Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

   
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zu den Synagogen in Baden-Württemberg  


Efringen-Kirchen (Ortsteil Kirchen, Kreis Lörrach) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen auf der Gemeinde 
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen     
Weiteres Dokument   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  (english version)     
    
In Kirchen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück; 1736 waren fünf jüdische Familien ansässig. Sie stammten aus dem schweizerischen Dornach (Dorneck-Dorf, Kanton Solothurn), wo sie in diesem Jahr ausgewiesen worden waren. Möglicherweise wohnten bereits eine oder zwei jüdische Familien zuvor in Kirchen. Bis 1790 war die Zahl der jüdischen Familien am Ort auf elf angestiegen.  
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1810 60 jüdische Einwohner, 1825 73 (9,6 % von insgesamt 764 Einwohnern), 1858 160,  höchste Zahl um 1871 mit 192 Personen, 1875 174 (15,2 % von 1.142), 1895 145 (14,9 % von 975), 1900 102 (10,4 % von 980. 
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Religionsschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe unten die Ausschreibungen der Stelle). Bis 1834 unterrichtete in Kirchen als Hauslehrer der spätere Rabbiner von Hegenheim, Moses Nordmann. Als jüdische Religionslehrer werden genannt: 1809 bis 1820: Samuel Ruf aus Blotzheim im Elsass, 1822 bis zu seinem Tod 1833: Elias Lieberles aus Rust, 1833 bis 1841 Moses Ellenboden aus Altdorf (Ettenheim), 1841 bis 1845 Lazarus Bodenheimer, 1845 bis 1859 Leopold Straßburger aus Binau, 1859 bis zu seinem Tod 1864 Lazarus Mannheimer aus Friesenheim, 1864 bis 1870 Jakob Schorsch aus Adelsheim, später in Merchingen, 1871 bis 1878 Jakob Brandeis (gest. in Konstanz), 1879 bis 1881 Salomon Weikersheimer aus Massbach, 1881 bis 1885 Isak Ziwi (später in Großbockenheim), 1886  bis 1889 Philipp Pollack (später in die USA ausgewandert), 1889 bis 1893 Albert Weil aus Kippenheim (später in Eichstetten), 1893 bis 1894 Karl Grumbach (gest. in Gailingen), 1894 bis 1897 Berthold Rosenthal aus Liedolsheim (später in Mannheim), 1897 bis 1900 Salomon Steinberger aus Hünfeld (später in Frankfurt), 1901 bis 1903 Adolf Lederer (ab 1903 Hausverwalter in Israelitischen Landesasyl in Lengnau), 1904 bis zu seinem Tod 1913 Moritz Moses aus Lobsens/Posen, 1913 bis 1923 Jakob Alperowitz aus der Schweiz (später in Müllheim, von wo aus er weiterhin Kirchen mitbetreute), 1923 bis 1930 Leopold Braunschweig aus Kirchen, zuletzt bis 1935 Ludwig Alfred Rosenberg aus Breisach (emigriert in die USA).     
   
1827 wurde die jüdische Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Sulzburg, nach dessen Verlegung 1886 dem Rabbinatsbezirk Freiburg zugewiesen. 
  
Als auch im benachbarten Efringen die Zahl der jüdischen Einwohner zunahm (1925: 11, 1932 10 Personen), gehörten diese zur jüdischen Gemeinde in Kirchen.
   
Die jüdischen Familien lebten in der Mehrzahl zunächst vom Viehhandel. Später gab es auch einen jüdischen Metzger (noch 1912 der einzige Metzger in Kirchen), eine jüdische Gastwirtschaft sowie einen jüdischen Arzt. Bis nach 1933 bestanden an jüdischen Gewerbebetrieben u.a.: (Auswahl, weitere Gebäude kriegszerstört): Viehhandlung Isaak und Salomon Bloch (Basler Straße 38), Viehhandlung Veist Bloch (Bergrain 1), Viehhandlung Isaak Braunschweig (Bergrain 4), Handelsmann Samuel Moses I (Basler Straße 21), Fellhandlung Gebr. Moses, Inh. Alfred Weil (Neusetze 20). 
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Simon Braunschweig (geb. 29.3.1871 in Kirchen, gef. 16.1.1918) und David Moses (geb. 16.8.1876 in Kirchen, gef. 1.7.1916).   
   
1925
gehörten der jüdischen Gemeinde noch 71 Personen an (7,1 % der Gesamteinwohnerschaft von ca. 1.000 Personen). Dem Vorstand der jüdischen Gemeinde gehörten damals an: Leopold Braunschweig, Alfred Weil, Samuel Moses II. Synagogendiener war Theodor Sieberles. Den Religionsunterricht für die jüdischen Kinder an der Volksschule erteilte um 1925 der bereits genannte Lehrer Jakob Alperowitz aus Müllheim, den Unterricht für die Kinder an den höheren Schulen hielt Lehrer Siegfried Simon aus Lörrach. An jüdischen Vereinen war eine Chewroh Kadischa vorhanden (Wohltätigkeits- und Beerdigungsverein) sowie ein Waisenverein. 1932 waren die Gemeindevorsteher Leopold Braunschweig, Julius Bloch-Wachenheimer und Julius Bloch-Geismar. Als Kantor wirkte der bereits genannte Leopold Braunschweig. Im Schuljahr 1932/33 gab es noch sieben schulpflichtige jüdische Kinder.
  
1933 lebten noch 68 jüdische Personen am Ort. Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien ist ein größerer Teil von ihnen in der folgenden Jahren emigriert beziehungsweise in andere Orte verzogen. Unter den in die USA Ausgewanderten war der Arzt Dr. Baum, der seine Praxis hatte schließen müssen. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). Die jüdischen Einwohner wurden aus ihren Wohnungen getrieben, die meisten der jüdischen Männer wurden wenig später in das KZ Dachau deportiert. Bei Kriegsausbruch wurde der Ort evakuiert. Die jüdischen Einwohner wurden zum größten Teil nach Konstanz eingewiesen. Im Oktober 1940 wurden 23 der 1933 in Efringen und Kirchen wohnhaften jüdischen Personen in das KZ Gurs deportiert. Von diesen starben vier im Lager Gurs, fünf erlebten das Kriegsende, sieben wurden 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Weitere sieben Personen sind verschollen. Weitere aus Efringen und Kirchen stammende jüdische Personen wurden von anderen Orten aus deportiert und wurden später in Vernichtungslagern ermordet.        
  
Von den in Efringen-Kirchen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945" sowie Huettner s.Lit., bei Yad Vashem, Jerusalem ist die Suche allerdings erschwert, da bei der basic search zu "Efringen" nur wenige, "Kirchen" aber zu viele Ergebnisse erscheinen): Regina Biedermann geb. Moses (1884), Anna (Annie) Bloch (1898), Babette Bloch geb. Rieser (1873), Berta Bloch geb. Bloch (1865), Ernst Bloch (1886), Salomon Bloch (1868), Selma Bloch (1896), Sophie Bloch geb. Geismar (1891), Ida Bräunlin geb. Olesheimer (1895), Friederike Braunschweig geb. Moses (1882), Margot Braunschweig (1920), Samuel Braunschweig (1876), Amalie David geb. Brandeis (1876), Kaufmann Freund (1865), Emma Freund geb. Geismar (1868), Adolf Geismar (1872), Alice Harburger (1903), Bertha Moses geb. Bloch (1866), Elsa Moses (1894), Frieda N. Moses (1893), Jules Moses (1892), Robertine Moses geb. Rothschild (1877), Rosa Moses geb. Braunschweig (1878), Samuel Moses I (1875), Samuel Moses II (1885), Emma Olesheimer geb. Weil (1857), Jonas Olesheimer (1888), Mina Roos geb. Moses (1891), Alfred Weil (1887), Arthur Weil (1880), Lina Weil (1867), Rosa Weil geb. Moses (1885).  
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1840 / 1845 / 1870 / 1878 / 1885 / 1892 / 1893 / 1900 / 1903      

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1840 S. 182 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bei der israelitischen Gemeinde Kirchen ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 200 Gulden, sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert, unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunden und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der Bezirks-Synagoge Sulzburg zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen werden.."   
 
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 23. April 1845 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Vakante Sulzburg. [Bekanntmachung.]. Bei der israelitischen Gemeinde Kirchen ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 200 fl., nebst freier Wohnung, sowie der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer Genehmigung zu besetzen.  
Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert, unter Vorlage ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der Bezirkssynagoge Sulzburg zu melden.  
Auch wird bemerkt, dass im Falle sich weder Schul- noch Rabbinatskandidaten melden, andere inländische Subjekte, nach erstandener Prüfung bei dem Rabbiner, zur Bewerbung zugelassen werden.
Sulzburg, den 9. April 1845. Großherzogliche Bezirkssynagoge"   
 
Kirchen Israelit 31081870.jpg (65657 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1870: "Bei der israelitischen Gemeinde Kirchen ist die Stelle eines Religionsschullehrers, Vorsängers und Schächters zu besetzen. Gehalt 300 Gulden jährlich nebst freier Wohnung, 1 Gulden 12 Kreuzer Schulgeld von jedem Schulkinde und die Gebühren, welche die Schächterfunktion abwirft. 
Bewerber haben sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse über Befähigung und Aufführung, bei unterzeichneter Stelle innerhalb 4 Wochen zu melden.  Sulzburg im Badischen, den 24. August 1870. 
Die Bezirks-Synagoge. Dreyfuss, Bezirksrabbiner."    
  
Anzeige in der "Karlsruher Zeitung" vom 10. November 1870: "Kirchen. Offene Lehrerstelle!
In der israelitischen Gemeinde Kirchen, Amt Lörrach, ist die Religionslehrerstelle, welche mit Vorbe
ter- und Schächterdienst verbunden ist, mit einem jährlich fixen Gehalt von 350 fl. nebst freier Wohnung, Schulgeld und noch sonstigen Gefällen wieder zu besetzen. Bewerber wollen sich binnen 14 Tagen unter Vorlage ihrer Zeugnisse beim Synagogenrate dahier anmelden.
Kirchen, den 6. November 1870. Der Synagogenrat. Bloch."
 
Kirchen Israelit 23111870.jpg (56315 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. November 1870: "Offene Lehrerstelle. In der israelitischen Gemeinde Kirchen, Amt Lörrach ist die Religionslehrerstelle, welche mit Vorbeter- und Schächterdienst verbunden ist, mit einem jährlich fixen Gehalt von 350 Gulden nebst freier Wohnung, Schulgeld und noch anderen Gefällen wieder zu besetzen. Bewerber wollen sich binnen 14 Tagen unter Vorlage ihrer Zeugnisse beim Synagogenrate dahier anmelden. 
Kirchen, den 6. November 1870. Der Synagogenrat, Bloch."  
 
Kirchen Israelit 10041878.jpg (68382 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. April 1878: "Die hiesige israelitische Religionsschulstelle, verbunden mit Vorsänger- und Schächterdienst, mit einem jährlich fixen Gehalt von 700 Mark nebst freier Wohnung und der von diesem Dienste abfließenden Gefällen ist vakant.  
Etwaige Bewerber wollen sich unter Vorlage der ihnen zu Gebote stehenden Zeugnisse an den Synagogenrat von hier wenden.  
Kirchen (Amt Lörrach, Großherzogtum Baden), den 24. März 1878. 
Der Synagogenrat: Daniel Harburger, Vorsteher. Veist Bloch. Benjamin Bloch."   
 
Efringen-Kirchen Israelit 17081885.jpg (60309 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. August 1885: "Bei der israelitischen Gemeinde Kirchen, badischen Oberlands, ist die Stelle eines Religionsschullehrers zu besetzen. Fixer jährlicher Gehalt 700 Mark, Schächterfunktion ungefähr 250 Mark, Schulgeld ungefähr 70 Mark. 
Befähigte Personen wollen mit Beifügung ihrer Zeugnisse, innerhalb 6 Wochen, bei der Bezirks-Synagoge Sulzburg, badischen Oberlands, sich melden."  
  
Kirchen Israelit 28121892.jpg (47609 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1892: "Die Religionsschulstelle Kirchen, verbunden mit dem Vorsänger- und Schächterdienst, ist zum 1. Februar 1892 zu besetzen. Außer einem Fixum von 700 Mark wird ein Nebeneinkommen von 430 Mark und Dienstwohnung von 4 Zimmern gewährt. 
Geeignete Bewerber wollen ihre Zeugnisse einsenden an 
Die Bezirkssynagoge Freiburg i.B
."  
 
Kirchen Israelit 04051893.jpg (41568 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1893: "Die mit dem Kantorate und dem Schächterdienst verbundene Religionsschulstelle Kirchen ist zu besetzen. Neben einem Fixum von Mark 700 wird ein Nebeneinkommen von ca. Mark 450 nebst freier, aus 4 Zimmern bestehenden Wohnung gewährt. Geeignete Bewerber wollen sich bald melden an die Bezirks-Synagoge Freiburg i.Br."  
 
Kirchen Israelit 30081900.jpg (58694 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1900: "Die mit einem Fixum von Mark 700, freier Wohnung, nebst Garten und einem Nebeneinkommen von mindestens Mark 400 dotierte Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schächters in Kirchen ist baldmöglichst zu besetzen. Meldungen mit Zeugnisabschriften nimmt entgegen. 
Die Bezirkssynagoge: Freiburg i.Br."    
    
Kirchen Israelit 29111900.jpg (49079 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1900: "Israelitische Gemeinde Kirchen. Die mit einem Fixum von 700 Mark, freier Wohnung nebst Gärtchen und einem Nebeneinkommen von mindestens Mark 400.- dotierte Stelle des Religionslehrers, Vorbeters & Schächters in unserer Gemeinde ist per sofort zu besetzen. Meldungen mit Zeugnisabschriften nimmt entgegen 
Die Bezirkssynagoge Sulzburg in Freiburg im Breisgau". 
  
Efringen-Kirchen Israelit 05101903.jpg (44475 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Oktober 1903: "Die Religionslehrer-, Schächter- und Vorbeterstelle, Kirchen, mit einem Fixum von Mark 700, freier Wohnung und Nebeneinnahmen von ca. 400 Mark ist zum 1. November zu besetzen. Meldungen mit Zeugnisabschriften erbittet 
Die Bezirkssynagoge Freiburg i.B.
"   
  
Anzeige im "Frankfurter Israeltischen Familienblatt" vom 2. Oktober 1903: "Kirchen. Lehrer, Vorbeter und Schächter per 1. November, 1.100 Mark Einkommen und freie Wohnung. Meldungen an Bezirkssynagoge, Freiburg in Baden."     

      
      
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben      
Streit um das Schächten (1920)  

Kirchen Israelit 29041920.jpg (90053 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. April 1920: "Kirchen, 12. April (1920). Ein gemeindepolitischer Kampf, auf dessen Ausgang man gespannt sein darf, hat sich hier entsponnen. Auf Antrag der hiesigen Landwirte, die sich weigerten, Vieh abzugeben, wenn es geschächtet wird, hat der hiesige Gemeinderat beim Bezirksamt Lörrach die Aufhebung der Schächtung beantragt. Als Begründung führt er an, dass dasselbe eine unnötige Tierquälerei sei, und dass in unserer jetzigen lebensmittelarmen Zeit alles verwendet werden müsse, auch das Blut, das beim Schächten verloren geht. Die Entscheidung darüber, ob die Schächtung aufgehoben wird oder nicht, liegt zur Zeit beim Landeskommissar in Freiburg. Es dürfte der Behörde in Freiburg nicht schwer fallen, Stadtrat und Landwirte von der Unsinnigkeit der Annahme, dass gegen das Schächten ethische oder hygienische Bedenken sprechen, zu überzeugen."    

          
          
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
   
Abraham Hirsch von Grünstadt soll sich wegen Geldunterschlagung bei seinem Dienstherrn Mayer Levy in Kirchen beim Gericht melden (1825)     

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 1. Oktober 1825 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Ediktalladung
Abraham Hirsch von Grünstadt, im niederrheinischen Departement, welcher im November vorigen Jahres eine bedeutende Summe von den Ausständen seines damaligen Dienstherrn des Mayer Levy, von Kirchen, eingezogen und sich flüchtig gemacht hat, wird andurch aufgefordert, binnen 6 Wochen vor dem unterzeichneten Gerichte sich zu stellen, und über den ihm zur Last liegenden unbefugten Geldeinzug und die nachherige Entweichung zu verantworten, da er sonst des ihm angeschuldigten Verbrechens der Geldunterschlagung für überwiesen angesehen, und die Strafe auf Betreten gegen ihn vorbehalten würde.  Zugleich werden alle resp. obrigkeitlichen Behörden ersucht, auf diesen Menschen, dessen Signalement unter steht, fahnden, im Betretungsfalle ihn arretieren, und wohlverwahrt anher einliefern zu lassen. 
Signalement
. Abraham Hirsch misst ungefähr 5' 7", hat ein längliches, hageres, braunes Gesicht, schwarzen Bart und Backenbart, graue Augen, breite Nase, großen Mund, und hängt den Kopf etwas vorwärts. Seine Kleidung bestand in einem grün manchesternen, schon abgetragenen, halblangen Rocke mit metallenen Knöpfen, dergleichen lange Hosen, einem Gilet von gestreiftem Wollenzeug, einer Kosaken-Kappe mit Schild, und lange Stiefel. 
Lörrach, den 7. November 1825. Großherzoglich badisches Bezirksamt. Deurer."         
 
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom Januar 1826 S. 20  (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Straferkenntnis
In Untersuchungssachen gegen Abraham Hirsch, von Grünstadt, im königlich französischen niederrheinischen Departement, wegen Geldunterschlagung - hat das Großherzogliche Hochpreisliche Hofgericht des Oberrheins auf ungehorsames Ausbleiben nach geschehener öffentlicher Vorladung durch Urteil vom 9. dieses Monats. Crim. H.R. No. 3270. II. Sen. zu Recht erkannt: 
'Inculpat seye des Verbrechens, der an seinem Dienstherrn Mayer Levy zu Kirchen, verübten Geldunterschlagung für überwiesen zu erklären, und die gesetzliche Strafe auf dessen Betreten vorzubehalten.' 
Dieses wird hiermit öffentlich bekannt gemacht. 
Lörrach, den 16. Dezember 1825. Großherzoglich badisches Bezirksamt."      

     
Die Untersuchung gegen Marx Bloch von Emmendingen wegen Diebstahl an Salomon Bloch von Kirchen endet "klagfrei" (1847)   

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 8. Januar 1848 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Lörrach [Urteil] In Untersuchungssachen gegen Marx Bloch von Emmendingen, wegen Diebstahls, wird auf amtspflichtiges Verhör zu Recht erkannt: 'Marx Bloch sei der angeschuldigten Entwendung von 27 fl. baren Geldes zum Nachteil des Salomon Bloch von Kirchen für klagfrei zu erklären und mit den Untersuchungskosten zu verschonen.'  V.R.W. 
Dessen zur Urkunde ist gegenwärtiges Urteil nach der Verordnung des großherzoglichen badischen Hofgerichts des Oberrheinkreises ausgefertigt und mit dem größeren Gerichtsinsiegel versehen worden. 
So geschehen Freiburg, den 22. Oktober 1847  Woll. (L.S.) Buisson. Kohlhagen."     

   
 Hinweis auf den in Kirchen geborenen Rabbiner Moses Elieser Liberles (1824-1872)   

Rabbiner Moses Elieser Liberles (geb. 1824 in Kirchen, gest. 1872 in Bretten): studierte seit 1848 in Würzburg; war seit 1855 Bezirksrabbiner in Bretten.  
Weitere Angaben: Moses Elieser Liberles ist als "Süßmann Lieberles" am 22. Mai 1824 in Kirchen geboren. Er war ein Sohn von Elias Lieberles (Lieberleß, Liberles, geb. 1765 als Sohn von Tias Lieberles und der Esther geb. Weil, gest. 1833), der bis 1822 als Vorsänger und Lehrer in Rust, danach bis 1833 in derselben Stellung in Kirchen tätig war. Elias Lieberles war in erster Ehe verheiratet mit Sara geb. Günzburger (geb. um 1783 als Tochter des Rabbiners Günzburger in Schmieheim, gest. 20.5.1821), mit der er fünf Kinder hatte: Samuel (1810-1887, war als Webermeister und Judenwirt in Kirchen tätig), Pfeiffer (1812-1874, war als Trödler, später als Eisenbahnarbeiter tätig), Bernhard (war später als Drehermeister tätig), David (1818), Resta (Esther, geb./gest. 1818). In zweiter Ehe war Elias Lieberles verheiratet mit Lina geb. Sussmann (1797-1856) mit der er vier Kinder hatte: Süßmann (1824), Joseph (1825-1876), Bärle (1827) und Vögele (1829-1832). Süßmann Lieberles wird im Revolutionsjahr 1849 als Mitglieder der Bürgerwehr in Kirchen genannt. Seit 1848 studierte er am jüdischen Seminar und an der Universität in Würzburg; in dieser Zeit hat er wohl als Vornamen Moses Elieser angenommen. 1855 wurde er Bezirksrabbiner in Bretten. wo er 1872 starb.          
Quellen: Buch "Schicksal und Geschichte der jüdischen Gemeinden Ettenheim - Altdorf - Kippenheim - Schmieheim - Rust - Orschweier". 1988. S. 417. Albert Köberle: Ortssippenbuch Rust von Albert Köberle. 1969, S. 620. 
Axel Hüttner: Die jüdische Gemeinde von Kirchen 1736-1940. 1978. S. 90.259-260.   

     
Zum Tod der drei ältesten Gemeindeglieder (1894)  

Efringen-Kirchen Israelit 15011894.jpg (23929 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1894: "Kirchen-Efringen, 12. Januar (1894). Innerhalb 8 Tagen wurden hier die 3 ältesten Leute unserer israelitischen Gemeinde und zugleich des Dorfes zu Grabe getragen: Abraham Blum 93 Jahre, David Bloch 89 Jahre und Frau Nathan Braunschweig 88 Jahre alt."  

    
Zum Tod von Veist Bloch (1896)  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1896: "Kirchen (Baden), 8. November (1896). Am 4. dieses Monats verschied in Basel, wohin er sich infolge eines Fußleidens zur Heilung begeben hatte, Herr Veist Bloch von hier. In ihm betrauert nicht nur seine Frau ihren treuen Ehegatten, sondern auch die israelitische Gemeinde ihren Vater; denn der Verstorbene wahrte als Vorsteher länger denn zwölf Jahre mit Umsicht und treuer Pflichterfüllung die Interessen derselben. Besonders durch die Restaurierung der Synagoge, die zum größten Teil durch seine Bemühungen aus dem Zustande des Verfalls zu einer Zierde unseres Ortes umgewandelt wurde, hat sich der Dahingegangene großes Verdienst erworben. Es war darum auch ein unabsehbarer Trauerzug, dessen Teilnehmer aus Fern und Nah herbeigeeilt waren, um den irdischen Überresten das letzte Geleit zu geben. Mit gewohnter Meisterschaft entrollte Herr Rabbiner Dr. Lewin aus Freiburg am Grabe ein Bild des Verstorbenen, der es vom armen Eisenbahntaglöhner durch seinen Fleiß zu einer geachteten Stelle im Orte brachte und bei Juden als auch Nichtjuden in hohem Ansehen stand. Ehre seinem Andenken!".  

   
Goldene Hochzeit des Herz Bloch'schen Ehepaares (1913)  

Efringen-Kirchen AZJ 14111913.jpg (30918 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" vom 14. November 1913: "Das Herz Bloch'sche Ehepaar in Kirchen (Baden) feierte die goldene Hochzeit. Geheimrat Dörle überreichte die Jubiläumsmedaille, der Synagogenrat im Auftrage des Oberrates der Israeliten die Portraits des Großherzogpaares."   
  
Kirchen FrfIsrFambl 07111913.jpg (33035 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. November 1913: "Kirchen (Baden). Das Herz Bloch'sche Ehepaar feierte die goldene Hochzeit. Geheimrat Dörle überreichte die Jubiläumsmedaille, der Synagogenrat im Auftrage des Oberrates der Israeliten die Porträts unseres Großherzogpaares. Auch der Bürgermeister und der Pfarrer gratulierten persönlich."  

  
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
  
Nach der Emigration: Geburtsanzeige von Frances Helen Kessler (1944, USA)      

Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau" vom 31. März 1944: "We are happy to announce the arrival of our daughter 
Frances Helen
on March 24, 1944. 
Alwin and Sophie Kessler née Braunschweig
(formalery Giessen, Lahn)  - (formaly Efringen-Kirchen, Baden).  
9 West 97th Streeet. New York City 25."       

   
   
Weiteres Dokument 
(aus der Sammlung von Hansjörg Schwer, Waldshut-Tiengen)  

Schreiben an den Synagogenrat in Kirchen
 - Mitteilung der Erhöhung der Diäten des
 Rabbiners in Sulzburg (1868)
Kirchen Dok 185.jpg (83927 Byte) Kirchen Dok 185a.jpg (119858 Byte)
    An den Synagogenrath in Kirchen bei Efringen

Abschrift. Großherzoglicher Oberrath der Israeliten.
Karlsruhe, den 5ten Juni 1868 
Die Erhöhung der Diäten der Rabbiner betr.
An das Bezirks Rabbinat Sulzburg
Gr. Ministerium des Inneren hat mittelst hoher Ver-
fügung vom 26ten v. Mts. No 6798 genehmigt daß den
Bezirks-Rabbinern bei auswärtigen Dienstver-
richtungen eine Diät von Vier Gulden und in der Zeit
vom 1. Oktbr bis zum letzten April ein Zuschlag von
10 Prozent berechnet werde.
Das dortige Rabbinat wird zu seiner Maßnahme 
sowie zur Eröffnung an die betreffende Gemeinden
hiervon benachrichtigt.

Der Ministerial Commissär:
gez. W. Frey

Vermittelst Abschrift Nachricht hievon dem Srth Kirchen
Sulzburg 10. Juni 1868. Das Bez. Rabbinat
Dreyfuß. 

    
    
    
    
Zur Geschichte des Betsaales/Synagoge                  
   
Vermutlich war nach Aufnahme der Dornacher Familien 1736 oder wenige Jahre später die Zehnzahl jüdischer Männer vorhanden und es konnten Gottesdienste gefeiert werden, möglicherweise zunächst gemeinsam mit den in Tumringen und Lörrach aufgenommenen Familien. Eine der Bloch-Familien hat nach der Überlieferung aus Dornach eine Torarolle mitgebracht, die noch bis ins 20. Jahrhundert erhalten, aber nicht sonderlich gekennzeichnet war.   
    
Bis 1789 wurden die Gottesdienste im Haus des Julius Bloch abgehalten. Wegen Eigenbedarf seiner Räumlichkeiten wollte Bloch jedoch im Frühjahr 1789 nicht mehr, dass die Gottesdienste in seinem Haus stattfinden. Die jüdische Gemeinde, die damals aus neun Familien bestand, von denen nur zwei bis drei "vermöglich" waren, wusste zunächst keinen Rat. Andere Räume standen nicht zur Verfügung und für den Kauf eines Gebäudes zur Einrichtung einer Synagoge war kein Geld vorhanden. Trotzdem ist es dann doch gelungen, die Mittel für die Einrichtung einer Synagoge in einem anderen Gebäude zusammenzutragen. Diese alte, vermutlich 1789/90 eingerichtete Synagoge bestand bis 1831 und wurde danach noch 40 Jahre lang (bis 1871) als Armenhaus der jüdischen Gemeinde benutzt. 1871 hat die jüdische Gemeinde das Haus verkauft, da sie sie damals noch immer 2.800 Gulden Schulden vom Bau der neuen Synagoge hatte.  
      
Nach 1825 nahm die Zahl der jüdischen Einwohner in Kirchen so zu, dass die bisherige Synagoge nicht mehr ausreichte (1825: 73, 1838: 122 jüdische Einwohner). Die Gemeinde beschloss den Neubau einer Synagoge, der am 7. Oktober 1828 genehmigt wurde. Im Laufe des Jahres 1831 konnte man den Neubau erstellen, in dem sich im Obergeschoss auch die Lehrer-/Vorsängerwohnung und in einem Nebenhaus die Schule und das rituelle Bad befanden. Die neue Synagoge wurde im Weinbrennerschen Stil erbaut. Ihre Vorderfront war von zwei pylonartigen Türmen mit flachen, pyramidenförmigen Aufsätzen flankiert. Über vier Stufen gelangte man in eine von zwei Säulen getragene Vorhalle. Über dem Portal befand sich die aus Psalm 118,20 stammende, hebräische Inschrift: "Dies ist das Tor zum Herrn, Gerechte ziehen durch es hinein" (mit Jahreszahl (5)591 nach jüdischer Zählung = 1831). Im Inneren befand sich eine zweiteilige Frauenempore, die nicht vergittert war. Die Außenverkleidung des Toraschreines war aus dunkelrot marmoriertem Holz, flankiert von zwei Säulen. Die Wände, die Decke und der Fußboden des Raumes waren völlig schmucklos. Für den Bau der Synagoge hatte man freilich aus Geldmangel teils so schlechte Materialien verwendet, dass schon wenige Jahre nach der Fertigstellung die Klagen über schadhafte Teile, besonders der im Obergeschoss gelegenen Lehrerwohnung nicht mehr abrissen.   
   
Im Blick auf eine gründliche Renovierung der Synagoge führte die Gemeinde 1895 in den umliegenden Gemeinden eine Spendensammlung durch. Auch der badische Großherzog gab 100 Mark zu den Baumaßnahmen, worüber sogar in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" berichtet wurde. Die Renovierung 1896 durchgeführt. Die Synagoge hatte danach etwa 60 Plätze im Betsaal der Männer und 30 Plätze auf der Frauenempore. Vorsteher der Gemeinde während der Zeit der Renovierung war Veist Bloch. Er starb am 8. November 1896. Im Nachruf auf ihn hieß es in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums": "Besonders durch die Restaurierung der Synagoge, die zum größten Teil durch seine Bemühungen aus dem Zustande des Verfalls zu einer Zierde unseres Ortes umgewandert wurde, hat sich der Dahingegangene großes Verdienst erworben".    
   
Eine Synagogenrestaurierung steht an - Unterstützung durch den Großherzog (1895)   

Kirchen AZJ 05071895.jpg (64402 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Juli 1895: "Kirchen (Baden), 2. Juli (1895). Die hiesige kleine Gemeinde ist genötigt, die Synagoge zu restaurieren. Da die Mitte dazu ein wenig knapp bemessen sind, hat sie sich an einige Schwestergemeinden gewendet, sie möchten eine Beihilfe leisten. Dass dieser Aufruf überall Gehör fand, wäre als selbstverständlich nicht erst berichtet worden - wenn nicht ein Anderes Geschehen wäre. Der Synagogenrat hat sein Bittgesuch auch dem Großherzog vorgetragen, und soeben geht die Nachricht ein, dass unser Landesvater, der alle seine Bürger mit gleicher Huld empfängt, auch unserer Bitte sein Ohr nicht verschlossen, vielmehr die Summe von einhundert Mark uns zu bewilligen geruht hat! - Wir vermögen unsern Dank nicht besser zu bekunden, als indem wir unsere Glaubensgenossen diesen Beweis der gerechten Güte Großherzogs Friedrichs kunden, damit auch außerhalb seines Landes frohe Herzen für ihn zum Himmel beten!"    

   
Beim Novemberpogrom 1938 wurde das Gebäude zerstört. Eine NS-Parteiformation, aus Haltingen kommend, unter der Führung des dortigen Bürgermeister, plünderte die Synagoge, warf Ritualgegenstände und Geschirr, das aus der über der Synagoge liegenden Lehrerwohnung stammte, auf die Straße und in die anliegenden Gärten und zündete den Betsaal an. Die in Kirchen noch verbliebenen jüdischen Einwohner wurden zusammengetrieben und mussten der Zerstörung ihres Gotteshauses zusehen.  
     
Die Ruine der Synagoge wurde bei der Kriegsbeschießung Kirchens 1940 endgültig zerstört und 1945 abgebrochen. Heute ist nur noch ein ca. 1 m hoher, 8 m langer Mauerrest erhalten; das Synagogengelände selbst wird als Abstellfläche und als Garten genutzt (Grundstück hinter Basler Straße 57/Ecke Friedrich-Rottra-Straße, Lagerbuch-Nr. 263/264). Seit 1996 erinnert ein Gedenkstein an die ehemalige Synagoge.      
   
   
   
Fotos 
Historische Fotos: 
(Quelle: Fotos links und rechts bei Hundsnurscher/Taddey s. Lit. Abb. 39.41 
und Huettner s. Lit. im Bildanhang; Foto Mitte ist eine Ausschnittsvergrößerung des linken Fotos) 

Kirchen Synagoge 004.jpg (87260 Byte) Kirchen Synagoge 005.jpg (87106 Byte) Efringen-Kirchen Synagoge 001.jpg (96400 Byte)
Außenansicht der 
Synagoge Kirchen  
Das Portal mit der Inschrift aus Psalm
 118,20: "Dies ist das Tor zum HERRN,
 Gerechte ziehen durch es hinein" mit
 hebräischer Jahreszahl (5)591 = 1831
Innenansicht 
der Synagoge
      
     
Kirchen Synagoge 201601sc.jpg (232665 Byte)  Links: Historische Ansichtskarte von
 Kirchen; die Synagoge ist links im
 Hintergrund des Gasthauses
 "Zum Rebstock" zu erkennen
Quelle: Sammlung Hahn   
  

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn)
Kirchen Synagoge 100.jpg (56253 Byte) Kirchen Synagoge 101.jpg (67702 Byte)
   Blick auf das Synagogengelände 
(im Bereich des Holzstapels)
dass., weiter 
entfernte Perspektive
      
   Kirchen Synagoge 102.jpg (109562 Byte) Kirchen Synagoge 140.jpg (74677 Byte)
   Die rechts sichtbare Steinmauer 
gehörte zu den Mauern der Synagoge 
Ansicht des Synagogengrundstückes 
aus anderer Blickrichtung 
(Foto: Gemeinde Efringen-Kirchen)
   
     
     
Fotos 2003/04:
(Foto: Hahn, Aufnahmedatum 27.10.2003 bzw. mit *) von 
J. Krüger, Karlsruhe, Aufnahmen Sommer 2004)
  
Kirchen Friedhof 150.jpg (61409 Byte) Efringen-Kirchen Synagoge 191.jpg (41133 Byte) Efringen-Kirchen Synagoge 190.jpg (59107 Byte)
Gedenktafel für die Synagoge am 
jüdischen Friedhof der Gemeinde
Gedenkstein unweit des Synagogenstandortes*
   
     

      
      
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Oktober 2010: Gedenken an die Deportation nach Gurs im Oktober 1940    
Artikel von Jochen Fillisch in der "Badischen Zeitung" vom 22. Oktober 2010 (Artikel): "Schlimme Nazis und mutige Nachbarn
Heute vor 70 Jahren wurden auch Kirchener Juden ins südfranzösische Lager Gurs deportiert / Vertrieben waren sie schon vorher..
EFRINGEN-KIRCHEN.
"Wiedergutmachen können wir nichts. Aber wir können uns bemühen, das Gedenken zu erhalten", steht für Wolfgang Weller fest. Heute ist wieder so ein Tag gegen das Vergessen: Vor genau 70 Jahren wurden 6500 Juden aus Baden und der Pfalz in das südfranzösische Lager Gurs deportiert, darunter auch 22 Kirchener..." 
    
Oktober 2010: Gedenkfeier zur Erinnerung an die Deportation nach Gurs        
Artikel von Reinhard Cremer in der "Badischen Zeitung" vom 25. Oktober 2010 (Artikel): "Kirchen zeigen Scham und Reue
"Sprachlos, wo ein Aufschrei hätte hörbar werden müssen" / Gedenkfeier zum 70. Jahrestag der Judendeportation nach Gurs. 
EFRINGEN-KIRCHEN.
Rund zwei Dutzend Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Feier teil, zu der das evangelische Distriktbüro aus Anlass des 70. Jahrestags der Deportation südbadischer Juden ins südfranzösische Internierungslager Gurs am Gedenkstein eingangs des jüdischen Friedhofs eingeladen hatte. Unter den Teilnehmern waren auch Bürgermeister Wolfgang Fürstenberger und der evangelische Pfarrer Steffen Mahler..."   
    
November 2014: Auch in Efringen-Kirchen sollen "Stolpersteine" verlegt werden 
Artikel von Jutta Schütz in der "Badischen Zeitung" vom 8. November 2014: "Geschichte. Erinnerung an NS-Opfer: Stolpersteinen steht nichts mehr im Weg.
Efringen-Kirchen.
In Efringen-Kirchen soll ein neuer Versuch unternommen werden, an die Geschichte der Juden in der Gemeinde zu erinnern.
EFRINGEN-KIRCHEN. 'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist'. Dieser Satz stammt aus dem Talmud, und unter diesem Motto verlegt der in Berlin geborene Künstler Gunter Demnig seit dem Jahr 2000 in Deutschland und Europa sogenannte Stolpersteine vor den Häusern, in denen Opfer der NS-Zeit und damit viele jüdische Mitbürger lebten. Rosemarie Lange stellte beim Bürgergespräch im Rathaus den Antrag, auch in Efringen-Kirchen über Patenschaften Stolpersteine verlegen zu lassen. Sie stieß damit bei Zuhörern und Gemeinderäten auf offene Ohren. Bürgermeister Wolfgang Fürstenberger will den Antrag zur Beratung mit in den Gemeinderat nehmen. Bereits vor neun Jahren hatte es in Efringen-Kirchen den Plan gegeben, mit Gunter Demnig für das Verlegen von Stolpersteinen Kontakt aufzunehmen. Damals hatte sich Diakon Horst Panzer aus Bad Bellingen für das Projekt stark gemacht. 'Seine' Konfirmanden aus Efringen-Kirchen und Bad Bellingen hatten sich damals am ökumenischen Projekt des 'Mahnmals für die deportierten Juden und Jüdinnen' beteiligt und Gedenksteine für das zentrale Mahnmal in Neckarzimmern und für den jüdischen Friedhof in Efringen-Kirchen angefertigt. 'Wir fanden die Idee, für die deportierten und ermordeten jüdischen Mitbürger auch in Efringen-Kirchen Stolpersteine verlegen zu lassen, ausgezeichnet und wollten Wolfgang Weller mit ins Boot nehmen, der mit am besten über die Kirchener Juden informiert ist und die stets gut besuchten Führungen auf dem jüdischen Friedhof anbietet", erinnert sich Panzer. Weller aber protestierte vehement, berichtet Panzer. Er wolle nicht, dass man den jüdischen Bürgern auf dem Kopf herumtrampelt – so habe er sich ausgedrückt, weiß der Diakon noch. Panzer konnte die Reaktion nicht ganz verstehen: 'Natürlich läuft man über die Steine – aber man beobachtet in vielen Städten, in denen bereits Stolpersteine liegen, dass sie vielen Fußgängern auffallen und diese dann nachlesen, wer im Haus, vor dem die Steine liegen, gewohnt hat, wann er oder sie geboren und wo er oder sie ermordet wurde – und das regt doch zum Nachdenken an', berichtet er aus eigener Erfahrung. 2006 verlegte Demnig dann nicht in Efringen-Kirchen, sondern nur in Müllheim Stolpersteine. Rosemarie Lange berichtete, dass Deming mittlerweile 45 000 Stolpersteine in Europa verlegt hat. Allein in 500 deutschen Städten und Gemeinden erinnern die beschrifteten, goldfarbenen Kopfsteinpflastersteine an vom Terrorregime der Nazis Verfolgte. 'Die Überlebenden und deren Nachkommen sind in das Projekt mit einbezogen', berichtete sie. Finanziert wird die Verlegung der Steine durch Spenden. Für Steine kann man eine Patenschaft übernehmen, die 120 Euro je Stein kostet. Die beiden Gemeinderätinnen Heike Hauk und Traudel Töppler befürworteten den Antrag, Hauk ließ sich von Lange die Unterlagen geben, die Fragen zu einer Genehmigung des Projekts behandeln. Bürgermeister Fürstenberger versprach, sich kundig zu machen. 'Da es sich um eine Verlegung von Gedenksteinen im öffentlichen Raum handelt und dazu auch der Gehweg geöffnet wird, werden wir uns zunächst im Gemeinderat beraten', gab er weiter." 
Link zum Artikel   
 
September 2016: Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Kirchen mit Wolfgang Weller   
Artikel von Regine Ounas-Kräusel in der "Badischen Zeitung" vom 6. September 2016: ""Die Juden waren im Dorf integriert"
Wolfgang Weller führt seine rund 60 Zuhörer in die Geschichte der Juden in Kirchen ein.

EFRINGEN-KIRCHEN. "Die Juden waren im Dorf integriert." Dies betonte Wolfgang Weller in seinem Vortrag am jüdischen Friedhof von Kirchen immer wieder. Am europäischen Tag der jüdischen Kultur führte der ehemalige Lehrer seine rund 60 Zuhörer in die Geschichte der Juden in Kirchen ein und öffnete den Friedhof zur Besichtigung..."   
Link zum Artikel:  "Die Juden waren im Dorf integriert" (veröffentlicht am Di, 06. September 2016 auf badische-zeitung.de)    
 
Oktober 2017:  Veranstaltung zur 200-jährigen jüdischen Geschichte in Kirchen  
Artikel in der "Weiler Zeitung" vom 30. Oktober 2017: "Efringen-Kirchen 'Haben alle den gleichen Gott'. 
Efringen-Kirchen
(mao). An die rund 200-jährige jüdische Geschichte von Kirchen, die mit dem Rassenwahn der Nazis ein jähes Ende fand, wurde bei einem eindrucksvollen Abend am Sonntag im evangelischen Gemeindehaus erinnert. Die Wurzeln der Gemeinde reichen zurück in den Raum Solothurn, aus dem Juden vertrieben wurden. In dem vom Markgrafen zum Judenschutzdorf erklärten Kirchen fanden sie ab 1736 eine neue Heimat. Dafür mussten sie ein Judenschutzgeld entrichten. In Kirchen lebten sie ärmlich als Vieh- und Weinhändler, als Trödler und Weber. Erst als die Juden 1865 die Gleichberechtigung erhielten, begann ihr wirtschaftliche Aufschwung. Juden wurden Kaufleute, Ärzte und Rechtsanwälte. Sie machten aber in Basel, Freiburg oder Colmar Karriere, die Landflucht war allgegenwärtig. 1882 lebten noch 192 Juden im Dorf, die Zahl nahm danach stetig ab. Die Feuerwehr und der Gesangverein 'Rhenus' wurden noch von Juden mitgegründet. Das Dorf schien lange Zeit zu prosperieren, bis die Nazis 1933 das Ruder übernahmen und am 10. November 38 unter Anleitung des Haltinger Bürgermeisters die Synagoge schändeten. 'Die Kirchener Schuljugend musste danach das zerstörerische Werk besichtigen', berichtete Axel Huettner. Das durch französischen Beschuss stark beschädigte Gotteshaus wurde nach dem Krieg abgetragen. Erhalten blieb der 1865 angelegte jüdische Friedhof in Kirchen, ihn rührte selbst während der braunen Diktatur niemand an. Geschändet wurde erst später, 'seit 1965 immer wieder', berichtete Huettner. Viel Lob zollte er der Gemeinde, die den Friedhof sorgsam pflege. Bürgermeister Philipp Schmid betonte, dass man die Erinnerung an dieses geschichtliche Erbe auch künftig wachhalten wolle. Nach dem Holocaust kamen keine Überlebenden nach Kirchen zurück. Ein Deportierter und einer der wenigen den Holocaust überlebenden Juden ließen sich später in Steinen nieder und eröffneten dort eine Metzgerei, antwortete Huettner auf eine Besucherfrage. 'Und welche Rolle hatte die Kirche in der Zeit?', fragte ein anderer Zuhörer. Huettner sprach von hellen und tief dunklen Seiten, die zu beleuchten allerdings abendfüllend seien. Herbert Bräunlin, der kürzlich mit 94 Jahren verstorbene Zeitzeuge, hatte sich indes noch gut an den regimetreuen Nazipfarrer von Kirchen erinnert. Rachel Scheinker, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Lörrach, berichtete vom heutigen Leben der liberal orientierten jüdischen Gemeinde in der Kreisstadt. 'Unser Haus ist offen für alle', warb die seit 1985 in Deutschland lebende Israelin und hob die drei Säulen jüdischen Glaubens hervor: Glauben, Arbeit und Nächstenliebe. 'Wir haben alle den gleichen Gott', erinnerte Moderator Stefan Hoffmann abschließend an die im Alten Testament verankerten gemeinsamen Wurzeln des jüdisch-christlichen Glaubens. Der Abend wurde von der Paradise House Band unter Leitung von Roy Paraiso umrahmt. Er hatte auch die Idee zu der Veranstaltung, holte die evangelische und jüdische Gemeinde mit ins Boot. Eine Neuauflage und weitere Begegnungen zwischen Juden und Christen sollen folgen. Krankheitsbedingt musste Rabbi Yael Nesinholz von der Israelitischen Gemeinde Basel absagen."  
Link zum Artikel   
 
November 2019: Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom 1938
Artikel in der "Weiler Zeitung" vom 20. Oktober 2019: "Efringen-Kirchen Gedenkveranstaltung gegen Fremdenhass
Efringen-Kirchen.
Das Organisationsteam um Diakon Roy Paraiso hat eine Veranstaltung zum Gedenken an die Reichspogromnacht organisiert. Dabei steht die Frage 'Nie wieder... oder doch wieder?' im Fokus, die durch den Anschlag auf eine Synagoge in Halle bedrückende Aktualität gewonnen hat, so die Organisatoren. Denn mehr als 80 Jahre nach der Reichspogromnacht im Jahr 1938 sei nicht nur Antisemitismus, sondern auch Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit im Alltag präsent. 'Auch ohne ein unterdrückendes Regime macht sich Gleichgültigkeit in unserer Gesellschaft breit, anstatt Zivilcourage', heißt es in einer Pressemitteilung. Populisten seien auf dem Vormarsch, und anstatt vernünftige Argumente zu hören, bleibe immer öfter die Wahrheit auf der Strecke.
Zum Gedenken an die Reichspogromnacht wird ein Vortrag von Robert Neisen im Teehüsli (Chrischonagemeinde Efringen-Kirchen) am 9. November ab 19 Uhr stattfinden. Neisen ist Geschichtswissenschaftler und Politologie an den Universitäten Freiburg und Madrid. Er hat mit seinem Buch 'Zwischen Fanatismus und Distanz' die Geschichte von Lörrach und dem Landkreis während des Nationalsozialismus aufgearbeitet. Momentan arbeitet Neisen für die Stadt Freiburg an der Ausstellung 'Nationalsozialismus in Freiburg'. Auch ist er einer der Autoren der Stadtgeschichte von Villingen-Schwenningen. In seinem Vortrag geht der Historiker auf die lang- und kurzfristigen Ursachen des Judenhasses im nationalsozialistischen Deutschland ein, so die Veranstalter. Er beleuchtet die innen- und außenpolitische Dynamik, die zu den Pogromen am 9. und 10. November 1938 führten und schildert am Beispiel Kirchens und anderer badischer Gemeinden das konkrete Ereignis der Pogromnacht selbst. Zum Schluss seines Vortrags wird der Historiker auf die Funktionen, die antisemitische und fremdenfeindliche Denkweisen heute wie damals haben, eingehen und zeigen, wie man ihnen am besten begegnen kann, heißt es in der Ankündigung der Veranstalter." 
Link zum Artikel     
 
September 2020: Auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Kirchen  
Artikel von Reinhard Cremer in der "Weiler Zeitung" vom 6. September 2020: "Efringen-Kirchen Die Kirchener und die Juden
Anlässlich des Tags der jüdischen Kultur hat Museumsleiterin Maren Siegmann gestern rund 50 Bürger unter dem Titel 'Die Kirchener, die Juden und das normale Leben um 1800' durch Kirchen geführt. Geboten wurden interessante Einblicke und Hintergründe.
Efringen-Kirchen.
Zahlreiche Urkunden und Bilder in Kopieen hatte Siegmann im Gepäck, wobei sie sich auf die Zeit des 18. und frühen 19. Jahrhunderts konzentrierte. Immerhin belief sich die jüdischen Bevölkerung im Jahr 1870 auf 192 Personen.
Die ersten Juden. Die ersten jüdischen Familien in Kirchen stammten aus Dorneck (Dornach), das sie 1730 innerhalb von vier Wochen hatten verlassen müssen. Der Grund dafür, dass sich viele von ihnen in Kirchen ansiedelten, sei möglicherweise, dass der Markgraf in der Mühle Gutenau eine 'Absteige' hatte, vermutete Siegmann. Geduldet aber wurden sie nur gegen ein 'Schutzgeld' – daher rührte der Begriff 'Schutzjuden'. Jeder dieser Schutzjuden hatte 30 Gulden pro Jahr Schutzgeld zu entrichten. Mit dem Tod des jeweiligen Markgrafen erlosch auch der Schutzbrief und musste neu beantragt werden. Die Gemeinde Kirchen hatte kein Mitspracherecht. Zugebilligt wurde die Haltung von einer Kuh und einem Ross. Diese durften anfangs nur am Straßenrand weiden. Schon damals hatten die (christlichen) Kirchener Bürger mehr Rechte als die zugezogenen 'Hintersassen'. Dennoch 'durften' sie die durch den Krieg 1743/44 von den Franzosen auferlegten Lasten mittragen.
Die Lebensgrundlage. Da den Juden die Landwirtschaft und die Ausübung eines handwerklichen Berufes untersagt war, blieb ihnen in der Regel nichts anderes als der Handel und der Geldverleih. Die meisten Juden handelten mit Vieh. Einige, die als Hausierer übers Land zogen, handelten auch mit Zucker und dem damals sehr wertvollen Kaffee. Er wurde als 'böse' verunglimpft, da er teuer war und die Frauen angeblich verführte, sich zu Kaffeekränzchen zusammenzusetzen und dabei ihre Arbeit zu vernachlässigen. Dass der Hausierhandel nicht ganz ungefährlich war, belegt das Schicksal eines Hausierers, der im Jahr 1757 auf der Landstraße bei Kirchen ermordet aufgefunden wurde. Hausierer waren quasi Freiwild. Im Jahr 1767 erhielt der Apotheker Romann vom Markgraf das Privileg für einen Specerei- und Kramladen an der Basler Straße. Dabei handelte es sich eher um einen Gemischtwarenladen. Somit wurden die Apotheken zur Konkurrenz für die jüdischen Hausierer.
Der Viehhandel. Der Viehmarkt in Kirchen fand auf dem Woogplatz statt. Voraussetzung für die Juden war, dass sie sich den Handel mit Vieh überhaupt leisten konnten. Unklar ist, ob zuerst der spezialisierte Jude oder der Viehmarkt da war. Bereits im 18. Jahrhundert gab es das, was Siegmann die 'Leasing-Kuh' nannte. Dieser Kauf auf Raten ermöglichte es vielen Bauern erst, sich eine Kuh zuzulegen. Zum jüdischen Viehhandel gehörte auch eine jüdische Schlachterei. Mit Samuel Ruf aus Blotzheim ist im Jahr 1766 der erste jüdische Metzger aktenkundig. Da die Bevölkerungszahl stark anstieg, wurde ein Drittel der Weideflächen in Ackerland umgewandelt, was wiederum die Existenz derer bedrohte, die vom Viehhandel lebten. Große Veränderungen brachte der Bahnbau mit sich. Dadurch verlagerten sich die Viehmärkte vom Land in die Stadt. Das war der finanzielle Gau für die ländlichen Viehhändler.
Mit Geselligkeit. Im 'Gasthaus Linde', eine jüdische Wirtschaft, wurde an Fest- und Feiertagen gerne gefeiert und getanzt. Das aber war in den Augen der Obrigkeit sehr gefährlich, da das Tanzen unter anderem zum 'Schwelgen, zu Unfug und Unsittlichkeit' verleitete. Außerdem führte es, so die Argumentation, bei der jüdischen Jugend zu Verschwendung von Geld, das sie nicht hatte, und infolge dessen zu bösen Taten.
Synagogen. Im Jahr 1795 wurde an der Friedrich-Rottra-Straße die erste Synagoge in Kirchen errichtet. Nach dem Neubau der zweiten Synagoge im Jahr 1831 nutzte man sie als 'Armenhaus' genutzt. Die Beherbergung armer Juden wurde als religiöse Verpflichtung angesehen. Die zweite Synagoge war dann der Mittelpunkt jüdischen Lebens in Kirchen. Unter dem Beschuss der Franzosen wurde sie im Jahre 1940 so beschädigt, dass sie später abgetragen werden musste. Ab 1861 erteilten die Verantwortlichen den Juden die volle Gleichstellung mit der übrigen Bevölkerung. Das heißt, auch die Wahl ihres Wohnorts war ihnen nun freigestellt, was die Abwanderung vieler in die Städte zur Folge hatte."   
Link zum Artikel  

     
     

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Efringen-Kirchen 
bulletSeite über den jüdischen Friedhof von Efringen-Kirchen (interner Link) 

Quellen:   

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Efringen-Kirchen 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Efringen-Kirchen sind vorhanden:    
J 386 Bü. 166 Todesfälle 1865 - 1922  Geburten 1870-1923  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442492  
J 386 Bü. 167 Todesfalle 1866 - 1932  Eheschließungen 1870 - 1932   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442493    

 Literatur:   

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 70ff.  
bulletAxel Huettner: Die jüdische Gemeinde von Kirchen 1736-1940. 1978.1993³. 
bulletVerena Alborino: Juden auf dem Land: Das Dorf Kirchen, in: Markgräflerland 1996/1 S.127-137.
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 478-481.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.    

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Kirchen. The first Jewish families arrived in 1736 after being expelled from Switzerland and were subjected to numerous disabilities and restrictions. The community began to grow toward the end of the century and its economic situation improved with inclusion in the Dutchy of Baden in the early 19th century. A synagogue was built in 1831 and a cemetery was opened in 1865, with the Jewish population reaching a peak of 192 in 1873, characterized by its exceptionally low mean age and high natural increase. Thereafter emigration was stepped up and the birthrate declined. A measure of prosperity was achieved in the early 20th century, but the community was hard hit in the post-world war I economic crisis. In 1933, 60 Jews remained (including seven in neighboring Efringen). On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned and men were detained in the Dachau concentration camp. With the outbreak of war in September 1939, the entire population was evacuated, the Jews mostly to Konstanz. Ultimately, 21 emigrated, nine left for other German cities, and 26 were deported (five surviving). 
     
      

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge  

       

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020