von NSDAP-Partei-Mitgliedern in Brand gesetzt. Die Feuerwehr
war zur Stelle, aber sie hatte den Befehl erhalten, nur dann einzugreifen, wenn
eines der benachbarten Häuser von den Flammen erfasst werden sollte.
Bis Anfang 1939 wurde die ausgebrannte Ruine auf
Kosten der jüdischen Gemeinde abgetragen. Man plante, das Grundstück der
Synagoge zum Bau einer Großgarage zu verwenden. Die Steine wurden vor allem zum
Straßenbau in der Friedrichstaler Allee verwendet.
Die jüdische Gemeinde konnte 1939 und bis zur Deportation
der Juden nach Gurs im Oktober 1940 ihre Gottesdienste noch in den früheren
Sitzungsräumen des jüdischen Gemeindehauses in der Herrenstraße 14 abhalten. Dieser Betsaal wurde auch nach 1945 ein erster Mittelpunkt des
erneuerten Gemeindelebens (siehe folgende
Seite).
Auf dem mit einer Mauer aus Kalksteinquadern
abgeschlossenen Synagogengrundstück in der Kronenstraße wurde 1963 zum 25.
Gedenktag der Zerstörung der Synagoge eine bronzene Gedenktafel angebracht. Der
leere Platz wird heute vor allem von den fünf hier angepflanzten Pappeln geprägt.
Neben der liberal eingestellten Gemeinde bestand von 1868 bis 1937 eine kleine orthodox-jüdische Gemeinde ("Israelitische Religionsgesellschaft"). Sie hielt ihre Gottesdienste zunächst in Privathäusern ab, zuletzt bis 1881 im Haus Ritterstraße 2. 1881 konnte sie ein eigenes Gemeindezentrum mit Synagoge, Gemeindehaus und rituellem Bad im Hinterhof des Gebäudes Karl-Friedrich-Straße 16 erstellen.
Eine Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft soll
gebaut werden (1879)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
17. Dezember 1879: "Karlsruhe, im Kislew. Von der
Israelitischen Religionsgesellschaft hierselbst ist schon längere Zeit in
Ihrem geschätzten Organ nicht die Rede gewesen. - Es geschah dies
deshalb, weil in der Tat nichts Bemerkenswertes vorgefallen ist, nichts in
die Augen Fallendes sich ereignet hat. Doch entging dem aufmerksamen
Beobachter nicht, dass diese junge Gemeinde, die zu Ehren Gottes
gegründet wurde, nach Innen und Außen bedeutende Fortschritte zu
verzeichnen hat und wenn auch still und bescheiden, so doch unentwegt
einer fortschreitenden gedeihlichen Entwicklung entgegen geht. Sie hat
nach Innen einen Zuwachs an achtbaren Mitgliedern zu verzeichnen und nach
Außen die Achtung erworben, die der opferfreudigen Gesetzestreue gebührt
und die zuletzt auch Andersdenkende ihr nicht versagen
können.
Mit dem 20. Kislew ist die Religionsgesellschaft - Gott sei Dank -
in eine neue Phase glücklichen Gedeihens getreten. - Es ist dem
einmütigen Zusammenwirken des Vorstandes und hervorragender
Gemeindemitglieder gelungen, ein schönes Haus mit großem Bauplatz in
schönster Lage der Stadt zu erwerben, um ein würdiges Bet HaKnesset (Synagoge)
nach traditionellen Vorschriften zu errichten. Damit ist dem
dringendsten Bedürfnis abgeholfen. - Alle religiösen Institutionen hatte
die Gemeinde in bester Weise in den 10 Jahren ihres Bestehens hergestellt.
- Aber die würdige Repräsentation im Bet HaKnesset (Synagoge)
fehlte, denn der provisorische Betsaal konnte buchstäblich die
Andächtigen nicht mehr fassen, und so ward der Anschluss neuer Elemente
geradezu unmöglich gemacht.
Wie nicht anders zu erwarten, hat dieses Ereignis eine freudige
Begeisterung bei Jung und Alt hervorgerufen und wird ohne Zweifel einen
Widerhall finden in den Herzen aller gesetzestreuen Jehudim Deutschlands,
namentlich aber in den orthodoxen Religionsgesellschaften in Frankfurt am
Main, Mainz, Berlin, Darmstadt, Wiesbaden, Bingen etc. etc., denn eine
solche Tatsache hat mehr als lokale Bedeutung. Was in der Metropole Badens
für das echte und rechte Judentum geschieht, ist Beispiel gebend für das
ganze badische Land. Und so wird sich zum Beispiel Bruchsal zweimal
besinnen, ob es durch leichtsinnige Einführung der Orgel in der neu zu
erbauenden Synagoge daselbst, die Gesetzestreuen zum Austritt zwingen
soll. - So klein auch der Anfang solcher Gemeinden, sie haben eine
Zukunft, ja wir können sagen, die Zukunft gehört ihnen. So rufen wir
denn der glaubensmutigen und opferfreudigen Gemeinde in Karlsruhe zu:
'Lasst eure Hände stark sein!' (2. Samuel 2,7). Und wenn auch der
Schwierigkeiten noch viele bis zur Vollendung des Baues sind, Gottes Hifle
wird gewiss nicht fehlen. Mit dem Propheten Sacharja sprechen wir: 'Wer
du auch seiest, großer Berg, vor euch wirst du zur Ebene. Und er wird
hervorziehen den Hauptstein unter dem Jauchzen der ihm Heil Wünschenden'
(Sacharja 4,7)".
Die Einweihung der Synagoge der israelitischen
Religionsgesellschaft (1881)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September
1881: "Karlsruhe, 22. September (1881). Die feierliche
Einweihung der neuen Synagoge der orthodoxen israelitischen
Religionsgesellschaft fand gestern Abend 1/2 6 Uhr statt. Die neue
Synagoge i n der Karl-Friedrich-Straße, die nach den Entwürfen des Herrn
Architekten Ziegler vom Maurermeister Gerhard erbaut wurde, ist von
einfacher, aber überaus prächtiger Schönheit. In Frührenaissancestil
erbaut, gewährt das Innere derselben einen imposanten Anblick. Ein fein
gearbeiteter Plafond mit Oberlicht, dessen prächtige Glasmalereien vom
Glasmaler Herrn Drinneberg angefertigt sind, vervollständigt den guten
Eindruck, den die ganze Synagoge macht. Zu erwähnen ist noch der
rotsamtene Vorhand mit einer ausgezeichneten Goldstickerei, die
geschmackvoll ausgeführten Gaslüstres von Herrn Installateur Metzger und
das hübsche Geländer rings um die Galerie von Herrn Schlossermeister
Hammer. Die Einweihung selbst war eine äußerst feierliche, die
Festpredigt hielt der Rabbiner, Herr Dr. Goitein. Der Einweihung wohnte
eine große Anzahl eingeladener Gäste bei."
Die Synagoge der Religionsgesellschaft wird renoviert
(1913)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 4. Juli 1913: "Karlsruhe. Gegenwärtig wird die
Synagoge der Israelitischen Religionsgesellschaft renoviert. Die Stadt hat
bis zur Vollendung der Renovation die Ausstellungshalle des
Landesgewerbeamtes zur Verfügung gestellt."
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. August
1913: "Aus Karlsruhe in Baden wird gemeldet. Die Synagoge der
hiesigen orthodoxen Gemeinde wird gründlich renoviert. Zur Abhaltung des
Gottesdienstes stellte die Stadt in dankenswerter Weise die
Ausstellungshalle des Landesgewerbeamts unentgeltlich zur
Verfügung."
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge innen
mit Öl begossen und angezündet. Sie brannte völlig aus. Einige Kultgegenstände
konnten beschädigt geborgen werden. Die Gemeinde musste für den Abbruch der
Ruine selbst sorgen. Das Gemeindehaus und das rituelle Bad konnten zunächst
weiterhin benutzt werden. Nach 1945 wurde das Grundstück neu überbaut, die
ehemalige orthodoxe Synagoge befand sich an der Stelle des heute rückwärtigen
Teiles der Druckerei G. Braun. Eine Gedenktafel ist vorhanden.
Januar 2012:
Über die "Stolpersteine"-Initiative in
Karlsruhe Anmerkung: seit 2005 wurden "Stolpersteine" in Karlsruhe verlegt.
Artikel in den ka-news.de vom 20. Januar
2012: "Stolpersteine: Karlsruhe stolpert gegen das
Vergessen.
Karlsruhe (kth/kst). 'Hier wohnte Max Strauss.' Wer in der Karlsruhe
Innenstadt unterwegs ist und den Blick auf den Boden wirft, wird unweigerlich
auf diesen und andere 'Stolpersteine' stoßen. Insgesamt gibt es in der
Fächerstadt 143 solcher Stolpersteine, die an die Opfer des Nationalsozialismus
erinnern. Die Steine, die auf den ersten Blick kaum zu erkennen sind,
befinden sich vor Hauseingängen, in Fußgängerzonen und
Bürgersteigen..." Link
zum Artikel. Vgl. zu den Verlegungen
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Karlsruhe und
https://ka.stadtwiki.net/Stolpersteine
Artikel von Heike Schwitalla in ka-news.de
vom 21. März 2016: "Putzen gegen das Vergessen: Karlsruher polieren
Stolpersteine. In der Karlsruher Südstadt wurden Stolpersteine aufpoliert
Manchmal sind es die kleinen Gesten, die große Zeichen setzen. Wenn Menschen
auf die Knie gehen, um in den Karlsruher Straßen die 'Stolpersteine' zum
Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu polieren, dann ist das
solch eine besondere Geste, die für sich selbst spricht. Anlässlich der
Karlsruher Wochen gegen Rassismus wurden am Samstag in der Südstadt unter
dem Motto 'Erinnerung aufpolieren' eben diese Messing-Gedenkplatten des
Künstlers Gunter Demnig gereinigt und zum Strahlen gebracht. Sie sind in die
Straßenbelag eingelassen und zeigen vor den letzten frei gewählten
Wohnhäusern an, wo Opfer des Nationalsozialismus gelebt haben. Die
'Stolpersteine' tragen die Namen, Geburts- und Todesdaten der Menschen und
erinnern so an das Schicksal ganzer Familien, die deportiert oder umgebracht
wurden.
Das Projekt 'Erinnerung aufpolieren'gibt es in Karlsruhe schon länger.
Engagierten Bürger putzen in der Regel zweimal pro Jahr Karlsruher
'Stolpersteine', gedenken so der Opfer der NS-Diktatur und schaffen durch
das Polieren neue Aufmerksamkeit für deren Schicksale. Privatpersonen und
Mitglieder von Amnesty International, des Deutschsprachigen Muslimkreis
Karlsruhe, des Vereins Gegen Vergessen - Für Demokratie, der Grünen Jugend
Karlsruhe, des Menschenrechtszentrums Karlsruhe, der Jungen Union und der
Jusos Karlsruhe nehmen regelmäßig an den Aktionen teil. Zu den Karlsruher
Wochen gegen Rassismus trafen sich zwölf Personen am Samstag in der
Südstadt, um dort die 'Stolpersteine' zu reinigen. In vier Gruppen
aufgeteilt, ging es auf vorab festgelegten Routen durch die Straßen, um den
Gedenksteinen neuen Glanz zu verleihen. Die Steine müssen manchmal
minutenlang poliert werden, je nach Publikumsverkehr macht die Patina die
Schrift fast unlesbar. Interesse wecken, Geschichten erzählen. Passanten bleiben stehen,
schauen erstaunt zu, fragen nach. 'Nicht immer ist die Reaktion positiv',
berichtet Martina Hahne, die bereits sei drei Jahren an den Putzaktionen
teilnimmt. 'Manchmal stoßen die Menschen uns sogar beiseite, wenn sie es
besonders eilig haben, aber in der Regel sind sie eher neugierig, manchmal
belächeln sie uns auch'. Ist ein Stein poliert, liest jemand aus der Gruppe
einen kurzen Lebenslauf zu den Menschen vor, die hier verewigt sind - ein
kleiner Strauß Efeu, niedergelegt auf dem wieder strahlenden Stein, beendet
den Moment des Gedenkens, die Gruppe zieht weiter. 'Viele Menschen übersehen
die Stolpersteine, weil sie gar nicht wissen, dass es sie gibt', so Martina
Hahne weiter. Auch dafür ist die Aktion 'Erinnerung aufpolieren' gut: Sie
macht aufmerksam auf die Gedenksteine und damit auch auf die Lebensläufe der
Opfer und deren trauriges Schicksal. Aus dem Haus in der Werderstraße 26
kommt eine Anwohnerin heraus. Sie muss kurz stehen bleiben, denn vor ihr
knien zwei Frauen auf dem Boden und polieren den Stolperstein für Moritz
Baruch. Sie habe schon immer wissen wollen, wer dieser Mann sei, sagt sie.
Liane Holl nutzt die Gelegenheit und liest ihr die mitgebracht
Kurzbiographie vor. Die Ettlingerin engagiert sich für Menschenrechte und
hat auch schon mehrfach an den Putzaktionen teilgenommen. 'Schauen Sie mal
im Internet nach', gibt sie der Anwohnerin mit auf den Weg. 'Dort gibt es
das 'Gedenkbuch für Karlsruher Juden', dort finden Sie die Biographien zu
allen Stolpersteinen.' Erinnerung wach halten. 'So lange die Stolpersteine sichtbar sind,
halten sie die Erinnerung an die Opfer des NS-Terrors wach', ist sich
Martina Hahne sicher. Sie und ihre Mitstreiterinnen sind überzeugt von der
Aktion und wollen auf jeden Fall weitermachen. 'Es geht um die Gesten, mit
denen wir den Opfern und ihren Familien zeigen, dass wir nicht vergessen und
dass wir uns für Menschlichkeit und ein verständnisvolles Miteinander
einsetzen', beschreibt Liane Holl den symbolischen Sinn der Putzaktion. Ein
Kniefall vor den Opfern, deren tragische Lebensgeschichten mit den
strahlenden Stolpersteinen in Erinnerung behalten werden - alle Karlsruher
sind herzlich eingeladen, sich an den kommenden Aktionen zu beteiligen."
Link zum Artikel
Eine der zahlreichen Verlegungen von
"Stolpersteinen" in Karlsruhe: April 2017:
Vor einem Haus werden elf
"Stolpersteine" für die Ermordeten einer Familie verlegt Anmerkung: nach dieser Verlegung liegen 268 "Stolpersteine" in Karlsruhe
Artikel von Robert Hustede in den "Badischen
Neuesten Nachrichten" vom 13. April 2017: "Nur ein Mädchen überlebte. Elf
Mitglieder einer Familie von Nazis ermordet
'Ich bin ganz allein geblieben.' Diesen Satz schreibt Margot Altmann über
ihren Lebensbericht. Sie war die einzige Überlebende einer großen Karlsruher
Familie. 1988 stirbt sie an Krebs in Israel. Ihre Eltern, ihre Cousinen und
Cousins, Tanten und Onkel wurden von den Nazi-Schergen deportiert und im
Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Jüngste Tochter am Elternhaus der Mutter. Gestern war Margot Altmanns
jüngste Tochter Miri mit ihrer Familie in der Fächerstadt. Sie kommt, um ein
Zeichen gegen das Vergessen der Verbrechen Hitler-Deutschlands an den Juden
zu setzen. Die Erinnerungen ihrer Mutter, ihr Schmerz, ihre Verlassenheit,
sie wollen ausgedrückt und bewahrt werden. Elf Steine eingebaut. Elf Stolpersteine für die Opfer des Rassenwahns
werden an diesem Morgen in das Pflaster vor dem Haus Adlerstraße 35
eingebaut – für Meta und Maier, für Bela und Benjamin, für Sara und Paula,
die sechs Kinder, und für Jakob und Ruth, deren Eltern. Daneben stehen die
Namen von Josef und Jenny Altmann, Margots Eltern. Nach Auschwitz verschleppt. Auch an Jenny Ahrend, die Schwester von
Ruth Altmann, wird erinnert. Sie wurde ebenfalls am 22. Oktober 1940 von
Karlsruhe zunächst nach Gurs in Südfrankreich verschleppt und zwei Jahre
später mit Transport Nummer 17 in das Todeslager Auschwitz deportiert. 'Der
Transport umfasste 1 006 Personen, 766 wurden sofort bei der Ankunft
vergast, 140 Männer und 100 Frauen wurden auf der Rampe selektiert, eine
Person aus diesem Transport überlebte', berichtet der Karlsruher Wolfgang
Strauß im 'Gedenkbuch für die Karlsruher Juden' nach intensiven Recherchen
zum Leidensweg der Karlsruher Familie Altmann. Die sechs Kinder waren
zwischen sechs und zwölf Jahren alt, als sie in die Gaskammer getrieben
wurden. 268 Gedenksteine insgesamt in Karlsruhe. Während der kleinen
Zeremonie auf dem Trottoir der Adlerstraße zeigen Miri Harel, ihre Tochter
Yuval, ihr Sohn Sagiv und ihr Mann Barak ihre Betroffenheit. Nur ein kleiner
Kreis der 'Koordinationsgruppe Stolpersteine' vom Förderverein Karlsruher
Stadtgeschichte gruppiert sich mit einem Historiker des Stadtarchivs um die
Gäste aus Israel. Kein Repräsentant der Rathausspitze hat sich eingefunden.
Seit zwölf Jahren werden Stolpersteine in Karlsruhe verlegt. Seit gestern
sind es 268 – elf Steine mehr für eine einzige Karlsruher Familie jüdischen
Glaubens, die erst drangsaliert und diskriminiert, dann entwürdigt, gequält
und am Ende der Unmenschlichkeit in der Tötungsfabrik Auschwitz im Namen
Deutschlands ermordet wurde. Dass nicht auch der Name der Altmanns in
Karlsruhe völlig ausgelöscht wird, dafür hat die Israelin Miri Harel selbst
gesorgt. Nach Angaben der Karlsruher Stolperstein-Organisatoren hat die
Tochter der Überlebenden Margot Altmann alle elf Gedenksteine selbst
bezahlt, einer kostet 120 Euro. Schriften des Großvaters. Sie hat auch ein Geschenk für die
Karlsruher Helfer dabei: Es sind Reproduktionen kalligrafischer Schriften
jüdischer Gelehrter. Joseph Altmann, in Karlsruhe herausragendes Mitglied
der Jüdischen Gemeinde, schreibt sie im französischen Lagern auf Zettel und
steckt sie seiner Tochter Margot in die Jackentasche. Dort werden sie erst
später gefunden. Der achtjährigen Margot gelingt 1943 durch jüdische
Hilfsvereine die Flucht in die Schweiz. Die Texte ihres Vaters nimmt Margot
als 15-jährige Auswandererin 1949 mit nach Israel. Ihre 1972 geborene
Tochter Miri sorgt nun dafür, dass die Schrift ihres Großvaters auch in
Karlsruhe überdauert. Ihre Asche stieg in den Himmel. Miri Harel sagt vor den elf
Stolpersteinen in der Adlerstraße: 'Mutter, ich hoffe, dass Dir unsere
Gedenkaktion hier und heute gefallen hätte. Deine Eltern, Tante Ruth und
ihre Kinder haben keinen Grabstein. Ihre Asche stieg in den Himmel von
Auschwitz. Wir glauben, dass diese Geste ein ehrenhafter Weg des gemeinsamen
Gedenkens an sie ist. Wir glauben auch, dass sie, bevor all das geschah,
stolz auf ihre Heimat Deutschland waren. Heute bringen wir sie zurück nach
Hause.'"
Link zum Artikel
Mai 2017: Die Verlegung von
"Stolpersteinen" wird beendet
Artikel in der "Stadtzeitung" vom 12. Mai 2017: "Karlsruhe:
Erinnerungskultur: Keine weiteren Stolpersteine mehr
In der Fächerstadt erinnern 296 Stolpersteine an Opfer der
nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Weitere Steine werden wohl nicht
hinzukommen, die Koordinationsgruppe Stolpersteine im Förderverein
Karlsruher Stadtgeschichte beendete die Kooperation mit Gunter Demnig, der
seit den neunziger Jahren europaweit Stolpersteine verlegt. 'Unüberbrückbare
Gegensätze' zu den Auffassungen Demnigs nannte Altstadtrat Dr. Hans-Jürgen
Vogt, der Vorsitzende des Fördervereins, in einem Schreiben an
Kulturamtsleiterin Dr. Susanne Asche als Grund für das Ende der
Zusammenarbeit mit dem Kölner Künstler, der in Karlsruhe seit 2005 mit
Zustimmung des Gemeinderats Stolpersteine vor die letzten Wohnorte von
NS-Opfern platzierte. Jetzt fordert Demnig ultimativ dazu auf, mit seinen
Steinen auch Überlebender und Angehöriger aus verfolgten Bevölkerungsgruppen
zu gedenken. Diese Änderung und Aufweichung der Strategie will der
Förderverein nicht mehr mittragen. Ein Eingehen auf die Forderungen Demnigs
führe zu 'einer nicht mehr finanzierbaren Inflation von Steinen' und stehe
auch der Karlsruher Erinnerungskultur entgegen, heißt es in einer
Pressemitteilung der Koordinationsgruppe. Ziel sei immer gewesen, dass
Bürger, Schulklassen, gesellschaftliche Gruppen, die Stolpersteine anregten
und finanzierten, sich auch mit den Biografien der Opfer
auseinandersetzten."
Link zum Artikel
Hinweis zu Stadtführungen
auf den Spuren der Jüdischen Geschichte
Immer wieder werden in Karlsruhe
Stadtführungen auf den Spuren der jüdischen Geschichte angeboten.
Informationen bei www.karlsruhe-tourismus.de
oder unter Tourist-Information Karlsruhe +49 (0) 721 3720 5383/ 5384..
Literatur (Auswahl, weitere Literatur ist genannt in den Werken von
Werner und Schmitt):
Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 143-150.
Jael Paulus: Die jüdische Gemeinde Karlsruhe, in: Juden in Baden
1809-1984, 175 Oberrat der Israeliten Badens. 1984. S. 227-234.
Josef Werner: Hakenkreuz und Judenstern. Das Schicksal der
Karlsruher Juden im Dritten Reich. 1988. 1990² (Veröffentlichungen des
Karlsruher Stadtarchivs Band 9).
Heinz Schmitt (Hg.) unter Mitwirkung von Ernst Otto Bräunche
und Manfred Koch: Juden in Karlsruhe. Beiträge zu ihrer Geschichte
bis zur nationalsozialistischen Machtergreifung. Karlsruhe 1988. 1990²
(Veröffentlichungen des Karlsruher Stadtarchivs Band 8).
Franz-Josef Ziwes (Hg.): Badische Synagogen. 1997
S. 52-55.
Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
Christiane
Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine
Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften
der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter
Heidelberg 2012. Zu den Synagogen in Karlsruhe S. 121-148.
Karlsruhe Baden. Jews
arrived with a promise of equal rights when the city was founded in 1715 as the
new capital of Baden-Durlach. Among the settlers was Josef Jaakov of Ettlingen,
founder of the well-known Ettlingen family, and the Court Jew Emanuel
Reutlinger. Under the count's general and personal letters of protection the
community grew rapidly to 282 members in 1733. In 1724, Salomon Mayer (d. 1774),
son-in-law of the prominent Court Jew Marx Model of Pforzheim, was appointed
community head (parnas), subsequently founding a yeshiva. With the publication
of the edicts of Baden in 1807-09, most Jews were granted full civil rights and
a Central Council (Oberrat) for Baden Jews was established in Karlsruhe.
In 1806 a new synagogue was consecrated and in 1827 the city became the seat of
the district rabbinate. A Jewish elementary school was opened in 1816, enrolling
100 children within a few years as the Jewish population grew steadily through
the century, rising from 893 in 1825 to 2,577 in 1900 (total 107,765). In
addition to being the seat of Jewish institutions serving all of Baden, the
community maintained a broad range of social and cultural activities, with the
Central Union (C.V.) and B'nai B'rith imbuing the spirit of Liberalism. The
Reform movement made its first inroads in 1819 when ten families formed a Temple
society on the Hamburg model and instituted Reform prayer. In 1869, after an
organ was introduced into the synagogue, 24 Orthodox families founded an Adass
Jeshurun congregation, with its own elementary school and the only Jewish
kindergarten in Baden. After the split in the congregation, Dr. Meier Appel
(1851-1919) became chief rabbi, serving also as chairman of the Association of
Liberal German Rabbis from 1899. Among Jewish public figures the most prominent
was Moritz Ellstätter, Baden's minister of finance in 1878-93. In 1900, Dr.
Nathan Stern was appointed to the Baden Supreme court and in 1914 became
president of the Mannheim District Court (the first Jew in Germany to hold such
a position). The Seligmann factories employed 800 workers and other Jewish
factories produced paper, synthetic wool, and malt and processed leather and
metals. Jews were also leading wholesalers (felt, books) and from the 18th
century, operated Hebrew printing presses. They were also active in the
professions and the arts. Hermann Levi was named Court Conductor in 1864. Prof.
Richard Willstaetter won the Nobel Prize for chemistry in 1915. Though Jews
participated fully in public life, it was often in the face of antisemitism,
with particular outbursts in the Hep! Hep! riots of 1819 and the revolutionary
disturbances of 1848. After Worldwar I the East European component of the
community grew to 22 %, constituting a lower economic class aided by the rest of
the community. Many national conferences of Jewish organizations took place in
Karlsruhe, including Zionist youth in 1932. The focus of the community's
cultural life was the Bialik Lehrhaus for adult education, where lectures,
courses, concerts, and exhibitions were held. In the Weimar period the Jews
maintained their leading economic position. The Knopf chain of department stores
had its main branch in Karlsruhe; Jews owned four banks and 26 % of the city's
doctors and 40 % of its lawyers were Jews. Dr. Ludwig Marum was Baden's minister
of Justice and Karlsruhe's representative in the Reichstag in 1928-32. In 1925
the community reached a peak population of 3,386, but from that point the
birthrate declined steeply and a trend of negative natural increase set in.
Antisemitism intensified after Worldwar I, with anti-Jewish food riots in 1920
and a swastika-painting outburst in 1926.
In 1933, there were 3,199 Jews in the city. The
Liberals controlled the community council with 16 of 28 seats. The community
maintained two old age homes and a hospital and operated numerous welfare
services (societies for the distribution of food and fuel, for the support of
the widows, for assistance to the sick, etc.). With the onset of Nazi rule,
judges, teachers, doctors, and officals were fired from the public service and
Jewish bussinessmen were forced to liquidate. The last Jewish bank was sold in
1939. The community continued its social and educational services and rendered
assistance towards emigration. In 1936, 500 Jews were enrolled in courses at the
Bialik Lehrhaus, with such lecturers as Martin Buber making appearances. The
community also published a biweekly newspaper, the Israelitisches
Gemeindeblatt, and operated an elementary school enrolling 225 children in
1938-39. Both the Zionists and the Hilfsverein had offices promoting emigration,
with the ICA and Jewish Agency offering active assistance. In September 1936 a
group of 680 youngsters from Karlsruhe and other places in Germany left for
Palestine within the framwork of Youth Aliya. In all, at least 2,000 of
Karlsruhe's Jews emigrated in 1933-39. On 28 Ocotber 1938, all Jewish men of
Polish extraction were expelled to the Polish border, their families joining
them later and most ultimately perishing in the ghettoes and concentration camps.
On Kristallnacht (9-10 November 1938), the Adass Jeshurun synagogue was
burned to the ground, the main synagogue was damaged, and Jewish men were taken
to the Dachau concentration camp after being beaten and tormented. Deportations
commenced on 22 October 1940, when 893 Jews were loaded onto trains for the
three-day journey to the Gurs concentration camp in France. Another 387 were
deported in 1942-45 to Izbica in the Lublin district (Poland), Theresienstadt,
and Auschwitz. Of the 1,280 Jews deported directly from Karlsruhe, 1,175
perished. Another 138 perished after deportation from other German cities of
occupied Europe. In all 1,421 of Karlsruhe's Jews died during the Holocaust. A
new community was formed after the war by surviving former residents, wth a new
synagogue erected in 1971. It numbered 359 in 1980.
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