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in Freudental
Freudental (Kreis Ludwigsburg)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte des Ortes
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Freudental wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Übersicht:
Allgemeine Artikel
Über die Gründungszeit der jüdischen Gemeinde in Freudental (Beitrag von
Rabbiner Dr. Tänzer,
1934)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. November 1934: "Die Gründungszeit
der Israelitengemeinde in Freudental. Von Bezirks-Rabbiner Dr. Tänzer,
Göppingen.
Das Gründungsjahr dieser zweitältesten, seit mehr als 200 Jahren
ununterbrochen bestehenden jüdischen Gemeinde in Württemberg ist bisher noch
nicht mit Sicherheit festzustellen gewesen. Allgemein (Anm.1) nahm man an,
dass der vom 1. Oktober 1731 datierte, gewöhnlich als 'Freudenthaler
Juden-Ordnung' (Anm.2) bezeichnete Schutzbrief, den die Reichsgräfin v.
Würben erteilt hatte, zugleich das Datum der Entstehung dieser Gemeinde
enthalte, Im Jahre 1931 war deshalb auch die Feier des 200jährigen Bestehens
dieser einst großen und angesehenen Gemeinde geplant gewesen, ist jedoch
unterblieben. Paul Rieger (Anm.3) gibt als Gründungsjahr 1722 an. Ich habe
in meiner 'Geschichte der Juden in Württemberg (Anm.4) bereits darauf
hingewiesen, dass verschiedene Stellen im Wortlaut des Schutzbriefes,
vornehmlich der Hinweis auf verliehene Privilegien aus dem Jahre 1729, die
Annahme rechtfertigen, dass Juden schon vor 1731 in Freudental
wohnten.
Nunmehr ist diese Frage endgültig gelöst, indem die Nachforschungen des
Freudentaler Religionslehrers Simon Meisner im Staatsfilialarchiv in
Ludwigsburg folgendes ergeben haben: In diesem Archive befinden sich 72
Judenakten über Freudental, welche das Oberamt in Besigheim vor einigen
Jahren dahin übergeben hat. Gleich das erste Aktenstück stellt das
Gründungsjahr fest. Nach diesem sind im Jahre 1723 die ersten Juden nach
Freudental gekommen, und zwar aus Flehingen
in Baden. Die Urkunde ist vom 8. September 1723 datiert und bewilligt
dem 'Seligmann Wolfen aus Flehingen' mit seiner Familie und sechs weiteren
Haushaltungen die Ansiedlung in Freudental gegen Entrichtung von Schutzgeld.
Ein Schutzbrief scheint denselben nicht erteilt worden zu sein. Am 22.
September 1723 wurde dann die Anlegung eines
Friedhofes gegen Bezahlung von zwei
Gulden gestattet. Unter den Juden in Freudental wird sich schon vor dem
Jahre 1731 auch Lewin Fränkel befunden haben, da er im Schutzbriefe als 'allhiesiger
Schutzfaktor' bezeichnet wird. Und wohl auf dessen Betreiben und
wahrscheinlich auch, um das Herrscherrecht der Gräfin zu dokumentieren und
ihre Einkünfte von den Juden zu steigern, ward dann 1731 der Schutzbrief
erlassen, der die Verhältnisse der Freudentaler Judenschaft regelt und hohe
Abgaben an die Herrschaft festsetzt. So eine sofortige Abgabe von 1000
Gulden, ein jährliches Schutzgeld von 19 Gulden pro Familie, einen
jährlichen Grundzins von vier Gulden für den Friedhof usw. Ob die im
Schutzbrief vom Jahre 1731 vorgesehenen 24 Familien aufgenommen wurden,
erscheint fraglich, weil eine Judenzählung in Freudental, welche der Amtmann
Pfisterer am 19. September 1738 im Auftrage des Herzogs vornahm, nur 19
Familien mit 101 Seelen ergab. Möglich, dass nach dem Sturze der Gräfin
einzelne Judenfamilien Freudental verlassen haben oder verlassen mussten.
Der allgemeine württembergische Ausweisungsbefehl vom 20. Februar 1740 traf
auch die Freudentaler Juden. Doch wurde das Dekret später wieder
zurückgenommen.
Die Israel. Religionsgemeinde in Freudental kann daher heute auf einen
ununterbrochenen Bestand von 211 Jahren zurückblicken. Ein Alter, in welchem
sie nur noch von der Gemeinde Mergentheim
übertroffen wird."
Anmerkungen: 1) So auch Paul Tänzer, Rechtsgeschichte der Juden in
Württemberg 1806-1828. Stuttgart 1922. S. 9ff.
2) Erstmalig veröffentlicht bei Paul Tänzer a.a.O. S. 83ff.
3) Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg. 1932. S. 27.
4) Als Manuskript beim Israelitischen Oberrat in Stuttgart S. 10. |
Über den Huldigungseid der Juden in den neuwürttembergischen Orten im Jahre
1807 (Artikel von Rabbiner Dr. Tänzer von
1926)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. September 1926: "Der Huldigungseid der
Juden in den neuwürttembergischen Orten im Jahr 1807. Von Rabbiner Tr.
Tänzer, Göppingen.
Zu den 534 Juden in Altwürttemberg kamen bekanntlich mit den bis 1806
erworbenen Gebieten Neuwürttembergs 4884 weitere, die in 50 bisher den
verschiedensten Herrschaften angehörenden Orten wohnten. Über die Art und
Weise, wie die Vereidigung dieser Juden durch die württembergische Regierung
vorgenommen wurde, ist bisher nichts bekannt geworden. Eigentümlicher Weise
finden sich Aufzeichnungen hierüber sogar in den noch vollständig erhaltenen
Archiven jüdischer Gemeinden aus jener Zeit, ich denke hierbei z. B. an
Jebenhausen, deren Vorsteher eine für
den Historiker erfreuliche Schreibseligkeit betätigten, nicht vor. Das
Archiv der Ortsgemeinde Jebenhausen ist 1904 durch Feuer leider vernichtet
worden. Nur in den 'Akten der Oberregierung' hat sich in einem Berichte
eines Huldigungskommissars an den König Friedrich eine Darstellung des
Huldigungsaktes erhalten.
Eine Resolution des Königs Friedrich vom 9. Dezember 1806 hatte verfügt,
dass die Huldigung durch die Juden in der Weise vorzunehmen sei, wie dies
durch die Juden früher schon in den altwürttembergischen Orten geschehen
war. Der Präsident der Oberlandesregierung v. Reischach sucht vergebens nach
näheren Aufzeichnungen und erhält am 24. Dezember die Auskunft, dass
ausführlichere Angaben hierüber nicht vorhanden seien. Man wisse nur, dass
die 14 Judenfamilien in Zaberfeld im
Jahre 1795 besonders beeidigt worden seien. In Freudental sei dies
1794 gemeinsam mit der christlichen Einwohnerschaft geschehen. In
Gochsheim habe der Kommissar 1794 und
1798 die Juden auf das kleine Ratsstüble kommen lassen und ihnen dort das
Handgelübde an Eidesstatt abgenommen.
Eine weitere königliche Verordnung bestimmte hierauf, dass man sich der
gewöhnlichen Huldigungsformel bedienen und sich, 'um den Weitläufigkeiten
auszuweichen, welche mit der körperlichen Beeidigung der Juden verbunden
sind', auf Abnahme der Handtreue an Eidesstatt beschränken solle. Im Jahre
1807 fand dann diese Huldigung in den neuwürttembergischen Judengemeinden
statt. In der Regel fungierte der zuständige Kreishauptmann als
Huldigungskommissar. Dass die Juden in eifrigster Weise bemüht waren, den
Huldigungsakt zu einem möglichst feierlichen zu gestalten, geht aus einem
sehr ausführlichen Berichte vom 7. Mai 1807 hervor, welchen der Ehinger
Kreishauptmann v. Arand dem König erstattete, nachdem er die Huldigung in
Buchau a. F. mit Anschluss von
Kappel am 29. April und in
Laupheim am 3. Mai 1807 vorgenommen
hatte.
Er sagt da u. a.: 'Die Judenschaft zu Buchau,
vereinigt mit jener zu Kappel, hatte durch
die Feierlichkeitsveranstaltungen gezeigt, mit welcher Herzlichkeit und
Attachement sie Eurer Königlichen Majestät Treue und Gehorsam gelobe.' Die
Männer waren alle schwarz gekleidet. Die Vorsteher, in schwarze Mäntel
gehüllt, holten den Huldigungskommissar in seinem Absteigequartier ab. Vor
der Synagoge kam der Rabbiner (wohl Maier Wolf aus
Kleinerdlingen) mit einer
Torarolle im Arm der Kommission entgegen, die dann unter einem Himmel in die
Synagoge geleitet wurde. Hier hielt der Kommissar eine Ansprache, 'zeigte
ihnen, was für ein glückliches Los die Vorsehung über sie und uns alle
geworfen habe, unter dem Szepter Eurer Majestät, des gerechten und weisen...
" |
Königs
gekommen zu sein,' sprach dann noch Einiges über die Pflichten des Untertans,
las hierauf die Huldigungsformel vor, welche die Vorsteher nach abgelegter
Handtreue unterschrieben. Sodann las einer der Vorsteher eine Danksagung
vor, der Rabbiner sprach ein Gebet mit abschließendem Segen, auch wurden
noch einige Psalmen aus den König gesungen, worauf die Kommission in
gleicher Weise wie beim Einzuge die Synagoge verließ. In gleicher Art
verlief die Feier auch in Laupheim, nur
dass hier das Gebet für den König in sehr schöner Schrift auf einer Tafel in
der Synagoge aufgehängt wurde. Der Kommissar schließt seinen Bericht mit den
Worten: 'Beide Judengemeinden haben daher Beweise von alleruntertänigster
Anhänglichkeit und Devotion gegeben, dass sie des allergnädigsten Schutzes
Eurer Königlichen Majestät würdig sein dürften.'
Die dem Berichte beigefügte Huldigungsformel hatte folgenden Wortlaut: 'Ihr
werdet dem allerdurchlauchtigsten und großmächtigsten König und Herrn
Friedrich von Gottes Gnaden König von Württemberg usw. als Eurem nunmehrigen
allergnädigsten König, Erblandesfürsten und Herrn an Eidesstatt durch
Handtreue feierlich geloben: Seiner Kgl. Majestät in allem getreu, hold und
gewärtig zu sein; Allerhöchst deren Nutzen und Frommen zu fördern, Schaden
zu warnen und nach bestem Vermögen zu wenden. Überhaupt aber alles dasjenige
zu tun, was getreue und gehorsame Untertanen ihrem allergnädigsten König und
Herrn zu tun schuldig und pflichtig sind. Auch darauf nunmehr Eure aufrechte
und redliche Erbhuldigung erstatten. Alles getreulich und ohne Gefährde.' -
Hierauf wurde allen männlichen Geschlechts vom 16. Jahre an aufwärts die
Handtreue abgenommen, und zu dessen Bestätigung haben die Vorsteher namens
der beiden Gemeinden dieses unterschrieben."
Für Buchau unterschrieben die Vorsteher: 'Hirschle
Marx und Leopold Einstein im Namen Bernhard Moses, welcher nicht deutsch
schreiben kann."
Für Kappel unterschrieben die Vorsteher:
Abraham Kohn, Kusel Einstein.
Für Laupheim unterschrieben die
Vorsteher: Samuel Nathan, Vorgesetzter zu Groß-Laupheim. Abraham Jakob Levi,
Vorgesetzter zu Klein-Laupheim.
Die in Buchau verlesene und dem Könige,
ebenso wie das Gebet des Rabbiners, vorgelegte Danksagung hatte folgenden
Wortlaut:
,Hochwohlgeborener Herr Kreishauptmann! In Gottes Allgegenwart und vor
dessen Heiligtum haben nun die beiden Judengemeinden in
Buchau und
Kappel Seiner Majestät dem König von Württemberg, unserem
allergnädigsten König, die Pflichten der Unterwürfigkeit und
unverbrüchlichen Treue feierlich gelobet. Heilig, wie das von unseren
Urvätern ererbte Gesetz Gottes, sollen uns allen von nun an die gegen
unseren allergnädigsten König angelobten Pflichten bleiben. Euer
Hochwohlgeboren als allergnädigst ernannten Huldigungskommissar erstatten
hiermit die beiden Judengemeinden Buchau
und Kappel den schuldigsten Dank und
bitten gehorsamst, Euer Hochwohlgeboren wollen die beiden Gemeinden der
ferneren, allerhöchsten landesväterlichen Huld und Gnade Seiner Majestät
unseres allergnädigsten Königs und Herrn alleruntertänigst empfehlen".
|
Aus einem
Reisebericht von 1851
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Oktober 1851:
"Aus
der Reisetasche eines fahrenden Schülers aus Schwaben. Noch weitere
historische Erinnerungen knüpfen sich der israelitischen Gemeinde
Freudental an die Regierung des Herzogs Eberhard Ludwig, Vorgängers des
Karl Alexander, der von 1677 – 1733 über Württemberg regierte. Ein
mecklenburgisches Fräulein von Gräveniz, zum Schein einem Grafen von
Würben angetraut, wusste der Herzog seit dem Jahre 1707 durch buhlerische
Künste zu bezaubern und verbotene Liebe in ihm zu wecken. Sie wurde des
Herzogs allmächtige Favoritin, sodass selbst die Herzogin, sich vor ihr
fürchtend, vorzog, das Land zu verlassen. Die Gräveniz erhielt unter
anderen reichen Gütern auch die Domäne Freudental vom Herzog zum
Geschenk. Die Tochter des Bankiers der Gräfin, eines reichen Israeliten
zu Amsterdam, vermählte sich mit dem damaligen Parnas zu Freudental,
Ullmann, und die Gräfin verlieh dem Bräutigam zum Hochzeitsstrauß |
das
Recht, Juden in Freudental aufzunehmen und wegzujagen. Dieses Recht erbte
sich in dieser Familie auf mehrere Geschlechter fort und die Herren
Parnasim machten von diesem Rechte oft umfassenden, absoluten Gebrauch,
bis die jüdische Gemeinde, des passiven Widerstands müde, durch
energische Repressalien von dieser aufgedrungenen Herrschaft sich
emanzipierte. Ich werde, so Gott will, diese historischen Begebenheiten,
immerhin für die Israeliten Württembergs interessant, in einer
Monographie darzustellen versuchen. – Frommer Sitte gemäß besuchte ich
die Gräber meiner Lieben auf dem stillen Friedhof, der idyllisch an einem
Waldsaume gelegen, hinausschaut in das stille Tal; der Horizont ist von
der Schwäbischen Alb begrenzt. Der alte Kaiserberg, das Monument des
schwäbischen Kaiserhauses, der Hohenstaufen, lugt herüber zu den
Gräbern der Entschlafenen Israels. Es drängten sich mir Reflexionen vom
erloschenen Kaiserstamm und von der Fortdauer des gehetzten Häufleins
Israel auf, die ich nicht weiter spinnen will, sondern dem Gedankenspiel
des geneigten Lesers überlasse. – Die Grabsteine der Familie Benedikt
sind schöne, einfach Monumente, die der fromme Sinn der Überlebenden den
teueren Hingeschiedenen gesetzt hat. Schönere Monumente aber sind die
reichen wohltätigen Stiftungen, die diese Familie in ihrem edeln Streben
nach rettender Menschenliebe den lebenden und kommenden Geschlechtern
aufbewahrt hat. Der Schwiegersohn des edeln Seniors dieser Familie, des
Mäzen Moses Benedikt in Stuttgart, ist der Stifter und Vorsteher unseres
Waisenvereins und Waisenhauses Wilhelmspflege Dr. Dreifuß. Es bedarf
nicht der granitenen Mausoleen, um die Namen solcher Menschenfreunde den
Nachkommen zu überliefern.
Des andern Morgens verließ ich Freudental, setzte mich in Besigheim unter
den alten Römertürmen, aus deren Schießluken die Geister der alten
Weltbezwinger staunend dem hinbrausenden Dampfrosse (sc. Eisenbahn),
eingestehend, dass die Wissenschaft eine größere Macht sei, als die
brutale Gewalt des Schwertes, in einen Waggon des Eisenbahnzuges und sah
wieder lauter orientalisch geschnittene Profile, die zur Tuchmesse nach
Stuttgart zogen. Hatte ich aber beim Beginn meiner Reise meine der
westlichen Hemisphäre zuziehenden jüdischen Weggefährten ihres
ärmlichen Aufzuges wegen zu bemitleiden, so sah ich jetzt an meinen
Stammesgenossen wohl auch einen Druck, aber nur den, den ihre strotzenden
Geldkatzen auf ihre Lenden übte…. |
Bericht
über die jüdische Gemeinde (1863)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1863:
"Karlsruhe. In erfreulichem Gegensatze zu den von Ihnen kürzlich
geschilderten Verhältnissen israelitischer Gemeinden Württembergs kann
ich Ihnen eine solche bezeichnen, die vermöge des dort herrschenden echt
religiösen Lebens wohl genannt zu werden verdient. Es ist dies die
Gemeinde Freudenthal.
Einsender dieser Zeilen hatte kürzlich Veranlassung, einige Tage sich
dort aufzuhalten und muss gestehen, dass ihn der dort herrschende und fast
alle Schichten der israelitischen Bevölkerung durchdringende Geist echter
Religiosität sehr wohltuend angeweht hat. Dort findet man den Morgen- und
Abendgottesdienst täglich sehr zahlreich besucht. Der Religionsunterricht
ist zuverlässigen Händen anvertraut, wobei wohl bemerkt werden darf,
dass der durch lockende auswärtige Anerbieten befürchtete Abgang des
würdigen Lehrer Herrn Stern durch ansehnliche Opfer von
Gemeindemitgliedern abgewendet und dieser Mann der Gemeinde erhalten
werden konnte. Endlich wird dort die Wohltätigkeit reichlich und im Sinne
unserer frommen Väter geübt, wofür als einzelner Beleg statt vieler der
Umstand dienen kann, dass diese Gemeinde kürzlich die bedeutende Summe
von 150 Gulden als Spenden für unsere armen Glaubensbrüder im Heiligen
Lande, denen noch außerdem 30 Gulden für Pilgerwohnungen beigefügt
waren, dem Generalagenten Palästinas für Baden und Württemberg Herr B.
H. Wormser in Karlsruhe übermacht worden sind. Ehre dieser Gemeinde, die
in so erhebender Weise ihren Wohltätigkeits- wie zugleich echt
religiösen Sinn zu betätigen versteht. Raphael Wormser". |
Orthodoxe Stuttgarter Juden kommen zu den Hohen Feiertagen
nach Freudental (1863)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Oktober 1863: "Freudental
(Württemberg), 11. Tischri. Auch dieses Jahr hatte sich wieder eine
ansehnliche Anzahl Stuttgarter bei uns eingestellt, um die hohen Feste mit
uns nach der frommen Vätersitte zu feiern, und um dem Ärger zu entgehen,
den jeder, in dem noch ein Rest des jüdischen Gefühles verblieben ist,
empfindet, wenn er mit ansehen muss, wie Dutzende der andächtigen
Tempelbesucher sich entfernen, um im Gasthofe die bei Strafe der
Ausrottung gebotene Kasteiung zu üben. Unsere Gäste sind zwar meistens
hier Geborene, welchen ihre fromme Erziehung und Gewöhnung noch Halt
genug verleiht, um in der Flut des Stuttgarter religiösen Lebens nicht
unterzugehen. Diesmal haben sie aber auch Herrn H., einen Urstuttgarter,
welcher die neue Synagoge dort noch nie betreten hat, mitgebracht. Er
ließ sind am Neujahrstag und an Jom Kippur zur Tora rufen und
spendete bei dieser Gelegenheit außer dem hier sehr hohen
Steigerungspreis der Alija 32 Gulden für wohltätige Zwecke, worunter 16
Gulden für die Armen des Heiligen Landes. Für diesen frommen
Zweck dürften auch dieses Jahr mindestens 60 Gulden Spenden während der
guten Tage eingegangen sein, der Betrag der Spenden überhaupt aber
wenigstens auf 180 Gulden sich belaufen. Da auch die Wohltätigkeit gegen
fremde und einheimische Arme hier einen sehr anerkennenswerten Graf
erreicht hat, es werden hier von circa 50 bemittelten Familien jährlich
mindestens 400 Gulden und 1.000 Kostanweisungen an fremde Arme gegeben, so
kann man von der hiesigen Orthodoxie nicht sagen, dass sie bloß bis zum
Geldbeutel reiche. Es steckt bei uns – Gott sei Dank – in mancher
Gemeinde noch ein guter Keim, der sich zu edler Blüte entfalten würde,
wenn die Gemeinden wieder mündig wären, und nicht das Kirchenregiment in
Alles sich einmischte, selbst in die freiwilligen Chawerot (Wohltätigkeitsvereine)
und Stiftungen. Wir hoffen aber, dass – wenn Gott will – das bald
anders werden wird, der Ruf wird endlich zu den Ohren der besseren Jehudim
Württembergs dringen und sie zum Kampfe für ihre Religionsfreiheit
aufrütteln... Z. Segal." |
Allgemeine Beiträge zur 200-jährigen Geschichte der Gemeinde Freudental (1931)
Anmerkung: die zunächst auf den 18. Oktober 1931 festgelegte Jubiläumsfeier
wurde "im Hinblick auf die Zeitverhältnisse" bzw. "im Hinblick auf die
augenblicklichen Schwierigkeiten der Wirtschaftslage" auf einen günstigeren
Zeitpunkt verschoben.
Artikel
im "Jüdischen Gemeindeblatt für die Israelitischen Gemeinden in Württemberg"
vom 16. Juli 1931: "Freudental. Die hiesige israelitische Gemeinde,
am 1. Oktober 1731 laut Schutzbrief gegründet, kann in diesem Jahre auf ein
200 jähriges Bestehen zurückblicken. Der Israelitische Oberrat hat gemeinsam
mit dem hiesigen Vorsteheramt die Feier des Jubeltages auf 18. Oktober
festgesetzt." |
|
Artikel
im "Israelitischen Familienblatt" vom 24. September 1931: "Freudental
(Württemberg) (200jähriges Jubiläum der Gemeinde.) Am 1. Oktober kann
die Israelitische Gemeinde Freudental auf ihr 200jähriges Bestehen
zurückblicken. Am 1. Oktober 1731 nahm die Reichsgräfin von Würben, die
damals die Herrschaft über Freudenthal führte und dort ihren Sitz genommen
hatte, 28 jüdische Familien in den Schutz ihrer Herrschaft auf. Diese Gräfin
von Würben ist unter dem Namen der 'Grävenitz' im damaligen Herzogtum
Württemberg berüchtigt gewesen. Später musste sie Stuttgart und Ludwigsburg
auf Betreiben der 'Landschaft' verlassen und zog sich nun nach ihrem
reichsunmittelbaren Lehen Freudental zurück. Hier wurde sie durch den im
Jahre 1731 ausgestellten Judenschutzbrief die Gründerin der jüdischen
Gemeinde Freudental, wo wohl auch schon einzelne Juden einige Jahre zuvor
sich aufgehalten haben dürften, während das Herzogtum Württemberg, in dem
Freudental gelegen ist, den Juden schon seit dem Ende des 15. Jahrhunderts
die Niederlassung versagt hatte. 1739 bei der Hinrichtung des 'Jud Süß' ist
einer der Männer, der die letzten Stunden bei ihm verbringen dürfen, der
damalige Rabbiner von Freudental. Die Gemeinde Freudental vergrößerte sich
zusehends. Schon 1807 zählte sie trotz der in den Revolutionskriegen und in
der Napoleonischen Zeit auch ihr auferlegten Kriegslasten über 200 Seelen.
Ihre Blütezeit erreichte sie in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, damals
zählte sie fast 400 Seelen, war Sitz eines Rabbinats, das erst 1887 und dem
Namen nach erst 1912 aufhörte, und besaß eine öffentliche jüdische
Volksschule, die zeitweise von nahezu 100 Kindern besucht wurde. Die eigene
Schule hörte 1920 auf. Unter den württembergischen Gemeinden galt Freudental
in religiöser Beziehung lange als eine der führenden; unter den früheren
Rabbinern hatten Rabbiner Sender Elsässer und besonders Rabbiner
Josef Schnaitach, der auch als Kabalist anerkannt war, klangvolle Namen
als Talmudisten. Ludwig Stern, der spätere Leiter des
Würzburger Lehrerseminars, hatte zuvor an
der jüdischen Volksschule in Freudental gewirkt. Gegen Ende des vorigen
Jahrhunderts setzte die rückläufige Entwicklung ein; heute zählt Freudental
noch etwa 20 allerdings meist kleinere Familien mit 50 bis 60 Seelen. Als
Filialgemeinde sind seit hundert Jahren die Juden in dem drei Stunden
entfernten Zaberfeld an Freudental
angeschlossen. Auch heute noch besitzt die jüdische Gemeinde Freudental dank
dem Bestand der Landesorganisation einen eigenen Lehrer und unterhält alle
Gemeindeinstitutionen selbständig. Eine von der Gemeinde unter Mitwirkung
des Israelitischen Oberrats vorgesehene Jubiläumsfeier des
200jährigen Bestehens musste im Hinblick auf die augenblicklichen
Schwierigkeiten der Wirtschaftslage auf einen günstigeren Zeitpunkt
verschoben werden." |
|
Artikel
in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 28. Oktober 1931: "Freudental in
Württemberg. (Gemeindejubiläum.) Am 1. Oktober dieses Jahres konnte die
Israelitische Gemeinde Freudental auf ein 200-jähriges Bestehen
zurückblicken. Am 1. Oktober 1731 verlieh die Gräfin von Würben, die
'württembergische Pompadour', welche damals reichsunmittelbare Herrin des
Dorfes Freudental war, durch Schutzbrief 28 jüdischen Familien das Recht der
Niederlassung. Die Israelitische Gemeinde erstarkte an äußerer Zahl und an
Bedeutung. Sie zählte um 1850 fast 400 Mitglieder und ihr Name hatte einen
guten Klang unter den süddeutschen Landgemeinden. Der zahlenmäßige
Niedergang erfolgte seit etwa 1870; heute umfasst sie noch etwa 50 und mit
den Filialen zusammen noch ungefähr 70 Seelen; es wird noch regelmäßiger
Gottesdienst abgehalten, und die wichtigsten Gemeindeeinrichtungen sind noch
vorhanden. Es war eine größere Feier anlässlich des 200. Jubiläums geplant
worden, diese musste aber im Hinblick auf die Zeitverhältnisse verschoben
werden." |
Der letzte jüdische Lehrer in Freudental Simon Meisner schreibt 1938 einen
Beitrag zur jüdischen Geschichte Freudentals (1938)
Artikel
im "Jüdischen Gemeindeblatt für die Israelitischen Gemeinden in Württemberg" vom
16. Mai 1938: "Bildnis einer Jüd. Landgemeinde. Die Jüdische
Gemeinde Freudental einst und jetzt.
32 km von Stuttgart, 35 km von Pforzheim und 23 km von Heilbronn entfernt
liegt Freudental zwischen zwei Ausläufern des Strombergs und auf drei
Seiten von Bergen und Wald umschlossen. Mit seinen 51 jüdischen Seelen steht
es an 25. Stelle der 41 jüdischen Gemeinden in Württemberg. Um die Wende des
19. Jahrhunderts war Freudental die größte jüdische Gemeinde
Altwürttembergs. 1723 gründete Seligmann Wolfen aus
Flehingen mit seiner Familie und sechs
weiteren Haushaltungen die Gemeinde. Man sieht daraus, dass er von Beginn
auf die erforderliche Minjanzahl abzielte. 1731 wurde nun der Schutzbrief
ausgestellt, welcher 24 Familien gegen eine sofortige Abgabe von 1000
Gulden, ein jährliches Schutzgeld von 15 Gulden pro Familie und einen
jährlichen Grundzins von 4 Gulden für den
Friedhof den Aufenthalt zusicherte.
1736 kam Freudental durch Verkauf an Württemberg. 1738 zählte man 101
jüdische Seelen. Ursprünglich begnügte man sich mit einem Betsaal. 1770
schritt man aber zum Bau einer Synagoge. Es haben hier deshalb schon bald
Rabbiner und Lehrer gewirkt. Während man im Jahre 1817 in Stuttgart 110
Juden und 1832 deren 130 zählte, wohnten 1832 in Freudental 359 Juden. Vor
1832 wird der Stuttgarter nach Freudental zum Rabbiner gegangen sein!
1853 zählte man bei 868 Einwohnern 364 Juden. Mit dem Aufkommen der
Industrie begann die Landflucht, und in den 1870er Jahren zogen viele
Freudentaler nach Stuttgart und in andere Städte. 1894 sank die jüdische
Bevölkerung bei einer Einwohnerzahl von 737 auf 188, und am 1.12.1900 wurden
von 628 Einwohnern nur noch 144 Juden gezählt 1925 zählte man mit Zaberfeld
und Mühlacker 90 Seelen, am 16.6.1933 waren es 75, am 1.1.1937 59, am
1.7.1937 56 und seit 1.10.1937 leben hier 51 Juden. 1938 wird die Zahl
bedeutend weiter herabsinken.
Von den zur Zeit bestehenden 17 jüdischen Schulen in Württemberg ist
Freudental die älteste. 1816 begründete Baruch Elsässer die
hiesige Elementarschule. In der Jeschiwa hatte er sich gründliche Kenntnisse
im Talmud erworben. Über ihn berichtete am 24.12.1912 Oberlehrer Spatz in
der 'Kantorenzeitung': 'Seine weltlichen Kenntnisse hatte er beim damaligen
evangelischen Ortspfarrer erworben und vom christlichen Ortslehrer wurde er
informiert, sodass er beim Spezial in Besigheim die Lehrerprüfung mit gutem
Erfolg ablegen konnte. Der schwäbische Volksschriftsteller Nefflen hat den
'Judenlehrer von Freudental' als einen gelehrten, aber bescheidenen und
äußerst frommen Mann geschildert."
Mehr als 50 Jahre war eine Schülerzahl von über 50 normal. Durch das Gesetz
vom 25.4.1828 'Über die Rechtsverhältnisse der Israeliten" wurde der
Schulzwang für 6- bis 14jährige eingeführt. Es wurde gefordert, dass auf
Kosten der jüdischen Gemeinden Schulen zu errichten sind. 1836 bestimmte das
Schulgesetz, dass in Gemeinden mit mehr als 60 Familien die israelitischen
Elementarschulen in Volksschulen der politischen Gemeinde zu verwandeln
sind. Dies geschah auch mit der hiesigen Schule. Um die Jahrhundertwende
sank nun die Schülerzahl so, dass 1912 die Schule in eine freiwillige
Konfessionsschule umgewandelt wurde. Dieser Vorgang stützte sich auf einen
Erlass des Königlichen Ministeriums vom 13.12.1910, welcher bestimmte, dass
zur Kostenersparnis die Konfessionsschulen aufgehoben werden sollten, deren
Erhaltung keinem wirklichen Bedürfnis entsprach. Wegen zu geringer
Schülerzahl wurde 1920 nach Versetzung des Dr. Wochenmark nach
Tübingen die Stelle nicht weiter
besetzt. 1935 wurde die freiwillige Konfessionsschule in eine Jüdische
Privatschule umgewandelt Damals zählte man 6 schulpflichtige und 5
vorschulpflichtige Kinder. Heute wird die Schule von 6 Kindern besucht wovon
der größere Teil im Laufe dieses Jahres auswandern wird. Ein
vorschulpflichtiges Kind wandert ebenfalls aus.
Die Liquidation ist schwieriger als der Aufbau. Freudental hat aber
das Glück, dass ihm die richtigen Männer zur Leitung der Gemeinde nicht
fehlten. Seit 1931 ist Leopold Wertheimer der Vorsitzende des
Vorsteheramts. Er durfte vor kurzem seinen 70. Geburtstag feiern. Im Jahre
1934 hat er die jüdische Schule als eine Notwendigkeit für die Erziehung
seelisch-stakrer Juden verlangt. Am 1.4.1935 konnte die Schule wieder
eröffnet werden. Sein Wunsch ist es, das religiöse Leben der Gemeinde zu
erhalten, denn gemeinsame Feier und gemeinsames Gebet können in bester Weise
Halt für den |
Lebenskampf
geben. Die Verkleinerung der Gemeinde hat naturgemäß die finanziellen
Verhältnisse erschwert, und es ist der Umsicht des Vorsitzenden zu
verdanken, dass in jeder Hinsicht geordnete Verhältnisse in der Gemeinde
herrschen.
Besondere Anerkennung verdient, dass 1936 Alfred Emrich mit Rat und
Tat sich der Gemeinde zur Verfügung stellte. Sein Opfersinn ermöglicht es,
dass auf sozialem Gebiet alles Notwendige geschieht.
Der Wille zur Selbstlosigkeit ist die Grundlage für den Erfolg der
Gemeinschaftsarbeit, Von den 51 Seelen sind 29 weiblich und 22 männlich. 19
Personen sind über 60 Jahre alt. Fast alle Gemeindemitglieder sind
Viehhändler. Emrich hat als Selbsthilfe eingeführt, dass an den Schultagen
die Kinder den Schulraum heizen und reinigen, und das ist eine gute Schulung
für ein Leben der Arbeit und Sauberkeit. Eine Viertelstunde vom Ort liegt
der alte Friedhof im Löchgauer
Wald. Er diente von 1723 bis 1811 als Friedhof. Im Jahre 1811 wurde am Fuß
des Löchgauer Seeberges in einem der Gemeinde Bönnigheim gelegenen Wald der
neue Friedhof abgelegt. Gebeine und
Grabsteine wurden überführt und über dem Friedhof von einst wuchsen hohe
Bäume und viel Gesträuch. Zur Beschäftigung der arbeitslosen jüdischen
Männer wurden die Waldarbeiten diesen übertragen, und jeden Tag wanderte
eine Gruppe hinunter in den Wald. um Notstandsarbeiten zu leisten. Zur Zeit
wird die Frage des Acker- und Gemüsebaus als Möglichkeit der Selbsthilfe
geprüft. So gilt es, in schwerer Zeit alles im Rahmen des Möglichen zu
versuchen. Lehrer Simon Meisner". |
Zur
Geschichte des Rabbinates Freudental
Rabbiner Josef Maier Schnaittach und seine Bibliothek (Artikel von
1929)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Oktober
1929: "Rabbiner Josef Maier Schnaittach und seine Bibliothek. Von
Julius Wissmann.
Unter der Bibliothek des Rabbiners Josef Maier-'Schnaittach', die vom
Israelitischen Oberrat im vergangenen Jahre von der israelitischen
Gemeinde Freudental übernommen wurde, befindet sich ein äußerst
seltenes Buch, dessen Titelblatt wir hier im Bilde wiedergeben. Es handelt
sich um eine Selichoth-Ausgabe in Hebräisch Deutsch, die aus der Druckerei
des Moses ben Bezalel Kohen aus Prag stammt. Leopold Zunz hat in Geigers
Wissenschaftlicher Zeitschrift 1844 in einem Aufsatz 'Die Gersoniden'
Näheres über diese bedeutende Druckerfamilie veröffentlicht. Der Gründer der
Druckerei war Gerson ben Salomo Kohen, der im Jahre 1512 die ernsten Drucke
in Prag herausgab. Erst im Jahre 1526 übernahmen seine Söhne die Druckerei
und waren von da an bis zum Jahre 1600 die alleinigen Druckherren. Von der
Selichoth Ausgabe befindet sich nach Auskunft eines Kenners des jüdischen
Buchdrucks außer der des Oberrats nur noch ein Exemplar in Deutschland und
zwar in der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin. Nicht einmal die
Jüdische Bibliothek in Berlin, die eine sehr große Sammlung wertvoller
Drucke hat, ist im Besitz dieses Buches.
Interessant ist das Vorwort, aus dem zu ersehen ist, dass es auch schon zu
damaliger Zeit Juden gegeben hat, die kein Hebräisch verstanden. So
entschloss sich Rabbi Jakob bar Eljahu halevi von Teplitz, die Bußgebete,
die wir gerade in diesen Tagen schon zu früher Morgenstunde in unseren
Gotteshäusern beten, in hebräisch-deutscher Sprache herauszugeben. Nur die
Anfänge der einzelnen Gebete sind hebräisch. Sonst ist das ganze Buch in
hebräisch-deutsch geschrieben.
Von den Gersoniden wurde im Jahre 1589 die Rede des 'hohen Rabbi Löw für den
großen Sabbath" herausgegeben. Einige Werke des Rabbi Löw 'aus den Prager
Druckereien befinden sich in der Bibliothek des Israelitischen Oberrats.
Auch eine hebräisch-deutsche Gebetssammlung Techinoth erschien bei ihnen.
Moses, der Drucker der Selichoth-Ausgabe, war auch als Schriftsteller
bekannt. Die Familie der Gersoniden war reich und angesehen, sodass schon
von ihrem Ahnherrn Salomo Kohen gesagt ward, er war 'ein vornehmer Priester
von den Söhnen der Reichen". Die Familie errichtete Druckereien auch
außerhalb Prags. So gehörte der bekannte Drucker Isak ben Löb und Jüdels
Kohen in Wilmersdorf bei Nürnberg zu
den Gersoniden.
Über den früheren Besitzer der Selichoth-Ausgabe, Rabbiner Josef Maier
Schnaittach, der bis zu seinem Tode (31. Mai 1861) in Freudental wohnte,
sind folgende Einzelheiten bekannt:
Josef Maier, der sich auch noch Schnaittach oder Schnattacher nannte, wurde
am 13. September 1774 als Sohn des Maier Joseph in Fürth geboren. Seine
Mutter war Eva, des Nathan Schnattacher Tochter aus
Schnaittach. Daher nennt sich Maier
auch Schnaittacher oder Schnattacher.
Schnaittach, das bei Nürnberg liegt, war im 18. Jahrhundert eine
bedeutende jüdische Gemeinde und Sitz des Oberrabbinats. Zu dem Rabbinat
Schnaittach' gehörten die Gemeinden
Ottensoos, Schnaittach,
Forth und
Hüttenbach (Forth ist nicht mit Fürth
identisch). Die Rabbiner in Fürth waren oft auch Oberrabbiner von
Schnaittach und Umgebung. Maier war zweimal kinderlos verheiratet. Seine
erste Frau stammte aus Mergentheim
und war eine Tochter des Juda Levi, seine zweite Frau eine Tochter des
Abraham Hirsch Levi aus Freudental. Maier war zuerst Rabbiner in Braunsbach
und vom Jahre 1821 an Rabbiner in Freudental. Als im Jahre 1828 'das Gesetz
im Betreff der öffentlichen Verhältnisse der Israelitischen Glaubensgenossen
Württembergs' erschien, wurde Josef Maier Schnaittach auf Grund des Artikels
52 seines Amtes als Rabbiner enthoben, weil er nicht 'die allgemeinen
Vorbereitungswissenschaften auf einer Universität nach erstandener
Vorprüfung studiert hatte'.'
Maier war einer der größten Gelehrten seiner Zeit; es wurden ihm von allen
Orten Deutschlands Fragen vorgelegt, die er entscheiden sollte. Die
Gutachten sind gesammelt worden und nach seinem Tode von Samuel Berlfein in
Radomysl in Druck gegeben worden (Schaalaus ußeschuwaus Rib'm Schnaittach,
Drohobycz 1891). Seine Bibliothek muss sehr wertvoll gewesen sein. Leider
ist ein großer Teil verloren gegangen und der Vernichtung anheim gefallen.
Sie enthält sehr viele kabbalistische Werke, denn die Kabbalah war eine
seiner Hauptbeschäftigungen. Noch heute erzählen die alten Freudentaler
Juden von dem 'Wunderrabbiner', der es verstanden hätte, Kranke zu heilen
und Feuer zu löschen. Seine Gutachten sind für die Geschichtsforschung der
Juden in Württemberg und Franken sehr aufschlussreich.
Das Rabbinat Freudental ist, nachdem die Gemeinde immer kleiner geworden,
schon seit Jahrzehnten aufgelöst. Der letzte Rabbiner von Freudental, der
aber seinen Sitz gar nicht dort hatte, ist der jetzige Rabbiner von
Mergentheim, Rabbiner Dr. Moritz
Kahn." |
Besuch bei Rabbiner Grünwald in Freudental (1851) und
weitere Notizen
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Oktober 1851: "In
Freudental besuchte ich den Rabbiner Grünwald, der sich emsig literarisch
beschäftigt; er bewacht aber sein literarisches Geheimnis, wie der Riese
den Nibelungenhort und ich hätte bestimmt kein Plagiat an ihm begangen,
denn ich wurde erst vor Kurzem durch einen Hofdramaturgen um einige Verse
bestohlen und es tat mir so wehe, dass ein so reicher Herr einem armen
Judenjungen etwas wegstipitzt, dass Herr Grünwald Nichts von mir zu
befürchten gehabt hätte. – Herr Grünwald wäre fast auch als eifriger
Demokrat von der königlichen israelitischen Oberkirchenbehörde
gemaßregelt worden; er hat jedoch beizeiten noch eingelenkt. – In der
Gemeinde Freudental herrscht große Bestürzung, weil der Viehhandel, fast
der einzige Nahrungszweig der dortigen Juden so arg eingeschränkt ist und
die königliche Regierung ihn ganz unmöglich machen will, dennoch wenden
sich Wenige ordentlichen Gewerben zu. Manche wandern nach Amerika aus, um
dort unbeschränkt Handel leben zu können.
In Freudental haben sich auch Sagen aus der Geschichte des Juden Süß
Oppenheimer erhalten. Vom Jahre 1733-1737 regierte Herzog Karl Alexander
über Württemberg, Jud Süß Oppenheimer wurde sein Premierminister. Das
Schicksal dieses Fürstengünstlings ist bekannt, er wurde nach Karl
Alexanders Tod gegen alles Recht dem Nachrichter übergeben. Ein
schwäbischer Geschichtsschreiber, *Zimmermann’, sagt: 'in deren
Händen er war, waren mehr seine leidenschaftlichen Feinde, als Gerechte
Richter.’ Ich will nicht den Apologeten 'Süßens’ machen, allein
das liegt klar am Tage, dass gegen ihn, weil er ein Jude war, ein
Justizmord verübt worden war. Man Peinigte den armen Sünder mit
Bekehrungsversuchen und versprach ihm Gnade, wenn er übertreten würde.
Der Juden sagte dem bekehrungswütigen Priester: 'Religion ändern ist
eine Sache für einen freien Menschen und steht gar übel an einem
Gefangenen.’
So schlecht kann Süß Oppenheimer nicht gewesen sein, wie ihn der
Judenhass in der Geschichte schildert; Wilhelm Zimmermann macht eine
rühmliche Ausnahme. Süß starb gewissermaßen als Märtyrer seines
Glaubens, denn der Religionswechsel hätte ihm leben und Freiheit bewirkt.
Der unverständige Hass ließ noch dem Juden zum Hohn an den Galgen einen
neu gefertigten eisernen Käfig in Form eines orientalischen Pavillons
anbringen, in dem er gehängt wurde. Als die Geistlichen ihm noch auf dem
armen Sünderkarren das Evangelium predigten, rief er 'Adonai Elohim’
und das Volk machte aus dem 'Adonai’ als hätte er gerufen: 'net
do nei!’ (= schwäbisch für: nicht da hinein), ins Käfig nämlich.
Juden aus Freudental saßen als Bauern verkleidet auf Bäumen und riefen
ihm das 'Schma’ nach. Die frommen Geistlichen aber, statt christlich
mit ihm zu beten, riefen ihm, als er die Leiter hinaufgezogen wurde, den
Fluch nach: 'So fahre denn hin, du verruchte Seele, zur Hölle!"
Von diesem Akt sagt Zimmermann: 'Sprechender als in langen Abhandlungen
malt sich in dieser Szene die Rechtspflege und die Geistlichkeit jener
Zeit." |
Zum Tod von Rabbiner Seligmann Grünwald (1856)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juni 1856: "Aus
Württemberg, im Mai (1856). (Nekrolog). Die ohnehin so kleine Schar
unserer Rabbinen, 12 an der Zahl, hat sich um ein Glied vermindert. Am 12.
dieses Monats verschied Rabbiner Seligmann Grünwald dahier im Alter von
56 Jahren nach nur kurzer Krankheit an einem nervösen Schleimfieber, das
vom zweiten Pessachtag an ihn befiel. Sowohl seine Familie wie auch seine Gemeinde,
die besonders in den letzten Jahren seines Wirkens mit Liebe und Zuneigung
an ihm hing, sind durch seinen Tod in tiefe Trauer versetzt. Bei der
Beerdigung, die Dienstag, den 13. dieses Monats statt hatte, sprachen Herr
Kirchenrat Dr. Maier aus Stuttgart, der seinem langjährigen Kollegen im
Rabbinatsamt beredte Worte der Anerkennung über Berufstreue nachsprach,
Rabbiner Wälder aus Laupheim, Schwager des Verstorbenen, und Herr Lehrer
Levi dortselbst, langjähriger Freund und Stellvertreter im Amte. Auch
viele christliche Geistliche vom Ort und der Umgebung, die mit dem
Verstorbenen sehr gut befreundet waren, nahmen an der allgemeinen
Trauerfeier Anteil, und bewiesen dem Verfasser des Werkes 'Glaubens- und
Sittenlehren des Talmuds’, ihre Achtung noch am Grabe.
Rabbiner Seligmann Grünwald ist geboren in
Mühringen anno 1800. Schon
als kleiner Knabe zeigte er hervorragende Talente, sodass seine Eltern,
die hinreichende Mittel und den Willen hierzu besaßen, ihm stets
Privat-Talmud-Lehrer hielten. Nachdem er den vieljährigen talmudischen
Unterricht des |
würdigen
Rabbinen Gabriel Adler, damals noch in Mühringen, jetzt in Oberdorf, mit
vielem Erfolg genossen hatte, bezog er die damals in höchster Blüte
gestandene jüdische Hochschule in Fürth, so er drei Jahre lang die
verschiedenen Fächer der jüdisch-talmudischen Wissenschaften mit
angestrengtestem Fleiß und lohnendstem Eifer betrieb. Von hier aus
absolviert, bezog er die Universitäten Würzburg und Tübingen, wo er mit
gleich-günstigem Erfolg, nachdem er sich schon früher ziemlich darauf
vorbereitet hatte, die philosophischen und sprachlichen Studien
frequentierte. Scharfsinnig, in der speziell jüdischen und der
allgemeinen Literatur bewandert, ließ er schon damals die Erwartung
hegen, dass er auch in der praktischen Seelsorge ein tüchtiger
Mitarbeiter werden würde. Bald sollte er Proben davon ablegen, bald
sollte der Kampf für ihn beginnen. Im 25. Lebensjahr wurde er von den
Gemeinden des Rabbinatsbezirks Braunsbach zu ihrem Rabbiner gewählt. Es
war dies der Vorabend der Kirchenorganisation unseres Landes, wo er bald
wegen verschiedener Kultusfragen Kämpfe zu bestehen hatte. Was Wunder,
die Gemeinden wurzelten noch in den alten hergebrachten Erinnerungen, der
junge strebsame Geistliche, der auf dem strengen talmudischen gebiete der
Orthodoxie während seines ganzen Lebens stand, einer nur bessern, das
Alte veredelnderen Form sich hinneigend, und so gab es manchen
Zusammenstoß, manchen Kampf, der oft umso heftiger war, als Grünwald
nicht der Mann war, der sich von einer fest gefassten bessern Überzeugung
abbringen ließ. Geradeaus auf das Ziel lossteuernd, weder rechts noch
links schauend, ohne Ansehen der Person, suchte er seiner Meinung Geltung
zu verschaffen. Das war es, was ihm von vielen Seiten Abneigung und
Anfeindung zuzog. Nach erfolgter Organisation des Kirchenwesens kam er auf
das Bezirksrabbinat Lehrensteinsfeld, wo gleich Kämpfe seiner harrten.
Doch fand er bei denen, die den Ernst seines Wollens und die Wohltat
seines Wirkens begriffen, Beweise von Anerkennung und Zustimmung. Inmitten
seines Sprengels gründete er damals den ersten schönen Leseverein,
welcher weithin Verbreitung fand und über mehrere Bezirke sich
erstreckte. Seit 1842 nach Freudental als Rabbiner berufen, wirkte er mit
vielem Segen. Mehrere wohltätige Anstalten, wie der neu gegründete
Brautausstattungsverein, verdanken |
Ihm
ihr Dasein. Das Gemeindewohl lag ihm als eine heilige Angelegenheit am
Herzen, nicht bloß das religiös moralische, sondern auch das materielle,
ein Streben, das ihm die Liebe seiner Gemeindegenossen erwarb. Aber eben
diese vielseitigen Gemeindegeschäfte, die in Württemberg zumeist dem
Rabbiner obliegen, hielten ihn von literarischen Arbeiten, wozu er
Befähigung und Lust in sich trug, zurück. Doch sind mehrere Predigten
von ihm im Druck erschienen. Endlich sein Werk: Glaubens- und Sittenlehre
des Talmuds, eine Sammlung von Kernsprüchen des jüdischen Altertums,.
Für welche Arbeit ihm von vielen Seiten beweise der Anerkennung, selbst
von hoher Seite zuteil wurden. Schon dachte er an ein neues Werk, das ihn
in der jüngsten Zeit beschäftigte. Aber der Tod unterbrach ihn mitten in
dieser Arbeit. Keine Frage der Gegenwart ließ ihn ohne Teilnahme finden.
Seine Ansichten über die heutigen Erscheinungen sprach er unverhohlen aus
und ohne Scheu. Er war der einzige Rabbine unseres Landes, der mit
freudigem Eifer für den im Wachstum begriffenen Literaturverein
Propaganda machte und ihm Mitglieder zu werben suchte. Er hinterlässt
eine betrübte Witwe und zwei Kinder aus erster Ehe. Als der Verstorbene
im verflossenen Jahr eine beredte Leichenrede am Grabe seines hoch
bejahrten Schwiegervaters in Bretten hielt, dachte er wohl nicht daran,
dass ihm schon nach sechzehn Monden die gleich Liebespflicht von
Amtsbrüdern werde erwiesen werden müssen. Wälder." |
Bücher aus dem Nachlass von Rabbiner Grünwald werden zum
Verkauf angeboten (1856)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Juni 1856: "Freudental
und Laupheim. Aus dem Nachlass des
verstorbenen Rabbinen Grünwald sind ausgezeichnet schöne hebräische
Werke zum Verkauf ausgesetzt. Darunter sind besonders eine sehr schöne Talmud-Ausgabe
(Schass), die Rambams, Rifs (Werke von Isaak ben Jakob Alfassi),
Turim (Werke von Jakob ben Ascher), Schulchan Aruch, Mikraot
Gedolot Scheolot uTeschuwot und noch andere Bücher als Baal
akeda (Homiletischer Kommentar über die Tora von Isaak ben Moses
Arama), Alscheich ((Mose ben Chajim Alscheich, Homiletiker des 16.
Jahrhunderts). Auch mehrere Bände Bikkurei Haettim (Sammelwerke ,
erschienen in Wien) und deutsche Klassiker, darunter auch das
allerneueste, schön gebundene Konversations-Lexikon. Diese Anzeige widmen
wir insbesondere den jüdischen Lehranstalten in Breslau, Metz, Colmar,
Padua und den jüdischen Antiquaren. Man beliebe sich in portofreien
Büchern an die Unterzeichneten deshalb zu wenden. Diese Bücher werden
billig unter dem Preis abgegeben. Lehrer Levi in Freudenthal, Rabbiner
Wälder in Laupheim." |
Ausschreibung des Rabbinates Freudental (1857)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Mai 1857: "(Diensterledigung).
Die Bewerber um das Bezirksrabbinat Freudental, welches aus den
Kirchengemeinden Freudental (Sitz des Rabbinen), Oberamt Besigheim, - mit
den Israeliten daselbst und in Zaberfeld
und Aldingen, Oberamts Ludwigsburg,
und Hochberg, Oberamt Waiblingen
besteht, und womit neben freier Wohnung und außer den Stolgebühren und
Emolumenten der aus der israelitischen Zentral-Kirchenkasse zu beziehende
Normalgehalt von 500 Gulden verbunden ist, welcher je nach Umständen –
auch sofort – durch eine gleichfalls aus der israelitischen
Zentral-Kirchenkasse zu beziehende Personalzulage auf 550 Gulden
(fünfhundert und fünfzig Gulden) erhöht werden kann, werden
aufgefordert, unter Angabe ihrer persönlichen und Familienverhältnisse,
sowie ihrer Bildungslaufbahn binnen sechs Wochen bei der Königlichen
württembergischen israelitischen Oberkirchenbehörde sich zu melden.
Ausländische Bewerber können auf frankierte Zuschriften von der Kanzlei
der Königlichen israelitischen Oberkirchenbehörde in Stuttgart jede
wünschenswerte nähere Auskunft erhalten.
Stuttgart, den 8. Mai 1857." |
Zur schwierigen Besetzung der Rabbinate in Württemberg um
1860
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1860: "Aus
Württemberg. Wenngleich die Rabbiner in unserem Lande ordentliche Gehalte
beziehen, und die Königliche Israelitische Oberkirchenbehörde immer auf
Besserstellung derselben bedacht ist, wenngleich die Stellung eine freie,
der Wirkungskreis ein weiterer ist, als in manchen anderen Staaten, so
mangelt es doch an inländischen Kandidaten. Das Rabbinat Freudental und
das in Buttenhausen wurden durch
Ausländer (d.h. Nichtwürttemberger) besetzt. Das Rabbinat Oberdorf
hat zwar einen Inländer, Herrn J. Berlinger, zum Verweser dieser Stelle
erhalten und war dadurch vollkommen befriedigt, weil derselbe durch seine
tüchtigen rabbinischen und wissenschaftlichen Studien, wie durch sein
freundliches Benehmen Aller Herzen sich gewann; nun wurde dieser aber
durch Dekret der Königlichen Oberkirchenbehörde zum Verweser auf das
Rabbinat Braunsbach versetzt, weil
der dortige Rabbiner Dr. Hirsch, vor wenigen Wochen gestorben, und dieser
ausgedehnte Bezirk eines Rabbinen weniger entbehren kann. Das Rabbinat
Oberdorf wurde bis zur definitiven Besetzung dem Rabbiner Wälder in Laupheim
übergeben, der zu solchen Verrichtungen, die nur der Rabbiner zu besorgen
hat, jedes Mal herzureisen hat. Laupheim ist etwa 25 Stunden entfernt, ist
aber durch die Eisenbahnverbindung doch der nächste Rabbinatssitz, dem
der erledigte Bezirk hätte einverleibt werden können. – Auch an
israelitischen Lehrern ist Mangel und sind teils Ausländer angestellt,
teils aber sind Stellen unbesetzt. Mehrere Lehrer sind von ihren Stellen
gegangen und sind ganz aus dem Schuldienst getreten, weil die Gemeinden
durch Wegzug Vieler nach Städten sich so vermindert haben, dass kaum mehr
Schulkinder da sind. –
Die von Herrn Rechtskonsulenten Ellinger in Mergentheim
erschienene Schrift über 'den Judeneid’ hat bereits bei mehreren
Beamten Einfluss geübt. – Wir haben in Württemberg etliche 30
israelitische Rechtskonsulenten, wovon sehr viele eine ausgezeichnete
große Praxis haben." |
Zum Tod von Rabbiner Joseph Maier Schnaittacher (1861)
Anmerkung: sehr ausführlich der Bericht in der
konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit" - wesentlich kürzer
der nachfolgende Bericht in der liberalen "Allgemeinen Zeitung des
Judentums".
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1861 (der Artikel wird
leicht gekürzt wiedergegeben): "Freudental (Württemberg). Mit betrübtem
Herzen teile ich Ihnen die Nachricht mit, dass unser greiser Rabbiner
Joseph Maier, unser Lehrer, der Herr, Herr Josef Schnaittach – das
Gedenken an den Gerechten ist zum Segen – zu den Gerechten, die
sitzen mit ihren Kronen auf ihren Häuptern – vom Herrn des Lebens
abberufen worden ist. Er war einer der Veteranen unserer deutschen
orthodoxen Rabbinen und gab unter Gottes gnädigem Beistande der hiesigen
Gemeinde 40 Jahre lang ein Vorbild ab für Führung eines frommjüdischen
Lebens durch unermüdliches Torastudium und sorgfältigste Beobachtung der
heiligen Lehren.
Am Erew Schabbat Kodesch Paraschat Schelach Lecha, kurz vor Beginn
des Schabbats (also am Schabbat mit der Toralesung Schelach Lecha =
4. Mose 13,1 - 15,41, dies war Samstag, 1. Juni 1861), … ist er zur
ewigen Sabbatruhe eingekehrt. Sie vergönnen gewiss dieser Mitteilung
einen Raum in Ihrem geschätzten Blatte, da in dem verehrlichen
Leserkreise desselben zweifelsohne eine große Zahl Verehrer des
entschlafenen Frommen, wohl auch manche Schüler desselben sich befinden
werden. Für diese füge ich noch bei, dass der Dahingegangene ein Alter
von 88 Jahren erreicht und über ein halbes Jahrhundert im hiesigen Lande
als Rabbiner hoch geachtet war.
Im Jahre 1835, zur Zeit der neuen gesetzlichen Organisation wurde er von
der Königlichen Regierung in den Ruhestand versetzt, hat aber dennoch,
was die Entscheidung der rituellen Fragen betraf, bis etwa vor 4 Jahren,
zur Zeit der Anstellung des hiesigen Rabbinen, Herrn Haas, diese
Funktionen aufs sorgfältigste versehen. Er genoss und verdiente den Ruf
eines gründlichen Gelehrten im talmudischen Fache, er genoss diesen Ruf
in weiteren Kreisen, und hat umfassende Arbeiten in Manuskripten
hinterlassen. Noch in den letzten Wochen sprach er den Wunsch aus, es
möchte der geeignetste Teil aus denselben nach seinem Ableben zum Drucke
befördert werden. Möchte ein Freund dieser Literatur den Wunsch des
Verstorbenen verwirklichen helfen! Es sind ja diese Resultate seines
emsigen Toralebens |
nebst
seinen guten Taten, der frommen Führung seines Lebens, die
alleinigen unvergesslichen Nachkommen des Entschlafenen.
Er wurde nach seinen in einer geschriebenen Verfügung getroffenen
Bestimmungen, worin auf Kol Bochim und Ha-Schilo (Schne Luchot
ha-Berit des Jesaja ben Abraham Halevi Horowitz) verwiesen, auch auf die
gleichen Anordnungen seines seligen Lehrers, Rabbi Salomon Cohen in
Fürth, seiner Geburtsstadt, Bezug genommen war, am 24. Siwan (2. Juni
1861) zur Erde bestattet. Es hat die hiesige Gemeinde allen Wünschen und
Anordnungen ihres geliebten frommen Führers hierbei, wie sie es einem
Lehrer und Vater glaubten schuldig zu sein, Folge geleistet. – Am Grabe
sprachen 4 Redner, zuerst der Rabbiner der Gemeinde, dann Dr. Salem,
früher Rabbiner in Lehren, jetzt Privatgelehrter in Stuttgart, nach
demselben noch der pensionierte Lehrer und Vorsänger Levy von hier, und
zuletzt der an dessen Stelle neu ernannte Lehrer Stern. Die Genannten
hatten eine, auch in Betreff der Trauerrede in der Verfügung enthalten
gewesene Bestimmung zu beobachten, wonach sie ohne Übertreibung der
Wahrheit, verbunden mit Ermahnungen für die Umstehenden, reden durften,
was von ihnen in würdiger und angemessener Weise geschah. Bei dem
Leichenbegängnis hatten sich aus der Nähe und Ferne Freunde und Verehrer
des Frommen eingefunden, um ihn zu seiner letzten Ruhestätte zu
begleiten." |
Zum Tod von Rabbiner Joseph Maier (1861)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. September 1861: "Vor
kurzer Zeit starb in Freudental der greise Rabbine Joseph Maier im Alter
von 85 Jahren. Derselbe kam im Jahre 1816 nach dem Tode des Rabbinen
Alexander Elsässer dorthin als Rabbiner, wurde aber im Jahre 1835 in den
Ruhestand versetzt. Er war tüchtiger Talmudist und auch in den externen
Wissenschaften nicht unerfahren." |
Jüdisch-deutsche Selichoth-Ausgabe aus der Bibliothek des
Rabbiners Joseph Maier Schnaittach - Artikel von 1930
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September
1930: "Eine jüdisch-deutsche Selichoth-Ausgabe. Die Mitteilungen aus der
folgenden Abhandlung über den Rabbiner Joseph Maier und seine Bibliothek
stammen von Herrn Julius Wissmann, Obersekretär des Württembergischen
Oberrates in Stuttgart. Die bibliographischen Angaben und die genaue
Datierung in der Umschrift sowie ihre sorgfältige Überprüfung verdanken
wir Herrn Dr. Haim Borodianski, dem ausgezeichneten Herausgeber der
hebräischen Briefe von Moses Mendelssohn (in Band 16 der großen
Jubiläumsausgabe). Für weitere Angaben sind wir Herrn Professor Lieben
in Prag und Herrn Religionslehrer Warscher in Freudental verpflichtet. Wir
sind auf diese Weise in der Lage, der erste Mal von einem bisher nicht
näher beschriebenen kultusgeschichtlich bedeutsamen jüdisch-deutschen
Druckwerk Nachricht zu geben.
Unter der Bibliothek des Rabbiners Joseph Maier Schnaittach, welche vom
israelitischen Oberrat Württembergs vor kurzer Zeit von der Gemeinde
Freudental übernommen wurde, befindet sich eine äußerst seltene
jüdisch-deutsche Übersetzung der Selichoth (der Bußgebete namentlich
vor und während der hohen Feiertage). Das Titelblatt mit dem Vorwort ist
hier photographisch und in Umschrift wiedergegeben. Über den früheren
Besitzer des Werkes, Rabbiner Joseph Maier Schnaittach, der bis zu seinem
Tode am 31. Mai 1861 jahrzehntelang in Freudental wohnte, sind nur wenige
Einzelheiten bekannt: Joseph Maier, der sich auch noch Schnaittach oder
Schnattacher nannte, wurde am 13. September 1884 als Sohn des Maier Joseph
in Fürth geboren. Seine Mutter war Eva, Nathan Schnattachers Tochter, aus
Schnaittach. Daher wird sich Maier
auch Schnaittacher oder Schnattacher genannt haben. Schnaittach liegt bei
Nürnberg und war im achtzehnten Jahrhundert eine bedeutende jüdische
Gemeinde (Anmerkung: Schnaittach – nordöstlich von Nürnberg –
gehörte früher zum Pflegamt Rottenberg und war im kurfürstlichen Bayern
mit den umliegenden Orten zusammen der einzige Bezirk, in dem Juden
ständig ansässig waren; in seinen berühmten Anmerkungen zum Bayerischen
Landrecht behandelt Kreittmayr besonders das Recht der Schnaittacher Juden).
Zu dem Rabbinat Schnaittach gehörten
die Gemeinden: Ottensoos, Schnaittach,
Forth und Hüttenbach. Forth ist nicht mit Fürth identisch. Die Rabbiner
in Fürth waren oft auch Oberrabbiner von Schnaittach und Umgebung. Maier
war zweimal kinderlos verheiratet. Seine erste Frau stammte aus
Mergentheim und war eine Tochter des Juda Levi, seine zweite Frau eine
Tochter des Abraham Hirsch Levi aus Freudental. Maier war zuerst Rabbiner
in Braunsbach und vom Jahre 1821 an
Rabbiner in Freudental. Als im Jahre 1828 'das Gesetz über die
öffentlichen Verhältnisse der israelitischen Glaubensgenossen’ in
Württemberg erschien, wurde Joseph Maier Schnaittach auf Grund des
Artikels 52 seines |
Amtes
als Rabbiner enthoben, weil er nicht 'die allgemeinen
Vorbereitungswissenschaften auf einer Universität nach erstandener
Vorprüfung studiert’ hatte. Maier war einer der größten gelehrten
seiner Zeit; es wurden ihm aus allen Gegenden Deutschlands Fragen
vorgelegt, die er auf Grund des rabbinischen Gesetzes entscheiden sollte.
Die Gutachten sind gesammelt worden und nach seinem Tode von Samuel
Berlfein in Radomsyl in Druck gegeben worden (Schaalaus iteschuwaus Reb
Mejir Schnaittach [Fragen und Antworten des Reb Meier Schnaittach],
Drohobycz 1891). Seine Bibliothek muss sehr wertvoll gewesen sein. Leider
ist ein großer Teil verloren gegangen und dadurch, dass sie nicht richtig
aufbewahrt worden war, der Vernichtung anheim gefallen. Sie enthält sehr
viele kabbalistische Werke. Noch heute erzählen die alten Freudentaler
Juden von dem 'Wunderrabbiner’, der es verstanden habe, kranke zu
heilen und Feuer zu löschen. Seine Gutachten sind für die
Geschichtsforschung der Juden in Franken und Württemberg sehr
aufschlussreich.
Das Rabbinat Freudental ist, nachdem die Gemeinde immer kleiner geworden
war, schon seit Jahrzehnten aufgelöst. Der letzte Rabbiner, welcher als
Rabbiner von Freudental angestellt war, aber seinen Sitz gar nicht dort
hatte, ist der jetzige Rabbiner von Mergentheim,
Herr Rabbiner Dr. Moritz Kahn.
Die vorliegende Selichoth-Ausgabe in jüdisch-deutscher Übersetzung
stammt aus der Druckerei des Moses ben Bezalel Kohen aus Prag. Prag
spielte in der Zeit von 1500 bis 1700 im hebräischen Buchdruck eine
bedeutende Rolle. Leopold Zunz hat in Geigers Wissenschaftlicher
Zeitschrift 1844 in einem Aufsatz 'Die Gersoniten’ Näheres über die
bedeutende Druckerfamilie veröffentlicht. Der Gründer war Gerson ben
Salomo Kohen, der im Jahre 1512 die ersten Drucke in Prag herausgab. Er
betrieb aber sein Geschäft nicht allein. Im Jahre 1526 übernahmen seine
Söhne die Druckerei und blieben von da an bis zum Jahre 1600 die
alleinigen Druckherren. Eines der bedeutendsten Erzeugnisse der Gersoniten
war die illustrierte Haggada. Es sind ziemlich viele Bücher aus diesen
Prager Druckereien noch aufzufinden. Dagegen befindet sich von der
Selichoth-Ausgabe außer in der Bibliothek des Oberrats wahrscheinlich
kein Exemplar mehr in Deutschland. In der Preußischen Staatsbibliothek in
Berlin ist nur ein Exemplar der zweiten von der ersten in manchen Punkten
abweichenden Auflage (Prag 1650) unter der Nummer R. Eu. 3320; auch die
Gemeindebibliothek in Berlin besitzt nur ein Stück dieser zweiten Auflage
(Nr. 39 220). Nach Mitteilungen des besten Kenners des böhmischen
hebräischen Buchdruckes, Professor Dr. H. S. Lieben in Prag, ist die
Ausgabe 1602 noch auf dem flachen Land in der Tschechoslowakei in zwei
Exemplaren bis jetzt aufgefunden; die Ausgabe ist jedoch überhaupt noch
nicht bibliographisch erforscht und beschrieben. Bei Ben Jacob, Ozar
hasfarim (Buchstabe samech, unter Selichoth Nr. 389) fehlen nähere
Angaben. Das neuere Werk des Direktors der Prager Nationalbibliothek Dr.
Joseph Volk, Geschichte des Buchdrucks in Böhmen und Mähren bis 1848
(Weimar 1929) hat für den hebräischen Buchdruck fast keine Bedeutung.
Wir geben hier eine genau überprüfte Umschrift des gereimten Vorwortes.
Die beste und zuverlässigste Einführung in das große, erst in den
Anfängen der wissenschaftlichen Durchforschung befindliche Gebiet der
jüdisch-deutschen Sprache und Literatur ist jetzt das Werk von Staerk und
Leitzmann: 'Die Jüdisch-Deutschen Bibelübersetzungen von den Anfängen
bis zum Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts’ (Frankfurt a.M. 1923). Ein
evangelischer Theologie (der Vertreter des Alten Testaments an der
Universität Jena) und der dortige Germanist haben hier eine grundlegende
Arbeit über dieses Stoffgebiet vorgelegt, das namentlich für die
richtige sprachwissenschaftliche Methode sehr wichtig ist. Das Buch ist
Moritz Steinschneider gewidmet, 'ohne dessen monumentum aere perennius,
den Katalog der hebräischen Bücherei der Bodleiana, es nicht hätte
geschrieben werden können’. Heinrich Loewes Arbeiten, besonders 'Die
Sprachen der Juden’ (Köln 1911) dürfen als liebevollste und
eindringlichste Behandlung des Stoffes nicht vergessen werden.
Das hier Wiedergegebene zeigt, dass das Hebräisch der Selichoth auch
damals von der Allgemeinheit nicht verstanden wurde, aber dass das
Bedürfnis bestand, das, was man betete, zu verstehen (Anmerkung: Bei
der ersten Betrachtung scheint es sich um eine Ausgabe für Frauen
ähnlich der 'Weiberbibel’ der Zeit zu handeln. Aber die erste
Verszeile im Vorwort des Prager Schammes 'kummt her ich frumi Weiber’
beginnt offensichtlich nur um des Reimes willen so, wie der folgende
Wortlaut des Reimspruches deutlich zeigt.’). Rabbi Jakob bar Eljahu
halevi von Teplitz hat sich deshalb entschlossen, die Bußgebete, die
gerade in diesen Tagen vor Rosch-ha-schono schon zu früher Morgenstunde
in den Gotteshäusern des alten Ritus gesagt werden, in jüdisch-detuscher
Sprache herauszugeben. Nur die Anfänge der einzelnen Gebete sind
hebräisch. Sonst ist das ganze Buch jüdisch-deutsch geschrieben. Von den
Gersoniten wurde von dem Vater des Druckers unseres Werkes im Jahre
1589 die Rede des Hohen Rabbi Löw für den großen Sabbat herausgegeben.
Einige Werke des Rabbi Löw aus den Prager Druckereien befinden sich
ebenfalls in der Bibliothek des Württembergischen Oberrats. Auch eine
hebräisch-deutsche Gebetsammlung Techinoth erschien bei ihnen. Moses, der
Drucker der Selichoth-Ausgabe war als Schriftsteller bekannt. Die Familie
der Gersoniten war 'groß an Ansehen und Reichtum’, sodass schon von
ihrem Ahnherrn Salomo Kohen sagt wird: 'ein vornehmer Priester von den
Söhnen der Reichen’. Die Familie errichtete auch außerhalb Prags
Druckereien. So gehörte der bekannte Drucker Isak ben Löb und Jüdels
Kohen in Wilhermsdorf bei
Nürnberg zu dieser Familie.
F." |
Bericht von der Beisetzung des Rabbiners Haas (1887)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1887: "Stuttgart.
Soeben komme ich von Freudental, woselbst gestern am 7. Tammus (=
29. Juni 1887) die Beisetzung des nach längerem Krankenlager im
76. Lebensjahre entschlafenen Rabbiner Haas stattfand. Am Grabe, zu
welchem nicht nur die ganze jüdische Gemeinde, sondern auch die Vertreter
der politischen und anderen Behörden mit dem protestantischen
Ortsgeistlichen und mehreren Stuttgartern dem Verblichenen die letzte Ehre
erwiesen, sprachen der Neffe des Entschlafenen, Herrn Rabbiner Dr.
Silberstein aus Wiesbaden, ferner Herr Rabbiner Dr. Engelbert aus
Heilbronn und der amtsverwesende Lehrer Herr Rosenfeld in beredten und
herzergreifenden Worten über das Wirken des Heimgegangenen, der über ein
Menschenalter den Rabbinatssitz innehatte. Der Stuttgarter Rabbiner
glänzte – durch seine Abwesenheit! – Anlässlich dieses Trauerfalles
erlaubt sich Einsender seinen Landsleuten den wohlgemeinten Rat zu
erteilen, sie mögen fernerhin Friede und Eintracht zu erhalten sich
bemühen, Zwietracht, Hass und Verfolgungssucht, unter welchen der selige
Rabbiner sowohl, als auch die Gemeinde selbst viel gelitten, jedoch aus
ihrer Mitte entfernen, damit durch wahre Frömmigkeit seiner Mitglieder,
Freudental wieder etwas von dem Glanze früherer Zeiten zurückerobere,
von welchem es durch Jahrhunderte als eine der ersten und besten Gemeinden
Württembergs umstrahlt war. Waren doch auch von jeher große und
bedeutende Rabbinen an der Spitze der Gemeinde, welche durch frommes,
edles und uneigennütziges Streben sich unsterbliche Verdienst um die
Gemeinde sowohl, als um unsere heilige Religion erworben, ich nenne nur
die noch einem großen Teil der jetzt lebenden Generation bekannten Namen
wie Rabbi Samuel Elsässer, Rabbi Alexander Elsässer, Rabbi Josef
Schnaittach – das Andenken an die Gerechten ist zum Segen.
Es wäre zu wünschen, dass der zukünftige Rabbiner, ebenso wie die
Obengenannten vom wahren Geiste unserer heiligen Lehre beseelt wirken
möge! Ploni". |
Aus
der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Die jüdische Gemeinde erhöht den Lehrergehalt und wird
dafür gelobt (1861)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Oktober 1861: "Vom
württembergischen Neckar, 25. September (1861). Einen schönen Zug
können wir von der Gemeinde Freudental berichten. Die israelitische
Gemeinde, den Wert der Volksschule und eines tüchtigen Lehrers kennend
und schätzend, hat aus freiem Antriebe beschlossen, da ein Lehrer nur
dann mit Freude in der Schule wirken könne, wenn er von Nahrungssorgen
nicht gedrückt werde, ihrem Lehrer seinen Gehalt von 300 Gulden auf
mindestens 500 Gulden neben freier Wohnung zu erhöhen. Möchte dieses
schöne Beispiel von recht vielen Gemeinden nachgeahmt werden!" |
Lehrer Ludwig Stern
- 1860 bis 1864 Lehrer in Freudental - wird 1. Lehrer / Direktor an der
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg an (1864)
Anmerkung: Ludwig Stern ist am 9. März 1824 in
Bieringen als (unehelicher) Sohn der Jentle
Hirsch Stern (Tochter des Handelsmannes Hirsch Baruch Stern) geboren (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440598-2).
Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Lehrer dürfte
Unterdeufstetten seine erste Stelle
gewesen sein (um 1842/1850?). Nach dem Beitrag unten war Stern nach
Unterdeufstetten Lehrer in Markelsheim,
wo er 1854 Bärbel/Babette geb. Adler aus Markelsheim
heiratete (geb. 28. Juli 1831). Von 1853 bis 1860 war er Lehrer in
Creglingen (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442332-96),
danach in Freudental und ab 1864 Direktor
an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in
Würzburg. Er starb am 15. August 1890 in Würzburg, seine Frau Babette am 31.
Januar 1902 ebd.
Von den zehn Kindern des Ehepaares sind die ersten vier in
Creglingen geboren (Abraham Hartwig 1855,
Jacob 1856, Gustav Gedalja 1858, Ida 1860), die nächsten zwei in
Freudental (Josua 1863, gest. 1863, Mirjam
1864), die übrigen vier in Würzburg (Baruch 1866, Nathan 1868, Julia 1873 und
Lina 1875).
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1864: "Aus
Württemberg. Dem inneren Berufe folgend, hat am Anfang dieses Monats ein
Mann das Schwabenland verlassen, dessen Verlust nicht nur die Gemeinden,
in deren Mitte er als Lehrer und Vorsänger gewirkt hat, sondern nahezu
das ganze Württemberg empfinden dürfte, für das er besonders in
jüngster Zeit in edelster Weise, ersprießlich und wacker gewirkt und
gekämpft hat. Ludwig Stern, bisher in Freudental angestellt, hat die
Lehrer- und Hausmeister-Stelle an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg
angenommen, welche von den dortigen hochherzigen Rabbinen unter Protektion
der bayerischen Regierung ins Leben gerufen worden ist. Wie unser
Stammvater folgte auch er der inneren Himmelsstimme und zog weg aus seinem
Land und aus seiner Heimat wie aus dem Haus seines Vaters, verließ
Vaterland, Heimat, Verwandte und Freunde, um zu wirken für das Ideal, das
er auch bei uns zu erstreben bemüht gewesen, um vereint zu sein mit den
Verwandten des Geistes, die seinem Edelmute mehr gelten als irdische
Beziehungen. Rastlos wie seine pflichttreue Tätigkeit stieg auch er in
seiner äußeren Stellung von Stufe zu Stufe und bewährte sich an ihm
jeder göttliche Segen, der solchen Männern verheißen ist 'und ich
will groß machen deinen Namen und er wird ein Segen sein’. Von der
kleinen Filialgemeinde Unterdeufstetten
aus, für die er ein Faktotum war, wie von Markelsheim
und Creglingen, wo die Gemeinden zu
jedem Opfer bereit waren, um ihn länger besitzen zu dürfen, wie durch
die größere Kehilla (Gemeinde) Freudental, wo sein hervorragendes
Wissen und Wirken, obschon neben einem Rabbinen, doch in der ehrenvollsten
Weise Anerkennung gefunden hat, verbreitete sich sein Name immer weiter in
den Gauen Württembergs. Sein rednerisches Talent und seine theologischen
und pädagogischen Kenntnissee fanden ihren besten Lobredner in seinen
Predigten, seinen Vorträgen und seinen schriftstellerischen und publizistischen Werken und Aufsätzen, welche auf der Kanzel vernommen
worden, oder durch die Presse in Büchern, Zeitschriften und Broschüren
an das Licht der Öffentlichkeit getreten sind. An der Spitze steht hierin
das von ihm erschienene 'Deutsche Lesbuch für israelitische Schulen in
5 Abteilungen’ (Stuttgart 1862), das im Auslande fleißig gebraucht
wird, obgleich unsere israelitische Oberkirchenbehörde, deren meisten
Mitglieder nicht wohl die wahren Freunde eines solchen Strebens sein
können, es nicht offiziell in den württembergischen Schule eingeführt
hat. Mit einem wahren Eliasmute aber ist er als wackerer Kämpe in die
Schranken getreten, um eine Revision des israelitischen Kirchenwesens in
Württemberg zu erstreben, um die jetzt das ganze Land in allen seinen
Parteien einstimmig und sehnlich petitioniert. So hat sich sein Verdienst
über das Weichbild der Gemeinden hinaus durchs ganze Land nicht nur
ausgebreitet und unvergesslich gemacht, sondern auch – gestützt auf 1.
Samuel 12,23 – die Hoffnung erzeigt, dass die politische Grenze, die ihn
nun von uns trennt, keine Scheidewand zwischen uns sein werde in den
religiösen Bestrebungen, die wir bis jetzt gemeinschaftlich unternommen
haben, und bald zum segensreichen Ziele führen werden.
Möge er in Würzburg die Liebe und Achtung finden, die er unter uns
besitzt, seine Aufnahme dort so herzlich sein, wie sein Abschied von hier
und sein Wirken immer allgemeiner und segensreicher sich enthalten! Im
Namen der Freunde im Neckartale, im Taubergrunde und am Donaustrome. S.
Levy in Stuttgart." |
Wiederbesetzung
der Lehrerstelle durch Lehrer Emanuel Rothschild (1868)
Anmerkung: Lehrer Emanuel Rothschild ist am 13. Juli
1841 in Nordstetten geboren. Nach der Seminarzeit im Lehrerseminar Esslingen war
er Lehrer in Mühlen (1860), danach in
Ernsbach (bis 1868) und Freudental (bis
1878). Seit 1885 war er Gemeindepfleger der israelitischen Gemeinde Stuttgart,
1887 ebenda Kanzleibeamter und Verwalter der israelitischen Zentralkirchenkasse.
Er starb am 14. September 1903 in Stuttgart und wurde im
israelitischen Teil des
Pragfriedhofes beigesetzt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1868: "Freudental
(Württemberg). Die hiesige Schul- und Vorsängerstelle, einst von dem
jetzigen Seminarlehrer Stern in Würzburg bekleidet, ist nach
Pensionierung des Lehrers Weil nun wieder besetzt. Die Gemeinde hat kein
Opfer gescheut, um einen jüngeren tüchtigen Lehrer zur Bewerbung um das
doppelte Amt zu ermuntern, indem sie den bisher in Ernsbach
angestellten Lehrer und Vorsänger zur Annahme des Dienstes veranlasste.
Derselbe wurde denn auch von vielen Gemeindemitgliedern und Vorstehern,
namentlich dem Gemeindevorsteher L. Maier, auf der nächsten
Eisenbahnstation auf eine ehrenvolle und freundliche Weise empfangen. Am
folgenden Sabbat beschränkte sich der sehr ehrenwerte Rabbiner auf die
Vorlesung des deutschen HaNoten Teschua, während die Gemeinde
erwartet hatte, er werde als Geistlicher und Religionsschulinspektor in
seiner bekannten beredten Weise die Investitur benützen, um den Lehrer
der Jugend und Vorbeter der Gemeinde vorzustellen und seinen
priesterlichen Segen dem Wirken des jungen Mannes zu erteilen. Doch hat
Herr Rothschild dessen ungeachtet in seiner auf das Königsgebet folgenden
Antrittsrede meisterhaft gezeigt, dass er ach des freien Wortes mächtig
und entschlossen ist, im Geiste unserer heiligen Religion in Schule und
Synagoge, auf dem Katheder und der Kanzel, die er in Abwesenheit des
Rabbinen zu betreten hat, im Privatleben wie im Gemeindehaushalt seiner
Pflicht, die er kennt, nachzukommen. Ein einträchtiges Zusammenwirken des
Religionsbeamten wird unserer Gemeinde zum Heile gereichen. Schalom al
Jisrael (Friede über Israel!)." |
Abschied von Lehrer Kahn (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1891: "Aus
Württemberg. In unserer von antisemitischem Geiste durchwehten Zeit,
ist jede Demonstration entgegengesetzter Richtung doppelt beachtenswert.
Eine solche ersehen wir aus einem Berichte des württembergischen
'Lehrerheims', Organ für Lehrerfreunde, den wir wörtlich folgen lassen,
unsere besten Wünsche für den pensionierten Kollegen mit
verbindend.
'Bezirk Besigheim. Am 1. Oktober fand in dem benachbarten Freudental eine
schöne Feier statt, zu welcher sich 20 Lehrer von Besigheim, Bietigheim,
Bönnigheim und den umliegenden Orten eingefunden hatten; galt es doch,
unserem Freund und Amtsbruder, dem israelitischen Lehrer Kahn, einen
kleinen Abschied zu bereiten. Obgleich derselbe erst 56 Jahre alt ist, so
sah er sich leider doch genötigt, andauernder Kränklichkeit halber ein
Gesuch um seine Pensionierung einzureichen, welchem auch voraussichtlich
entsprochen werden wird, worauf Kahn mit seiner Familie nach Heilbronn
überzusiedeln gedenkt. Seine Freunde nahmen deshalb Veranlassung, bei
dieser Gelegenheit die Aufrichtigkeit, Herzlichkeit und Biederkeit zu
erwähnen, die Kahn von jeher seinen Kollegen entgegengebracht hat und ihm
zu danken für das Interesse, mit welchem er stets für unsere
Bestrebungen und Standesehre eingetreten ist. Schöne Gesänge,
humoristische Vorträge und Musikpiecen verschönten den Abend, von dem
der Gefeierte rühmte, dass er zu den schönsten seines beruflichen
Lebensabends gehöre. Ganz besondere Anerkennung gebührt hierbei den
jüngeren Gliedern unseres Standes, die sich so zahlreich dabei einfanden
und bemüht waren, ohne Ansehung der Unterschiede des Alters und der
Religion einen Akt der Pietät zu üben, durch den sich jeder
Mitbeteiligte nur selber ehrt.'
Anschließend an vorstehenden Bericht haben wir noch beizufügen, dass die
meisten Teilnehmer christliche Kollegen waren, (jüdische Lehrer gibt es
in diesem Bezirke außer Freudental keine), was dem liebevollen
Einvernehmen zwischen den verschiedenen Konfessionen erhöhte Bedeutung
beimisst. Überhaupt ist von Antisemitismus in Württemberg - Gott sei
Dank - keine Rede, und die Lehrerschaft dieses Landes ist, wie viele
Vorkommnisse zeigen, gegen diese moderne Pest unempfindlich; und ein
friedliches Einvernehmen zwischen Kollegen der verschiedensten
Konfessionen herrscht überall. O." |
Zum Tod von Oberlehrer Alexander Elsässer (1893)
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Februar 1893: "Im
Alter von 75 Jahren verstarb am 29. Januar der emeritierte Oberlehrer Herr
Alexander Elsässer in Crailsheim,
einer der ältesten Mitarbeiter unseres Blattes." |
Hauptlehrer Wochenmark ist als Lehrer in Crailsheim ernannt worden (1920)
Artikel
im "Israelitischen Familienblatt" vom 9. Dezember 1920: "Crailsheim.
Am 1. September d. Js. trat Herr Hauptlehrer Jacob Straus nach
47jähriger Lehrtätigkeit, von denen er 27 Jahre in
Braunsbach bei Hall und 20 Jahre in
der hiesigen Gemeinde ausgeübt hat, in den Ruhestand. Als tüchtiger und
pflichttreuer Lehrer und als stimmlich und musikalisch befähigter Vorbeter
hat er seine Kräfte in dem schweren und anstrengenden Dienst der Schule und
der Synagoge aufgebraucht, so dass er gezwungen war, sich ins Privatleben
zurückzuziehen. Möge ihm in seinem großen Familienkreise ein schöner
Lebensabend beschieden sein! Zu seinem Nachfolger ist vom Württembergischen
Staatsminister Hauptlehrer Wochenmark aus Freudental ernannt
worden." |
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Preßburger
(1927, war 1877 in Freudental tätig)
Anmerkung: Artikel erschien auch im "Israelitischen Familienblatt" vom 1.
Dezember 1927.
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. November 1927: "Creglingen.
Am 31. Oktober werden es 50 Jahre, seitdem Oberlehrer a.D. Josef
Preßburger hier als Religionslehrer und Vorsänger tätig ist. Nachdem er
vom 16. Juli 1877 an als Stellvertreter in Freudental
ein Vierteljahr tätig wesen, siedelte er am 31. Oktober desselben Jahres
als Amtsverweser nach Creglingen über. Seit dem 8. Juni 1883
wirkte er hier als ständiger Lehrer, bis er am 31. März 1924 in den
bleibenden Ruhestand versetzt wurde. Aber auch seither ist der jugendlich
rüstige Mann weiter als Vorsänger und Religionslehrer hier tätig
geblieben. Josef Preßburger hat es in vorbildlicher Weise verstanden,
sich durch sein bescheidenes würdiges Betragen, durch seine stete Hilfsbereitschaft
und Liebenswürdigkeit die ungeteilte Achtung aller Kreise unseres Ortes
zu erwerben. Als Seelsorger der Gemeinde und als ihr Lehrer hat er fast
zwei Generationen großgezogen, die mit aufrichtiger Liebe und Dankbarkeit
an ihrem verehrten Lehrer hängen. Er hat durch seine Amtsführung nicht
wenig zur Achtung seines Berufes und zur Ehre des Judentums beigetragen.
Die Lehrer des Landes haben ihm durch die Wahl zu ihrem Vertreter in der
Landesversammlung ihr besonderes Vertrauen bewiesen. Preßburger hat
dieses Vertrauen im besten Sinne durch eine tatkräftige Wahrnehmung der
Lebensinteressen der Religionslehrer des Landes zu rechtfertigen
verstanden. Es ist überdies wiederholt auch schriftstellerisch in den
jüdischen Zeitungen hervorgetreten. Kurz, er darf als eine der besten und
tüchtigsten Lehrergestalten unseres Landes bezeichnet werden. Der
Israelitische Oberrat hat die bleibenden Verdienste Preßburger um die
Religionsgemeinschaft Württembergs stets dankbar anerkannt und ihm
anlässlich seines Jubiläums unter Überreichung einer Ehrengabe seine
dankbare Anerkennung und Wertschätzung ausgesprochen. Mögen dem
würdigen und wackeren Manne noch viele Jahre ungebrochener Kraft und
ungetrübten Glückes beschieden sein!" |
Abschied von
Lehrer Preßburger in Creglingen - 1877 Lehrer in Freudental (1929)
Artikel in der
"Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juni 1929: "Creglingen.
Oberlehrer Preßburger, der nun in den wohlverdienten Ruhestand tritt,
hielt vor kurzem seine Abschiedsrede im Gotteshaus. In beredten,
rührenden Worten schilderte er sein Wirken in der hiesigen Israelitischen
Gemeinde während nahezu 52 Jahren. Preßburger verließ das Esslinger
Seminar mit 18 Jahren und, nachdem er in den Gemeinden Laupheim
und Freudental als Hilfslehrer
tätig gewesen, wurde ihm die hiesige israelitische Schulstelle als Lehrer
und Kantor zugeteilt. Mit 19 Jahren war es für ihn nicht leicht, den
Anforderungen, die man an ihn stellte, gerecht zu werden. Der Redner sagte
dann auch, dass er stets bemüht gewesen sei, die Harmonie der Gemeinde zu
pflegen. Von allen bei seinem Amtsantritt lebenden verheirateten Männern
und Frauen sind nur noch zwei Witwen am Leben. In den 52 Jahren seines
Wirkens hat er in Freud und Leid den Mitgliedern der Gemeinde seine
Teilnahme jederzeit bewiesen. Es war auch sein Bestreben, seine Schüler
in der langen Zeit seiner Tätigkeit zu tüchtigen Menschen heranzubilden,
die in der Welt ihr Fortkommen finden konnten. Möge es dem Scheidenden
vergönnt sein, in steter Rüstigkeit seinen Lebensabend froh im Kreise
seiner Familie und Gemeinde zu verbringen!
Lehrer Katzenstein aus Frankfurt am Main hat als Nachfolger
Preßburgers sein Amt angetreten." |
Wiedereröffnung der Israelitischen Privatschule
(1935)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juni 1935: "Freudental. Am 28. April
wurde hier in feierlicher Weise die israelitische Privatschule wieder
eröffnet. Gesang der Schulkinder leitete die Feier ein. Hierauf begrüßte
Vorsteher Jordan als Vertreter des Kollegiums die Gäste. Der Redner
umriss die Bedeutung der Wiedereröffnung der jüdischen Schule und zeichnete
ihre großen Aufgaben. Er betonte besonders die Verantwortung der
Schulleiters und unterstrich die Notwendigkeit des Kontaktes zwischen Schule
und Elternhaus. Rabbiner Dr. Tänzer beglückwünschte die Gemeinde zur
Wiedereröffnung ihrer Schule, mit der man schon früher die besten
Erfahrungen gemacht habe, ist doch in Freudental vor 116 Jahren die erste
jüdische Schule in Württemberg eröffnet worden. Dr. Tänzer ermahnte den
Lehrer, die Schüler treu zu hüten und dafür zu sorgen, dass sie als tüchtige
Menschen ins Leben treten. Lehrer Meisner hob hervor, dass die neue Schule
andere Aufgaben hat wie die, die 1920 ihre Pforten Schloss. Er betonte, dass
sich die Schule immer an der Wirklichkeit erneuern müsse. In Schaffensfreude
sollen Lehrer und Schüler eine Gemeinschaft werden. - Die Kinder trugen noch
Gedichte vor und sangen jüdische Lieder, wofür sie durch eine süße
Überraschung belohnt wurden. Die Schulfeier war für alle Gemeindemitglieder
ein Erlebnis." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Gründung eines Wohltätigkeitsvereines (1856)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Januar 1856:
"Aus
Württemberg, im Dezember. So sehr es immer mehr den Anschein gewinnt, als
wolle in unserem großen deutschen Vaterlande und den vielen kleinen
Vaterländern die politische Reaktion wieder Front gegen die Juden machen
und die abgelebte Ghetto-Zeit und Herrschaft wieder herbeiführen, so
erfreulich ist es von der anderen Seite wahrzunehmen, wie die Juden sich
immer mehr nach innen konsolidieren, immer kräftigere und herrlichere
Früchte echt jüdischen Geistes hervortreiben, und für den Druck, den
sie von außer her erfahren, desto mehr von innen heraus erstarken, und es
immer mehr beweisen, dass ein unverwüstlicher Fonds von
religiös-moralischer Stärke in ihnen walte, der trotz alles Hohns und
aller Zurücksetzung nicht abgeschwächt wird. Folgendes mag als Beleg
für diese allgemeine Bemerkung dienen. In den kleinen Gemeinde Freudental
– sie zählt nicht mehr als 67 Familien, unter welchen viele Arme sich
befinden – hat sich kürzlich auf Anregung des dortigen Rabbinen
Grünwald ein Verein unter dem Namen Chawerat Hachnassat Kala
gebildet. Dadurch, dass ein geringer Jahresbeitrag zum Vereine festgesetzt
wurde, ist die Zahl der Mitglieder desselben umso größer und es beträgt
deren Zahl bereits 48. Außer den regelmäßigen jährlichen Beiträgen
ist unter anderem der Zehnte vom Zehnten bei Hochzeiten als Einnahmequelle
bezeichnet. Vorläufig ist das Minimum des einem Mädchen abzureichenden
Beitrags auf 200 Gulden und das Maximum auf 300 Gulden festgesetzt. Wer da
weiß, wie groß die Sorge so vieler Familienhäupter wegen der Versorgung
ihrer Töchter ist, der wird das Wohltätige eines solchen Zwecks zu
würdigen wissen. In derselben Gemeinde besteht schon seit längerer Zeit
ebenfalls auf Anregung des genannten Rabbinen ins Leben gerufen, ein
anderer Verein, durchreisende israelitische Arme aus einer
gemeinschaftlichen Kasse zu unterstützen. Dieser Verein zählt fast
sämtliche Gemeindegenossen zu Mitgliedern, von denen zwei aufgestellt
sind, der Eine zur Abgabe der Marken, und der Andere zur Ausbezahlung des
bezeichneten Wertes an die Armen. Es soll hierdurch erstens der
berufsmäßige Bettel allmählich abgeschafft |
werden;
zweitens sind von den herumziehenden Armen die Minderbemittelten und Armen
ebenso in Anspruch genommen worden, als die Wohlhabenden und so haben die
einheimischen Armen, um die herumziehenden, von Haus zu Haus wandernden
Armen nicht leer weggehen zu lassen, denselben eine Gabe gereicht, die sie
für ihre und der Ihrigen Erhaltung vielleicht viel notwendiger brauchen
konnten. Drittens wird hauptsächlich durch einen solchen Verein das
erzielt, dass durch die Ordnung und die durch dieselbe herbeizuführende
Ersparnis in den Ausgaben für herumziehende Arme ein Namhaftes erübrigt
wird, das zu besserer Unterstützung der bekannten würdigen Armen im Orte
und in der Umgegend verwendet werden kann. Von den weiteren in der
genannten Gemeinde bestehenden wohltätigen Vereinen soll nur noch der
eine genannt werden, der unter dem Namen Chässäd weEmet den Zweck
hat, die bei Sterbefällen entstehenden Unkosten, als für Wächter,
Beerdigung usw. durch freiwillige Beiträge aus einer gemeinschaftlichen
Kasse zu decken, und, um das Zartgefühl der Armen zu schonen, diese
Kosten auch bei den Bemittelten übernimmt, die aber ihrerseits die vom
Vereine für sie gemachten Auslagen demselben durch freiwillige Spenden
beim Aufrufen zur Tora wieder ersetzen". Das Nachfolgende bezieht
sich auf die Geschichte des Israelitischen Waisenhauses Esslingen. |
Der
Rabbiner und der Lehrer werden von den religiösen Vereinen unterstützt (1859)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Mai 1859: "In Freudental zahlen die
Brüderschaften Talmud Tora etc. 100 Gulden jährlich an den
Rabbinen zu gleichem Zwecke. In beiden Gemeinden (sc. voraus ging ein
Bericht aus Oberdorf) aber sind die
Lehrer noch besonders für die 'Erteilung des hebräischen Unterrichts an
der Volksschule bezahlte und dürfen sich diese Opferbereitwilligkeit
unsere schwäbischen und andere deutsche Gemeinden wohl zum Muster
nehmen." |
Konfirmationsfeier
(Nachfeier für zwei Kinder) in der Synagoge durch Rabbiner Haas (1869)
Hinweis: die unwürdige Nachfeier für zwei Kinder wird in der Zeitschrift
"Der Israelit" kritisiert.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 1. September 1869: "Aus Württemberg, 11. August
(1869). Die Unsterblichkeit der Konfirmation ist konstatiert; den
Beweis dafür hat Herr Rabbiner Haas in Freudental erbracht, indem
er am vorigen Sabbat Paraschat 'denn bisher seid ihr noch nicht zu der
Ruhe gelangt...' (5. Mose 12,9) eine Nachfeier der am normalen
ersten Wochenfesttage von zwei Kindern versäumten Konfirmation in der Art
--- wir wissen nicht ob aus eigenem Erfindungsgeist oder nach höherer
Weisung - veranstaltete, dass die beiden noch ungeweihten Kinder - ein
Mädchen aus dem Filial Zaberfeld und
ein Knabe der Muttergemeinde selbst nach dem Mincha-Gottesdienst in
der Synagoge zurückgehalten wurden, um das heilige Sakrament der
Konfirmation nachträglich zu empfangen und in den Schoß der mosaischen
Religion aufgenommen zu werden, der sie bis dahin bloß durch Geburt und
Erziehung angehört hatten. Bekanntlich muss in Württemberg ein Rabbiner
die Leiche nur dann begleiten, 'wenn sie eine konfirmierte Person war.'
(Syn. Ord. Kap. X § 7). Die Gemeinde war zur Teilnahme an dem seltenen
noch alleinstehenden Akt eingeladen worden, allein als das Kapitel zu Ende
war, das mit den Worten schließt..., verließen doch alle
Synagogenbesucher das Gotteshaus bis auf 4 oder 5 Zuhörer; selbst die
sonst so gefügigen Herren Vorsteher zogen ihre dritte Mahlzeit der
Prozession vor, die sie ordentlicherweise am Schawuot bei verschlossener
Türe vornehmen lassen, um das Fortlaufen zu verhüten; nicht einmal die
Eltern der einzusegnenden Kinder verherrlichten das Fest der
Konfirmationsnachlese durch ihre Gegenwart; bloß der gefällige Lehrer
und Vorsänger ließ sich trotz seiner Heiserkeit erbitten durch einen
Choralgesang der Schüler vor und nach der Haupt-Szene das Weihefest zu
verschönern. Und doch wäre das Zeitopfer von Seiten der Zuhörer nur
klein gewesen, da es der memorierten Antworten nur 3, sage mit Worten drei
statt der vorgeschriebenen 48 (!!) waren. Diese Vorstellung war also
gewiss sehr kurz. Die Kinder hatten sich natürlich dagegen
gesträubt, alles auswendig zu lernen und so kam man im Wege des
Vergleichs auf 1/16 des Ganzen und auf die Sabbatvesperzeit überein, nur
um die Kontinuität des einträglichen Konfirmierens nicht zu unterbrechen,
kein böses Exempel zu geben für künftige Jahre und den Leuten es
plausibel zu machen, als ob die Konfirmation trotz des Ministerialerlasses
noch eine Zwangsanstalt wäre, die jeder besuchen müsse. Die
Pastoralklugheit des Rabbinen ist wirklich zu bewundern und die Art, wie
er diesen Lebensbaum zu pflegen versteht. ... Nur ein Baum, von
dem du weißt, dass er kein Fruchtbaum ist, den magst du vernichten und
umhauen (5. Mose 20,20). Wir hoffen, dass in Zukunft oft Gelegenheit
sein wird, das gegebene Beispiel nachzuahmen und dass die Ausnahme zur
Regel werde!" |
Treffen
der Ortsgruppe des "Verbandes der Sabbathfreunde" in Freudental (1909)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Mai 1926: "Freudental.
(Württemberg), 29. März. Am vergangenen Sabbath Nachmittag nach Mincha
versammelten sich die Mitglieder unserer Ortsgruppe mit Frau und Kind im
Saale zum 'Lamm', um den Bericht unseres Delegierten bei dem letzten
Delegiertentag, des Herrn Rabbiner Dr. Kahn - Esslingen,
entgegenzunehmen. Herr Dr. Kahn gab eine lebhafte Schilderung der beiden
Feiertage der gesetzestreuen Judenschaft Deutschlands und beschrieb, wie
imposant die Masse frommer Juden war, wie diese Menge gleichstrebender und
gleichgesinnter Glaubensgenossen den Mut der Versammlungsbesucher belebte
und in allen den Entschluss mächtig entfachte und bestärkte, draußen im
Leben für die gute Sache des altangestammten Judentums zu arbeiten und zu
werben. Redner hob die Einmütigkeit hervor, welche in den verschiedenen
Vollversammlungen und den zahlreichen Gruppensitzungen die Mitarbeitenden
und Zuhörer beseelte, die Freude, welche besonders bei der
Begrüßungsversammlung im Wiedersehen der aus allen Windrichtungen
eingetroffenen Bekannten, Freunde und Gesinnungsgenossen sich zeigte. Der
Berichterstatter zählte die verschiedenen Korporationen auf, welche an
diesen Tagen in Frankfurt zusammen kamen, und gab eine kurze Angabe über den
Inhalt der Verhandlungen. Auch über die neuerlich in Württemberg
abgehaltenen Versammlungen machte der Redner einige Mitteilungen. Mit
Interesse und lebhafter Spannung folgte die Versammlung den Darlegungen,
dadurch ihrer Genugtuung über die Fortschritte der gesetzestreuen Sache und
das kräftige Gedeihen ihrer Organisationen und deren Bemühungen, das
religiöse Leben insbesondere auf dem Lande zu heben, Ausdruck gebend.
Nachdem unser Herr Rabbiner seinen mit lebhaftem Beifall gelohnten Vortrag
geschlossen hatte, erhob sich Herr Wolf Blum, sprach den Dank der
Versammlung und die Freude der Zuhörer über das Gehörte aus. Diese brachten
ein Hoch auf den Redner aus. Alsdann schloss der Vorsitzende, Herr Lehrer
Rödelsheimer die fast von der ganzen Gemeinde besuchte Versammlung." |
Predigt und Vortrag von Bezirksrabbiner Dr. Beermann aus Heilbronn
(1926)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Mai 1926: "Freudental.
Bezirksrabbiner Dr. Beermann -
Heilbronn predigte am Sabbath, den 1. Mai, in der hiesigen Gemeinde zur
großen Freude aller Gemeindegenossen. Sein Vortrag über die heutige Lage der
deutschen Juden fand begeisterte Aufnahme. Die eindrucksvollen Darlegungen
des Redners werden noch lange in der Gemeinde nachwirken." |
Festsetzung der Rabbinatsbeiträge
(1926)
Anmerkung: das Bezirksrabbinat war damals Stuttgart II.
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1926: "Die Gemeinden des
Bezirksrabbinats haben zu den Rabbinatsbeiträgen, welche die Sitzgemeinden
für den betreffenden Beamten an die Zentralkasse zu leisten haben, folgende
Beiträge zu bezahlen: Cannstatt 12 1/2 von hundert, Esslingen und
Ludwigsburg 5 von hundert, Freudental den Betrag, den die Gemeinde
nach den bisherigen Bestimmungen aufzubringen hätte, wenn sie den
Bezirksrabbinat Heilbronn angehören würde. Diesem Antrag wurde stattgegeben.
." |
Vortrag von Bezirksrabbiner Dr. Beermann aus Heilbronn
(1927)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Februar 1927: "Freudental. Im
Anschluss an seine dienstliche Turnusreise hielt Bezirksrabbiner Dr.
Beermann - Heilbronn im Auftrag der
hiesigen Ortsgruppe des Zentralvereins deutscher Staatsangehöriger jüdischen
Glaubens einen Vortrag über die Aufklärungsarbeit des Zentralvereins und
über die heutige Lage des deutschen Judentums. Der Redner verstand es, seine
Zuhörer zu fesseln, so dass reicher Beifall seine Ausführungen lohnte. Von
allen Gemeindemitgliedern wurde der Wunsch nach einer Wiederkehr derartige
Veranstaltungen lebhaft geäußert." |
Gemeindeabend mit Ansprache, Theaterstück u.a.m.
(1929)
Artikel
in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Mai 1929: "Freudental. Nach langen
geselligen Winterabenden wurde am 13. April ein Gemeindeabend unter Leitung
von Lehrer Warscher veranstaltet. Auf eine Ansprache von Lehrer
Warscher folgte ein von den Damen Rita und Emmi Weil und Irwin Stein
gespieltes Theaterstück. Hernach erfreuen die Herren Julius und Erich Jordan
sowie Lehrer Warscher durch humorvolle Darbietungen. Nachdem unsere Gemeinde
lange Jahre einen geistigen Führer entbehrt hat, wird die Tätigkeit von
Lehrer Warscher besonders begrüßt. Es ist zu hoffen, dass solche Abende noch
öfters in unserer Gemeinde stattfinden." |
Vortrag von Lehrer Warscher im Saal der evangelischen Volksschule
(1929)
Anmerkung: "Christlich-jüdischer Dialog" Ende der 1920er-Jahre fand offenbar
auch in Freudental statt. Dies war in der Zeit des "Jüdischen Lehrhauses" in
Stuttgart, das hier von seiner Gründung 1926 bis zu seiner erzwungenen
Schließung 1938 bestand. Ziel des Lehrhauses war es, dem Verlust jüdischer
Identität anhand einer neuen Form der Erwachsenenbildung entgegenzuwirken. Durch
Rückbesinnung auf die jüdische Religion und Kultur sollte eine neue Gemeinschaft
entstehen. Das Jüdische Lehrhaus ist vor allem als eine Bildungseinrichtung
bekannt geblieben, die sich unter der Federführung des Religionsphilosophen
Martin Buber um einen Dialog zwischen Juden und Christen bemühte.
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. August 1929: "Freudental. Am
29. Juni hielt Lehrer Warscher im Saal der evangelischen Volksschule einen
Vortrag über das Thema: 'Was sagt die moderne Geschichtsforschung über den
Aufenthalt Israels in Ägypten' Unter den geladenen christlichen Zuhörern
waren auch der hiesige Pfarrer und der Stadtpfarrer von Bietigheim anwesend.
Einleitend sprach der Redner über die Methoden der modernen
Bibelwissenschaft, schilderte, wie sie lange die Darstellung der Bibel als
ungeschichtlich verworfen habe, wie aber in der Gegenwart Funde und
Ausgrabungen die geschichtliche Treue der biblischen Überlieferung aufs
glänzendste bestätigt hätten. Dann zum eigentlichen Thema übergehend, ließ
Warscher vor dem geistigen Auge der Zuhörer die Hyksos-Periode erstehen, die
gewaltigste Katastrophe der altägyptischen Geschichte, berichtete, wie
Joseph und die Jakobsfamilie unter dem semitischen Fremdherrscher Apopi nach
Ägypten gelangten und schilderte die kulturhistorische und religiöse
Entwicklung der israelitischen Stämme in Gosen. Lehrer Warscher zeigte dann,
wie die Verjagung der Hyksos durch die altägyptische Königsdynastie eine
Verschlimmerung der Lage der Israeliten in.Gosen herbeiführte. Indem er aus
die Bautätigkeit Ramses-Meriamon zu sprechen kam, berichtete er von den:
Zeugen der Fronarbeit Israels in Ägypten. Der Vortragende sprach dann über
die Steigerung des Druckes unter Pharao Mernephta, des Zeitgenossen Moses,
und entwarf ein Bild vom Auszug aus Ägypten. Der Vortrag, erläutert durch
eine Wandkarte Altägyptens, fand den reichen Beifall Zuhörerschaft. Pfarrer
Sailer von Freudental dankte dem Vortragenden für seine interessanten
Ausführungen und erklärte, dass auch die christliche Kirche an der Echtheit
und Richtigkeit der biblischen Darstellung festhalte." |
Purimfeier der jüdischen Jugend mit der Gemeinde
(1930)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. April 1930: "Freudental. Die
jüdische Jugend hatte am 4. März die Gemeinde zu einer kleinen Purimfeier
eingeladen. Nach einer Ansprache von Lehrer Warscher wurde ein Lustspiel von
den Damen Emmi Weil, Rita Weil, Betti Stein und den Herren Warscher, Irwin
Stein, Josef Weil und Erich Jordan mit großem Beifall aufgeführt. Es folgt
dann noch einige humorvolle Darbietungen von Joseph Stein und Lehrer
Warscher, gewandt begleitet von Hedwig Wertheimer und andere Vorträge." |
Eine zunächst geplante 200-Jahrfeier zur Freudentaler Judenordnung wird
vorläufig verschoben
(1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Juli 1931: "Freudental. Die hiesige
israelische Gemeinde, am 1. Oktober 1731 laut Schutzbrief gegründet, kann in
diesem Jahre auf ein 200-jähriges Bestehen zurückblicken. Der Israelitische
Oberrat hat gemeinsam mit dem hiesigen Vorsteheramt die Feier des Jubeltages
auf 18. Oktober festgesetzt" |
|
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1.Oktober 1931: "Freudental. Am 1.
Oktober 1731 hat die Gräfin Christine Wilhelmina von Würben die Freudentaler
Judenordnung erlassen. Die Israelitische Gemeinde Freudental hatte
beabsichtigt, die Erinnerung hieran durch eine Feier zu begehen, da sie aus
dieser Verordnung den Bestand der Gemeinde ableitet. Durch die Ungunst der
wirtschaftlichen Lage hat sich die Gemeinde jedoch veranlasst gesehen, die
Feier vorläufig zu verschieben. Freudental war lange Zeit Sitz eines
Rabbinats. Nachdem während der Inflationszeit die Lehrerstelle vorübergehend
nicht besetzt war, ist diese vor einigen Jahren wieder errichtet worden. Sie
wird zur Zeit durch Lehrer Wolf Berlinger aus
Berlichingen versehen." |
Gemeindebesuch von Bezirksrabbiner Dr. Tänzer aus Göppingen sowie Vortrag von
Rabbiner Mayer
(1933)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. März 1933: "Freudental.
Bezirksrabbiner Dr. Tänzer, Göppingen,
weilte vom 13. bis 15. Januar in unserer Gemeinde. Bei einem Gemeindeabend
um 14. Januar nahm er die Verpflichtung des neuen Religionslehrers vor und
hielt dann einen ausgezeichneten Vortrag über den Werdegang der jüdischen
Gemeinde Freudental. — Am 22. Januar sprach Rabbiner Mayer im Auftrag der
'Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums'; sein
Vortrag bedeutete einen starken Appell zur Aktivierung des jüdischen
Lebens." |
Wechsel im Vorsitz des Israelitischen Frauenvereins von Klara Jordan zu Sidonie
Herrmann
(1935)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juni 1935: "Freudental. Nach
zwölfjähriger unermüdlicher Tätigkeit als Vorsteherin des Israelitischen
Frauenvereins ist Frau Klara Jordan aus Gesundheitsrücksichten
zurückgetreten. Frau Jordan hat es verstanden, mit allen Vereinsmitglieder
freundschaftlich zusammen zu arbeiten. Ihre ganze Freizeit hat sie dem
Verein und der Gemeindearbeit freudig gewidmet. Zuletzt hat Frau Jordan die
Verbindung mit anderen Frauenvereinen angeregt. Und hoffentlich wird auch
recht bald der hiesige Frauenkreis sich dem jüdischen Frauenbund
anschließen. Als die jüdische Nothilfe in Stuttgart gegründet wurde,
erkannte Frau Jordan sofort die Bedeutung dieser Organisation und
ermöglichte deren Förderung. Das vorbildliche Wirken der hilfsbereiten Frau,
deren Nachfolgerin Frau Sidonie Hermann ist, verdient vollste
Anerkennung." |
Vortrag von Heinz Koch (Heilbronn)
(1935)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1935: "Freudental. Hier und in
Bonfeld sprach Heinz Koch (Heilbronnl
über 'Palästina und der Zionismus'." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Löb Rosenstein vermacht der Gemeinde einen Betrag zur
Armenunterstützung (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1867: "Freudental, im
Juni (1867). Durch letztwillige Verfügung über seinen Nachlass hat der
verstorbene Kaufmann, Herr Moses Löb Rosenstein in Frankfurt am Main, die
hiesige israelitische Gemeinde mit dem ansehnlichen Vermächtnisse von
5.000 Gulden als Stiftung zur Armenunterstützung bedacht." |
Spende von Vorsteher Moses Löwe für die Armen im
Heiligen Land (1865)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Februar 1865: "Karlsruhe.
Die israelitische Gemeinde Freudental im Königreich Württemberg hat zu
den vielen Beweisen des dort herrschenden echt religiösen Sinnes, gepaart
mit hingebender Opferfreudigkeit, einen neuen hinzugefügt, indem der
dortige Vorsteher, Herr Moses Löwe, vor einigen Tagen mit die Summe von
150 Gulden zum besten unserer bedrängten Brüder im heiligen Lande im
Namen der Gemeinde zugestellt hat.
Ehre dieser hochherzigen Gemeinde und Ehre ihren Vertreter. – Ich hoffe,
demnächst Ihnen auch von einer ansehnlichen Stiftung eines in hiesiger
Stadt vor mehreren Jahren verstorbenen würdigen Mannes, gleichfalls zum
Behufe der Unterstützung der Armen in Jerusalem, Näheres berichten zu
können. Der Generaleinnehmer für die Armen im heiligen Lande für das
Großherzogtum Baden und das Königreich Württemberg. B.H. Wormser". |
Zum Tod von Lehmann Maier
(1869)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April 1869: "Freudental
(Württemberg). Unsere Gemeinde hat einen großen Verlust erlitten durch
den nach langwieriger, hoffnungsloser Krankheit am 23. vorigen Monats
erfolgten Tod unseres Mitbruders Lehmann Maier, Mitgliedes des hiesigen
Vorsteheramts und Förderers der orthodoxen Bestrebungen in unserem Lande.
Ans einem Grabe sprach nur sein Jugendfreund, der pensionierte Lehrer S.
Levy von Stuttgart, etliche Worte des Nachrufs. Von Würzburg her aber war
auf telegraphischen Ruf Herr Seminarlehrer Stern, früher hier angestellt,
hierher geeilt, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Dieser
hatte nämlich in seinem Testamente angeordnet: 'Mein lieber treuer Freund
Stern soll mir die Leichenrede halten, nötigenfalls in meinem Hause. Ich
grüße ihn!' Herr Stern sprach deshalb im Trauerhause um die Worte des
Toten gültig zu machen in meisterhafter Weise die Wahrheit von dem
Entschlafenen, den er so genau kennengelernt hatte. Lehmann Maier war
nicht nur der reichste Mann seiner Gemeinde, sondern er ließ auch keinen
Armen ohne Hilfe, keine gute Sache ohne Unterstützung. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Lob der Opferfreudigkeit der Gemeinde und Tod des Kusiel
Uhlmann (1877)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. August 1877: "Freudental
(Württemberg). Die hiesige Gemeinde zählt zu denjenigen, welche im
Besitze aller erforderlichen religiösen Institutionen, es an der Pflege
derselben nicht fehlen lassen. Sowie sie bei Sammlungen für mildtätige
und edle Zwecke, selten anders als in den vordersten Reihen zu treffen
ist, ebenso tritt eine anerkennungswerte Opferfähigkeit in ihrer Mitte
hervor, überall wo es die Erhaltung der religiösen Institute in gutem
Zustande, insbesondere auch die Förderung der vielen hier bestehenden Chawerot
(Vereine), als für Chässad weEmet, Hachnassat Kala
(Brautaussteuer), Talmud und Tora, Wohltätigkeit etc. gilt. Es
wird so reichlich, in diese nützlichen und wohltätige Vereine,
insbesondere an den heiligen Festen gespendet, dass dieselben ihre Zwecke
stets ungeschmälert erfüllen können. Es lässt sich nicht leugnen, dass
auch die jüngere Generation sich von den religiösen Pflichten nicht
lossagt, die ihre Eltern in so vollem Maße erfüllen. Das ist wohl in
unserem Tagen nicht so häufig, dass es der Erwähnung in Ihrem
geschätzten Blatte nicht wert wäre. Wenn ich auch nicht liebe, da wo es
sich um Zustände handelt, von Persönlichkeiten zu reden, so ist es mir
doch nicht möglich, diesen Bericht zu schließen, ohne eines ehrwürdigen
74 Jahre alt gewordenen Greises zu erwähnen, dem am vergangenen Sonntag
alle Gemeindeangehörige, jung und alt, das Geleite zu seiner letzten
Ruhestätte gaben. Er gehörte nicht zu den reichsten, aber gewiss zu den
wohltätigsten der Gemeinde, der Chawer Herr Jekutiel (Kusiel) Uhlmann,
dies der Name des Verewigten war, wie vom Rabbiner in der Trauerrede an
dessen Grabe mit Recht betont wurde, ein Mann, voll friedlicher Gesinnung,
ein Mann der Gerechtigkeit und ein Mann der Wohltätigkeit
im rechten Sinn des Wortes, der allwöchentlich am Freitag die Armen
des Ortes bedachte, aber auch bei Sammlungen für Not leidende Brüder
in der Ferne sich am reichlichsten – es wird hiermit nicht zuviel gesagt
– beteiligte.
Was die Gemeinde noch sonst an diesem Manne verloren, wird ihr namentlich
an den bevorstehenden ernsten Tagen tief ins Herz dringen; denn er hat an
diesen Tagen ca. 50 Jahre lang als Schofarbläser und ehrenamtlicher
Vorbeter auch insbesondere durch seine vorzügliche Stimmbegabung
innige Andacht in den Gemütern der Betenden entzündet und fromme
Gefühle in ihrem Inneren wachgerufen. Sein Ruf als guter Jehudi
und trefflicher Vorbeter ging über das Weichbild Freudentals
hinaus. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Wiederwahl der jüdischen Gemeinderäte Hermann und Löwe
(1887)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Dezember 1887:
"Aus
Württemberg, 18. Dezember. Im laufenden Monat wurden im Lande die
Gemeinderats-(Magistrats-)wahlen vorgenommen. Während in der
Hauptstadt
der einzige jüdische Kandidat bei der überwiegend konservativen
Bevölkerung in der Minderheit blieb, haben in mehreren Landorten die
Israeliten einige Siege zu verzeichnen. In Freudental wurden die beiden
austretenden Gemeinderäte Hermann und Löwe, mit großer Majorität
wieder gewählt. Ersterer ist schon 42 Jahre in Gemeinderat und war schön
öfters Verweser des Ortsvorstandes, wurde auch wegen seiner Verdienste
als langjähriger Gemeindepfleger mit der silbernen Zivilverdienstmedaille
ausgezeichnet. Auch in Laupheim wurden die beiden jüdischen Kandidaten
wieder gewählt." |
50-jähriges Jubiläum von Israel Herrmann als Rechner und
Stiftungspfleger der Gemeinde (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1889: "Freudental,
11. Dezember (1889). Nächsten Montag feiert die hiesige israelitische
Gemeinde ein seltenes Fest. Es ist das 50jährige Jubiläum des Rechners
und Stiftungspflegers der jüdischen Gemeinde. Der Jubilar, der seit 40
Jahren auch dem Gemeinderat angehört, erhielt dieser Tage durch die Gnade
unseres erlauchten Königs die goldene Zivilverdienstmedaille, nachdem er
vor 10 Jahren bereits die silberne empfangen hat. Der Jubilar Israel
Herrmann, ist 81 Jahre alt und erfreut sich noch seltener Rüstigkeit.
Lehrer Rosenberger in Freudental." |
Jubiläumsfeier für Israel Herrmann (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1889: "Freudental,
17. Dezember (1889). Über die Jubiläumsfeierlichkeit des hiesigen
Kirchen- und Stiftungspflegers, Israel Herrmann, ist folgendes zu
berichten: Am Sonntagabend brachte der Liederkranz dem Jubilar ein
Ständchen. Am Montag früh begab sich das Kirchenvorsteheramt in die
Wohnung des Jubilars und überreichte unter den herzlichsten
Glückwünschen einen silbernen Pokal. Nun folgte der Ortsvorsteher mit
einer Deputation der bürgerlichen Kollegien. Abends vereinigten sich die
bürgerlichen Kollegien, das Kirchenvorsteheramt und eine Anzahl Bürger
zu einem Festmahl im Gasthaus zum Lamm. Während des Essens wurden
verschiedene Toaste ausgebracht. Der Ortsvorstand gedachte Seiner
Majestät unseres geliebten Königs Karl. Alsdann folgten Lehrer
Rosenberger dahier und Herr Rothschild, Sekretär der Königlichen
israelitischen Oberkirchenbehörde in freier Rede auf den Jubilar,
während Lehrer Spatz von Affaltrach, ein Großneffe des Jubilars, die in
gebundener Rede tat. Nach dem Essen erschien der Gesangverein und bei
dessen fröhlichen Weisen ging die Zeit rasch dahin." |
Auszeichnung für Israel Hermann (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1889: "Vom Oberamt
Besigheim. Dem israelitischen Gemeinde- und Stiftungspfleger Hermann in
Freudental ist von Seiner Majestät dem König von Württemberg die
goldene Zivilverdienstmedaille verliehen worden." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. Dezember 1889: "Seine Königliche Majestät haben dem
israelitischen Kirchen- und Stiftungspfleger Herrmann in Freudental
die goldene Zivilverdienstmedaille verliehen." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. April 1890: "Durch Seine Majestät den König Karl wurde
dem Gemeinderat, israelitischen Gemeinde- und Stiftungspfleger I. (statt:
F) Hermann in Freudental bei Stuttgart zu seinem
50-jährigen Dienstjubiläum die goldene Zivildienstmedaille
verliehen." |
Zum Tod von Hirsch Loewe (1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1900: "Freudenthal
(Württemberg), 26. Cheschwan (= 18. November 1900). Ein auch in weiteren
kreisen rühmlichst bekannter Mann wurde heute zu Grabe getragen. Hirsch
Loewe, der das hohe Alter von nahezu 80 Jahren erreichte, ist nach kurzem
Krankenlager von uns geschieden und hat, wie Herr Lehrer Friedmann in
trefflicher Schilderung seiner Verdienste mit Recht beklagte, eine
merkbare Lücke in unserer Gemeinde hinterlassen. Geben nicht schon das
bis zu seinem Tode innegehabte Amt eines Gemeinderates, wie auch die
langjährige Tätigkeit als Kirchenvorsteher, beredtes Zeugnis für das
Vertrauen, das der Verblichene allseitig genoss, so war sein Denken und
Fühlen, seine Hingebung im Dienste unserer heiligen Religion der Ausfluss
lauterer, wahrhaft gottesfürchtiger Gesinnung. In uneigennütziger Weise
hatte der Verstorbene als Mohel fungiert und als ehrenamtlicher
Vorbeter stets durch seinen innigen Vortrag die Hörer erquickt.
Körperliche Beschwerden, mit denen der Heimgegangene in letzter Zeit mehr
wie sonst zu kämpfen hatte, bildeten für denselben kein Hindernis, wenn
er beim Gottesdienste mitwirken konnte, und so hat er sich an Sabbat Noach
(Schabbat mit der Toralesung Noach = 1. Mose 6,1 - 11,32, das war am 27.
Oktober 1900) noch dazu aufgerafft, vertretungsweise zu 'lainen'
(vorbeten).
In der auf Wunsch des Dahingeschiedenen von dessen Neffen, Herr Rabbiner
Dr. J. Levi - Alzey - gehaltenen
Trauerrede wurden die Tugenden des Heimgegangenen dem zahlreichen Publikum
in begeisterten Worten vor Augen geführt, seine Friedensliebe,
Gastfreundschaft, sein stets hilfsbereites und wohltätiges Wirken
verdientermaßen als leuchtende Beispiele hingestellt. -
Mit dem edlen Manne wetteiferte in frommen Werken seine Gattin; mögen sie
und die Kinder Trost und Stärkung schöpfen aus der Erkenntnis, dass Gott
der Annehmer der Witwen und der Sachverwalter der Waisen ist. Psalm
68,6: Vater der Wasen und Richter der Witwen (ist Gott in seiner
heiligen Wohnung. |
Wahl von Dr. Levi zum Oberrabbiner in Krefeld (1904)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Joseph Levi (geb. 13. Februar 1865 in Freudental,
gest. 1. Juni 1930 in Krefeld): studierte von 1884 bis 1892 in Breslau, wurde
1888 in Tübingen promoviert; war von Oktober 1891 bis 1904 Rabbiner und
Religionslehrer am Lehrerseminar in Alzey, seit Oktober 1904 Oberrabbiner in
Krefeld; um 1917 Feldrabbiner im Westen; im Januar 1928 trat er in den
Ruhestand.
Link: Guide to the Papers of
Joseph Levi (1865-1930), 1901-1914.
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. August 1904:
"Krefeld.
Der Vorstand und die größere Vertretung der hiesigen israelitischen Gemeinde
hat anstelle des auf seinen Wunsch zum Herbste dieses Jahres in den Ruhestand
tretenden Herrn Oberrabbiner Dr. Horowitz den jetzigen Bezirksrabbiner in
Alzey (Rheinhessen), Herrn Dr. Levi, einstimmig zum Oberrabbiner gewählt.
Diese Wahl wird von der ganzen israelitischen Gemeinde mit lebhafter
Freude begrüßt, da die von Herrn Dr. Levi in seiner Probepredigt
dargelegten Anschauungen und Grundsätze allseitigen Anklang fanden. Herr
Dr. Levi ist am 13. Februar 1865 in Freudental, Königreich Württemberg
geboren. Nach Absolvierung des Königlichen Karlsgymnasiums in
Heilbronn,
wurde er zu Beginn des Wintersemesters 1884 als ordentlicher Hörer des
jüdisch-theologischen Seminars in Breslau aufgenommen, hörte von
derselben Zeit an die Vorlesungen der philosophischen Fakultät der
dortigen Universität und promovierte Januar 1888 in
Tübingen. Von
Oktober 1890/1891 genügt er in München seiner Militärpflicht. Nach
bestandener Abhangsprüfung am Seminar in Breslau übernahm er die Stelle
eines großherzoglichen Bezirksrabbiners in Alzey". |
Zur Goldenen Hochzeit von Abraham L. Wertheimer und
Pauline geb. Stern (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1909: "Freudental
(Württemberg), 10. Oktober (1909). Am 3. Oktober dieses Jahres feierte
das Ehepaar Abraham L. Wertheimer und Pauline geb. Stern das Fest der
Goldenen Hochzeit. Von der stattlichen Schar seiner Söhne, Töchter und
deren Gatten, sowie Enkeln und Enkelinnen begleitet, zog das Jubelpaar in
die festlich erleuchtete Synagoge, wo die ganze Einwohnerschaft des
hübschen Dörfchens, Juden und Christen, seiner harrte. Nachdem Herr
Lehrer Rödelsheimer einen Psalm gesungen hatte, feierte Herr Rabbiner Dr.
Kahn aus Esslingen das seltene Ereignis fünfzigjährigen in Liebe und
Treue unter Freuden und Leiden, unter Arbeit und Mühe gemeinsam
verbrachten ehelichen Lebens und Sorgens füreinander, indem er an der
Hand von Kohelet 9.9 ausführte, dass in diesem Leben der Vergänglichkeit
und der Mühsal das einzige Glück eine gesegnete Ehe bilde. Am Schlusse
seiner Ansprache teilte er mit, dass der König von Württemberg die Gnade
hatte, dem Jubelpaar Glück- und Segenswünsche auszusprechen und eine
Plakette mit des Königs Bildnis und mit eingravierter Widmung zur
Erinnerung an die Feier überreichen zu lassen. Möge das Jubelpaar in
Gesundheit und Rüstigkeit auch das fest der Diamantenen Hochzeit begehen
dürfen." |
80. Geburtstag von Max B. Marx (1926)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juni 1926: "Freudental. Am 30. Mai
vollendete das älteste Gemeindemitglied Max B. Marx sein 80.
Lebensjahr. Die ganze Gemeinde nimmt lebhaften Anteil an dieser Feier. Mögen
dem Jubilar viele weitere, glückliche Jahre beschieden sein." |
Zum Tod von Wolf Blum, langjähriger ehrenamtlicher Vorbeter und Schochet
(1926)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1926: "Freudental. Einen
großen Verlust erlebt die hiesige Gemeinde durch den Tod eines ihrer besten
Mitglieder, des Herrn Wolf Blum. Der Verstorbene, der ein Alter von
64 Jahren erreicht hat, hat die jahrelang den Vorsänger- und Schochet-Dienst
ehrenamtlich versehen. Die Trauer um den Wacker braven Mann ist allgemein." |
Goldene
Hochzeit von Jakob Levi und Lina geb. Marx (1926 in Cannstatt)
Artikel
in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1926: "Cannstatt.
Am 19. Dezember dürfen Jakob Levi und seine Ehefrau Lina geb.
Marx im Kreise ihrer Kinder, Enkel und Urenkel das seltene Fest der
goldenen Hochzeit feiern. Der Jubilar war fast zwanzig Jahre Mitglied des
Vorsteheramtes seiner Heimatgemeinde Freudental und gehörte dort
zu den tätigsten Mitgliedern im Ausschuss des Wohltätigkeitsvereins und
des Israelitischen Militärunterstützungsvereins. Auch in Cannstatt ist
er seit Jahren ein eifriges Vorstandsmitglied des Israelitischen
Wohltätigkeitsvereins. Möge dem würdigen Ehepaare ein glücklicher
heiterer Lebensabend beschieden
sein."
|
87. Geburtstag von Fanni Levi (1926)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1926: "Freudental. Am
Samstag den 27. November dieses Jahresbeginn die älteste Bewohnerin unseres
Ortes, Frau Fanny Levi Witwe, in geistiger und körperlicher Frische
ihren 87. Geburtstag. Möge der Jubilarin, die noch an allen Tagesfragen
regen Anteil nimmt, ein ruhiger und angenehmer Lebensabend beschieden sein." |
70. Geburtstag von Sophie Levi
(1929)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Oktober 1929: "Freudental. Frau
Sophie Levi durfte am 25. September im Kreise ihrer Angehörigen ihren
70. Geburtstag feiern. Die Kreise Jubilare erfreut sich noch größter
Rüstigkeit. Mögen ihr noch viele glückliche Lebensjahre beschieden sein." |
Zum 90. Geburtstag von Fanny
Levi (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1929:
"Freudental bei Besigheim, 25. November (1929). Frau Fanny Levi
feiert am 27. November ihren 90. Geburtstag. Die greise Jubilarin wird an
diesem Tage die Glückwünsche sowohl der israelitischen als auch der
politischen Gemeinde empfangen. Frau Fanny Levi erfreut sich noch guter
Gesundheit und einer erstaunlichen geistigen Frische. Leider wird ihr
Lebensabend durch das jahrelange Siechtum und den vor kurzem erfolgten Tod
ihrer Tochter Jette Neu verdüstert. Wir wünschen Frau Levi einen frohen
Lebensabend." |
|
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. November 1929: |
|
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1929: "Freudental.
Frau Fanny Levi beging am 27. November ihren 90. Geburtstag. Im Namen des
Israelitischen Oberrats überreichte Lehrer Warscher der greisen Jubilarin
ein Glückwunschschreiben nebst einem Geschenk. Ebenso gratulierte er im
Auftrag der Israelitischen Gemeinde Freudental. Schultheiß Schmid
überbrachte die Glückwünsche der politischen Gemeinde. Frau Fanny Levi wurde
anlässlich ihres Geburtstages von allen Seiten reich geehrt. Nur dadurch
wurde die allgemeine Freude getrübt, dass ihre Tochter, Frau Jette Neu,
nach langem Siechtum wenige Tage vorher aus dem Leben geschieden ist." |
Zum Tod von Fanny Levi (1930)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. November 1930: "Freudental.
Kurz vor der Feier ihres 91. Geburtstages verschied hier in der Nacht zum 2.
November die unter dem Namen 'Vogele' weitbekannte und vielgeehrte Frau
Fanny Levi. Wahre Frömmigkeit, unerschütterliches Gottvertrauen und
ungewöhnliche Energie und Tüchtigkeit schufen der Entschlafenen, ungebrochen
von härtester Arbeit und schwersten Schicksalsschlägen, ein wohlverdientes
Alter. Und dass dies Alter ein schönes ward, dazu trug ihre selten frisch
gebliebene Geistes- und Gedächtniskraft — konnte das 'Vogele' doch über
Vergangenes und Gegenwärtiges mit gleicher bewunderungswürdiger Einsicht
Auskunft geben — nicht minder bei, wie das Bestreben ganz Freudentals und
insbesondere der Israelitischen Gemeinde, der Hochbetagten einen wirklich
schönen Lebensabend zu bereiten. Welcher Beliebtheit und Popularität sich
die Verstorbene erfreute, kam besonders zum Ausdruck, als bei dem Begehen
ihres 90. Geburtstages sich groß und klein, nah und fern zusammenschlossen.
um diese seltene Feier für sie zu einem wahren Ehren- und Freudenfest zu
gestalten. Wer Frau Fanny Levi kannte, wird sie nie vergessen. Ein
herzliches Gedenken ist ihr überall gewiss!" |
Als Nachfolger des verstorbenen Salomon Stein wird Kaufmann Isak Stein
(Mühlacker) in das Vorsteheramt gewählt
(1930)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Oktober 1930: "Freudental. Bei
der Ersatzwahl zum Israelitischen Vorsteheramt für den hier verstorbenen
Salomon Stein wurde Kaufmann Isak Stein in
Mühlacker gewählt." |
Zum
Tod von Rosa Adler geb. Marx (aus Freudental, gest. in München 1931)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1931:
"München, 16. Februar (1931). Am Rüsttage des Neumondes Adar ist
eine der markantesten jüdischen Frauen Deutschlands in ein besseres
Jenseits abberufen worden. Frau Rosa Adler geb. Marx ist nach längerer
Krankheit im 77. Jahre ihres der Tora und den Geboten gewidmeten
Lebens ihrem vor 9 Jahren dahingegangenen Manne Adolf Adler gefolgt. Ihr
Leben war buchstäblich der Tora und den Geboten gewidmet (noch in
den letzten Tagen ihrer schweren Krankheit lehrte sie ihre Enkelkinder
Chumesch; als Tochter des o seiner großen Frömmigkeit und einer hohen
sozialen Stellen allgemein geachteten Leb Marx aus Freudenthal (später
Stuttgart) hat sie den unbeugsamen Sinn ihres Vaters geerbt und betätigt,
wo es sich um Aufrechterhaltung der Jüdischkeit handelte. Sie hat im
Leben auch schwere Zeiten mitgemacht, aber mit seltenem Willen und
Opfermut es durchgesetzt, dass alle ihre 11 Kinder ein jüdisches Leben in
ihrem und ihres Mannes Sinne leben, und auch, dass keines von ihnen trotz
größter Versuchung durch ihre ausgedehnten geschäftlichen
Unternehmungen z.B. auch nur daran gedacht hat, den ... auch nur zu
verkürzen. Von der ungeheuren Willenskraft und Energie zeugt am besten
der Umstand, dass Frau Rosa Adler den ganzen Tanach (Bibel) so
beherrschte, dass sie wohl - als Frau eine ganz vereinzelte Erscheinung -
jeden Bibelvers auswendig mit Kapitel und Verszahl zitierte, von ihrer
Intelligenz, dass sie ... vor die Größten hintrat und sie aufklärte,
vor Erzbischöfe so gut wie vor weltliche Machthaber. Dass diese seltene
Frau alle anderen jüdischen Frauentugenden übte, dass sie wohltätig war
usw., braucht nicht erst hervorgehoben zu werden.
Möge ihr Verdienst uns allen und besonders ihren Kindern beistehen
und ihnen Kraft geben, in ihrem Sinne weiter zu leben und zu wirken. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Salomon Falk und Jakob Stein
(1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. April 1931: "Freudental. Nach
langem schwerem Krankenlager verschied im 66.Lebensjahre Salomon Falk.
Damit schloss das Leben eines Mannes, der weit über die Heimatgrenzen hinaus
verehrt und geschätzt wurde. War doch unbedingte Geradheit der
hervorragendste Charakterzug seines Wesens. Diese Gesinnungstüchtigkeit
bezeugte der Verstorbene nicht nur im Geschäftsleben, sondern auch in seiner
Amtstätigkeit als (Gemeindevorstand und Gemeindepfleger. Jahrzehntelang
betreute er unsere Gemeinde mit vorbildlicher Gewissenhaftigkeit. In unserer
immer mehr zusammenschmelzenden Gemeinde hinterlässt Salomon Falk eine
unausfüllbare Lücke. Sein Andenken wird nie erlöschen.
Freudental. Unser langjähriges Gemeindemitglied Jakob Stein,
der seinen Lebensabend bei seiner Tochter in
Ludwigsburg verbrachte, wurde vor
kurzem unter großer Anteilnahme hier zu Grabe getragen. Das Andenken des
trefflichen Mannes wird stets in Ehren gehalten werden." |
Zum Tod von Jette Manasse
(1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. Oktober
1931: "" |
Zum Tod von Auguste Marx
(1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Dezember 1931: "Freudental. Am 8.
Dezember verschied Frl. Auguste Marx an den Folgen eines kurz vorher
erlittenen Unglücksfalles im 77. Lebensjahre. Der ebenso fleißigen wie
bescheidenen Frau wird in unserer immer mehr zusammenschmelzenden Gemeinde
stets ein treues Andenken bewahrt bleiben." |
Zum Tod von Gemeindevorstand und Gemeinderat Josef Jordan
(1932)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Januar 1932: |
Sigmund Lasar feiert sein 25-jähriges Dienstjubiläum als Synagogenverwalter
(1934)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. April 1934: "Freudental. Am 1.
April feierte Synagogenverwalter Sigmund Lasar sein 25jähriges
Dienstjubiläum. Als Gabriel Berlinger am 1. April 1909 sein Amt
niederlegte. wurde es Lasar übertragen. Seit Oktober des folgenden Jahres
versah er auch den Vorbeterdienst in ausgezeichneter Weise und hat auch
während dieser Zeit in Zaberfeld
wiederholt Religionsunterricht erteilt. Im Jahre 1926 übernahm der Jubilar
auf Ersuchen des Vorsteheramts die Schechitah: auch heute noch ist er als
Vorbeter vertretungsweise tätig. Mit herzlichen Worten schilderte
Amtsrichter Dr. Einstein vom Israelitischen Oberrat, der mit dem
Gemeindeleben Freudentals innig verbunden ist. die großen Verdienste Lasars
um die Erhaltung des religiösen Lebens in der Gemeinde. Lehrer Meisner
würdigte im Auftrag des Vorsteheramts die pflichtgetreue Tätigkeit des
Jubilars, dem auch wir unsere herzlichsten Wünsche entbieten." |
Anzeigen in
jüdischen Periodika aus/zu Freudental
Stellengesuch für einen Lohgerbergesellen (1862)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Juli 1862: "Stelle-Gesuch.
Ein Lohgerbergeselle israelitischer Konfession sucht Beschäftigung, am
liebsten in einer größeren Gerberei, welche ihm Gelegenheit böte, sich
in seiner Profession noch tüchtig zu vervollkommnen. An Sabbat- und
jüdischen Festtagen jedoch müsste er vom Arbeiten dispensiert werden.
– Nähere Auskunft erteilt auf frankierte Anfragen Rabbiner Haas in
Freudental (Württemberg)." |
Werbung für eine Mazzen-Maschine (1863)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1863: "Freudental
in Württemberg.
Eine Mazos-Maschine, fast noch neu, welche von einem
einzigen Mann leicht getrieben werden kann, nebst allem Zubehör verkauft
wegen Aufgabe dieses Geschäftszweiges um annehmbaren Preis
M.H. Marx,
Bäckermeister." |
Spendensammlung für "abgebrannte Familie"
(1866)
Anmerkung: Der aus Freudental stammende, seit 1864 in Würzburg
tätige Seminarlehrer Ludwig Stern (siehe Artikel oben) sammelte auch von
Würzburg auch für seine Heimatgemeinde.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1866: "Für die
abgebrannte Familie in Freudental habe ich infolge meiner in diesen
Blättern ausgesprochenen Bitte erhalten: a. Aus Würzburg: von Madame H.
Frank gesammelt 12 fl., Madame Fleischmann 1 fl. 45 kr., Madame Rosenthal,
Witwe 1 fl., Madame Levi, Witwe 1 fl., Herrn S.E. Oppenheimer 3 fl. 30
kr., L.E. Oppenheimer 2 fl., Kramer 2 fl., Rosenthal sen. 10 fl.,
Rosenthal, Kfm. 12 fl., A. Schwabacher 2 fl., Lehrer Blum 3 fl. 30 kr.,
Heimann 30 kr., D.H. Oppenheimer 3 fl. 42 kr., Herzfelder und Kohn 6 fl.,
Hommel 1 fl., Lehrer Lindner 30 kr., Dr. Braunschweig 30 kr.,
Rabbinatskandidat Unna 1 fl., Seminarlehrer Schlenker 1 fl. 45 kr.,
Seminarlehrer Weisbart 30 kr., Sopher Maier 30 kr., Sopher Weisbart 30
kr., Henneberg 1 fl. 45 kr., Dr. Fränkel 35 kr., Kaufmann Schlenker 1
fl., Ungenannte zusammen 6 fl. 30 kr.
b. Von Auswärtigen: E. R. Rosenbaum in Zell 2 fl., M. Rosenbaum das. 1
fl., Ungenannter in Höchberg 2 fl., Julius Hoff in Köln 4 fl. 15 kr.,
Ungenannter das. 3 fl. 51 kr., Ahron Uhlmann in Oberdorf 2 fl. 30 kr.,
Goldschmidt in Heidingsfeld 30 kr., Lehrer Levi in Euerbach 1 fl. 45 kr.,
S. Jonas in Mergentheim 1 fl. 45 kr., Eisenmann in Marktbreit 5 fl., Adler
in Markelsheim 24 kr., Juda Weinberger in Gersfeld 1 fl., Wolfgang
Niederhofheim in Frankfurt a.M. 2 fl., Wolf Sauer in Tauberbischhofsheim 5
fl. 15 kr., aus Oberthulba 1 fl. 16 kr., Emanuel Kleemann in Werneck 2
fl., Sternberger in Ulm 1 fl. 45 kr., aus Ederheim 1 fl. 30 kr. W.R.
Hellmann in Ebelsbach 1 fl. 45 kr., Zusammen 120 fl. 57 kr.
Indem ich den Empfang obiger Beiträge hiermit dankend bescheinige,
erflehe ich den Segen des Himmels für die edeln Spender. Würzburg, 25
Sivan 5626. L. Stern, Seminarlehrer." |
Koschere Zichorien
(1867 / 1869)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1867: "Koscher-Zichorien-Niederlage
zu Freudental in Württemberg. In der bestrenommierten Zichorien-Fabrik
des Herrn Heinrich Franck in Vaihingen an der Enz wird Koscher-Zichorien
von vorzüglichster Qualität unter streng-jüdischer Aufsicht fabriziert,
von welcher Ware Unterzeichnete an hiesigem Orte eine Niederlage hält.
Reellste Bedienung nebst Fabrikpreisen wird den verehrlichen Kunden
zugesichert. Hayum Stern.
Bei der Fabrikation obiger Zichorien wird der streng-religiösen
Anforderung genügt; auch verdient Herr Stern in dieser Rücksicht als
glaubwürdiger Mann das unbedingteste Vertrauen. Dieses bezeugt der
Wahrheit gemäß der Bezirksrabbiner M. Haas. Freudental, im Juli
5627." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1869: "Freudental
(Württemberg).
Empfehlung. Den unter der Aufsicht des königlichen württembergischen
Rabbinats Freudental von der berühmten Cichorien-Fabrik von Heinrich
Frank Söhne in Ludwigsburg gefertigten Löwenkaffee in Rosapapier mit
Koscher-Briefchen, empfehle ich dem verehrlichen jüdischen
Publikum und besonders den Herren Wiederverkäufern als das Beste, was in
dieser Art fabrikziert werden kann, zu den billigsten Preisen en gros
& en detail. H. Stern.
Bezüglich der Koscher-Fabrikation obiger Cichorien bezeuge ich,
dass dieselbe streng überwacht und beaufsichtigt wird. Freudental, 1.
Dezember 1869. Rabbiner Haas." |
Warnung vor nicht koscherer Zichorie (1870)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1870: "Warnung.
Die echt weit bekannte Koscher-Zichorie von Herrn Heinrich Frank Söhne in
Ludwigsburg wird unter Aufsicht der unterzeichneten Stelle in
Stellvertretung eines glaubwürdigen Mannes gefertigt und mit
Koscher-Attest in versiegelten Kosten versandt. Es hat nun ein uns
gänzlich unbekannter Fabrikant, namens J.A. Röhrig, sich nicht gescheit,
unsere Koscher-Etikette buchstäblich nachdrucken zu lassen und seine
Pakete damit zu umgeben. Man kann nicht umhin, diesem Beginnen mindestens
mit einer Warnung vor dem Gebrauche dieser angeblichen Koscher-Ware
entgegen zu treten und zugleich darauf aufmerksam zu machen, dass die
echte Koscher-Zichorie von H. Frank Söhne nicht nur auf der
Etikette, sondern auch auf dem Umschlag den Namen Heinrich Frank Söhne,
Ludwigsburg, tragen muss, was bei der unechten, nachgemachten nicht der
Fall ist. Freudental, Königlich Württembergisches Rabbinat W.
Haas." |
Anzeige - Suche eines Hilfsvorbeters (1877)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1877: "Unterzeichnete
Gemeinde sucht einen Hilfsvorbeter für Rosch Haschana und Jom
Kippur.
Bewerber wollen sich wenden an das Israelitische
Kirchenvorsteheramt, Freudental, Württemberg." |
Hilferuf für bedrängte Familie (1889)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1889: "Hilferuf!
(hebräisch und deutsch):
'Heil dem, der sich des Armen erbarmt, am Tage
des Unglücks rettet ihn der Herr.’ Freudental bei Stuttgart, 17. Januar
1889. Für eine sehr bedrängte israelitische Familie auf dem Lande, deren
Ernährer leider schon seit Jahren in einer Irrenanstalt sich befindet,
während die Mutter jüngst aus dieser Welt angerufen wurde, werden edle
Menschen um gütige Unterstützung gebeten, da das vorhandene kleine
Vermögen durch die an die Anstalt zu zahlenden Kosten aufgezehrt wurde
und die drei unversorgten Kinder im Alter von 3-6 Jahren aller Mittel
entblößt wären. Zur Empfangnahme von Gaben ist gerne bereit Hirsch
Löwe, Freudental. F.M. Kahn, Stuttgart. Auch die Expedition dieses
Blattes ist gern bereit, Gaben in Empfang zu nehmen und
weiterzubefördern." |
Lehrstellengesuche (1892)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1892: "Freudental in
Württemberg.
Für einen 19jährigen kräftigen Burschen, der das
Metzgerhandwerk erlernt hat, suche Stelle bei einem Viehhändler; für
einen Knaben, der das Schneiderhandwerk erlernen will, suche Lehrstelle.
Schullehrer Friedmann." |
Neujahrsgrüße von Sigmund Lasar (1926)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1926: "Ich
wünsche allen Freunden, Verwandten und Bekannten ein gesegnetes neues Jahr
Sigmund Lasar Freudental
Oberamt Besigheim Württemberg." |
Anzeige von Frau Blum
(1927)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1927: |
Moritz Blum empfiehlt
sich als Vorbeter (1929)
Anzeige
im "Israelitischen Familienblatt" vom 5. September 1929: "Guter Vorbeter
mit angenehmem Bariton, im Chasonus bewandert, sucht an den hohen Feiertagen
vorzubeten. Nur Süd- oder Mitteldeutschland. Beste Referenzen vorhanden.
Offerten sind zu richtigen an
Moritz Blum Freudental (Württemberg)." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Louis Ohlmann (= Ullmann) (gest. 1886)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.
Wahrscheinlich handelt es sich (Auskunft von Steffen Pross, Ludwigsburg vom
25.9.2013) um Löb Ulmann, geb. 15. Juli 1833 in Freudental als Sohn von
Kusiel Löb Ulmann (1804-1877) und der Brendel geb. Levi (1805-1879). Löb
Ulmann war wie seine Geschwister Hanna und Immanuel nach Nordamerika
ausgewandert.
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Grabstein
für "A beloved husband and father.
In memory of Louis Ohlmann
A native of Freudenthal Württemberg
Died April 19th 1886 (4th nisan 5646)
aged 52 years.
May his soul rest in peace." |
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