Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Freudental (Kreis Ludwigsburg)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte des Ortes

Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Freudental wurden in jüdischen Periodika gefunden.  
  
Übersicht:  

bulletAllgemeine Artikel    
Über die Gründungszeit der jüdischen Gemeinde in Freudental (Beitrag von Rabbiner Dr. Tänzer, 1934) 
Über den Huldigungseid der Juden in den neuwürttembergischen Orten im Jahre 1807 (Artikel von Rabbiner Dr. Tänzer von 1926)   
Aus einem Reisebericht von 1851    
Bericht über die jüdische Gemeinde (1863)   
Orthodoxe Stuttgarter Juden kommen zu den Hohen Feiertagen nach Freudental (1863)    
Allgemeine Beiträge zur 200-jährigen Geschichte der Gemeinde Freudental (1931
Der letzte jüdische Lehrer in Freudental Simon Meisner schreibt 1938 einen Beitrag zur jüdischen Geschichte Freudentals (1938)   
bulletZur Geschichte des Rabbinates Freudental  
Rabbiner Josef Maier Schnaittach und seine Bibliothek (Artikel von 1929)  
Besuch bei Rabbiner Seligmann Grünwald in Freudental (1851) und weitere Notizen   
-  Zum Tod von Rabbiner Seligmann Grünwald (1856)  
-  Bücher aus dem Nachlass von Rabbiner Grünwald werden zum Verkauf angeboten (1856)   
-  Ausschreibung des Rabbinates Freudental (1857)   
-  Zur schwierigen Besetzung der Rabbinate in Württemberg um 1860   
-  Zum Tod von Rabbiner Joseph Maier Schnaittacher (Bericht im "Israelit", 1861)   
-  Zum Tod von Rabbiner Joseph Maier Schnaittacher (Bericht in der AZJ, 1861) 
-  Jüdisch-deutsche Selichoth-Ausgabe aus der Bibliothek des Rabbiners Joseph Maier Schnaittach - Artikel von 1930  
Bericht von der Beisetzung des Rabbiners Haas (1887)     
bulletAus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule   
-  Die jüdische Gemeinde erhöht den Lehrergehalt und wird dafür gelobt (1861)   
-  Lehrer Ludwig Stern - 1860 bis 1864 Lehrer in Freudental - wird 1. Lehrer/Direktor an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg an (1864)   
-  Wiederbesetzung der Lehrerstelle durch Lehrer Emanuel Rothschild (1868)    
-  Abschied von Lehrer Kahn (1891)    
-  Zum Tod von Oberlehrer Alexander Elsässer (1893)   
Hauptlehrer Wochenmark ist als Lehrer in Crailsheim ernannt worden (1920) 
Abschied von Lehrer Preßburger in Creglingen - 1877 Lehrer in Freudental (1929)  
Wiedereröffnung der Israelitischen Privatschule (1935)    
bulletAus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
-  Gründung eines Wohltätigkeitsvereines (1856) 
D
er Rabbiner und der Lehrer werden von den religiösen Vereinen unterstützt (1859)   
Konfirmationsfeier (Nachfeier für zwei Kinder) in der Synagoge durch Rabbiner Haas (1869)  
Treffen der Ortsgruppe des "Verbandes der Sabbathfreunde" in Freudental (1909)   
Predigt und Vortrag von Bezirksrabbiner Dr. Beermann aus Heilbronn (1926)   
Festsetzung der Rabbinatsbeiträge (1926)  
Vortrag von Bezirksrabbiner Dr. Beermann aus Heilbronn (1927)  
Gemeindeabend mit Ansprache, Theaterstück u.a.m. (1929)  
Vortrag von Lehrer Warscher im Saal der evangelischen Volksschule (1929)  
Purimfeier der jüdischen Jugend mit der Gemeinde (1930)  
Eine zunächst geplante 200-Jahrfeier zur Freudentaler Judenordnung wird vorläufig verschoben (1931)  
Gemeindebesuch von Bezirksrabbiner Dr. Tänzer aus Göppingen sowie Vortrag von Rabbiner Mayer (1933)  
Wechsel im Vorsitz des Israelitischen Frauenvereins von Klara Jordan zu Sidonie Herrmann (1935)  
Vortrag von Heinz Koch (Heilbronn) (1935)   
bulletBerichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
 Löb Rosenstein vermacht der Gemeinde einen Betrag zur Armenunterstützung (1867)   
-  Spende von Vorsteher Moses Löwe für die Armen im Heiligen Land (1865)   
Zum Tod von Lehmann Maier (1869)  
-  Lob der Opferfreudigkeit der Gemeinde und Tod des Kusiel Uhlmann (1877)    
-  Wiederwahl der jüdischen Gemeinderäte Hermann und Löwe (1887)    
-  50jähriges Jubiläum von Israel Herrmann als Rechner und Stiftungspfleger der Gemeinde (1889)    
-  Jubiläumsfeier für Israel Herrmann (1889)    
-  Auszeichnung für Israel Hermann (1889)    
-  Zum Tod von Hirsch Loewe (1900)    
-  Wahl von Dr. Levi zum Oberrabbiner in Krefeld (1904)   
-  Zur Goldenen Hochzeit von Abraham L. Wertheimer und Pauline geb. Stern ( 1909)   
80. Geburtstag von Max B. Marx (1926)  
Zum Tod von Wolf Blum, langjähriger ehrenamtlicher Vorbeter und Schochet (1926) 
Goldene Hochzeit von Jakob Levi und Lina geb. Marx (1926 in Cannstatt)  
87. Geburtstag von Fanni Levi (1926)  
70. Geburtstag von Sophie Levi (1929)   
Zum 90. Geburtstag von Fanny Levi (1929)  
Zum Tod von Fanny Levi (1930)  
Als Nachfolger des verstorbenen Salomon Stein wird Kaufmann Isak Stein (Mühlacker) in das Vorsteheramt gewählt (1930)  
Zum Tod von Rosa Adler geb. Marx (aus Freudental, gest. in München 1931)    
Zum Tod von Salomon Falk und Jakob Stein (1931)  
Zum Tod von Jette Manasse (1931)  
Zum Tod von Auguste Marx (1931)  
Zum Tod von Gemeindevorstand und Gemeinderat Josef Jordan (1932)  
Sigmund Lasar feiert sein 25-jähriges Dienstjubiläum als Synagogenverwalter (1934)   
bulletAnzeigen in jüdischen Periodika aus/zu Freudental  
-  Stellengesuch für einen Lohgerbergesellen (1862)   
-  Werbung für eine Mazzen-Maschine (1863)  
-  Spendensammlung für "abgebrannte Familie" (1866)   
-  Koschere Zichorien (1867 / 1869)    
-  Warnung vor nicht koscherer Zichorie (1870)   
-  Anzeige - Suche eines Hilfsvorbeters (1877)    
-  Hilferuf für bedrängte Familie (1889)    
-  Lehrstellengesuche (1892) 

Neujahrsgrüße von Sigmund Lasar (1926) 
 
Anzeige von Frau Blum (1927)  
Moritz Blum empfiehlt sich als Vorbeter (1929)    
bulletSonstiges  
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein in New York für Louis Ohlmann (= Ullmann) (gest. 1886)  

    
    
Allgemeine Artikel        
Über die Gründungszeit der jüdischen Gemeinde in Freudental (Beitrag von Rabbiner Dr. Tänzer, 1934)            

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. November 1934: "Die Gründungszeit der Israelitengemeinde in Freudental. Von Bezirks-Rabbiner Dr. Tänzer, Göppingen.
Das Gründungsjahr dieser zweitältesten, seit mehr als 200 Jahren ununterbrochen bestehenden jüdischen Gemeinde in Württemberg ist bisher noch nicht mit Sicherheit festzustellen gewesen. Allgemein (Anm.1) nahm man an, dass der vom 1. Oktober 1731 datierte, gewöhnlich als 'Freudenthaler Juden-Ordnung' (Anm.2) bezeichnete Schutzbrief, den die Reichsgräfin v. Würben erteilt hatte, zugleich das Datum der Entstehung dieser Gemeinde enthalte, Im Jahre 1931 war deshalb auch die Feier des 200jährigen Bestehens dieser einst großen und angesehenen Gemeinde geplant gewesen, ist jedoch unterblieben. Paul Rieger (Anm.3) gibt als Gründungsjahr 1722 an. Ich habe in meiner 'Geschichte der Juden in Württemberg (Anm.4) bereits darauf hingewiesen, dass verschiedene Stellen im Wortlaut des Schutzbriefes, vornehmlich der Hinweis auf verliehene Privilegien aus dem Jahre 1729, die Annahme rechtfertigen, dass Juden schon vor 1731 in Freudental wohnten.
Nunmehr ist diese Frage endgültig gelöst, indem die Nachforschungen des Freudentaler Religionslehrers Simon Meisner im Staatsfilialarchiv in Ludwigsburg folgendes ergeben haben: In diesem Archive befinden sich 72 Judenakten über Freudental, welche das Oberamt in Besigheim vor einigen Jahren dahin übergeben hat. Gleich das erste Aktenstück stellt das Gründungsjahr fest. Nach diesem sind im Jahre 1723 die ersten Juden nach Freudental gekommen, und zwar aus Flehingen in Baden. Die Urkunde ist vom 8. September 1723 datiert und bewilligt dem 'Selig­mann Wolfen aus Flehingen' mit seiner Familie und sechs weiteren Haushaltungen die Ansiedlung in Freudental gegen Entrichtung von Schutzgeld. Ein Schutzbrief scheint denselben nicht erteilt worden zu sein. Am 22. September 1723 wurde dann die Anlegung eines Friedhofes gegen Bezahlung von zwei Gulden gestattet. Unter den Juden in Freudental wird sich schon vor dem Jahre 1731 auch Lewin Fränkel befunden haben, da er im Schutzbriefe als 'allhiesiger Schutzfaktor' bezeichnet wird. Und wohl auf dessen Betreiben und wahrscheinlich auch, um das Herrscherrecht der Gräfin zu dokumentieren und ihre Einkünfte von den Juden zu steigern, ward dann 1731 der Schutzbrief erlassen, der die Verhältnisse der Freudentaler Judenschaft regelt und hohe Abgaben an die Herrschaft festsetzt. So eine sofortige Abgabe von 1000 Gulden, ein jährliches Schutzgeld von 19 Gulden pro Familie, einen jährlichen Grundzins von vier Gulden für den Friedhof usw. Ob die im Schutzbrief vom Jahre 1731 vorgesehenen 24 Familien aufgenommen wurden, erscheint fraglich, weil eine Judenzählung in Freudental, welche der Amtmann Pfisterer am 19. September 1738 im Auftrage des Herzogs vornahm, nur 19 Familien mit 101 Seelen ergab. Möglich, dass nach dem Sturze der Gräfin einzelne Judenfamilien Freudental verlassen haben oder verlassen mussten. Der allgemeine württembergische Ausweisungsbefehl vom 20. Februar 1740 traf auch die Freudentaler Juden. Doch wurde das Dekret später wieder zurückgenommen. 
Die Israel. Religionsgemeinde in Freudental kann daher heute auf einen ununterbrochenen Bestand von 211 Jahren zurückblicken. Ein Alter, in welchem sie nur noch von der Gemeinde Mergentheim übertroffen wird."  
Anmerkungen:  1) So auch Paul Tänzer, Rechtsgeschichte der Juden in Württemberg 1806-1828. Stuttgart 1922. S. 9ff.
2) Erstmalig veröffentlicht bei Paul Tänzer a.a.O. S. 83ff.
3) Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg. 1932. S. 27.
4) Als Manuskript beim Israelitischen Oberrat in Stuttgart S. 10.      
  

         
Über den Huldigungseid der Juden in den neuwürttembergischen Orten im Jahre 1807 (Artikel von Rabbiner Dr. Tänzer von 1926)         

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. September 1926: "Der Huldigungseid der Juden in den neuwürttembergischen Orten im Jahr 1807. Von Rabbiner Tr. Tänzer, Göppingen.
Zu den 534 Juden in Altwürttemberg kamen bekanntlich mit den bis 1806 erworbenen Gebieten Neuwürttembergs 4884 weitere, die in 50 bisher den verschiedensten Herrschaften angehörenden Orten wohnten. Über die Art und Weise, wie die Vereidigung dieser Juden durch die württembergische Regierung vorgenommen wurde, ist bisher nichts bekannt geworden. Eigentümlicher Weise finden sich Aufzeichnungen hierüber sogar in den noch vollständig erhaltenen Archiven jüdischer Gemeinden aus jener Zeit, ich denke hierbei z. B. an Jebenhausen, deren Vorsteher eine für den Historiker erfreuliche Schreibseligkeit betätigten, nicht vor. Das Archiv der Ortsgemeinde Jebenhausen ist 1904 durch Feuer leider vernichtet worden. Nur in den 'Akten der Oberregierung' hat sich in einem Berichte eines Huldigungskommissars an den König Friedrich eine Darstellung des Huldigungsaktes erhalten.
Eine Resolution des Königs Friedrich vom 9. Dezember 1806 hatte verfügt, dass die Huldigung durch die Juden in der Weise vorzunehmen sei, wie dies durch die Juden früher schon in den altwürttembergischen Orten geschehen war. Der Präsident der Oberlandesregierung v. Reischach sucht vergebens nach näheren Aufzeichnungen und erhält am 24. Dezember die Auskunft, dass ausführlichere Angaben hierüber nicht vorhanden seien. Man wisse nur, dass die 14 Judenfamilien in Zaberfeld im Jahre 1795 besonders beeidigt worden seien. In Freudental sei dies 1794 gemeinsam mit der christlichen Einwohnerschaft geschehen. In Gochsheim habe der Kommissar 1794 und 1798 die Juden auf das kleine Ratsstüble kommen lassen und ihnen dort das Handgelübde an Eidesstatt abgenommen.
Eine weitere königliche Verordnung bestimmte hierauf, dass man sich der gewöhnlichen Huldigungsformel bedienen und sich, 'um den Weitläufigkeiten auszuweichen, welche mit der körperlichen Beeidigung der Juden verbunden sind', auf Abnahme der Handtreue an Eidesstatt beschränken solle. Im Jahre 1807 fand dann diese Huldigung in den neuwürttembergischen Judengemeinden statt. In der Regel fungierte der zuständige Kreishauptmann als Huldigungskommissar. Dass die Juden in eifrigster Weise bemüht waren, den Huldigungsakt zu einem möglichst feierlichen zu gestalten, geht aus einem sehr ausführlichen Berichte vom 7. Mai 1807 hervor, welchen der Ehinger Kreishauptmann v. Arand dem König erstattete, nachdem er die Huldigung in Buchau a. F. mit Anschluss von Kappel am 29. April und in Laupheim am 3. Mai 1807 vorgenommen hatte.
Er sagt da u. a.: 'Die Judenschaft zu Buchau, vereinigt mit jener zu Kappel, hatte durch die Feierlichkeitsveranstaltungen gezeigt, mit welcher Herzlichkeit und Attachement sie Eurer Königlichen Majestät Treue und Gehorsam gelobe.' Die Männer waren alle schwarz gekleidet. Die Vorsteher, in schwarze Mäntel gehüllt, holten den Huldigungskommissar in seinem Absteigequartier ab. Vor der Synagoge kam der Rabbiner (wohl Maier Wolf aus Kleinerdlingen) mit einer Torarolle im Arm der Kommission entgegen, die dann unter einem Himmel in die Synagoge geleitet wurde. Hier hielt der Kommissar eine Ansprache, 'zeigte ihnen, was für ein glückliches Los die Vorsehung über sie und uns alle geworfen habe, unter dem Szepter Eurer Majestät, des gerechten und weisen...  "         
Königs gekommen zu sein,' sprach dann noch Einiges über die Pflichten des Untertans, las hierauf die Huldigungsformel vor, welche die Vorsteher nach abgelegter Handtreue unterschrieben. Sodann las einer der Vorsteher eine Danksagung vor, der Rabbiner sprach ein Gebet mit abschließendem Segen, auch wurden noch einige Psalmen aus den König gesungen, worauf die Kommission in gleicher Weise wie beim Einzuge die Synagoge verließ. In gleicher Art verlief die Feier auch in Laupheim, nur dass hier das Gebet für den König in sehr schöner Schrift auf einer Tafel in der Synagoge aufgehängt wurde. Der Kommissar schließt seinen Bericht mit den Worten: 'Beide Judengemeinden haben daher Beweise von alleruntertänigster Anhänglichkeit und Devotion gegeben, dass sie des allergnädigsten Schutzes Eurer Königlichen Majestät würdig sein dürften.'
Die dem Berichte beigefügte Huldigungsformel hatte folgenden Wortlaut: 'Ihr werdet dem allerdurchlauchtigsten und großmächtigsten König und Herrn Friedrich von Gottes Gnaden König von Württemberg usw. als Eurem nunmehrigen allergnädigsten König, Erblandesfürsten und Herrn an Eidesstatt durch Handtreue feierlich geloben: Seiner Kgl. Majestät in allem getreu, hold und gewärtig zu sein; Allerhöchst deren Nutzen und Frommen zu fördern, Schaden zu warnen und nach bestem Vermögen zu wenden. Überhaupt aber alles dasjenige zu tun, was getreue und gehorsame Untertanen ihrem allergnädigsten König und Herrn zu tun schuldig und pflichtig sind. Auch darauf nunmehr Eure aufrechte und redliche Erbhuldigung erstatten. Alles getreulich und ohne Gefährde.' - Hierauf wurde allen männlichen Geschlechts vom 16. Jahre an aufwärts die Handtreue abgenommen, und zu dessen Bestätigung haben die Vorsteher namens der beiden Gemeinden dieses unterschrieben."
Für Buchau unterschrieben die Vorsteher: 'Hirschle Marx und Leopold Einstein im Namen Bernhard Moses, welcher nicht deutsch schreiben kann."
Für Kappel unterschrieben die Vorsteher: Abraham Kohn, Kusel Einstein.
Für Laupheim unterschrieben die Vorsteher: Samuel Nathan, Vorgesetzter zu Groß-Laupheim. Abraham Jakob Levi, Vorgesetzter zu Klein-Laupheim.
Die in Buchau verlesene und dem Könige, ebenso wie das Gebet des Rabbiners, vorgelegte Danksagung hatte folgenden Wortlaut:
,Hochwohlgeborener Herr Kreishauptmann! In Gottes Allgegenwart und vor dessen Heiligtum haben nun die beiden Judengemeinden in Buchau und Kappel Seiner Majestät dem König von Württemberg, unserem allergnädigsten König, die Pflichten der Unterwürfigkeit und unverbrüchlichen Treue feierlich gelobet. Heilig, wie das von unseren Urvätern ererbte Gesetz Gottes, sollen uns allen von nun an die gegen unseren allergnädigsten König angelobten Pflichten bleiben. Euer Hochwohlgeboren als allergnädigst ernannten Huldigungskommissar erstatten hiermit die beiden Judengemeinden Buchau und Kappel den schuldigsten Dank und bitten gehorsamst, Euer Hochwohlgeboren wollen die beiden Gemeinden der ferneren, allerhöchsten landesväterlichen Huld und Gnade Seiner Majestät unseres allergnädigsten Königs und Herrn alleruntertänigst empfehlen".     

         
Aus einem Reisebericht von 1851   

Freudental AZJ 20101851.jpg (79630 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Oktober 1851: "Aus der Reisetasche eines fahrenden Schülers aus Schwaben. Noch weitere historische Erinnerungen knüpfen sich der israelitischen Gemeinde Freudental an die Regierung des Herzogs Eberhard Ludwig, Vorgängers des Karl Alexander, der von 1677 – 1733 über Württemberg regierte. Ein mecklenburgisches Fräulein von Gräveniz, zum Schein einem Grafen von Würben angetraut, wusste der Herzog seit dem Jahre 1707 durch buhlerische Künste zu bezaubern und verbotene Liebe in ihm zu wecken. Sie wurde des Herzogs allmächtige Favoritin, sodass selbst die Herzogin, sich vor ihr fürchtend, vorzog, das Land zu verlassen. Die Gräveniz erhielt unter anderen reichen Gütern auch die Domäne Freudental vom Herzog zum Geschenk. Die Tochter des Bankiers der Gräfin, eines reichen Israeliten zu Amsterdam, vermählte sich mit dem damaligen Parnas zu Freudental, Ullmann, und die Gräfin verlieh dem Bräutigam zum Hochzeitsstrauß
Freudental AZJ 20101851a.jpg (203358 Byte)das Recht, Juden in Freudental aufzunehmen und wegzujagen. Dieses Recht erbte sich in dieser Familie auf mehrere Geschlechter fort und die Herren Parnasim machten von diesem Rechte oft umfassenden, absoluten Gebrauch, bis die jüdische Gemeinde, des passiven Widerstands müde, durch energische Repressalien von dieser aufgedrungenen Herrschaft sich emanzipierte. Ich werde, so Gott will, diese historischen Begebenheiten, immerhin für die Israeliten Württembergs interessant, in einer Monographie darzustellen versuchen. – Frommer Sitte gemäß besuchte ich die Gräber meiner Lieben auf dem stillen Friedhof, der idyllisch an einem Waldsaume gelegen, hinausschaut in das stille Tal; der Horizont ist von der Schwäbischen Alb begrenzt. Der alte Kaiserberg, das Monument des schwäbischen Kaiserhauses, der Hohenstaufen, lugt herüber zu den Gräbern der Entschlafenen Israels. Es drängten sich mir Reflexionen vom erloschenen Kaiserstamm und von der Fortdauer des gehetzten Häufleins Israel auf, die ich nicht weiter spinnen will, sondern dem Gedankenspiel des geneigten Lesers überlasse. – Die Grabsteine der Familie Benedikt sind schöne, einfach Monumente, die der fromme Sinn der Überlebenden den teueren Hingeschiedenen gesetzt hat. Schönere Monumente aber sind die reichen wohltätigen Stiftungen, die diese Familie in ihrem edeln Streben nach rettender Menschenliebe den lebenden und kommenden Geschlechtern aufbewahrt hat. Der Schwiegersohn des edeln Seniors dieser Familie, des Mäzen Moses Benedikt in Stuttgart, ist der Stifter und Vorsteher unseres Waisenvereins und Waisenhauses Wilhelmspflege Dr. Dreifuß. Es bedarf nicht der granitenen Mausoleen, um die Namen solcher Menschenfreunde den Nachkommen zu überliefern.
Des andern Morgens verließ ich Freudental, setzte mich in Besigheim unter den alten Römertürmen, aus deren Schießluken die Geister der alten Weltbezwinger staunend dem hinbrausenden Dampfrosse (sc. Eisenbahn), eingestehend, dass die Wissenschaft eine größere Macht sei, als die brutale Gewalt des Schwertes, in einen Waggon des Eisenbahnzuges und sah wieder lauter orientalisch geschnittene Profile, die zur Tuchmesse nach Stuttgart zogen. Hatte ich aber beim Beginn meiner Reise meine der westlichen Hemisphäre zuziehenden jüdischen Weggefährten ihres ärmlichen Aufzuges wegen zu bemitleiden, so sah ich jetzt an meinen Stammesgenossen wohl auch einen Druck, aber nur den, den ihre strotzenden Geldkatzen auf ihre Lenden übte….

     
Bericht über die jüdische Gemeinde (1863)  

Freudental Israelit 04031863.jpg (142291 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. März 1863: "Karlsruhe. In erfreulichem Gegensatze zu den von Ihnen kürzlich geschilderten Verhältnissen israelitischer Gemeinden Württembergs kann ich Ihnen eine solche bezeichnen, die vermöge des dort herrschenden echt religiösen Lebens wohl genannt zu werden verdient. Es ist dies die Gemeinde Freudenthal. 
Einsender dieser Zeilen hatte kürzlich Veranlassung, einige Tage sich dort aufzuhalten und muss gestehen, dass ihn der dort herrschende und fast alle Schichten der israelitischen Bevölkerung durchdringende Geist echter Religiosität sehr wohltuend angeweht hat. Dort findet man den Morgen- und Abendgottesdienst täglich sehr zahlreich besucht. Der Religionsunterricht ist zuverlässigen Händen anvertraut, wobei wohl bemerkt werden darf, dass der durch lockende auswärtige Anerbieten befürchtete Abgang des würdigen Lehrer Herrn Stern durch ansehnliche Opfer von Gemeindemitgliedern abgewendet und dieser Mann der Gemeinde erhalten werden konnte. Endlich wird dort die Wohltätigkeit reichlich und im Sinne unserer frommen Väter geübt, wofür als einzelner Beleg statt vieler der Umstand dienen kann, dass diese Gemeinde kürzlich die bedeutende Summe von 150 Gulden als Spenden für unsere armen Glaubensbrüder im Heiligen Lande, denen noch außerdem 30 Gulden für Pilgerwohnungen beigefügt waren, dem Generalagenten Palästinas für Baden und Württemberg Herr B. H. Wormser in Karlsruhe übermacht worden sind. Ehre dieser Gemeinde, die in so erhebender Weise ihren Wohltätigkeits- wie zugleich echt religiösen Sinn zu betätigen versteht. Raphael Wormser". 

    
Orthodoxe Stuttgarter Juden kommen zu den Hohen Feiertagen nach Freudental (1863)  

Freudental Israelit 07101863.jpg (181249 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Oktober 1863: "Freudental (Württemberg), 11. Tischri. Auch dieses Jahr hatte sich wieder eine ansehnliche Anzahl Stuttgarter bei uns eingestellt, um die hohen Feste mit uns nach der frommen Vätersitte zu feiern, und um dem Ärger zu entgehen, den jeder, in dem noch ein Rest des jüdischen Gefühles verblieben ist, empfindet, wenn er mit ansehen muss, wie Dutzende der andächtigen Tempelbesucher sich entfernen, um im Gasthofe die bei Strafe der Ausrottung gebotene Kasteiung zu üben. Unsere Gäste sind zwar meistens hier Geborene, welchen ihre fromme Erziehung und Gewöhnung noch Halt genug verleiht, um in der Flut des Stuttgarter religiösen Lebens nicht unterzugehen. Diesmal haben sie aber auch Herrn H., einen Urstuttgarter, welcher die neue Synagoge dort noch nie betreten hat, mitgebracht. Er ließ sind am Neujahrstag und an Jom Kippur zur Tora rufen und spendete bei dieser Gelegenheit außer dem hier sehr hohen Steigerungspreis der Alija 32 Gulden für wohltätige Zwecke, worunter 16 Gulden für die Armen des Heiligen Landes. Für diesen frommen Zweck dürften auch dieses Jahr mindestens 60 Gulden Spenden während der guten Tage eingegangen sein, der Betrag der Spenden überhaupt aber wenigstens auf 180 Gulden sich belaufen. Da auch die Wohltätigkeit gegen fremde und einheimische Arme hier einen sehr anerkennenswerten Graf erreicht hat, es werden hier von circa 50 bemittelten Familien jährlich mindestens 400 Gulden und 1.000 Kostanweisungen an fremde Arme gegeben, so kann man von der hiesigen Orthodoxie nicht sagen, dass sie bloß bis zum Geldbeutel reiche. Es steckt bei uns – Gott sei Dank – in mancher Gemeinde noch ein guter Keim, der sich zu edler Blüte entfalten würde, wenn die Gemeinden wieder mündig wären, und nicht das Kirchenregiment in Alles sich einmischte, selbst in die freiwilligen Chawerot (Wohltätigkeitsvereine) und Stiftungen. Wir hoffen aber, dass – wenn Gott will – das bald anders werden wird, der Ruf wird endlich zu den Ohren der besseren Jehudim Württembergs dringen und sie zum Kampfe für ihre Religionsfreiheit aufrütteln... Z. Segal."

        
Allgemeine Beiträge zur 200-jährigen Geschichte der Gemeinde Freudental (1931)            
Anmerkung: die zunächst auf den 18. Oktober 1931 festgelegte Jubiläumsfeier wurde "im Hinblick auf die Zeitverhältnisse" bzw. "im Hinblick auf die augenblicklichen Schwierigkeiten der Wirtschaftslage" auf einen günstigeren Zeitpunkt verschoben.    

Artikel im "Jüdischen Gemeindeblatt für die Israelitischen Gemeinden in Württemberg" vom 16. Juli 1931: "Freudental. Die hiesige israelitische Gemeinde, am 1. Oktober 1731 laut Schutzbrief gegründet, kann in diesem Jahre auf ein 200 jähriges Bestehen zurückblicken. Der Israelitische Oberrat hat gemeinsam mit dem hiesigen Vorsteheramt die Feier des Jubeltages auf 18. Oktober festgesetzt."    
 
Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 24. September 1931: "Freudental (Württemberg) (200jähriges Jubiläum der Gemeinde.) Am 1. Oktober kann die Israelitische Gemeinde Freudental auf ihr 200jähriges Bestehen zurückblicken. Am 1. Oktober 1731 nahm die Reichsgräfin von Würben, die damals die Herrschaft über Freudenthal führte und dort ihren Sitz genommen hatte, 28 jüdische Familien in den Schutz ihrer Herrschaft auf. Diese Gräfin von Würben ist unter dem Namen der 'Grävenitz' im damaligen Herzogtum Württemberg berüchtigt gewesen. Später musste sie Stuttgart und Ludwigsburg auf Betreiben der 'Landschaft' verlassen und zog sich nun nach ihrem reichsunmittelbaren Lehen Freudental zurück. Hier wurde sie durch den im Jahre 1731 ausgestellten Judenschutzbrief die Gründerin der jüdischen Gemeinde Freudental, wo wohl auch schon einzelne Juden einige Jahre zuvor sich aufgehalten haben dürften, während das Herzogtum Württemberg, in dem Freudental gelegen ist, den Juden schon seit dem Ende des 15. Jahrhunderts die Niederlassung versagt hatte. 1739 bei der Hinrichtung des 'Jud Süß' ist einer der Männer, der die letzten Stunden bei ihm verbringen dürfen, der damalige Rabbiner von Freudental. Die Gemeinde Freudental vergrößerte sich zusehends. Schon 1807 zählte sie trotz der in den Revolutionskriegen und in der Napoleonischen Zeit auch ihr auferlegten Kriegslasten über 200 Seelen. Ihre Blütezeit erreichte sie in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, damals zählte sie fast 400 Seelen, war Sitz eines Rabbinats, das erst 1887 und dem Namen nach erst 1912 aufhörte, und besaß eine öffentliche jüdische Volksschule, die zeitweise von nahezu 100 Kindern besucht wurde. Die eigene Schule hörte 1920 auf. Unter den württembergischen Gemeinden galt Freudental in religiöser Beziehung lange als eine der führenden; unter den früheren Rabbinern hatten Rabbiner Sender Elsässer und besonders Rabbiner Josef Schnaitach, der auch als Kabalist anerkannt war, klangvolle Namen als Talmudisten. Ludwig Stern, der spätere Leiter des Würzburger Lehrerseminars, hatte zuvor an der jüdischen Volksschule in Freudental gewirkt. Gegen Ende des vorigen Jahr­hunderts setzte die rückläufige Entwicklung ein; heute zählt Freudental noch etwa 20 allerdings meist kleinere Familien mit 50 bis 60 Seelen. Als Filialgemeinde sind seit hundert Jahren die Juden in dem drei Stunden entfernten Zaberfeld an Freudental angeschlossen. Auch heute noch besitzt die jüdische Gemeinde Freudental dank dem Bestand der Landesorganisation einen eigenen Lehrer und unterhält alle Gemeindeinstitutionen selbständig. Eine von der Gemeinde unter Mitwirkung des Israelitischen Oberrats vorgesehene Jubiläumsfeier des 200jährigen Bestehens musste im Hinblick auf die augenblicklichen Schwierigkeiten der Wirtschaftslage auf einen günstigeren Zeitpunkt verschoben werden."       
 
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 28. Oktober 1931: "Freudental in Württemberg. (Gemeindejubiläum.) Am 1. Oktober dieses Jahres konnte die Israelitische Gemeinde Freudental auf ein 200-jähriges Bestehen zurückblicken. Am 1. Oktober 1731 verlieh die Gräfin von Würben, die 'württembergische Pompadour', welche damals reichsunmittelbare Herrin des Dorfes Freudental war, durch Schutzbrief 28 jüdischen Familien das Recht der Niederlassung. Die Israelitische Gemeinde erstarkte an äußerer Zahl und an Bedeutung. Sie zählte um 1850 fast 400 Mitglieder und ihr Name hatte einen guten Klang unter den süddeutschen Landgemeinden. Der zahlenmäßige Niedergang erfolgte seit etwa 1870; heute umfasst sie noch etwa 50 und mit den Filialen zusammen noch ungefähr 70 Seelen; es wird noch regelmäßiger Gottesdienst abgehalten, und die wichtigsten Gemeindeeinrichtungen sind noch vorhanden. Es war eine größere Feier anlässlich des 200. Jubiläums geplant worden, diese musste aber im Hinblick auf die Zeitverhältnisse verschoben werden."  

     
Der letzte jüdische Lehrer in Freudental Simon Meisner schreibt 1938 einen Beitrag zur jüdischen Geschichte Freudentals (1938)  

Artikel im "Jüdischen Gemeindeblatt für die Israelitischen Gemeinden in Württemberg" vom 16. Mai 1938: "Bildnis einer Jüd. Landgemeinde. Die Jüdische Gemeinde Freudental einst und jetzt.
32 km von Stuttgart, 35 km von Pforzheim und 23 km von Heilbronn entfernt liegt Freudental zwischen zwei Ausläufern des Strombergs und auf drei Seiten von Bergen und Wald umschlossen. Mit seinen 51 jüdischen Seelen steht es an 25. Stelle der 41 jüdischen Gemeinden in Württemberg. Um die Wende des 19. Jahrhunderts war Freudental die größte jüdische Gemeinde Alt­württembergs. 1723 gründete Seligmann Wolfen aus Flehingen mit seiner Familie und sechs weiteren Haushaltungen die Gemeinde. Man sieht daraus, dass er von Beginn auf die erforderliche Minjanzahl abzielte. 1731 wurde nun der Schutzbrief ausgestellt, welcher 24 Familien gegen eine sofortige Abgabe von 1000 Gulden, ein jährliches Schutzgeld von 15 Gulden pro Familie und einen jährlichen Grundzins von 4 Gulden für den Friedhof den Aufenthalt zusicherte. 1736 kam Freudental durch Verkauf an Württemberg. 1738 zählte man 101 jüdische Seelen. Ursprünglich begnügte man sich mit einem Betsaal. 1770 schritt man aber zum Bau einer Synagoge. Es haben hier deshalb schon bald Rabbiner und Lehrer gewirkt. Während man im Jahre 1817 in Stuttgart 110 Juden und 1832 deren 130 zählte, wohnten 1832 in Freu­dental 359 Juden. Vor 1832 wird der Stuttgarter nach Freudental zum Rabbiner gegangen sein! 1853 zählte man bei 868 Einwohnern 364 Juden. Mit dem Aufkommen der Industrie begann die Landflucht, und in den 1870er Jahren zogen viele Freudentaler nach Stuttgart und in andere Städte. 1894 sank die jüdische Bevölkerung bei einer Einwohnerzahl von 737 auf 188, und am 1.12.1900 wurden von 628 Einwohnern nur noch 144 Juden gezählt 1925 zählte man mit Zaberfeld und Mühlacker 90 Seelen, am 16.6.1933 waren es 75, am 1.1.1937 59, am 1.7.1937 56 und seit 1.10.1937 leben hier 51 Juden. 1938 wird die Zahl bedeutend weiter herabsinken.
Von den zur Zeit bestehenden 17 jüdischen Schulen in Württemberg ist Freudental die älteste. 1816 begründete Baruch Elsässer die hiesige Elementarschule. In der Jeschiwa hatte er sich gründliche Kenntnisse im Talmud erworben. Über ihn berichtete am 24.12.1912 Oberlehrer Spatz in der 'Kantorenzeitung': 'Seine weltlichen Kenntnisse hatte er beim damaligen evangeli­schen Ortspfarrer erworben und vom christlichen Ortslehrer wurde er informiert, sodass er beim Spezial in Besigheim die Lehrerprüfung mit gutem Erfolg ablegen konnte. Der schwäbische Volksschriftsteller Nefflen hat den 'Judenlehrer von Freudental' als einen gelehrten, aber bescheidenen und äußerst frommen Mann geschildert."
Mehr als 50 Jahre war eine Schülerzahl von über 50 normal. Durch das Gesetz vom 25.4.1828 'Über die Rechtsverhältnisse der Israeliten" wurde der Schulzwang für 6- bis 14jährige eingeführt. Es wurde gefordert, dass auf Kosten der jüdischen Gemeinden Schulen zu errichten sind. 1836 bestimmte das Schulgesetz, dass in Gemeinden mit mehr als 60 Familien die israelitischen Elementarschulen in Volksschulen der politischen Gemeinde zu verwandeln sind. Dies geschah auch mit der hiesigen Schule. Um die Jahrhundertwende sank nun die Schülerzahl so, dass 1912 die Schule in eine freiwillige Konfessionsschule umgewandelt wurde. Dieser Vorgang stützte sich auf einen Erlass des Königlichen Ministeriums vom 13.12.1910, welcher bestimmte, dass zur Kostenersparnis die Konfessionsschulen aufgehoben werden sollten, deren Erhaltung keinem wirklichen Bedürfnis entsprach. Wegen zu geringer Schülerzahl wurde 1920 nach Versetzung des Dr. Wochenmark nach Tübingen die Stelle nicht weiter besetzt. 1935 wurde die freiwillige Konfessionsschule in eine Jüdische Privatschule umgewandelt Damals zählte man 6 schulpflichtige und 5 vorschulpflichtige Kinder. Heute wird die Schule von 6 Kindern besucht wovon der größere Teil im Laufe dieses Jahres auswandern wird. Ein vorschulpflichtiges Kind wandert ebenfalls aus.
Die Liquidation ist schwieriger als der Aufbau. Freudental hat aber das Glück, dass ihm die richtigen Männer zur Leitung der Gemeinde nicht fehlten. Seit 1931 ist Leopold Wertheimer der Vorsitzende des Vorsteheramts. Er durfte vor kurzem seinen 70. Geburtstag feiern. Im Jahre 1934 hat er die jüdische Schule als eine Notwendigkeit für die Erziehung seelisch-stakrer Juden verlangt. Am 1.4.1935 konnte die Schule wieder eröffnet werden. Sein Wunsch ist es, das religiöse Leben der Gemeinde zu erhalten, denn gemeinsame Feier und gemeinsames Gebet können in bester Weise Halt für den 
Lebenskampf geben. Die Verkleinerung der Gemeinde hat naturgemäß die finanziellen Verhältnisse erschwert, und es ist der Umsicht des Vorsitzenden zu verdanken, dass in jeder Hinsicht geordnete Verhältnisse in der Gemeinde herrschen.
Besondere Anerkennung verdient, dass 1936 Alfred Emrich mit Rat und Tat sich der Gemeinde zur Verfügung stellte. Sein Opfersinn ermöglicht es, dass auf sozialem Gebiet alles Notwendige geschieht.
Der Wille zur Selbstlosigkeit ist die Grundlage für den Erfolg der Gemeinschaftsarbeit, Von den 51 Seelen sind 29 weiblich und 22 männlich. 19 Personen sind über 60 Jahre alt. Fast alle Gemeindemitglieder sind Viehhändler. Emrich hat als Selbsthilfe eingeführt, dass an den Schultagen die Kinder den Schulraum heizen und reinigen, und das ist eine gute Schulung für ein Leben der Arbeit und Sauberkeit. Eine Viertelstunde vom Ort liegt der alte Friedhof im Löchgauer Wald. Er diente von 1723 bis 1811 als Friedhof. Im Jahre 1811 wurde am Fuß des Löchgauer Seeberges in einem der Gemeinde Bönnigheim gelegenen Wald der neue Friedhof abgelegt. Gebeine und Grabsteine wurden überführt und über dem Friedhof von einst wuchsen hohe Bäume und viel Gesträuch. Zur Beschäftigung der arbeitslosen jüdischen Männer wurden die Waldarbeiten diesen übertragen, und jeden Tag wanderte eine Gruppe hinunter in den Wald. um Notstandsarbeiten zu leisten. Zur Zeit wird die Frage des Acker- und Gemüsebaus als Möglichkeit der Selbsthilfe geprüft. So gilt es, in schwerer Zeit alles im Rahmen des Möglichen zu versuchen. Lehrer Simon Meisner".

   
    
Zur Geschichte des Rabbinates Freudental           
Rabbiner Josef Maier Schnaittach und seine Bibliothek (Artikel von 1929)          

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Oktober 1929: "Rabbiner Josef Maier Schnaittach und seine Bibliothek. Von Julius Wissmann.
Unter der Bibliothek des Rabbiners Josef Maier-'Schnaittach', die vom Israelitischen Oberrat im vergangenen Jahre von der israelitischen Gemeinde Freudental übernommen wurde, befindet sich ein äußerst seltenes Buch, dessen Titelblatt wir hier im Bilde wiedergeben. Es handelt sich um eine Selichoth-Ausgabe in Hebräisch Deutsch, die aus der Druckerei des Moses ben Bezalel Kohen aus Prag stammt. Leopold Zunz hat in Geigers Wissenschaftlicher Zeitschrift 1844 in einem Aufsatz 'Die Gersoniden' Näheres über diese bedeutende Druckerfamilie veröffentlicht. Der Gründer der Druckerei war Gerson ben Salomo Kohen, der im Jahre 1512 die ernsten Drucke in Prag herausgab. Erst im Jahre 1526 übernahmen seine Söhne die Druckerei und waren von da an bis zum Jahre 1600 die alleinigen Druckherren. Von der Selichoth Ausgabe befindet sich nach Auskunft eines Kenners des jüdischen Buchdrucks außer der des Oberrats nur noch ein Exemplar in Deutschland und zwar in der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin. Nicht einmal die Jüdische Bibliothek in Berlin, die eine sehr große Sammlung wertvoller Drucke hat, ist im Besitz dieses Buches.
Interessant ist das Vorwort, aus dem zu ersehen ist, dass es auch schon zu damaliger Zeit Juden gegeben hat, die kein Hebräisch verstanden. So entschloss sich Rabbi Jakob bar Eljahu halevi von Teplitz, die Bußgebete, die wir gerade in diesen Tagen schon zu früher Morgenstunde in unseren Gotteshäusern beten, in hebräisch-deutscher Sprache herauszugeben. Nur die Anfänge der einzelnen Gebete sind hebräisch. Sonst ist das ganze Buch in hebräisch-deutsch geschrieben.
Von den Gersoniden wurde im Jahre 1589 die Rede des 'hohen Rabbi Löw für den großen Sabbath" herausgegeben. Einige Werke des Rabbi Löw 'aus den Prager Druckereien befinden sich in der Bibliothek des Israelitischen Oberrats. Auch eine hebräisch-deutsche Gebetssammlung Techinoth erschien bei ihnen. Moses, der Drucker der Selichoth-Ausgabe, war auch als Schriftsteller bekannt. Die Familie der Gersoniden war reich und angesehen, sodass schon von ihrem Ahnherrn Salomo Kohen gesagt ward, er war 'ein vornehmer Priester von den Söhnen der Reichen". Die Familie errichtete Druckereien auch außerhalb Prags. So gehörte der bekannte Drucker Isak ben Löb und Jüdels Kohen in Wilmersdorf bei Nürnberg zu den Gersoniden.
Über den früheren Besitzer der Selichoth-Ausgabe, Rabbiner Josef Maier Schnaittach, der bis zu seinem Tode (31. Mai 1861) in Freudental wohnte, sind folgende Einzelheiten bekannt:
Josef Maier, der sich auch noch Schnaittach oder Schnattacher nannte, wurde am 13. September 1774 als Sohn des Maier Joseph in Fürth geboren. Seine Mutter war Eva, des Nathan Schnattacher Tochter aus Schnaittach. Daher nennt sich Maier auch Schnaittacher oder Schnattacher. Schnaittach, das bei Nürnberg liegt, war im 18. Jahrhundert eine bedeutende jüdische Gemeinde und Sitz des Oberrabbinats. Zu dem Rabbinat Schnaittach' gehörten die Gemeinden Ottensoos, Schnaittach, Forth und Hüttenbach (Forth ist nicht mit Fürth identisch). Die Rabbiner in Fürth waren oft auch Oberrabbiner von Schnaittach und Umgebung. Maier war zweimal kinderlos verheiratet. Seine erste Frau stammte aus Mergentheim und war eine Tochter des Juda Levi, seine zweite Frau eine Tochter des Abraham Hirsch Levi aus Freudental. Maier war zuerst Rabbiner in Braunsbach und vom Jahre 1821 an Rabbiner in Freudental. Als im Jahre 1828 'das Gesetz im Betreff der öffentlichen Verhältnisse der Israelitischen Glaubensgenossen Württembergs' erschien, wurde Josef Maier Schnaittach auf Grund des Artikels 52 seines Amtes als Rabbiner enthoben, weil er nicht 'die allgemeinen Vorbereitungswissenschaften auf einer Universität nach erstandener Vorprüfung studiert hatte'.'
Maier war einer der größten Gelehrten seiner Zeit; es wurden ihm von allen Orten Deutschlands Fragen vorgelegt, die er entscheiden sollte. Die Gutachten sind gesammelt worden und nach seinem Tode von Samuel Berlfein in Radomysl in Druck gegeben worden (Schaalaus ußeschuwaus Rib'm Schnaittach, Drohobycz 1891). Seine Bibliothek muss sehr wertvoll gewesen sein. Leider ist ein großer Teil verloren gegangen und der Vernichtung anheim gefallen. Sie enthält sehr viele kabbalistische Werke, denn die Kabbalah war eine seiner Hauptbeschäftigungen. Noch heute erzählen die alten Freudentaler Juden von dem 'Wunderrabbiner', der es verstanden hätte, Kranke zu heilen und Feuer zu löschen. Seine Gutachten sind für die Geschichtsforschung der Juden in Württemberg und Franken sehr aufschlussreich.
Das Rabbinat Freudental ist, nachdem die Gemeinde immer kleiner geworden, schon seit Jahrzehnten aufgelöst. Der letzte Rabbiner von Freudental, der aber seinen Sitz gar nicht dort hatte, ist der jetzige Rabbiner von Mergentheim, Rabbiner Dr. Moritz Kahn."              

      
Besuch bei Rabbiner Grünwald in Freudental (1851) und weitere Notizen  

Freudental AZJ 06101851.JPG (200383 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Oktober 1851: "In Freudental besuchte ich den Rabbiner Grünwald, der sich emsig literarisch beschäftigt; er bewacht aber sein literarisches Geheimnis, wie der Riese den Nibelungenhort und ich hätte bestimmt kein Plagiat an ihm begangen, denn ich wurde erst vor Kurzem durch einen Hofdramaturgen um einige Verse bestohlen und es tat mir so wehe, dass ein so reicher Herr einem armen Judenjungen etwas wegstipitzt, dass Herr Grünwald Nichts von mir zu befürchten gehabt hätte. – Herr Grünwald wäre fast auch als eifriger Demokrat von der königlichen israelitischen Oberkirchenbehörde gemaßregelt worden; er hat jedoch beizeiten noch eingelenkt. – In der Gemeinde Freudental herrscht große Bestürzung, weil der Viehhandel, fast der einzige Nahrungszweig der dortigen Juden so arg eingeschränkt ist und die königliche Regierung ihn ganz unmöglich machen will, dennoch wenden sich Wenige ordentlichen Gewerben zu. Manche wandern nach Amerika aus, um dort unbeschränkt Handel leben zu können.
In Freudental haben sich auch Sagen aus der Geschichte des Juden Süß Oppenheimer erhalten. Vom Jahre 1733-1737 regierte Herzog Karl Alexander über Württemberg, Jud Süß Oppenheimer wurde sein Premierminister. Das Schicksal dieses Fürstengünstlings ist bekannt, er wurde nach Karl Alexanders Tod gegen alles Recht dem Nachrichter übergeben. Ein schwäbischer Geschichtsschreiber, *Zimmermann’, sagt: 'in deren Händen er war, waren mehr seine leidenschaftlichen Feinde, als Gerechte Richter.’ Ich will nicht den Apologeten 'Süßens’ machen, allein das liegt klar am Tage, dass gegen ihn, weil er ein Jude war, ein Justizmord verübt worden war. Man Peinigte den armen Sünder mit Bekehrungsversuchen und versprach ihm Gnade, wenn er übertreten würde. Der Juden sagte dem bekehrungswütigen Priester: 'Religion ändern ist eine Sache für einen freien Menschen und steht gar übel an einem Gefangenen.’
So schlecht kann Süß Oppenheimer nicht gewesen sein, wie ihn der Judenhass in der Geschichte schildert; Wilhelm Zimmermann macht eine rühmliche Ausnahme. Süß starb gewissermaßen als Märtyrer seines Glaubens, denn der Religionswechsel hätte ihm leben und Freiheit bewirkt. Der unverständige Hass ließ noch dem Juden zum Hohn an den Galgen einen neu gefertigten eisernen Käfig in Form eines orientalischen Pavillons anbringen, in dem er gehängt wurde. Als die Geistlichen ihm noch auf dem armen Sünderkarren das Evangelium predigten, rief er 'Adonai Elohim’ und das Volk machte aus dem 'Adonai’ als hätte er gerufen: 'net do nei!’ (= schwäbisch für: nicht da hinein), ins Käfig nämlich. Juden aus Freudental saßen als Bauern verkleidet auf Bäumen und riefen ihm das 'Schma’ nach. Die frommen Geistlichen aber, statt christlich mit ihm zu beten, riefen ihm, als er die Leiter hinaufgezogen wurde, den Fluch nach: 'So fahre denn hin, du verruchte Seele, zur Hölle!" Von diesem Akt sagt Zimmermann: 'Sprechender als in langen Abhandlungen malt sich in dieser Szene die Rechtspflege und die Geistlichkeit jener Zeit."

  
Zum Tod von Rabbiner Seligmann Grünwald (1856)   

Freudental AZJ 09061856a.jpg (148232 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Juni 1856: "Aus Württemberg, im Mai (1856). (Nekrolog). Die ohnehin so kleine Schar unserer Rabbinen, 12 an der Zahl, hat sich um ein Glied vermindert. Am 12. dieses Monats verschied Rabbiner Seligmann Grünwald dahier im Alter von 56 Jahren nach nur kurzer Krankheit an einem nervösen Schleimfieber, das vom zweiten Pessachtag an ihn befiel. Sowohl seine Familie wie auch seine Gemeinde, die besonders in den letzten Jahren seines Wirkens mit Liebe und Zuneigung an ihm hing, sind durch seinen Tod in tiefe Trauer versetzt. Bei der Beerdigung, die Dienstag, den 13. dieses Monats statt hatte, sprachen Herr Kirchenrat Dr. Maier aus Stuttgart, der seinem langjährigen Kollegen im Rabbinatsamt beredte Worte der Anerkennung über Berufstreue nachsprach, Rabbiner Wälder aus Laupheim, Schwager des Verstorbenen, und Herr Lehrer Levi dortselbst, langjähriger Freund und Stellvertreter im Amte. Auch viele christliche Geistliche vom Ort und der Umgebung, die mit dem Verstorbenen sehr gut befreundet waren, nahmen an der allgemeinen Trauerfeier Anteil, und bewiesen dem Verfasser des Werkes 'Glaubens- und Sittenlehren des Talmuds’, ihre Achtung noch am Grabe.
Rabbiner Seligmann Grünwald ist geboren in Mühringen anno 1800. Schon als kleiner Knabe zeigte er hervorragende Talente, sodass seine Eltern, die hinreichende Mittel und den Willen hierzu besaßen, ihm stets Privat-Talmud-Lehrer hielten. Nachdem er den vieljährigen talmudischen Unterricht des
Freudental AZJ 09061856a2.jpg (262524 Byte)würdigen Rabbinen Gabriel Adler, damals noch in Mühringen, jetzt in Oberdorf, mit vielem Erfolg genossen hatte, bezog er die damals in höchster Blüte gestandene jüdische Hochschule in Fürth, so er drei Jahre lang die verschiedenen Fächer der jüdisch-talmudischen Wissenschaften mit angestrengtestem Fleiß und lohnendstem Eifer betrieb. Von hier aus absolviert, bezog er die Universitäten Würzburg und Tübingen, wo er mit gleich-günstigem Erfolg, nachdem er sich schon früher ziemlich darauf vorbereitet hatte, die philosophischen und sprachlichen Studien frequentierte. Scharfsinnig, in der speziell jüdischen und der allgemeinen Literatur bewandert, ließ er schon damals die Erwartung hegen, dass er auch in der praktischen Seelsorge ein tüchtiger Mitarbeiter werden würde. Bald sollte er Proben davon ablegen, bald sollte der Kampf für ihn beginnen. Im 25. Lebensjahr wurde er von den Gemeinden des Rabbinatsbezirks Braunsbach zu ihrem Rabbiner gewählt. Es war dies der Vorabend der Kirchenorganisation unseres Landes, wo er bald wegen verschiedener Kultusfragen Kämpfe zu bestehen hatte. Was Wunder, die Gemeinden wurzelten noch in den alten hergebrachten Erinnerungen, der junge strebsame Geistliche, der auf dem strengen talmudischen gebiete der Orthodoxie während seines ganzen Lebens stand, einer nur bessern, das Alte veredelnderen Form sich hinneigend, und so gab es manchen Zusammenstoß, manchen Kampf, der oft umso heftiger war, als Grünwald nicht der Mann war, der sich von einer fest gefassten bessern Überzeugung abbringen ließ. Geradeaus auf das Ziel lossteuernd, weder rechts noch links schauend, ohne Ansehen der Person, suchte er seiner Meinung Geltung zu verschaffen. Das war es, was ihm von vielen Seiten Abneigung und Anfeindung zuzog. Nach erfolgter Organisation des Kirchenwesens kam er auf das Bezirksrabbinat Lehrensteinsfeld, wo gleich Kämpfe seiner harrten. Doch fand er bei denen, die den Ernst seines Wollens und die Wohltat seines Wirkens begriffen, Beweise von Anerkennung und Zustimmung. Inmitten seines Sprengels gründete er damals den ersten schönen Leseverein, welcher weithin Verbreitung fand und über mehrere Bezirke sich erstreckte. Seit 1842 nach Freudental als Rabbiner berufen, wirkte er mit vielem Segen. Mehrere wohltätige Anstalten, wie der neu gegründete Brautausstattungsverein, verdanken
Freudental AZJ 09061856b.jpg (158262 Byte)Ihm ihr Dasein. Das Gemeindewohl lag ihm als eine heilige Angelegenheit am Herzen, nicht bloß das religiös moralische, sondern auch das materielle, ein Streben, das ihm die Liebe seiner Gemeindegenossen erwarb. Aber eben diese vielseitigen Gemeindegeschäfte, die in Württemberg zumeist dem Rabbiner obliegen, hielten ihn von literarischen Arbeiten, wozu er Befähigung und Lust in sich trug, zurück. Doch sind mehrere Predigten von ihm im Druck erschienen. Endlich sein Werk: Glaubens- und Sittenlehre des Talmuds, eine Sammlung von Kernsprüchen des jüdischen Altertums,. Für welche Arbeit ihm von vielen Seiten beweise der Anerkennung, selbst von hoher Seite zuteil wurden. Schon dachte er an ein neues Werk, das ihn in der jüngsten Zeit beschäftigte. Aber der Tod unterbrach ihn mitten in dieser Arbeit. Keine Frage der Gegenwart ließ ihn ohne Teilnahme finden. Seine Ansichten über die heutigen Erscheinungen sprach er unverhohlen aus und ohne Scheu. Er war der einzige Rabbine unseres Landes, der mit freudigem Eifer für den im Wachstum begriffenen Literaturverein Propaganda machte und ihm Mitglieder zu werben suchte. Er hinterlässt eine betrübte Witwe und zwei Kinder aus erster Ehe. Als der Verstorbene im verflossenen Jahr eine beredte Leichenrede am Grabe seines hoch bejahrten Schwiegervaters in Bretten hielt, dachte er wohl nicht daran, dass ihm schon nach sechzehn Monden die gleich Liebespflicht von Amtsbrüdern werde erwiesen werden müssen. Wälder."  

     
Bücher aus dem Nachlass von Rabbiner Grünwald werden zum Verkauf angeboten (1856)  

Freudental AZJ 16061856.jpg (110381 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Juni 1856: "Freudental und Laupheim. Aus dem Nachlass des verstorbenen Rabbinen Grünwald sind ausgezeichnet schöne hebräische Werke zum Verkauf ausgesetzt. Darunter sind besonders eine sehr schöne Talmud-Ausgabe (Schass), die Rambams, Rifs (Werke von Isaak ben Jakob Alfassi), Turim (Werke von Jakob ben Ascher), Schulchan Aruch, Mikraot Gedolot Scheolot uTeschuwot und noch andere Bücher als Baal akeda (Homiletischer Kommentar über die Tora von Isaak ben Moses Arama), Alscheich ((Mose ben Chajim Alscheich, Homiletiker des 16. Jahrhunderts). Auch mehrere Bände Bikkurei Haettim (Sammelwerke , erschienen in Wien) und deutsche Klassiker, darunter auch das allerneueste, schön gebundene Konversations-Lexikon. Diese Anzeige widmen wir insbesondere den jüdischen Lehranstalten in Breslau, Metz, Colmar, Padua und den jüdischen Antiquaren. Man beliebe sich in portofreien Büchern an die Unterzeichneten deshalb zu wenden. Diese Bücher werden billig unter dem Preis abgegeben. Lehrer Levi in Freudenthal, Rabbiner Wälder in Laupheim."

    
Ausschreibung des Rabbinates Freudental (1857)  

Freudental AZJ 18051857.jpg (108972 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Mai 1857: "(Diensterledigung). Die Bewerber um das Bezirksrabbinat Freudental, welches aus den Kirchengemeinden Freudental (Sitz des Rabbinen), Oberamt Besigheim, - mit den Israeliten daselbst und in Zaberfeld und Aldingen, Oberamts Ludwigsburg, und Hochberg, Oberamt Waiblingen besteht, und womit neben freier Wohnung und außer den Stolgebühren und Emolumenten der aus der israelitischen Zentral-Kirchenkasse zu beziehende Normalgehalt von 500 Gulden verbunden ist, welcher je nach Umständen – auch sofort – durch eine gleichfalls aus der israelitischen Zentral-Kirchenkasse zu beziehende Personalzulage auf 550 Gulden (fünfhundert und fünfzig Gulden) erhöht werden kann, werden aufgefordert, unter Angabe ihrer persönlichen und Familienverhältnisse, sowie ihrer Bildungslaufbahn binnen sechs Wochen bei der Königlichen württembergischen israelitischen Oberkirchenbehörde sich zu melden. Ausländische Bewerber können auf frankierte Zuschriften von der Kanzlei der Königlichen israelitischen Oberkirchenbehörde in Stuttgart jede wünschenswerte nähere Auskunft erhalten. 
Stuttgart, den 8. Mai 1857."  

  
Zur schwierigen Besetzung der Rabbinate in Württemberg um 1860  

Freudental AZJ 13111860.jpg (221160 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. November 1860: "Aus Württemberg. Wenngleich die Rabbiner in unserem Lande ordentliche Gehalte beziehen, und die Königliche Israelitische Oberkirchenbehörde immer auf Besserstellung derselben bedacht ist, wenngleich die Stellung eine freie, der Wirkungskreis ein weiterer ist, als in manchen anderen Staaten, so mangelt es doch an inländischen Kandidaten. Das Rabbinat Freudental und das in Buttenhausen wurden durch Ausländer (d.h. Nichtwürttemberger) besetzt. Das Rabbinat Oberdorf hat zwar einen Inländer, Herrn J. Berlinger, zum Verweser dieser Stelle erhalten und war dadurch vollkommen befriedigt, weil derselbe durch seine tüchtigen rabbinischen und wissenschaftlichen Studien, wie durch sein freundliches Benehmen Aller Herzen sich gewann; nun wurde dieser aber durch Dekret der Königlichen Oberkirchenbehörde zum Verweser auf das Rabbinat Braunsbach versetzt, weil der dortige Rabbiner Dr. Hirsch, vor wenigen Wochen gestorben, und dieser ausgedehnte Bezirk eines Rabbinen weniger entbehren kann. Das Rabbinat Oberdorf wurde bis zur definitiven Besetzung dem Rabbiner Wälder in Laupheim übergeben, der zu solchen Verrichtungen, die nur der Rabbiner zu besorgen hat, jedes Mal herzureisen hat. Laupheim ist etwa 25 Stunden entfernt, ist aber durch die Eisenbahnverbindung doch der nächste Rabbinatssitz, dem der erledigte Bezirk hätte einverleibt werden können. – Auch an israelitischen Lehrern ist Mangel und sind teils Ausländer angestellt, teils aber sind Stellen unbesetzt. Mehrere Lehrer sind von ihren Stellen gegangen und sind ganz aus dem Schuldienst getreten, weil die Gemeinden durch Wegzug Vieler nach Städten sich so vermindert haben, dass kaum mehr Schulkinder da sind. –
Die von Herrn Rechtskonsulenten Ellinger in Mergentheim erschienene Schrift über 'den Judeneid’ hat bereits bei mehreren Beamten Einfluss geübt. – Wir haben in Württemberg etliche 30 israelitische Rechtskonsulenten, wovon sehr viele eine ausgezeichnete große Praxis haben."

   
Zum Tod von Rabbiner Joseph Maier Schnaittacher (1861)  
Anmerkung: sehr ausführlich der Bericht in der konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit" - wesentlich kürzer der nachfolgende Bericht in der liberalen "Allgemeinen Zeitung des Judentums". 

Freudental Israelit 17071861.jpg (164493 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1861 (der Artikel wird leicht gekürzt wiedergegeben): "Freudental (Württemberg). Mit betrübtem Herzen teile ich Ihnen die Nachricht mit, dass unser greiser Rabbiner Joseph Maier, unser Lehrer, der Herr, Herr Josef Schnaittach – das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen – zu den Gerechten, die sitzen mit ihren Kronen auf ihren Häuptern – vom Herrn des Lebens abberufen worden ist. Er war einer der Veteranen unserer deutschen orthodoxen Rabbinen und gab unter Gottes gnädigem Beistande der hiesigen Gemeinde 40 Jahre lang ein Vorbild ab für Führung eines frommjüdischen Lebens durch unermüdliches Torastudium und sorgfältigste Beobachtung der heiligen Lehren.
Am Erew Schabbat Kodesch Paraschat Schelach Lecha, kurz vor Beginn des Schabbats (also am Schabbat mit der Toralesung Schelach Lecha = 4. Mose 13,1 - 15,41, dies war Samstag, 1. Juni 1861), … ist er zur ewigen Sabbatruhe eingekehrt. Sie vergönnen gewiss dieser Mitteilung einen Raum in Ihrem geschätzten Blatte, da in dem verehrlichen Leserkreise desselben zweifelsohne eine große Zahl Verehrer des entschlafenen Frommen, wohl auch manche Schüler desselben sich befinden werden. Für diese füge ich noch bei, dass der Dahingegangene ein Alter von 88 Jahren erreicht und über ein halbes Jahrhundert im hiesigen Lande als Rabbiner hoch geachtet war.
Im Jahre 1835, zur Zeit der neuen gesetzlichen Organisation wurde er von der Königlichen Regierung in den Ruhestand versetzt, hat aber dennoch, was die Entscheidung der rituellen Fragen betraf, bis etwa vor 4 Jahren, zur Zeit der Anstellung des hiesigen Rabbinen, Herrn Haas, diese Funktionen aufs sorgfältigste versehen. Er genoss und verdiente den Ruf eines gründlichen Gelehrten im talmudischen Fache, er genoss diesen Ruf in weiteren Kreisen, und hat umfassende Arbeiten in Manuskripten hinterlassen. Noch in den letzten Wochen sprach er den Wunsch aus, es möchte der geeignetste Teil aus denselben nach seinem Ableben zum Drucke befördert werden. Möchte ein Freund dieser Literatur den Wunsch des Verstorbenen verwirklichen helfen! Es sind ja diese Resultate seines emsigen Toralebens
Freudental Israelit 17071861a.jpg (119171 Byte)nebst seinen guten Taten, der frommen Führung seines Lebens, die alleinigen unvergesslichen Nachkommen des Entschlafenen.
Er wurde nach seinen in einer geschriebenen Verfügung getroffenen Bestimmungen, worin auf Kol Bochim und Ha-Schilo (Schne Luchot ha-Berit des Jesaja ben Abraham Halevi Horowitz) verwiesen, auch auf die gleichen Anordnungen seines seligen Lehrers, Rabbi Salomon Cohen in Fürth, seiner Geburtsstadt, Bezug genommen war, am 24. Siwan (2. Juni 1861) zur Erde bestattet. Es hat die hiesige Gemeinde allen Wünschen und Anordnungen ihres geliebten frommen Führers hierbei, wie sie es einem Lehrer und Vater glaubten schuldig zu sein, Folge geleistet. – Am Grabe sprachen 4 Redner, zuerst der Rabbiner der Gemeinde, dann Dr. Salem, früher Rabbiner in Lehren, jetzt Privatgelehrter in Stuttgart, nach demselben noch der pensionierte Lehrer und Vorsänger Levy von hier, und zuletzt der an dessen Stelle neu ernannte Lehrer Stern. Die Genannten hatten eine, auch in Betreff der Trauerrede in der Verfügung enthalten gewesene Bestimmung zu beobachten, wonach sie ohne Übertreibung der Wahrheit, verbunden mit Ermahnungen für die Umstehenden, reden durften, was von ihnen in würdiger und angemessener Weise geschah. Bei dem Leichenbegängnis hatten sich aus der Nähe und Ferne Freunde und Verehrer des Frommen eingefunden, um ihn zu seiner letzten Ruhestätte zu begleiten."  

   
Zum Tod von Rabbiner Joseph Maier (1861)  

Freudental AZJ 24091861.jpg (48798 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. September 1861: "Vor kurzer Zeit starb in Freudental der greise Rabbine Joseph Maier im Alter von 85 Jahren. Derselbe kam im Jahre 1816 nach dem Tode des Rabbinen Alexander Elsässer dorthin als Rabbiner, wurde aber im Jahre 1835 in den Ruhestand versetzt. Er war tüchtiger Talmudist und auch in den externen Wissenschaften nicht unerfahren."

  
Jüdisch-deutsche Selichoth-Ausgabe aus der Bibliothek des Rabbiners Joseph Maier Schnaittach - Artikel von 1930  

Freudental BayrGZ 15091930a.jpg (148512 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. September 1930: "Eine jüdisch-deutsche Selichoth-Ausgabe. Die Mitteilungen aus der folgenden Abhandlung über den Rabbiner Joseph Maier und seine Bibliothek stammen von Herrn Julius Wissmann, Obersekretär des Württembergischen Oberrates in Stuttgart. Die bibliographischen Angaben und die genaue Datierung in der Umschrift sowie ihre sorgfältige Überprüfung verdanken wir Herrn Dr. Haim Borodianski, dem ausgezeichneten Herausgeber der hebräischen Briefe von Moses Mendelssohn (in Band 16 der großen Jubiläumsausgabe). Für weitere Angaben sind wir Herrn Professor Lieben in Prag und Herrn Religionslehrer Warscher in Freudental verpflichtet. Wir sind auf diese Weise in der Lage, der erste Mal von einem bisher nicht näher beschriebenen kultusgeschichtlich bedeutsamen jüdisch-deutschen Druckwerk Nachricht zu geben.
Unter der Bibliothek des Rabbiners Joseph Maier Schnaittach, welche vom israelitischen Oberrat Württembergs vor kurzer Zeit von der Gemeinde Freudental übernommen wurde, befindet sich eine äußerst seltene jüdisch-deutsche Übersetzung der Selichoth (der Bußgebete namentlich vor und während der hohen Feiertage). Das Titelblatt mit dem Vorwort ist hier photographisch und in Umschrift wiedergegeben. Über den früheren Besitzer des Werkes, Rabbiner Joseph Maier Schnaittach, der bis zu seinem Tode am 31. Mai 1861 jahrzehntelang in Freudental wohnte, sind nur wenige Einzelheiten bekannt: Joseph Maier, der sich auch noch Schnaittach oder Schnattacher nannte, wurde am 13. September 1884 als Sohn des Maier Joseph in Fürth geboren. Seine Mutter war Eva, Nathan Schnattachers Tochter, aus Schnaittach. Daher wird sich Maier auch Schnaittacher oder Schnattacher genannt haben. Schnaittach liegt bei Nürnberg und war im achtzehnten Jahrhundert eine bedeutende jüdische Gemeinde (Anmerkung: Schnaittach – nordöstlich von Nürnberg – gehörte früher zum Pflegamt Rottenberg und war im kurfürstlichen Bayern mit den umliegenden Orten zusammen der einzige Bezirk, in dem Juden ständig ansässig waren; in seinen berühmten Anmerkungen zum Bayerischen Landrecht behandelt Kreittmayr besonders das Recht der Schnaittacher Juden). Zu dem Rabbinat Schnaittach Freudental BayrGZ 15091930b.jpg (335356 Byte)gehörten die Gemeinden: Ottensoos, Schnaittach, Forth und Hüttenbach. Forth ist nicht mit Fürth identisch. Die Rabbiner in Fürth waren oft auch Oberrabbiner von Schnaittach und Umgebung. Maier war zweimal kinderlos verheiratet. Seine erste Frau stammte aus Mergentheim und war eine Tochter des Juda Levi, seine zweite Frau eine Tochter des Abraham Hirsch Levi aus Freudental. Maier war zuerst Rabbiner in Braunsbach und vom Jahre 1821 an Rabbiner in Freudental. Als im Jahre 1828 'das Gesetz über die öffentlichen Verhältnisse der israelitischen Glaubensgenossen’ in Württemberg erschien, wurde Joseph Maier Schnaittach auf Grund des Artikels 52 seines
Freudental BayrGZ 15091930c.jpg (283644 Byte)Amtes als Rabbiner enthoben, weil er nicht 'die allgemeinen Vorbereitungswissenschaften auf einer Universität nach erstandener Vorprüfung studiert’ hatte. Maier war einer der größten gelehrten seiner Zeit; es wurden ihm aus allen Gegenden Deutschlands Fragen vorgelegt, die er auf Grund des rabbinischen Gesetzes entscheiden sollte. Die Gutachten sind gesammelt worden und nach seinem Tode von Samuel Berlfein in Radomsyl in Druck gegeben worden (Schaalaus iteschuwaus Reb Mejir Schnaittach [Fragen und Antworten des Reb Meier Schnaittach], Drohobycz 1891). Seine Bibliothek muss sehr wertvoll gewesen sein. Leider ist ein großer Teil verloren gegangen und dadurch, dass sie nicht richtig aufbewahrt worden war, der Vernichtung anheim gefallen. Sie enthält sehr viele kabbalistische Werke. Noch heute erzählen die alten Freudentaler Juden von dem 'Wunderrabbiner’, der es verstanden habe, kranke zu heilen und Feuer zu löschen. Seine Gutachten sind für die Geschichtsforschung der Juden in Franken und Württemberg sehr aufschlussreich.
Das Rabbinat Freudental ist, nachdem die Gemeinde immer kleiner geworden war, schon seit Jahrzehnten aufgelöst. Der letzte Rabbiner, welcher als Rabbiner von Freudental angestellt war, aber seinen Sitz gar nicht dort hatte, ist der jetzige Rabbiner von Mergentheim, Herr Rabbiner Dr. Moritz Kahn.
Die vorliegende Selichoth-Ausgabe in jüdisch-deutscher Übersetzung stammt aus der Druckerei des Moses ben Bezalel Kohen aus Prag. Prag spielte in der Zeit von 1500 bis 1700 im hebräischen Buchdruck eine bedeutende Rolle. Leopold Zunz hat in Geigers Wissenschaftlicher Zeitschrift 1844 in einem Aufsatz 'Die Gersoniten’ Näheres über die bedeutende Druckerfamilie veröffentlicht. Der Gründer war Gerson ben Salomo Kohen, der im Jahre 1512 die ersten Drucke in Prag herausgab. Er betrieb aber sein Geschäft nicht allein. Im Jahre 1526 übernahmen seine Söhne die Druckerei und blieben von da an bis zum Jahre 1600 die alleinigen Druckherren. Eines der bedeutendsten Erzeugnisse der Gersoniten war die illustrierte Haggada. Es sind ziemlich viele Bücher aus diesen Prager Druckereien noch aufzufinden. Dagegen befindet sich von der Selichoth-Ausgabe außer in der Bibliothek des Oberrats wahrscheinlich kein Exemplar mehr in Deutschland. In der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin ist nur ein Exemplar der zweiten von der ersten in manchen Punkten abweichenden Auflage (Prag 1650) unter der Nummer R. Eu. 3320; auch die Gemeindebibliothek in Berlin besitzt nur ein Stück dieser zweiten Auflage (Nr. 39 220). Nach Mitteilungen des besten Kenners des böhmischen hebräischen Buchdruckes, Professor Dr. H. S. Lieben in Prag, ist die Ausgabe 1602 noch auf dem flachen Land in der Tschechoslowakei in zwei Exemplaren bis jetzt aufgefunden; die Ausgabe ist jedoch überhaupt noch nicht bibliographisch erforscht und beschrieben. Bei Ben Jacob, Ozar hasfarim (Buchstabe samech, unter Selichoth Nr. 389) fehlen nähere Angaben. Das neuere Werk des Direktors der Prager Nationalbibliothek Dr. Joseph Volk, Geschichte des Buchdrucks in Böhmen und Mähren bis 1848 (Weimar 1929) hat für den hebräischen Buchdruck fast keine Bedeutung.
Wir geben hier eine genau überprüfte Umschrift des gereimten Vorwortes. Die beste und zuverlässigste Einführung in das große, erst in den Anfängen der wissenschaftlichen Durchforschung befindliche Gebiet der jüdisch-deutschen Sprache und Literatur ist jetzt das Werk von Staerk und Leitzmann: 'Die Jüdisch-Deutschen Bibelübersetzungen von den Anfängen bis zum Ausgang des achtzehnten Jahrhunderts’ (Frankfurt a.M. 1923). Ein evangelischer Theologie (der Vertreter des Alten Testaments an der Universität Jena) und der dortige Germanist haben hier eine grundlegende Arbeit über dieses Stoffgebiet vorgelegt, das namentlich für die richtige sprachwissenschaftliche Methode sehr wichtig ist. Das Buch ist Moritz Steinschneider gewidmet, 'ohne dessen monumentum aere perennius, den Katalog der hebräischen Bücherei der Bodleiana, es nicht hätte geschrieben werden können’. Heinrich Loewes Arbeiten, besonders 'Die Sprachen der Juden’ (Köln 1911) dürfen als liebevollste und eindringlichste Behandlung des Stoffes nicht vergessen werden.
Das hier Wiedergegebene zeigt, dass das Hebräisch der Selichoth auch damals von der Allgemeinheit nicht verstanden wurde, aber dass das Bedürfnis bestand, das, was man betete, zu verstehen (Anmerkung: Bei der ersten Betrachtung scheint es sich um eine Ausgabe für Frauen ähnlich der 'Weiberbibel’ der Zeit zu handeln. Aber die erste Verszeile im Vorwort des Prager Schammes 'kummt her ich frumi Weiber’ beginnt offensichtlich nur um des Reimes willen so, wie der folgende Wortlaut des Reimspruches deutlich zeigt.’). Rabbi Jakob bar Eljahu halevi von Teplitz hat sich deshalb entschlossen, die Bußgebete, die gerade in diesen Tagen vor Rosch-ha-schono schon zu früher Morgenstunde in den Gotteshäusern des alten Ritus gesagt werden, in jüdisch-detuscher Sprache herauszugeben. Nur die Anfänge der einzelnen Gebete sind hebräisch. Sonst ist das ganze Buch jüdisch-deutsch geschrieben. Von den Gersoniten wurde von dem Vater des Druckers unseres Werkes im Freudental BayrGZ 15091930d.jpg (148607 Byte)Jahre 1589 die Rede des Hohen Rabbi Löw für den großen Sabbat herausgegeben. Einige Werke des Rabbi Löw aus den Prager Druckereien befinden sich ebenfalls in der Bibliothek des Württembergischen Oberrats. Auch eine hebräisch-deutsche Gebetsammlung Techinoth erschien bei ihnen. Moses, der Drucker der Selichoth-Ausgabe war als Schriftsteller bekannt. Die Familie der Gersoniten war 'groß an Ansehen und Reichtum’, sodass schon von ihrem Ahnherrn Salomo Kohen sagt wird: 'ein vornehmer Priester von den Söhnen der Reichen’. Die Familie errichtete auch außerhalb Prags Druckereien. So gehörte der bekannte Drucker Isak ben Löb und Jüdels Kohen in Wilhermsdorf bei Nürnberg zu dieser Familie. F."

  
Bericht von der Beisetzung des Rabbiners Haas (1887)  

Freudental Israelit 11071887.jpg (165740 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1887: "Stuttgart. Soeben komme ich von Freudental, woselbst gestern am 7. Tammus (= 29. Juni 1887) die Beisetzung des nach längerem Krankenlager im 76. Lebensjahre entschlafenen Rabbiner Haas stattfand. Am Grabe, zu welchem nicht nur die ganze jüdische Gemeinde, sondern auch die Vertreter der politischen und anderen Behörden mit dem protestantischen Ortsgeistlichen und mehreren Stuttgartern dem Verblichenen die letzte Ehre erwiesen, sprachen der Neffe des Entschlafenen, Herrn Rabbiner Dr. Silberstein aus Wiesbaden, ferner Herr Rabbiner Dr. Engelbert aus Heilbronn und der amtsverwesende Lehrer Herr Rosenfeld in beredten und herzergreifenden Worten über das Wirken des Heimgegangenen, der über ein Menschenalter den Rabbinatssitz innehatte. Der Stuttgarter Rabbiner glänzte – durch seine Abwesenheit! – Anlässlich dieses Trauerfalles erlaubt sich Einsender seinen Landsleuten den wohlgemeinten Rat zu erteilen, sie mögen fernerhin Friede und Eintracht zu erhalten sich bemühen, Zwietracht, Hass und Verfolgungssucht, unter welchen der selige Rabbiner sowohl, als auch die Gemeinde selbst viel gelitten, jedoch aus ihrer Mitte entfernen, damit durch wahre Frömmigkeit seiner Mitglieder, Freudental wieder etwas von dem Glanze früherer Zeiten zurückerobere, von welchem es durch Jahrhunderte als eine der ersten und besten Gemeinden Württembergs umstrahlt war. Waren doch auch von jeher große und bedeutende Rabbinen an der Spitze der Gemeinde, welche durch frommes, edles und uneigennütziges Streben sich unsterbliche Verdienst um die Gemeinde sowohl, als um unsere heilige Religion erworben, ich nenne nur die noch einem großen Teil der jetzt lebenden Generation bekannten Namen wie Rabbi Samuel Elsässer, Rabbi Alexander Elsässer, Rabbi Josef Schnaittach – das Andenken an die Gerechten ist zum Segen.
Es wäre zu wünschen, dass der zukünftige Rabbiner, ebenso wie die Obengenannten vom wahren Geiste unserer heiligen Lehre beseelt wirken möge! Ploni".

   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule 
Die jüdische Gemeinde erhöht den Lehrergehalt und wird dafür gelobt (1861)  

Freudental Israelit 09101861.jpg (69837 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Oktober 1861: "Vom württembergischen Neckar, 25. September (1861). Einen schönen Zug können wir von der Gemeinde Freudental berichten. Die israelitische Gemeinde, den Wert der Volksschule und eines tüchtigen Lehrers kennend und schätzend, hat aus freiem Antriebe beschlossen, da ein Lehrer nur dann mit Freude in der Schule wirken könne, wenn er von Nahrungssorgen nicht gedrückt werde, ihrem Lehrer seinen Gehalt von 300 Gulden auf mindestens 500 Gulden neben freier Wohnung zu erhöhen. Möchte dieses schöne Beispiel von recht vielen Gemeinden nachgeahmt werden!"

  
Lehrer Ludwig Stern - 1860 bis 1864 Lehrer in Freudental - wird 1. Lehrer / Direktor an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg an (1864)  

Anmerkung: Ludwig Stern ist am 9. März 1824 in Bieringen als (unehelicher) Sohn der Jentle Hirsch Stern (Tochter des Handelsmannes Hirsch Baruch Stern) geboren (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440598-2). Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Lehrer dürfte Unterdeufstetten seine erste Stelle gewesen sein (um 1842/1850?). Nach dem Beitrag unten war Stern nach Unterdeufstetten Lehrer in Markelsheim, wo er 1854 Bärbel/Babette geb. Adler aus Markelsheim heiratete (geb. 28. Juli 1831). Von 1853 bis 1860 war er Lehrer in Creglingen (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442332-96), danach in Freudental und ab 1864 Direktor an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Er starb am 15. August 1890 in Würzburg, seine Frau Babette am 31. Januar 1902 ebd. 
Von den zehn Kindern des Ehepaares sind die ersten vier in Creglingen geboren (Abraham Hartwig 1855, Jacob 1856, Gustav Gedalja 1858, Ida 1860), die nächsten zwei in Freudental (Josua 1863, gest. 1863, Mirjam 1864), die übrigen vier in Würzburg (Baruch 1866, Nathan 1868, Julia 1873 und Lina 1875).  

Freudental Israelit 16111864.jpg (233255 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1864: "Aus Württemberg. Dem inneren Berufe folgend, hat am Anfang dieses Monats ein Mann das Schwabenland verlassen, dessen Verlust nicht nur die Gemeinden, in deren Mitte er als Lehrer und Vorsänger gewirkt hat, sondern nahezu das ganze Württemberg empfinden dürfte, für das er besonders in jüngster Zeit in edelster Weise, ersprießlich und wacker gewirkt und gekämpft hat. Ludwig Stern, bisher in Freudental angestellt, hat die Lehrer- und Hausmeister-Stelle an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg angenommen, welche von den dortigen hochherzigen Rabbinen unter Protektion der bayerischen Regierung ins Leben gerufen worden ist. Wie unser Stammvater folgte auch er der inneren Himmelsstimme und zog weg aus seinem Land und aus seiner Heimat wie aus dem Haus seines Vaters, verließ Vaterland, Heimat, Verwandte und Freunde, um zu wirken für das Ideal, das er auch bei uns zu erstreben bemüht gewesen, um vereint zu sein mit den Verwandten des Geistes, die seinem Edelmute mehr gelten als irdische Beziehungen. Rastlos wie seine pflichttreue Tätigkeit stieg auch er in seiner äußeren Stellung von Stufe zu Stufe und bewährte sich an ihm jeder göttliche Segen, der solchen Männern verheißen ist 'und ich will groß machen deinen Namen und er wird ein Segen sein’. Von der kleinen Filialgemeinde Unterdeufstetten aus, für die er ein Faktotum war, wie von Markelsheim und Creglingen, wo die Gemeinden zu jedem Opfer bereit waren, um ihn länger besitzen zu dürfen, wie durch die größere Kehilla (Gemeinde) Freudental, wo sein hervorragendes Wissen und Wirken, obschon neben einem Rabbinen, doch in der ehrenvollsten Weise Anerkennung gefunden hat, verbreitete sich sein Name immer weiter in den Gauen Württembergs. Sein rednerisches Talent und seine theologischen und pädagogischen Kenntnissee fanden ihren besten Lobredner in seinen Predigten, seinen Vorträgen und seinen schriftstellerischen und publizistischen Werken und Aufsätzen, welche auf der Kanzel vernommen worden, oder durch die Presse in Büchern, Zeitschriften und Broschüren an das Licht der Öffentlichkeit getreten sind. An der Spitze steht hierin das von ihm erschienene 'Deutsche Lesbuch für israelitische Schulen in 5 Abteilungen’ (Stuttgart 1862), das im Auslande fleißig gebraucht wird, obgleich unsere israelitische Oberkirchenbehörde, deren meisten Mitglieder nicht wohl die wahren Freunde eines solchen Strebens sein können, es nicht offiziell in den württembergischen Schule eingeführt hat. Mit einem wahren Eliasmute aber ist er als wackerer Kämpe in die Schranken getreten, um eine Revision des israelitischen Kirchenwesens in Württemberg zu erstreben, um die jetzt das ganze Land in allen seinen Parteien einstimmig und sehnlich petitioniert. So hat sich sein Verdienst über das Weichbild der Gemeinden hinaus durchs ganze Land nicht nur ausgebreitet und unvergesslich gemacht, sondern auch – gestützt auf 1. Samuel 12,23 – die Hoffnung erzeigt, dass die politische Grenze, die ihn nun von uns trennt, keine Scheidewand zwischen uns sein werde in den religiösen Bestrebungen, die wir bis jetzt gemeinschaftlich unternommen haben, und bald zum segensreichen Ziele führen werden. 
Möge er in Würzburg die Liebe und Achtung finden, die er unter uns besitzt, seine Aufnahme dort so herzlich sein, wie sein Abschied von hier und sein Wirken immer allgemeiner und segensreicher sich enthalten! Im Namen der Freunde im Neckartale, im Taubergrunde und am Donaustrome. S. Levy in Stuttgart."

  
Wiederbesetzung der Lehrerstelle durch Lehrer Emanuel Rothschild (1868)  
Anmerkung: Lehrer Emanuel Rothschild ist am 13. Juli 1841 in Nordstetten geboren. Nach der Seminarzeit im Lehrerseminar Esslingen war er Lehrer in Mühlen (1860), danach in Ernsbach (bis 1868) und Freudental (bis 1878). Seit 1885 war er Gemeindepfleger der israelitischen Gemeinde Stuttgart, 1887 ebenda Kanzleibeamter und Verwalter der israelitischen Zentralkirchenkasse. Er starb am 14. September 1903 in Stuttgart und wurde im israelitischen Teil des Pragfriedhofes beigesetzt.

Freudental Israelit 10061868.jpg (140866 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1868: "Freudental (Württemberg). Die hiesige Schul- und Vorsängerstelle, einst von dem jetzigen Seminarlehrer Stern in Würzburg bekleidet, ist nach Pensionierung des Lehrers Weil nun wieder besetzt. Die Gemeinde hat kein Opfer gescheut, um einen jüngeren tüchtigen Lehrer zur Bewerbung um das doppelte Amt zu ermuntern, indem sie den bisher in Ernsbach angestellten Lehrer und Vorsänger zur Annahme des Dienstes veranlasste. Derselbe wurde denn auch von vielen Gemeindemitgliedern und Vorstehern, namentlich dem Gemeindevorsteher L. Maier, auf der nächsten Eisenbahnstation auf eine ehrenvolle und freundliche Weise empfangen. Am folgenden Sabbat beschränkte sich der sehr ehrenwerte Rabbiner auf die Vorlesung des deutschen HaNoten Teschua, während die Gemeinde erwartet hatte, er werde als Geistlicher und Religionsschulinspektor in seiner bekannten beredten Weise die Investitur benützen, um den Lehrer der Jugend und Vorbeter der Gemeinde vorzustellen und seinen priesterlichen Segen dem Wirken des jungen Mannes zu erteilen. Doch hat Herr Rothschild dessen ungeachtet in seiner auf das Königsgebet folgenden Antrittsrede meisterhaft gezeigt, dass er ach des freien Wortes mächtig und entschlossen ist, im Geiste unserer heiligen Religion in Schule und Synagoge, auf dem Katheder und der Kanzel, die er in Abwesenheit des Rabbinen zu betreten hat, im Privatleben wie im Gemeindehaushalt seiner Pflicht, die er kennt, nachzukommen. Ein einträchtiges Zusammenwirken des Religionsbeamten wird unserer Gemeinde zum Heile gereichen. Schalom al Jisrael (Friede über Israel!)." 

  
Abschied von Lehrer Kahn (1891)  

Freudental Israelit 20051891.jpg (175476 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Mai 1891: "Aus Württemberg. In unserer von antisemitischem Geiste durchwehten Zeit, ist jede Demonstration entgegengesetzter Richtung doppelt beachtenswert. Eine solche ersehen wir aus einem Berichte des württembergischen 'Lehrerheims', Organ für Lehrerfreunde, den wir wörtlich folgen lassen, unsere besten Wünsche für den pensionierten Kollegen mit verbindend. 
'Bezirk Besigheim. Am 1. Oktober fand in dem benachbarten Freudental eine schöne Feier statt, zu welcher sich 20 Lehrer von Besigheim, Bietigheim, Bönnigheim und den umliegenden Orten eingefunden hatten; galt es doch, unserem Freund und Amtsbruder, dem israelitischen Lehrer Kahn, einen kleinen Abschied zu bereiten. Obgleich derselbe erst 56 Jahre alt ist, so sah er sich leider doch genötigt, andauernder Kränklichkeit halber ein Gesuch um seine Pensionierung einzureichen, welchem auch voraussichtlich entsprochen werden wird, worauf Kahn mit seiner Familie nach Heilbronn überzusiedeln gedenkt. Seine Freunde nahmen deshalb Veranlassung, bei dieser Gelegenheit die Aufrichtigkeit, Herzlichkeit und Biederkeit zu erwähnen, die Kahn von jeher seinen Kollegen entgegengebracht hat und ihm zu danken für das Interesse, mit welchem er stets für unsere Bestrebungen und Standesehre eingetreten ist. Schöne Gesänge, humoristische Vorträge und Musikpiecen verschönten den Abend, von dem der Gefeierte rühmte, dass er zu den schönsten seines beruflichen Lebensabends gehöre. Ganz besondere Anerkennung gebührt hierbei den jüngeren Gliedern unseres Standes, die sich so zahlreich dabei einfanden und bemüht waren, ohne Ansehung der Unterschiede des Alters und der Religion einen Akt der Pietät zu üben, durch den sich jeder Mitbeteiligte nur selber ehrt.'
Anschließend an vorstehenden Bericht haben wir noch beizufügen, dass die meisten Teilnehmer christliche Kollegen waren, (jüdische Lehrer gibt es in diesem Bezirke außer Freudental keine), was dem liebevollen Einvernehmen zwischen den verschiedenen Konfessionen erhöhte Bedeutung beimisst. Überhaupt ist von Antisemitismus in Württemberg - Gott sei Dank - keine Rede, und die Lehrerschaft dieses Landes ist, wie viele Vorkommnisse zeigen, gegen diese moderne Pest unempfindlich; und ein friedliches Einvernehmen zwischen Kollegen der verschiedensten Konfessionen herrscht überall. O." 

    
Zum Tod von Oberlehrer Alexander Elsässer (1893)  

Freudental AZJ 03021893 Elsaesser.jpg (19964 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Februar 1893: "Im Alter von 75 Jahren verstarb am 29. Januar der emeritierte Oberlehrer Herr Alexander Elsässer in Crailsheim, einer der ältesten Mitarbeiter unseres Blattes."

          
Hauptlehrer Wochenmark ist als Lehrer in Crailsheim ernannt worden (1920)       

Artikel im "Israelitischen Familienblatt" vom 9. Dezember 1920: "Crailsheim. Am 1. September d. Js. trat Herr Hauptlehrer Jacob Straus nach 47jähriger Lehrtätigkeit, von denen er 27 Jahre in Braunsbach bei Hall und 20 Jahre in der hiesigen Gemeinde ausgeübt hat, in den Ruhestand. Als tüchtiger und pflichttreuer Lehrer und als stimmlich und musikalisch befähigter Vorbeter hat er seine Kräfte in dem schweren und anstrengenden Dienst der Schule und der Synagoge aufgebraucht, so dass er gezwungen war, sich ins Privatleben zurückzuziehen. Möge ihm in seinem großen Familienkreise ein schöner Lebensabend beschieden sein! Zu seinem Nachfolger ist vom Württembergischen Staatsminister Hauptlehrer Wochenmark aus Freudental ernannt worden."  

     
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Preßburger (1927, war 1877 in Freudental tätig)         
Anmerkung: Artikel erschien auch im "Israelitischen Familienblatt" vom 1. Dezember 1927.  

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. November 1927:  "Creglingen. Am 31. Oktober werden es 50 Jahre, seitdem Oberlehrer a.D. Josef Preßburger hier als Religionslehrer und Vorsänger tätig ist. Nachdem er vom 16. Juli 1877 an als Stellvertreter in Freudental ein Vierteljahr tätig wesen, siedelte er am 31. Oktober desselben Jahres als Amtsverweser nach Creglingen über. Seit dem 8. Juni 1883 wirkte er hier als ständiger Lehrer, bis er am 31. März 1924 in den bleibenden Ruhestand versetzt wurde. Aber auch seither ist der jugendlich rüstige Mann weiter als Vorsänger und Religionslehrer hier tätig geblieben. Josef Preßburger hat es in vorbildlicher Weise verstanden, sich durch sein bescheidenes würdiges Betragen, durch seine stete Hilfsbereitschaft und Liebenswürdigkeit die ungeteilte Achtung aller Kreise unseres Ortes zu erwerben. Als Seelsorger der Gemeinde und als ihr Lehrer hat er fast zwei Generationen großgezogen, die mit aufrichtiger Liebe und Dankbarkeit an ihrem verehrten Lehrer hängen. Er hat durch seine Amtsführung nicht wenig zur Achtung seines Berufes und zur Ehre des Judentums beigetragen. Die Lehrer des Landes haben ihm durch die Wahl zu ihrem Vertreter in der Landesversammlung ihr besonderes Vertrauen bewiesen. Preßburger hat dieses Vertrauen im besten Sinne durch eine tatkräftige Wahrnehmung der Lebensinteressen der Religionslehrer des Landes zu rechtfertigen verstanden. Es ist überdies wiederholt auch schriftstellerisch in den jüdischen Zeitungen hervorgetreten. Kurz, er darf als eine der besten und tüchtigsten Lehrergestalten unseres Landes bezeichnet werden. Der Israelitische Oberrat hat die bleibenden Verdienste Preßburger um die Religionsgemeinschaft Württembergs stets dankbar anerkannt und ihm anlässlich seines Jubiläums unter Überreichung einer Ehrengabe seine dankbare Anerkennung und Wertschätzung ausgesprochen. Mögen dem würdigen und wackeren Manne noch viele Jahre ungebrochener Kraft und ungetrübten Glückes beschieden sein!"  

   
Abschied von Lehrer Preßburger in Creglingen - 1877 Lehrer in Freudental (1929)           

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Juni 1929: "Creglingen. Oberlehrer Preßburger, der nun in den wohlverdienten Ruhestand tritt, hielt vor kurzem seine Abschiedsrede im Gotteshaus. In beredten, rührenden Worten schilderte er sein Wirken in der hiesigen Israelitischen Gemeinde während nahezu 52 Jahren. Preßburger verließ das Esslinger Seminar mit 18 Jahren und, nachdem er in den Gemeinden Laupheim und Freudental als Hilfslehrer tätig gewesen, wurde ihm die hiesige israelitische Schulstelle als Lehrer und Kantor zugeteilt. Mit 19 Jahren war es für ihn nicht leicht, den Anforderungen, die man an ihn stellte, gerecht zu werden. Der Redner sagte dann auch, dass er stets bemüht gewesen sei, die Harmonie der Gemeinde zu pflegen. Von allen bei seinem Amtsantritt lebenden verheirateten Männern und Frauen sind nur noch zwei Witwen am Leben. In den 52 Jahren seines Wirkens hat er in Freud und Leid den Mitgliedern der Gemeinde seine Teilnahme jederzeit bewiesen. Es war auch sein Bestreben, seine Schüler in der langen Zeit seiner Tätigkeit zu tüchtigen Menschen heranzubilden, die in der Welt ihr Fortkommen finden konnten. Möge es dem Scheidenden vergönnt sein, in steter Rüstigkeit seinen Lebensabend froh im Kreise seiner Familie und Gemeinde zu verbringen!  
Lehrer Katzenstein aus Frankfurt am Main hat als Nachfolger Preßburgers sein Amt angetreten."           

   
Wiedereröffnung der Israelitischen Privatschule (1935)                    

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juni 1935: "Freudental. Am 28. April wurde hier in feierlicher Weise die israelitische Privatschule wieder eröffnet. Gesang der Schulkinder leitete die Feier ein. Hierauf begrüßte Vorsteher Jordan als Vertreter des Kollegiums die Gäste. Der Redner umriss die Bedeutung der Wiedereröffnung der jüdischen Schule und zeichnete ihre großen Aufgaben. Er betonte besonders die Verantwortung der Schulleiters und unterstrich die Notwendigkeit des Kontaktes zwischen Schule und Elternhaus. Rabbiner Dr. Tänzer beglückwünschte die Gemeinde zur Wiedereröffnung ihrer Schule, mit der man schon früher die besten Erfahrungen gemacht habe, ist doch in Freudental vor 116 Jahren die erste jüdische Schule in Württemberg eröffnet worden. Dr. Tänzer ermahnte den Lehrer, die Schüler treu zu hüten und dafür zu sorgen, dass sie als tüchtige Menschen ins Leben treten. Lehrer Meisner hob hervor, dass die neue Schule andere Aufgaben hat wie die, die 1920 ihre Pforten Schloss. Er betonte, dass sich die Schule immer an der Wirklichkeit erneuern müsse. In Schaffensfreude sollen Lehrer und Schüler eine Gemeinschaft werden. - Die Kinder trugen noch Gedichte vor und sangen jüdische Lieder, wofür sie durch eine süße Überraschung belohnt wurden. Die Schulfeier war für alle Gemeindemitglieder ein Erlebnis."             

     
     
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben 
Gründung eines Wohltätigkeitsvereines (1856)  

Freudental AZJ 14011856.jpg (163660 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Januar 1856: "Aus Württemberg, im Dezember. So sehr es immer mehr den Anschein gewinnt, als wolle in unserem großen deutschen Vaterlande und den vielen kleinen Vaterländern die politische Reaktion wieder Front gegen die Juden machen und die abgelebte Ghetto-Zeit und Herrschaft wieder herbeiführen, so erfreulich ist es von der anderen Seite wahrzunehmen, wie die Juden sich immer mehr nach innen konsolidieren, immer kräftigere und herrlichere Früchte echt jüdischen Geistes hervortreiben, und für den Druck, den sie von außer her erfahren, desto mehr von innen heraus erstarken, und es immer mehr beweisen, dass ein unverwüstlicher Fonds von religiös-moralischer Stärke in ihnen walte, der trotz alles Hohns und aller Zurücksetzung nicht abgeschwächt wird. Folgendes mag als Beleg für diese allgemeine Bemerkung dienen. In den kleinen Gemeinde Freudental – sie zählt nicht mehr als 67 Familien, unter welchen viele Arme sich befinden – hat sich kürzlich auf Anregung des dortigen Rabbinen Grünwald ein Verein unter dem Namen Chawerat Hachnassat Kala gebildet. Dadurch, dass ein geringer Jahresbeitrag zum Vereine festgesetzt wurde, ist die Zahl der Mitglieder desselben umso größer und es beträgt deren Zahl bereits 48. Außer den regelmäßigen jährlichen Beiträgen ist unter anderem der Zehnte vom Zehnten bei Hochzeiten als Einnahmequelle bezeichnet. Vorläufig ist das Minimum des einem Mädchen abzureichenden Beitrags auf 200 Gulden und das Maximum auf 300 Gulden festgesetzt. Wer da weiß, wie groß die Sorge so vieler Familienhäupter wegen der Versorgung ihrer Töchter ist, der wird das Wohltätige eines solchen Zwecks zu würdigen wissen. In derselben Gemeinde besteht schon seit längerer Zeit ebenfalls auf Anregung des genannten Rabbinen ins Leben gerufen, ein anderer Verein, durchreisende israelitische Arme aus einer gemeinschaftlichen Kasse zu unterstützen. Dieser Verein zählt fast sämtliche Gemeindegenossen zu Mitgliedern, von denen zwei aufgestellt sind, der Eine zur Abgabe der Marken, und der Andere zur Ausbezahlung des bezeichneten Wertes an die Armen. Es soll hierdurch erstens der berufsmäßige Bettel allmählich abgeschafft
Freudental AZJ 14011856a.jpg (103328 Byte)werden; zweitens sind von den herumziehenden Armen die Minderbemittelten und Armen ebenso in Anspruch genommen worden, als die Wohlhabenden und so haben die einheimischen Armen, um die herumziehenden, von Haus zu Haus wandernden Armen nicht leer weggehen zu lassen, denselben eine Gabe gereicht, die sie für ihre und der Ihrigen Erhaltung vielleicht viel notwendiger brauchen konnten. Drittens wird hauptsächlich durch einen solchen Verein das erzielt, dass durch die Ordnung und die durch dieselbe herbeizuführende Ersparnis in den Ausgaben für herumziehende Arme ein Namhaftes erübrigt wird, das zu besserer Unterstützung der bekannten würdigen Armen im Orte und in der Umgegend verwendet werden kann. Von den weiteren in der genannten Gemeinde bestehenden wohltätigen Vereinen soll nur noch der eine genannt werden, der unter dem Namen Chässäd weEmet den Zweck hat, die bei Sterbefällen entstehenden Unkosten, als für Wächter, Beerdigung usw. durch freiwillige Beiträge aus einer gemeinschaftlichen Kasse zu decken, und, um das Zartgefühl der Armen zu schonen, diese Kosten auch bei den Bemittelten übernimmt, die aber ihrerseits die vom Vereine für sie gemachten Auslagen demselben durch freiwillige Spenden beim Aufrufen zur Tora wieder ersetzen". Das Nachfolgende bezieht sich auf die Geschichte des Israelitischen Waisenhauses Esslingen.  

    
Der Rabbiner und der Lehrer werden von den religiösen Vereinen unterstützt (1859)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Mai 1859: "In Freudental zahlen die Brüderschaften Talmud Tora etc. 100 Gulden jährlich an den Rabbinen zu gleichem Zwecke. In beiden Gemeinden (sc. voraus ging ein Bericht aus Oberdorf) aber sind die Lehrer noch besonders für die 'Erteilung des hebräischen Unterrichts an der Volksschule bezahlte und dürfen sich diese Opferbereitwilligkeit unsere schwäbischen und andere deutsche Gemeinden wohl zum Muster nehmen."      

   
Konfirmationsfeier (Nachfeier für zwei Kinder) in der Synagoge durch Rabbiner Haas (1869)   
Hinweis: die unwürdige Nachfeier für zwei Kinder wird in der Zeitschrift "Der Israelit" kritisiert.      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1869: "Aus Württemberg, 11. August (1869). Die Unsterblichkeit der Konfirmation ist konstatiert; den Beweis dafür hat Herr Rabbiner Haas in Freudental erbracht, indem er am vorigen Sabbat Paraschat 'denn bisher seid ihr noch nicht zu der Ruhe gelangt...' (5. Mose 12,9) eine Nachfeier der am normalen ersten Wochenfesttage von zwei Kindern versäumten Konfirmation in der Art --- wir wissen nicht ob aus eigenem Erfindungsgeist oder nach höherer Weisung - veranstaltete, dass die beiden noch ungeweihten Kinder - ein Mädchen aus dem Filial Zaberfeld und ein Knabe der Muttergemeinde selbst  nach dem Mincha-Gottesdienst in der Synagoge zurückgehalten wurden, um das heilige Sakrament der Konfirmation nachträglich zu empfangen und in den Schoß der mosaischen Religion aufgenommen zu werden, der sie bis dahin bloß durch Geburt und Erziehung angehört hatten. Bekanntlich muss in Württemberg ein Rabbiner die Leiche nur dann begleiten, 'wenn sie eine konfirmierte Person war.' (Syn. Ord. Kap. X § 7). Die Gemeinde war zur Teilnahme an dem seltenen noch alleinstehenden Akt eingeladen worden, allein als das Kapitel zu Ende war, das mit den Worten schließt..., verließen doch alle Synagogenbesucher das Gotteshaus bis auf 4 oder 5 Zuhörer; selbst die sonst so gefügigen Herren Vorsteher zogen ihre dritte Mahlzeit der Prozession vor, die sie ordentlicherweise am Schawuot bei verschlossener Türe vornehmen lassen, um das Fortlaufen zu verhüten; nicht einmal die Eltern der einzusegnenden Kinder verherrlichten das Fest der Konfirmationsnachlese durch ihre Gegenwart; bloß der gefällige Lehrer und Vorsänger ließ sich trotz seiner Heiserkeit erbitten durch einen Choralgesang der Schüler vor und nach der Haupt-Szene das Weihefest zu verschönern. Und doch wäre das Zeitopfer von Seiten der Zuhörer nur klein gewesen, da es der memorierten Antworten nur 3, sage mit Worten drei statt der vorgeschriebenen 48 (!!) waren. Diese Vorstellung war also gewiss sehr kurz.  Die Kinder hatten sich natürlich dagegen gesträubt, alles auswendig zu lernen und so kam man im Wege des Vergleichs auf 1/16 des Ganzen und auf die Sabbatvesperzeit überein, nur um die Kontinuität des einträglichen Konfirmierens nicht zu unterbrechen, kein böses Exempel zu geben für künftige Jahre und den Leuten es plausibel zu machen, als ob die Konfirmation trotz des Ministerialerlasses noch eine Zwangsanstalt wäre, die jeder besuchen müsse. Die Pastoralklugheit des Rabbinen ist wirklich zu bewundern und die Art, wie er diesen Lebensbaum zu pflegen versteht. ... Nur ein Baum, von dem du weißt, dass er kein Fruchtbaum ist, den magst du vernichten und umhauen (5. Mose 20,20). Wir hoffen, dass in Zukunft oft Gelegenheit sein wird, das gegebene Beispiel nachzuahmen und dass die Ausnahme zur Regel werde!"               

    
Treffen der Ortsgruppe des "Verbandes der Sabbathfreunde" in Freudental (1909)            

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Mai 1926: "Freudental. (Württemberg), 29. März. Am vergangenen Sabbath Nachmittag nach Mincha versammelten sich die Mitglieder unserer Ortsgruppe mit Frau und Kind im Saale zum 'Lamm', um den Bericht unseres Delegierten bei dem letzten Delegiertentag, des Herrn Rabbiner Dr. Kahn - Esslingen, entgegenzunehmen. Herr Dr. Kahn gab eine lebhafte Schilderung der beiden Feiertage der gesetzestreuen Judenschaft Deutschlands und beschrieb, wie imposant die Masse frommer Juden war, wie diese Menge gleichstrebender und gleichgesinnter Glaubensgenossen den Mut der Versammlungsbesucher belebte und in allen den Entschluss mächtig entfachte und bestärkte, draußen im Leben für die gute Sache des altangestammten Judentums zu arbeiten und zu werben. Redner hob die Einmütigkeit hervor, welche in den verschiedenen Vollversammlungen und den zahlreichen Gruppensitzungen die Mitarbeitenden und Zuhörer beseelte, die Freude, welche besonders bei der Begrüßungsversammlung im Wiedersehen der aus allen Windrichtungen eingetroffenen Bekannten, Freunde und Gesinnungsgenossen sich zeigte. Der Berichterstatter zählte die verschiedenen Korporationen auf, welche an diesen Tagen in Frankfurt zusammen kamen, und gab eine kurze Angabe über den Inhalt der Verhandlungen. Auch über die neuerlich in Württemberg abgehaltenen Versammlungen machte der Redner einige Mitteilungen. Mit Interesse und lebhafter Spannung folgte die Versammlung den Darlegungen, dadurch ihrer Genugtuung über die Fortschritte der gesetzestreuen Sache und das kräftige Gedeihen ihrer Organisationen und deren Bemühungen, das religiöse Leben insbesondere auf dem Lande zu heben, Ausdruck gebend. Nachdem unser Herr Rabbiner seinen mit lebhaftem Beifall gelohnten Vortrag geschlossen hatte, erhob sich Herr Wolf Blum, sprach den Dank der Versammlung und die Freude der Zuhörer über das Gehörte aus. Diese brachten ein Hoch auf den Redner aus. Alsdann schloss der Vorsitzende, Herr Lehrer Rödelsheimer die fast von der ganzen Gemeinde besuchte Versammlung."          

        
Predigt und Vortrag von Bezirksrabbiner Dr. Beermann aus Heilbronn (1926)           

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Mai 1926: "Freudental. Bezirksrabbiner Dr. Beermann - Heilbronn predigte am Sabbath, den 1. Mai, in der hiesigen Gemeinde zur großen Freude aller Gemeindegenossen. Sein Vortrag über die heutige Lage der deutschen Juden fand begeisterte Aufnahme. Die eindrucksvollen Darlegungen des Redners werden noch lange in der Gemeinde nachwirken."          

         
Festsetzung der Rabbinatsbeiträge (1926)       
Anmerkung: das Bezirksrabbinat war damals Stuttgart II
.     

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Dezember 1926: "Die Gemeinden des Bezirksrabbinats haben zu den Rabbinatsbeiträgen, welche die Sitzgemeinden für den betreffenden Beamten an die Zentralkasse zu leisten haben, folgende Beiträge zu bezahlen: Cannstatt 12 1/2 von hundert, Esslingen und Ludwigsburg 5 von hundert, Freudental den Betrag, den die Gemeinde nach den bisherigen Bestimmungen aufzubringen hätte, wenn sie den Bezirksrabbinat Heilbronn angehören würde. Diesem Antrag wurde stattgegeben.  ."           

           
Vortrag von Bezirksrabbiner Dr. Beermann aus Heilbronn (1927)         

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Februar 1927: "Freudental. Im Anschluss an seine dienstliche Turnusreise hielt Bezirksrabbiner Dr. Beermann - Heilbronn im Auftrag der hiesigen Ortsgruppe des Zentralvereins deutscher Staatsangehöriger jüdischen Glaubens einen Vortrag über die Aufklärungsarbeit des Zentralvereins und über die heutige Lage des deutschen Judentums. Der Redner verstand es, seine Zuhörer zu fesseln, so dass reicher Beifall seine Ausführungen lohnte. Von allen Gemeindemitgliedern wurde der Wunsch nach einer Wiederkehr derartige Veranstaltungen lebhaft geäußert."          

               
Gemeindeabend mit Ansprache, Theaterstück u.a.m. (1929)       

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Mai 1929: "Freudental. Nach langen geselligen Winterabenden wurde am 13. April ein Gemeindeabend unter Leitung von Lehrer Warscher veranstaltet. Auf eine Ansprache von Lehrer Warscher folgte ein von den Damen Rita und Emmi Weil und Irwin Stein gespieltes Theaterstück. Hernach erfreuen die Herren Julius und Erich Jordan sowie Lehrer Warscher durch humorvolle Darbietungen. Nachdem unsere Gemeinde lange Jahre einen geistigen Führer entbehrt hat, wird die Tätigkeit von Lehrer Warscher besonders begrüßt. Es ist zu hoffen, dass solche Abende noch öfters in unserer Gemeinde stattfinden."     

          
Vortrag von Lehrer Warscher im Saal der evangelischen Volksschule (1929)        
Anmerkung: "Christlich-jüdischer Dialog" Ende der 1920er-Jahre fand offenbar auch in Freudental statt. Dies war in der Zeit des "Jüdischen Lehrhauses" in Stuttgart, das hier von seiner Gründung 1926 bis zu seiner erzwungenen Schließung 1938 bestand. Ziel des Lehrhauses war es, dem Verlust jüdischer Identität anhand einer neuen Form der Erwachsenenbildung entgegenzuwirken. Durch Rückbesinnung auf die jüdische Religion und Kultur sollte eine neue Gemeinschaft entstehen. Das Jüdische Lehrhaus ist vor allem als eine Bildungseinrichtung bekannt geblieben, die sich unter der Federführung des Religionsphilosophen Martin Buber um einen Dialog zwischen Juden und Christen bemühte.
 

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. August 1929: "Freudental. Am 29. Juni hielt Lehrer Warscher im Saal der evangelischen Volksschule einen Vortrag über das Thema: 'Was sagt die moderne Geschichtsforschung über den Aufenthalt Israels in Ägypten' Unter den geladenen christlichen Zuhörern waren auch der hiesige Pfarrer und der Stadtpfarrer von Bietigheim anwesend. Einleitend sprach der Redner über die Methoden der modernen Bibelwissenschaft, schilderte, wie sie lange die Darstellung der Bibel als ungeschichtlich verworfen habe, wie aber in der Gegenwart Funde und Ausgrabungen die geschichtliche Treue der biblischen Überlieferung aufs glänzendste bestätigt hätten. Dann zum eigentlichen Thema übergehend, ließ Warscher vor dem geistigen Auge der Zuhörer die Hyksos-Periode erstehen, die gewaltigste Katastrophe der altägyptischen Geschichte, berichtete, wie Joseph und die Jakobsfamilie unter dem semitischen Fremdherrscher Apopi nach Ägypten gelangten und schilderte die kulturhistorische und religiöse Entwicklung der israelitischen Stämme in Gosen. Lehrer Warscher zeigte dann, wie die Verjagung der Hyksos durch die altägyptische Königsdynastie eine Verschlimmerung der Lage der Israeliten in.Gosen herbeiführte. Indem er aus die Bautätigkeit Ramses-Meriamon zu sprechen kam, berichtete er von den: Zeugen der Fronarbeit Israels in Ägypten. Der Vortragende sprach dann über die Steigerung des Druckes unter Pharao Mernephta, des Zeitgenossen Moses, und entwarf ein Bild vom Auszug aus Ägypten. Der Vortrag, erläutert durch eine Wandkarte Altägyptens, fand den reichen Beifall Zuhörerschaft. Pfarrer Sailer von Freudental dankte dem Vortragenden für seine interessanten Ausführungen und erklärte, dass auch die christliche Kirche an der Echtheit und Richtigkeit der biblischen Darstellung festhalte."         

          
Purimfeier der jüdischen Jugend mit der Gemeinde (1930)           

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 15. April 1930: "Freudental. Die jüdische Jugend hatte am 4. März die Gemeinde zu einer kleinen Purimfeier eingeladen. Nach einer Ansprache von Lehrer Warscher wurde ein Lustspiel von den Damen Emmi Weil, Rita Weil, Betti Stein und den Herren Warscher, Irwin Stein, Josef Weil und Erich Jordan mit großem Beifall aufgeführt. Es folgt dann noch einige humorvolle Darbietungen von Joseph Stein und Lehrer Warscher, gewandt begleitet von Hedwig Wertheimer und andere Vorträge."         

     
Eine zunächst geplante 200-Jahrfeier zur Freudentaler Judenordnung wird vorläufig verschoben (1931)            

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Juli 1931: "Freudental. Die hiesige israelische Gemeinde, am 1. Oktober 1731 laut Schutzbrief gegründet, kann in diesem Jahre auf ein 200-jähriges Bestehen zurückblicken. Der Israelitische Oberrat hat gemeinsam mit dem hiesigen Vorsteheramt die Feier des Jubeltages auf 18. Oktober festgesetzt"     
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1.Oktober 1931: "Freudental. Am 1. Oktober 1731 hat die Gräfin Christine Wilhelmina von Würben die Freudentaler Judenordnung erlassen. Die Israelitische Gemeinde Freudental hatte beabsichtigt, die Erinnerung hieran durch eine Feier zu begehen, da sie aus dieser Verordnung den Bestand der Gemeinde ableitet. Durch die Ungunst der wirtschaftlichen Lage hat sich die Gemeinde jedoch veranlasst ge­sehen, die Feier vorläufig zu verschieben. Freudental war lange Zeit Sitz eines Rabbinats. Nachdem während der Inflationszeit die Lehrerstelle vorübergehend nicht besetzt war, ist diese vor einigen Jahren wieder errichtet worden. Sie wird zur Zeit durch Lehrer Wolf Berlinger aus Berlichingen versehen."      

       
Gemeindebesuch von Bezirksrabbiner Dr. Tänzer aus Göppingen sowie Vortrag von Rabbiner Mayer (1933)              

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. März 1933: "Freudental. Bezirksrabbiner Dr. Tänzer, Göppingen, weilte vom 13. bis 15. Januar in unserer Gemeinde. Bei einem Gemeindeabend um 14. Januar nahm er die Verpflichtung des neuen Religionslehrers vor und hielt dann einen ausgezeichneten Vortrag über den Werdegang der jüdischen Gemeinde Freudental. — Am 22. Januar sprach Rabbiner Mayer im Auftrag der 'Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums'; sein Vortrag bedeutete einen starken Appell zur Aktivierung des jüdischen Lebens."       

           
Wechsel im Vorsitz des Israelitischen Frauenvereins von Klara Jordan zu Sidonie Herrmann (1935)                      

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juni 1935: "Freudental. Nach zwölfjähriger unermüdlicher Tätigkeit als Vorsteherin des Israelitischen Frauenvereins ist Frau Klara Jordan aus Gesundheitsrücksichten zurückgetreten. Frau Jordan hat es verstanden, mit allen Vereinsmitglieder freundschaftlich zusammen zu arbeiten. Ihre ganze Freizeit hat sie dem Verein und der Gemeindearbeit freudig gewidmet. Zuletzt hat Frau Jordan die Verbindung mit anderen Frauenvereinen angeregt. Und hoffentlich wird auch recht bald der hiesige Frauenkreis sich dem jüdischen Frauenbund anschließen. Als die jüdische Nothilfe in Stuttgart gegründet wurde, erkannte Frau Jordan sofort die Bedeutung dieser Organisation und ermöglichte deren Förderung. Das vorbildliche Wirken der hilfsbereiten Frau, deren Nachfolgerin Frau Sidonie Hermann ist, verdient vollste Anerkennung."          

         
Vortrag von Heinz Koch (Heilbronn) (1935)             

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1935: "Freudental. Hier und in Bonfeld sprach Heinz Koch (Heilbronnl über 'Palästina und der Zionismus'."         

         
         
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde       
Löb Rosenstein vermacht der Gemeinde einen Betrag zur Armenunterstützung (1867)  

Freudental Israelit 10071867.jpg (31783 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juli 1867: "Freudental, im Juni (1867). Durch letztwillige Verfügung über seinen Nachlass hat der verstorbene Kaufmann, Herr Moses Löb Rosenstein in Frankfurt am Main, die hiesige israelitische Gemeinde mit dem ansehnlichen Vermächtnisse von 5.000 Gulden als Stiftung zur Armenunterstützung bedacht." 

  
Spende von Vorsteher Moses Löwe für die Armen im Heiligen Land (1865)  

Freudental Israelit 22021865.jpg (93130 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Februar 1865: "Karlsruhe. Die israelitische Gemeinde Freudental im Königreich Württemberg hat zu den vielen Beweisen des dort herrschenden echt religiösen Sinnes, gepaart mit hingebender Opferfreudigkeit, einen neuen hinzugefügt, indem der dortige Vorsteher, Herr Moses Löwe, vor einigen Tagen mit die Summe von 150 Gulden zum besten unserer bedrängten Brüder im heiligen Lande im Namen der Gemeinde zugestellt hat.
Ehre dieser hochherzigen Gemeinde und Ehre ihren Vertreter. – Ich hoffe, demnächst Ihnen auch von einer ansehnlichen Stiftung eines in hiesiger Stadt vor mehreren Jahren verstorbenen würdigen Mannes, gleichfalls zum Behufe der Unterstützung der Armen in Jerusalem, Näheres berichten zu können. Der Generaleinnehmer für die Armen im heiligen Lande für das Großherzogtum Baden und das Königreich Württemberg. B.H. Wormser". 

  
Zum Tod von Lehmann Maier (1869)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April 1869: "Freudental (Württemberg). Unsere Gemeinde hat einen großen Verlust erlitten durch den nach langwieriger, hoffnungsloser Krankheit am 23. vorigen Monats erfolgten Tod unseres Mitbruders Lehmann Maier, Mitgliedes des hiesigen Vorsteheramts und Förderers der orthodoxen Bestrebungen in unserem Lande. Ans einem Grabe sprach nur sein Jugendfreund, der pensionierte Lehrer S. Levy von Stuttgart, etliche Worte des Nachrufs. Von Würzburg her aber war auf telegraphischen Ruf Herr Seminarlehrer Stern, früher hier angestellt, hierher geeilt, um dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Dieser hatte nämlich in seinem Testamente angeordnet: 'Mein lieber treuer Freund Stern soll mir die Leichenrede halten, nötigenfalls in meinem Hause. Ich grüße ihn!' Herr Stern sprach deshalb im Trauerhause um die Worte des Toten gültig zu machen in meisterhafter Weise die Wahrheit von dem Entschlafenen, den er so genau kennengelernt hatte. Lehmann Maier war nicht nur der reichste Mann seiner Gemeinde, sondern er ließ auch keinen Armen ohne Hilfe, keine gute Sache ohne Unterstützung. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

   
Lob der Opferfreudigkeit der Gemeinde und Tod des Kusiel Uhlmann (1877)  

Freudental Israelit 22081877.jpg (198335 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. August 1877: "Freudental (Württemberg). Die hiesige Gemeinde zählt zu denjenigen, welche im Besitze aller erforderlichen religiösen Institutionen, es an der Pflege derselben nicht fehlen lassen. Sowie sie bei Sammlungen für mildtätige und edle Zwecke, selten anders als in den vordersten Reihen zu treffen ist, ebenso tritt eine anerkennungswerte Opferfähigkeit in ihrer Mitte hervor, überall wo es die Erhaltung der religiösen Institute in gutem Zustande, insbesondere auch die Förderung der vielen hier bestehenden Chawerot (Vereine), als für Chässad weEmet, Hachnassat Kala (Brautaussteuer), Talmud und Tora, Wohltätigkeit etc. gilt. Es wird so reichlich, in diese nützlichen und wohltätige Vereine, insbesondere an den heiligen Festen gespendet, dass dieselben ihre Zwecke stets ungeschmälert erfüllen können. Es lässt sich nicht leugnen, dass auch die jüngere Generation sich von den religiösen Pflichten nicht lossagt, die ihre Eltern in so vollem Maße erfüllen. Das ist wohl in unserem Tagen nicht so häufig, dass es der Erwähnung in Ihrem geschätzten Blatte nicht wert wäre. Wenn ich auch nicht liebe, da wo es sich um Zustände handelt, von Persönlichkeiten zu reden, so ist es mir doch nicht möglich, diesen Bericht zu schließen, ohne eines ehrwürdigen 74 Jahre alt gewordenen Greises zu erwähnen, dem am vergangenen Sonntag alle Gemeindeangehörige, jung und alt, das Geleite zu seiner letzten Ruhestätte gaben. Er gehörte nicht zu den reichsten, aber gewiss zu den wohltätigsten der Gemeinde, der Chawer Herr Jekutiel (Kusiel) Uhlmann, dies der Name des Verewigten war, wie vom Rabbiner in der Trauerrede an dessen Grabe mit Recht betont wurde, ein Mann, voll friedlicher Gesinnung, ein Mann der Gerechtigkeit und ein Mann der Wohltätigkeit im rechten Sinn des Wortes, der allwöchentlich am Freitag die Armen des Ortes bedachte, aber auch bei Sammlungen für Not leidende Brüder in der Ferne sich am reichlichsten – es wird hiermit nicht zuviel gesagt – beteiligte.
Was die Gemeinde noch sonst an diesem Manne verloren, wird ihr namentlich an den bevorstehenden ernsten Tagen tief ins Herz dringen; denn er hat an diesen Tagen ca. 50 Jahre lang als Schofarbläser und ehrenamtlicher Vorbeter auch insbesondere durch seine vorzügliche Stimmbegabung innige Andacht in den Gemütern der Betenden entzündet und fromme Gefühle in ihrem Inneren wachgerufen. Sein Ruf als guter Jehudi und trefflicher Vorbeter ging über das Weichbild Freudentals hinaus. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

 
Wiederwahl der jüdischen Gemeinderäte Hermann und Löwe (1887)   

Freudental AZJ 29121887.jpg (69249 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Dezember 1887: "Aus Württemberg, 18. Dezember. Im laufenden Monat wurden im Lande die Gemeinderats-(Magistrats-)wahlen vorgenommen. Während in der Hauptstadt der einzige jüdische Kandidat bei der überwiegend konservativen Bevölkerung in der Minderheit blieb, haben in mehreren Landorten die Israeliten einige Siege zu verzeichnen. In Freudental wurden die beiden austretenden Gemeinderäte Hermann und Löwe, mit großer Majorität wieder gewählt. Ersterer ist schon 42 Jahre in Gemeinderat und war schön öfters Verweser des Ortsvorstandes, wurde auch wegen seiner Verdienste als langjähriger Gemeindepfleger mit der silbernen Zivilverdienstmedaille ausgezeichnet. Auch in Laupheim wurden die beiden jüdischen Kandidaten wieder gewählt."

 
50-jähriges Jubiläum von Israel Herrmann als Rechner und Stiftungspfleger der Gemeinde (1889)  

Freudental Israelit 12121889.jpg (63836 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1889: "Freudental, 11. Dezember (1889). Nächsten Montag feiert die hiesige israelitische Gemeinde ein seltenes Fest. Es ist das 50jährige Jubiläum des Rechners und Stiftungspflegers der jüdischen Gemeinde. Der Jubilar, der seit 40 Jahren auch dem Gemeinderat angehört, erhielt dieser Tage durch die Gnade unseres erlauchten Königs die goldene Zivilverdienstmedaille, nachdem er vor 10 Jahren bereits die silberne empfangen hat. Der Jubilar Israel Herrmann, ist 81 Jahre alt und erfreut sich noch seltener Rüstigkeit. Lehrer Rosenberger in Freudental."

 
Jubiläumsfeier für Israel Herrmann (1889)  

Freudental Israelit 19121889.jpg (94248 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1889: "Freudental, 17. Dezember (1889). Über die Jubiläumsfeierlichkeit des hiesigen Kirchen- und Stiftungspflegers, Israel Herrmann, ist folgendes zu berichten: Am Sonntagabend brachte der Liederkranz dem Jubilar ein Ständchen. Am Montag früh begab sich das Kirchenvorsteheramt in die Wohnung des Jubilars und überreichte unter den herzlichsten Glückwünschen einen silbernen Pokal. Nun folgte der Ortsvorsteher mit einer Deputation der bürgerlichen Kollegien. Abends vereinigten sich die bürgerlichen Kollegien, das Kirchenvorsteheramt und eine Anzahl Bürger zu einem Festmahl im Gasthaus zum Lamm. Während des Essens wurden verschiedene Toaste ausgebracht. Der Ortsvorstand gedachte Seiner Majestät unseres geliebten Königs Karl. Alsdann folgten Lehrer Rosenberger dahier und Herr Rothschild, Sekretär der Königlichen israelitischen Oberkirchenbehörde in freier Rede auf den Jubilar, während Lehrer Spatz von Affaltrach, ein Großneffe des Jubilars, die in gebundener Rede tat. Nach dem Essen erschien der Gesangverein und bei dessen fröhlichen Weisen ging die Zeit rasch dahin."

 
Auszeichnung für Israel Hermann (1889)   

Freudental Israelit 24121889.jpg (20506 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1889: "Vom Oberamt Besigheim. Dem israelitischen Gemeinde- und Stiftungspfleger Hermann in Freudental ist von Seiner Majestät dem König von Württemberg die goldene Zivilverdienstmedaille verliehen worden."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Dezember 1889: "Seine Königliche Majestät haben dem israelitischen Kirchen- und Stiftungspfleger Herrmann in Freudental die goldene Zivilverdienstmedaille verliehen."       
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. April 1890: "Durch Seine Majestät den König Karl wurde dem Gemeinderat, israelitischen Gemeinde- und Stiftungspfleger I. (statt: F) Hermann in Freudental bei Stuttgart zu seinem 50-jährigen Dienstjubiläum die goldene Zivildienstmedaille verliehen."    

  
Zum Tod von Hirsch Loewe (1900)  

Freudental Israelit 26111900.jpg (123373 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1900: "Freudenthal (Württemberg), 26. Cheschwan (= 18. November 1900). Ein auch in weiteren kreisen rühmlichst bekannter Mann wurde heute zu Grabe getragen. Hirsch Loewe, der das hohe Alter von nahezu 80 Jahren erreichte, ist nach kurzem Krankenlager von uns geschieden und hat, wie Herr Lehrer Friedmann in trefflicher Schilderung seiner Verdienste mit Recht beklagte, eine merkbare Lücke in unserer Gemeinde hinterlassen. Geben nicht schon das bis zu seinem Tode innegehabte Amt eines Gemeinderates, wie auch die langjährige Tätigkeit als Kirchenvorsteher, beredtes Zeugnis für das Vertrauen, das der Verblichene allseitig genoss, so war sein Denken und Fühlen, seine Hingebung im Dienste unserer heiligen Religion der Ausfluss lauterer, wahrhaft gottesfürchtiger Gesinnung. In uneigennütziger Weise hatte der Verstorbene als Mohel fungiert und als ehrenamtlicher Vorbeter stets durch seinen innigen Vortrag die Hörer erquickt. Körperliche Beschwerden, mit denen der Heimgegangene in letzter Zeit mehr wie sonst zu kämpfen hatte, bildeten für denselben kein Hindernis, wenn er beim Gottesdienste mitwirken konnte, und so hat er sich an Sabbat Noach (Schabbat mit der Toralesung Noach = 1. Mose 6,1 - 11,32, das war am 27. Oktober 1900) noch dazu aufgerafft, vertretungsweise zu 'lainen' (vorbeten). 
In der auf Wunsch des Dahingeschiedenen von dessen Neffen, Herr Rabbiner Dr. J. Levi - Alzey - gehaltenen Trauerrede wurden die Tugenden des Heimgegangenen dem zahlreichen Publikum in begeisterten Worten vor Augen geführt, seine Friedensliebe, Gastfreundschaft, sein stets hilfsbereites und wohltätiges Wirken verdientermaßen als leuchtende Beispiele hingestellt. - 
Mit dem edlen Manne wetteiferte in frommen Werken seine Gattin; mögen sie und die Kinder Trost und Stärkung schöpfen aus der Erkenntnis, dass Gott der Annehmer der Witwen und der  Sachverwalter der Waisen ist. Psalm 68,6: Vater der Wasen und Richter der Witwen (ist Gott in seiner heiligen Wohnung.  

    
Wahl von Dr. Levi zum Oberrabbiner in Krefeld (1904)   
  
Anmerkung: Rabbiner Dr. Joseph Levi (geb. 13. Februar 1865 in Freudental, gest. 1. Juni 1930 in Krefeld): studierte von 1884 bis 1892 in Breslau, wurde 1888 in Tübingen promoviert; war von Oktober 1891 bis 1904 Rabbiner und Religionslehrer am Lehrerseminar in Alzey, seit Oktober 1904 Oberrabbiner in Krefeld; um 1917 Feldrabbiner im Westen; im Januar 1928 trat er in den Ruhestand. 
Link: Guide to the Papers of Joseph Levi (1865-1930), 1901-1914.
 

Freudental FrfIsrFambl 05081904.jpg (90805 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. August 1904: "Krefeld. Der Vorstand und die größere Vertretung der hiesigen israelitischen Gemeinde hat anstelle des auf seinen Wunsch zum Herbste dieses Jahres in den Ruhestand tretenden Herrn Oberrabbiner Dr. Horowitz den jetzigen Bezirksrabbiner in Alzey (Rheinhessen), Herrn Dr. Levi, einstimmig zum Oberrabbiner gewählt. Diese Wahl wird von der ganzen israelitischen Gemeinde mit lebhafter Freude begrüßt, da die von Herrn Dr. Levi in seiner Probepredigt dargelegten Anschauungen und Grundsätze allseitigen Anklang fanden. Herr Dr. Levi ist am 13. Februar 1865 in Freudental, Königreich Württemberg geboren. Nach Absolvierung des Königlichen Karlsgymnasiums in Heilbronn, wurde er zu Beginn des Wintersemesters 1884 als ordentlicher Hörer des jüdisch-theologischen Seminars in Breslau aufgenommen, hörte von derselben Zeit an die Vorlesungen der philosophischen Fakultät der dortigen Universität und promovierte Januar 1888 in Tübingen. Von Oktober 1890/1891 genügt er in München seiner Militärpflicht. Nach bestandener Abhangsprüfung am Seminar in Breslau übernahm er die Stelle eines großherzoglichen Bezirksrabbiners in Alzey". 

 
Zur Goldenen Hochzeit von Abraham L. Wertheimer und Pauline geb. Stern (1909)  

Freudental Israelit 14101909.jpg (113233 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1909: "Freudental (Württemberg), 10. Oktober (1909). Am 3. Oktober dieses Jahres feierte das Ehepaar Abraham L. Wertheimer und Pauline geb. Stern das Fest der Goldenen Hochzeit. Von der stattlichen Schar seiner Söhne, Töchter und deren Gatten, sowie Enkeln und Enkelinnen begleitet, zog das Jubelpaar in die festlich erleuchtete Synagoge, wo die ganze Einwohnerschaft des hübschen Dörfchens, Juden und Christen, seiner harrte. Nachdem Herr Lehrer Rödelsheimer einen Psalm gesungen hatte, feierte Herr Rabbiner Dr. Kahn aus Esslingen das seltene Ereignis fünfzigjährigen in Liebe und Treue unter Freuden und Leiden, unter Arbeit und Mühe gemeinsam verbrachten ehelichen Lebens und Sorgens füreinander, indem er an der Hand von Kohelet 9.9 ausführte, dass in diesem Leben der Vergänglichkeit und der Mühsal das einzige Glück eine gesegnete Ehe bilde. Am Schlusse seiner Ansprache teilte er mit, dass der König von Württemberg die Gnade hatte, dem Jubelpaar Glück- und Segenswünsche auszusprechen und eine Plakette mit des Königs Bildnis und mit eingravierter Widmung zur Erinnerung an die Feier überreichen zu lassen. Möge das Jubelpaar in Gesundheit und Rüstigkeit auch das fest der Diamantenen Hochzeit begehen dürfen."   

            
80. Geburtstag von Max B. Marx (1926)                

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juni 1926: "Freudental. Am 30. Mai vollendete das älteste Gemeindemitglied Max B. Marx sein 80. Lebensjahr. Die ganze Gemeinde nimmt lebhaften Anteil an dieser Feier. Mögen dem Jubilar viele weitere, glückliche Jahre beschieden sein."          

               
Zum Tod von Wolf Blum, langjähriger ehrenamtlicher Vorbeter und Schochet (1926)                

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1926: "Freudental. Einen großen Verlust erlebt die hiesige Gemeinde durch den Tod eines ihrer besten Mitglieder, des Herrn Wolf Blum. Der Verstorbene, der ein Alter von 64 Jahren erreicht hat, hat die jahrelang den Vorsänger- und Schochet-Dienst ehrenamtlich versehen. Die Trauer um den Wacker braven Mann ist allgemein."          

     
Goldene Hochzeit von Jakob Levi und Lina geb. Marx (1926 in Cannstatt)            

Artikel in der "Gemeinde-Zeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Dezember 1926: "Cannstatt. Am 19. Dezember dürfen Jakob Levi und seine Ehefrau Lina geb. Marx im Kreise ihrer Kinder, Enkel und Urenkel das seltene Fest der goldenen Hochzeit feiern. Der Jubilar war fast zwanzig Jahre Mitglied des Vorsteheramtes seiner Heimatgemeinde Freudental und gehörte dort zu den tätigsten Mitgliedern im Ausschuss des Wohltätigkeitsvereins und des Israelitischen Militärunterstützungsvereins. Auch in Cannstatt ist er seit Jahren ein eifriges Vorstandsmitglied des Israelitischen Wohltätigkeitsvereins. Möge dem würdigen Ehepaare ein glücklicher heiterer Lebensabend beschieden sein."                   

          
87. Geburtstag von Fanni Levi (1926)       

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Dezember 1926: "Freudental. Am Samstag den 27. November dieses Jahresbeginn die älteste Bewohnerin unseres Ortes, Frau Fanny Levi Witwe, in geistiger und körperlicher Frische ihren 87. Geburtstag. Möge der Jubilarin, die noch an allen Tagesfragen regen Anteil nimmt, ein ruhiger und angenehmer Lebensabend beschieden sein."         

          
70. Geburtstag von Sophie Levi (1929)         

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Oktober 1929: "Freudental. Frau Sophie Levi durfte am 25. September im Kreise ihrer Angehörigen ihren 70. Geburtstag feiern. Die Kreise Jubilare erfreut sich noch größter Rüstigkeit. Mögen ihr noch viele glückliche Lebensjahre beschieden sein."         

     
Zum 90. Geburtstag von Fanny Levi (1929)     

Freudental Israelit 28111929.jpg (50733 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1929: "Freudental bei Besigheim, 25. November (1929). Frau Fanny Levi feiert am 27. November ihren 90. Geburtstag. Die greise Jubilarin wird an diesem Tage die Glückwünsche sowohl der israelitischen als auch der politischen Gemeinde empfangen. Frau Fanny Levi erfreut sich noch guter Gesundheit und einer erstaunlichen geistigen Frische. Leider wird ihr Lebensabend durch das jahrelange Siechtum und den vor kurzem erfolgten Tod ihrer Tochter Jette Neu verdüstert. Wir wünschen Frau Levi einen frohen Lebensabend."      
 
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. November 1929:       
 
Freudental GemZeitung Wue 16121929.jpg (40684 Byte)Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Dezember 1929: "Freudental. Frau Fanny Levi beging am 27. November ihren 90. Geburtstag. Im Namen des Israelitischen Oberrats überreichte Lehrer Warscher der greisen Jubilarin ein Glückwunschschreiben nebst einem Geschenk. Ebenso gratulierte er im Auftrag der Israelitischen Gemeinde Freudental. Schultheiß Schmid überbrachte die Glückwünsche der politischen Gemeinde. Frau Fanny Levi wurde anlässlich ihres Geburtstages von allen Seiten reich geehrt. Nur dadurch wurde die allgemeine Freude getrübt, dass ihre Tochter, Frau Jette Neu, nach langem Siechtum wenige Tage vorher aus dem Leben geschieden ist."   

          
Zum Tod von Fanny Levi (1930)        

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 15. November 1930: "Freudental. Kurz vor der Feier ihres 91. Geburtstages verschied hier in der Nacht zum 2. November die unter dem Namen 'Vogele' weitbekannte und vielgeehrte Frau Fanny Levi. Wahre Frömmigkeit, unerschütterliches Gottvertrauen und ungewöhnliche Energie und Tüchtigkeit schufen der Entschlafenen, ungebrochen von härtester Arbeit und schwersten Schicksalsschlägen, ein wohlverdientes Alter. Und dass dies Alter ein schönes ward, dazu trug ihre selten frisch gebliebene Geistes- und Gedächtniskraft — konnte das 'Vogele' doch über Vergangenes und Gegenwärtiges mit gleicher bewunderungswürdiger Einsicht Auskunft geben — nicht minder bei, wie das Bestreben ganz Freudentals und insbesondere der Israelitischen Gemeinde, der Hochbetagten einen wirklich schönen Lebensabend zu bereiten. Welcher Beliebtheit und Popularität sich die Verstorbene erfreute, kam besonders zum Ausdruck, als bei dem Begehen ihres 90. Geburtstages sich groß und klein, nah und fern zusammenschlossen. um diese seltene Feier für sie zu einem wahren Ehren- und Freudenfest zu gestalten. Wer Frau Fanny Levi kannte, wird sie nie vergessen. Ein herzliches Gedenken ist ihr überall gewiss!"          

            
Als Nachfolger des verstorbenen Salomon Stein wird Kaufmann Isak Stein (Mühlacker) in das Vorsteheramt gewählt (1930)                 

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Oktober 1930: "Freudental. Bei der Ersatzwahl zum Israelitischen Vorsteheramt für den hier verstorbenen Salomon Stein wurde Kaufmann Isak Stein in Mühlacker gewählt."        

     
Zum Tod von Rosa Adler geb. Marx (aus Freudental, gest. in München 1931)   

Freudental Israelit 19021931.jpg (155488 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1931: "München, 16. Februar (1931). Am Rüsttage des Neumondes Adar ist eine der markantesten jüdischen Frauen Deutschlands in ein besseres Jenseits abberufen worden. Frau Rosa Adler geb. Marx ist nach längerer Krankheit im 77. Jahre ihres der Tora und den Geboten gewidmeten Lebens ihrem vor 9 Jahren dahingegangenen Manne Adolf Adler gefolgt. Ihr Leben war buchstäblich der Tora und den Geboten gewidmet (noch in den letzten Tagen ihrer schweren Krankheit lehrte sie ihre Enkelkinder Chumesch; als Tochter des o seiner großen Frömmigkeit und einer hohen sozialen Stellen allgemein geachteten Leb Marx aus Freudenthal (später Stuttgart) hat sie den unbeugsamen Sinn ihres Vaters geerbt und betätigt, wo es sich um Aufrechterhaltung der Jüdischkeit handelte. Sie hat im Leben auch schwere Zeiten mitgemacht, aber mit seltenem Willen und Opfermut es durchgesetzt, dass alle ihre 11 Kinder ein jüdisches Leben in ihrem und ihres Mannes Sinne leben, und auch, dass keines von ihnen trotz größter Versuchung durch ihre ausgedehnten geschäftlichen Unternehmungen z.B. auch nur daran gedacht hat, den ... auch nur zu verkürzen. Von der ungeheuren Willenskraft und Energie zeugt am besten der Umstand, dass Frau Rosa Adler den ganzen Tanach (Bibel) so beherrschte, dass sie wohl - als Frau eine ganz vereinzelte Erscheinung - jeden Bibelvers auswendig mit Kapitel und Verszahl zitierte, von ihrer Intelligenz, dass sie ... vor die Größten hintrat und sie aufklärte, vor Erzbischöfe so gut wie vor weltliche Machthaber. Dass diese seltene Frau alle anderen jüdischen Frauentugenden übte, dass sie wohltätig war usw., braucht nicht erst hervorgehoben zu werden. 
Möge ihr Verdienst uns allen und besonders ihren Kindern beistehen und ihnen Kraft geben, in ihrem Sinne weiter zu leben und zu wirken. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

           
Zum Tod von Salomon Falk und Jakob Stein (1931)           

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. April 1931: "Freudental. Nach langem schwerem Krankenlager verschied im 66.Lebensjahre Salomon Falk. Damit schloss das Leben eines Mannes, der weit über die Heimatgrenzen hinaus verehrt und geschätzt wurde. War doch unbedingte Geradheit der hervorragendste Charakterzug seines Wesens. Diese Gesinnungstüchtigkeit bezeugte der Verstorbene nicht nur im Geschäftsleben, sondern auch in seiner Amtstätigkeit als (Gemeindevorstand und Gemeindepfleger. Jahrzehntelang betreute er unsere Gemeinde mit vorbildlicher Gewissenhaftigkeit. In unserer immer mehr zusammenschmelzenden Gemeinde hinterlässt Salomon Falk eine unausfüllbare Lücke. Sein Andenken wird nie erlöschen.
   
Freudental. Unser langjähriges Gemeindemitglied Jakob Stein, der seinen Lebensabend bei seiner Tochter in Ludwigsburg verbrachte, wurde vor kurzem unter großer Anteilnahme hier zu Grabe getragen. Das Andenken des trefflichen Mannes wird stets in Ehren gehalten werden."       

       
Zum Tod von Jette Manasse (1931)               

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 15. Oktober 1931: ""           

     
Zum Tod von Auguste Marx (1931)          

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Dezember 1931: "Freudental. Am 8. Dezember verschied Frl. Auguste Marx an den Folgen eines kurz vorher erlittenen Unglücksfalles im 77. Lebensjahre. Der ebenso fleißigen wie bescheidenen Frau wird in unserer immer mehr zusammenschmelzenden Gemeinde stets ein treues Andenken bewahrt bleiben."          

     
Zum Tod von Gemeindevorstand und Gemeinderat Josef Jordan (1932)        

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. Januar 1932:        

     
Sigmund Lasar feiert sein 25-jähriges Dienstjubiläum als Synagogenverwalter (1934)               

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 16. April 1934: "Freudental. Am 1. April feierte Synagogenverwalter Sigmund Lasar sein 25jähriges Dienstjubiläum. Als Gabriel Berlinger am 1. April 1909 sein Amt niederlegte. wurde es Lasar übertragen. Seit Oktober des folgenden Jahres versah er auch den Vorbeterdienst in ausgezeichneter Weise und hat auch während dieser Zeit in Zaberfeld wiederholt Religionsunterricht erteilt. Im Jahre 1926 übernahm der Jubilar auf Ersuchen des Vorsteheramts die Schechitah: auch heute noch ist er als Vorbeter vertretungsweise tätig. Mit herzlichen Worten schilderte Amtsrichter Dr. Einstein vom Israelitischen Oberrat, der mit dem Gemeindeleben Freudentals innig verbunden ist. die großen Verdienste Lasars um die Erhaltung des religiösen Lebens in der Gemeinde. Lehrer Meisner würdigte im Auftrag des Vorsteheramts die pflichtgetreue Tätigkeit des Jubilars, dem auch wir unsere herzlichsten Wünsche entbieten."          

          
          
Anzeigen in jüdischen Periodika aus/zu Freudental 
Stellengesuch für einen Lohgerbergesellen (1862)   

Freudental AZJ 22071862.jpg (47642 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Juli 1862: "Stelle-Gesuch. 
Ein Lohgerbergeselle israelitischer Konfession sucht Beschäftigung, am liebsten in einer größeren Gerberei, welche ihm Gelegenheit böte, sich in seiner Profession noch tüchtig zu vervollkommnen. An Sabbat- und jüdischen Festtagen jedoch müsste er vom Arbeiten dispensiert werden. – Nähere Auskunft erteilt auf frankierte Anfragen Rabbiner Haas in Freudental (Württemberg)."

    
Werbung für eine Mazzen-Maschine (1863)  

Freudental Israelit 04111863.jpg (42104 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1863: "Freudental in Württemberg. 
Eine Mazos-Maschine,
fast noch neu, welche von einem einzigen Mann leicht getrieben werden kann, nebst allem Zubehör verkauft wegen Aufgabe dieses Geschäftszweiges um annehmbaren Preis 
M.H. Marx, Bäckermeister."

    
Spendensammlung für "abgebrannte Familie" (1866)    
Anmerkung: Der aus Freudental stammende, seit 1864 in Würzburg tätige Seminarlehrer Ludwig Stern (siehe Artikel oben) sammelte auch von Würzburg auch für seine Heimatgemeinde.

Freudental Israelit 20061866.jpg (149018 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juni 1866: "Für die abgebrannte Familie in Freudental habe ich infolge meiner in diesen Blättern ausgesprochenen Bitte erhalten: a. Aus Würzburg: von Madame H. Frank gesammelt 12 fl., Madame Fleischmann 1 fl. 45 kr., Madame Rosenthal, Witwe 1 fl., Madame Levi, Witwe 1 fl., Herrn S.E. Oppenheimer 3 fl. 30 kr., L.E. Oppenheimer 2 fl., Kramer 2 fl., Rosenthal sen. 10 fl., Rosenthal, Kfm. 12 fl., A. Schwabacher 2 fl., Lehrer Blum 3 fl. 30 kr., Heimann 30 kr., D.H. Oppenheimer 3 fl. 42 kr., Herzfelder und Kohn 6 fl., Hommel 1 fl., Lehrer Lindner 30 kr., Dr. Braunschweig 30 kr., Rabbinatskandidat Unna 1 fl., Seminarlehrer Schlenker 1 fl. 45 kr., Seminarlehrer Weisbart 30 kr., Sopher Maier 30 kr., Sopher Weisbart 30 kr., Henneberg 1 fl. 45 kr., Dr. Fränkel 35 kr., Kaufmann Schlenker 1 fl., Ungenannte zusammen 6 fl. 30 kr.
b. Von Auswärtigen: E. R. Rosenbaum in Zell 2 fl., M. Rosenbaum das. 1 fl., Ungenannter in Höchberg 2 fl., Julius Hoff in Köln 4 fl. 15 kr., Ungenannter das. 3 fl. 51 kr., Ahron Uhlmann in Oberdorf 2 fl. 30 kr., Goldschmidt in Heidingsfeld 30 kr., Lehrer Levi in Euerbach 1 fl. 45 kr., S. Jonas in Mergentheim 1 fl. 45 kr., Eisenmann in Marktbreit 5 fl., Adler in Markelsheim 24 kr., Juda Weinberger in Gersfeld 1 fl., Wolfgang Niederhofheim in Frankfurt a.M. 2 fl., Wolf Sauer in Tauberbischhofsheim 5 fl. 15 kr., aus Oberthulba 1 fl. 16 kr., Emanuel Kleemann in Werneck 2 fl., Sternberger in Ulm 1 fl. 45 kr., aus Ederheim 1 fl. 30 kr. W.R. Hellmann in Ebelsbach 1 fl. 45 kr., Zusammen 120 fl. 57 kr.
Indem ich den Empfang obiger Beiträge hiermit dankend bescheinige, erflehe ich den Segen des Himmels für die edeln Spender. Würzburg, 25 Sivan 5626. L. Stern, Seminarlehrer."

  
Koschere Zichorien (1867 / 1869)  

Freudental Israelit 17071867.jpg (78456 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juli 1867: "Koscher-Zichorien-Niederlage zu Freudental in Württemberg. In der bestrenommierten Zichorien-Fabrik des Herrn Heinrich Franck in Vaihingen an der Enz wird Koscher-Zichorien von vorzüglichster Qualität unter streng-jüdischer Aufsicht fabriziert, von welcher Ware Unterzeichnete an hiesigem Orte eine Niederlage hält. Reellste Bedienung nebst Fabrikpreisen wird den verehrlichen Kunden zugesichert. Hayum Stern.
Bei der Fabrikation obiger Zichorien wird der streng-religiösen Anforderung genügt; auch verdient Herr Stern in dieser Rücksicht als glaubwürdiger Mann das unbedingteste Vertrauen. Dieses bezeugt der Wahrheit gemäß der Bezirksrabbiner M. Haas. Freudental, im Juli 5627."  
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1869: "Freudental (Württemberg). 
Empfehlung
. Den unter der Aufsicht des königlichen württembergischen Rabbinats Freudental von der berühmten Cichorien-Fabrik von Heinrich Frank Söhne in Ludwigsburg gefertigten Löwenkaffee in Rosapapier mit Koscher-Briefchen, empfehle ich dem verehrlichen jüdischen Publikum und besonders den Herren Wiederverkäufern als das Beste, was in dieser Art fabrikziert werden kann, zu den billigsten Preisen en gros & en detail. H. Stern
Bezüglich der Koscher-Fabrikation obiger Cichorien bezeuge ich, dass dieselbe streng überwacht und beaufsichtigt wird. Freudental, 1. Dezember 1869. Rabbiner Haas."  

         
Warnung vor nicht koscherer Zichorie (1870)  

Freudental Israelit 28121870.jpg (86573 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1870: "Warnung
Die echt weit bekannte Koscher-Zichorie von Herrn Heinrich Frank Söhne in Ludwigsburg wird unter Aufsicht der unterzeichneten Stelle in Stellvertretung eines glaubwürdigen Mannes gefertigt und mit Koscher-Attest in versiegelten Kosten versandt. Es hat nun ein uns gänzlich unbekannter Fabrikant, namens J.A. Röhrig, sich nicht gescheit, unsere Koscher-Etikette buchstäblich nachdrucken zu lassen und seine Pakete damit zu umgeben. Man kann nicht umhin, diesem Beginnen mindestens mit einer Warnung vor dem Gebrauche dieser angeblichen Koscher-Ware entgegen zu treten und zugleich darauf aufmerksam zu machen, dass die echte Koscher-Zichorie von H. Frank Söhne nicht nur auf der Etikette, sondern auch auf dem Umschlag den Namen Heinrich Frank Söhne, Ludwigsburg, tragen muss, was bei der unechten, nachgemachten nicht der Fall ist. Freudental, Königlich Württembergisches Rabbinat W. Haas."

 
Anzeige - Suche eines Hilfsvorbeters (1877)   

Freudental Israelit 27081877.jpg (23094 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1877: "Unterzeichnete Gemeinde sucht einen Hilfsvorbeter für Rosch Haschana und Jom Kippur
Bewerber wollen sich wenden an das Israelitische Kirchenvorsteheramt, Freudental, Württemberg."

 
Hilferuf für bedrängte Familie (1889)   

Freudental Israelit 28011889.jpg (68000 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1889: "Hilferuf! (hebräisch und deutsch): 
'Heil dem, der sich des Armen erbarmt, am Tage des Unglücks rettet ihn der Herr.’ Freudental bei Stuttgart, 17. Januar 1889. Für eine sehr bedrängte israelitische Familie auf dem Lande, deren Ernährer leider schon seit Jahren in einer Irrenanstalt sich befindet, während die Mutter jüngst aus dieser Welt angerufen wurde, werden edle Menschen um gütige Unterstützung gebeten, da das vorhandene kleine Vermögen durch die an die Anstalt zu zahlenden Kosten aufgezehrt wurde und die drei unversorgten Kinder im Alter von 3-6 Jahren aller Mittel entblößt wären. Zur Empfangnahme von Gaben ist gerne bereit Hirsch Löwe, Freudental. F.M. Kahn, Stuttgart. Auch die Expedition dieses Blattes ist gern bereit, Gaben in Empfang zu nehmen und weiterzubefördern."

 
Lehrstellengesuche (1892)  

Freudental Israelit 28041892.jpg (37904 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. April 1892: "Freudental in Württemberg. 
Für einen 19jährigen kräftigen Burschen, der das Metzgerhandwerk erlernt hat, suche Stelle bei einem Viehhändler; für einen Knaben, der das Schneiderhandwerk erlernen will, suche Lehrstelle. 
Schullehrer Friedmann."

    
Neujahrsgrüße von Sigmund Lasar (1926)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. September 1926: "Ich wünsche allen Freunden, Verwandten und Bekannten ein gesegnetes neues Jahr   
Sigmund Lasar   Freudental  
Oberamt Besigheim  Württemberg
."

      
Anzeige von Frau Blum (1927)               

Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden Württembergs" vom 1. Juli 1927:        

     
Moritz Blum empfiehlt sich als Vorbeter (1929)                  

Anzeige im "Israelitischen Familienblatt" vom 5. September 1929: "Guter Vorbeter
mit angenehmem Bariton, im Chasonus bewandert, sucht an den hohen Feiertagen vorzubeten. Nur Süd- oder Mitteldeutschland. Beste Referenzen vorhanden. Offerten sind zu richtigen an
Moritz Blum  Freudental  (Württemberg)
."           

    
    
Sonstiges        
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: 
Grabstein in New York für Louis Ohlmann (= Ullmann) (gest. 1886)
 
   
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn.  
Wahrscheinlich handelt es sich (Auskunft von Steffen Pross, Ludwigsburg vom 25.9.2013) um Löb Ulmann, geb. 15. Juli 1833 in Freudental als Sohn von Kusiel Löb Ulmann (1804-1877) und der Brendel geb. Levi (1805-1879). Löb Ulmann war wie seine Geschwister Hanna und Immanuel nach Nordamerika ausgewandert.     
 

Freudental New York Salem 1673a.jpg (99079 Byte)   Freudental New York Salem 1673.jpg (89434 Byte)Grabstein für "A beloved husband and father. 
In memory of Louis Ohlmann  
A native of Freudenthal Württemberg  
Died April 19th 1886  (4th nisan 5646) 
aged 52 years. 
May his soul rest in peace."

     

          

          

          

          

          

          

          

 

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Stand: 06. Oktober 2024