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Altenburg, Gensungen und Neuenbrunslar (Schwalm-Eder-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Bitte besuchen Sie auch die Website des Synagogue
Center Felsberg:
https://synagoge-felsberg.de/
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Felsberg bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhundert
zurück. Doch lebten bereits im 16. Jahrhundert einige Juden in der Stadt (1592
genannt). 1611 verzog der wohlhabende Isaak Samuel von Felsberg
(auch Isaak Schmuel genannt), mit Erlaubnis des Landgrafen Moritz von Hessen
nach Schmalkalden, wo er 1622 eine
kleine Synagoge erbaute.
1773 gab es neun jüdische Familien mit zusammen 26 Personen in
Felsberg.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1827 130 jüdische Einwohner (in 21 Familien, 12,7 % von insgesamt
1.026 Einwohnern), 1861 180 (16,5 % von 1.089), 1871 168 (16,4 % von 1.026),
1885 179 (19,0 % von 943), 1895 132 (14,3 % von 924), 1905 117 (12,4 % von 941).
Die jüdischen Haushaltsvorstände waren als Manufakturwaren- und Viehhändler
tätig, einige als Metzger und Schuster. Auch in den umliegenden Orten lebten
jüdische Personen, die zur jüdischen Gemeinde Felsberg gehörten: Altenburg
(1835 33 jüdische Einwohner, 1865 wird Moses Hirsch genannt ["Israelit"
19.3.1865 S. 539, 1875 Is. Weinstein "Israelit" 3.3.1875 S. 198] um 1910 keine jüdischen Einwohner mehr), Neuenbrunslar
(1835 12, siehe unten Artikel von 1884 zum Tod von Levi Speier Holstein), Gensungen (1835 8, 1861 24, 1932
35). Bekannte jüdische Familiennamen waren: Adler, Dannenberg,
Goldschmidt, Hammerschlag, Hoffmann, Löwenstein, Weinstein, Deutsch, Mannsbach,
Stern und Spier.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule (Jüdische Elementarschule, im Haus Obergasse 6), ein rituelles Bad
(hinter dem Haus Untergasse 19, um 1820 erbaut) sowie einen Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. An der jüdischen Elementarschule
waren 1868-70 44 Kinder zu unterrichten, 1872 31, 1881 47, 1892-1900 etwa 35.
Als Lehrer werden genannt: um 1865 Lehrer Lißhauer (Quelle),
bis um 1900 Heinemann Neumark aus Altenburg,
danach Susmann Dannenberg (aus Höringhausen, blieb bis 1925 in Felsberg, gest.
1932. vgl. Bericht). Nach
ihm unterrichtete Lehrer Baruch Kleeblatt, zuletzt jedoch nur noch fünf bis
sieben Kinder. Die jüdische Elementarschule wurde 1932 aufgelöst (vgl. Bericht).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Louis Dannenberg
(geb. 5.11.1900 in Felsberg, gef. 28.9.1918),
Meyer-Moritz Goldschmidt (geb. 9.12.1886 in Felsberg, gef. 1.8.1916), Karl
Hammerschlag (geb. 20.11.1884 in Felsberg, gef. 9.7.1915), Jakob gen. Julius
Weinstein (geb. 26.6.1878 in Momberg, gef. 23.9.1914), aus Gensungen Markus
Max Weinstein (geb. 4.3.1894 in Gensungen, gef. 25.9.1916). Außerdem ist
gefallen Robert (Ruben) Goldschmidt (geb. 19.12.1894 in Felsberg, vor 1914 in
Abterode wohnhaft, gef. 18.11.1918).
Um 1925, als zur jüdischen Gemeinde noch 125 Personen gehörten (11,36 %
der Gesamteinwohnerschaft von 1.100 Personen), waren die Vorsteher der
Gemeinde J. Spier, Max Schloss und H. Hoffmann. Als Lehrer war noch der
bereits genannte Susmann
Dannenberg angestellt. Er unterrichtete an der Volksschule 11 jüdische Kinder
im Religionsunterricht. Zur jüdischen Gemeinde Felsberg gehörten auch die 35
in Gensungen lebenden jüdischen Personen. Die Gemeinde war dem Rabbinatsbezirk in
Kassel zugeteilt. 1932 wurden 98 jüdische Einwohner in Felsberg
gezählt. Vorsteher waren inzwischen J. Spier (1. Vorsteher),
Siegmund Löwenstein (Gensungen) und Hermann Hoffmann (als Schriftführer). Als
jüdischer Lehrer war inzwischen (seit 1928, siehe unten) der bereits genannte Baruch Kleeblatt tätig. Er unterrichte im
Religionsunterricht fünf schulpflichtige jüdische Kinder. An jüdischen
Vereinen bestanden eine Chewra Kadischa (Wohltätigkeitsverein,
gegründet 1870, Ziele: Unterstützung Hilfsbedürftiger, Lehrverträge, Wache
bei Verstorbenen; Vorsitzender Robert Weinstein, 36 Mitglieder), eine Frauenchewra
(Ziele: Krankenpflege, Bestattung, Unterstützung Hilfsbedürftiger, Vorsitzende
Frau Mannsbach) sowie der Jüdische Jugendbund Felsberg-Gensungen.
Nach 1933 ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder (1933: 105 Personen = 8,6 % von insgesamt 1.220
Einwohnern) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Am 8. November 1938 (einen
Tag früher als an den meisten anderen Orten in Deutschland) kam es zu einem
Pogrom gegen die 18 noch in der Stadt lebenden jüdischen Personen. Dabei starb
der schwer kranke Robert Weinstein, der aus seinem Bett gezerrt und durch die
Straßen getrieben wurde, an einem Herzinfarkt. Weinstein war eines der ersten
Todesopfer des Novemberpogroms in Deutschland. Bis 1939 konnten die meisten
jüdischen Familien emigrieren: 12 Personen nach Palästina, 43 in die USA, 21
nach Südamerika, 2 Personen nach Prag, 1 nach London. Einige verzogen in andere
Städte in Deutschland (Frankfurt, Kassel).
Anmerkung: Hinweis auf das
Verzeichnis
aller jüdischen Einwohner, die seit dem Jahre 1933-1938 in der Stadt Felsberg
wohnhaft waren (pdf-Datei der an den International
Tracing Service vom Bürgermeisteramt Felsberg 1962 mitgeteilten Liste mit 99
Namen aus Felsberg).
Von den in Felsberg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Dieter Adler (1935), Hannchen Adler (1863),
Jeanette (Jenny) Adler geb. Kahn (1889), Rosa Adler (1904), Siegmund Adler
(1893), Selma Blumenkron geb. Grünberg (1892), Erwin Deutsch (1931), Resi Deutsch geb. Dannenberg
(1906), Ruth Deutsch (1936), Franziska Friedländer geb. Stern (1867), Bertha Israel geb. Goldschmidt (1892),
Jenny Katz geb. König (1877), Johanna Katz geb.
Weinstein (1889), Liebmann Kugelmann (1881), Rebekka Kugelmann (1883), Bertha
Köhler geb. Löwenstein (1869), Bertha Lesheim geb. Kruk (1901), Emma Leviberg
(1881), Eva Löwenstein (1863), Moritz
Moses Mannsbach (1881), Siegfried Mannsbach (1877), Gottschalk Marx (1884), Arthur Moses (1898), Sigismund O. Moses (1902), Henriette
(Jettchen) Neustädter geb. Stern (1858), Maxilian Nussbaum (1877), Dora Plaut
geb. Hammerschlag (1893), Moritz
Schloss (1875), Sally Schloss (1870), Siegfried Schloss (1878), Hermann
Silberberg (1864), Isaak Spier (1876), Berta Steinberg geb. Stern (1865), Hedwig
Stern geb. Schloss (1867), Emma Traub geb. Weinstein (1879), Ida Vorenberg geb.
Löwenstein (1861), Ida Weinstein (1910, "Stolperstein" in Hamburg,
Eimsbütteler Chaussee 37,
Link), Robert Weinstein (1883), Ida Wolffs geb. Dannenberg
(1875).
Hinweis: Die folgenden - unter "Felsberg" in der oben
genannten Liste des "Gedenkbuches" (teilweise auch bei Yad Vashem) genannten - Personen können nach
Angaben des Historischen Archivs der Stadt Felsberg (Auskunft vom 13. August 2009) anhand der in der Stadt
Felsberg vorliegenden Geburts- und Heiratsregister nicht für Felsberg / Hessen
belegt werden: Palmyra Aron geb. Salomon (1901), Johanna Jeanne Bing geb.
Salomon (1903), Minna Goldmann geb. Schloss (1868),
Sidenia Kahn geb. Salomon (1895), Helena Levie geb. Weingarten (1863), Sophie
Meier geb. Weingarten (1870), Salomon David (1863), Lion Salomon (1869).
Vermutlich handelt es sich um Personen, die in Felsberg/Saarland lebten.
Die dort lebenden Juden gehörten bis 1863 zur jüdischen Gemeinde Wallerfangen,
danach bis 1904 zur jüdischen Gemeinde Beaumarais,
schließlich zur Gemeinde in Saarlouis.
Von den in Gensungen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha Cohen geb.
Weinstein (1883), Julius Holstein (1880), Paula Liebmann geb. Weinstein (1896),
Jettchen Lindheimer geb. Hammerschlag (1883), Siegfried Mannsbach (1877),
Blümchen Speier-Holstein (1882), Mina Wolff geb. Speier-Holstein (1883).
Von den in Altenburg geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Johanna Weinstein
(1889).
Zu einem Prozess gegen einige der am Novemberpogrom 1938 Beteiligten Personen
kam es im Mai 1948 vor dem Kasseler Schwurgericht. Angeklagt waren
Personen aus Felsberg und Gensungen.
Seit 2010 ist Felsberg Sitz der liberalen jüdischen Gemeinde Emet we
Shalom (siehe Berichte unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers und Kantors
(Vorbeter) 1931
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1931:
"Die
israelitische Schul- und Kantorstelle
der Gemeinde Felsberg ist per 1.
Oktober 1931 neu zu besetzen. Stimmlich begabte Herrn wollen sich mit
Zeugnisabschriften und Bild, sowie Angabe der Gehaltsansprüche zunächst
an den Gemeindeältesten J. Spier in Felsberg Bezirk Kassel
wenden." |
Lehrer Baruch Kleeblatt wurde von Meerholz nach Felsberg versetzt (1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. März 1926: "Felsberg,
21. März (1926). Der Lehrer B. Kleeblatt, bisher in Meerholz,
ist von der Regierung zu Kassel als Lehrer und Kultusbeamter hierher
versetzt worden." |
Die israelitische Volksschule wurde aufgelöst, Lehrer
Baruch Kleeblatt nach Kassel versetzt (1931)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 3. Juli 1931: "Felsberg. Die hiesige
israelitische Volksschule ist von der Regierung aufgelöst worden. Herr Lehrer
Kleeblatt ist an die Volksschule nach Kassel versetzt worden. Wie wir
erfahren, stehen noch mehrere jüdische Volksschulen kurz vor der
Auflösung." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Hässliche Auswirkungen des Antisemitismus (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. November
1911: "Kassel. In der Gegend von Felsberg, in dem durch den
Abgeordneten Lattmann vertretenen Reichstagswahlkreise Kassel - Melsungen,
feiert der rüdeste Antisemitismus Orgien.
Das geht aus einer dem 'Kasseler Volksblatt' eingesandten
Ansichtspostkarte niedrigster Sorte hervor. Die Illustration der in
Felsberg verfertigten Karte zeig ein viertel Dutzend jüdischer Händler
mit scheußlich karikierten Gesichtern, die einen Bauersmann unter einer
Presse ausmergeln bis aufs Blut, während zwei jüdische Viehhändler mit
dem letzten Stück Vieh des ausgepressten Bauern davonziehen. Diese
Illustration begleiten Textverse, von denen die folgenden angeführt
seien:
'Jage jeden stets davon,
Er heiß' Itzig oder Kohn,
Mayer, Levy, Davidsohn,
Mannheimer und Oppenheimer,
Wiener, Speier, Höxter, Wolf, Hirsch und Bär
Und dergleichen Viecher mehr!
Und in diesem dürren Jahr,
Wo nur wenig Regen war,
O, ich wünsche jedenfalls:
Es regne heißes Schweineschmalz,
Dass die ganze kosch're Truppe
Brat' in der verhassten Suppe.' |
Chanukkafeier in der Gemeinde (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 16. Dezember 1927: "Felsberg. Am
Mittwoch, den 21. dieses Monats, findet im Saale zum Ratskeller eine
Chanukkafeier statt. Der Jugendbund, der die Feier veranstaltet,
wird durch Theateraufführungen und Vorträge unter Leitung des Herrn Lehrer
Kleeblatt die Feier vorbereiten. Anschließend daran wird der Reichsbund
jüdischer Frontsoldaten ein Tanzvergnügen veranstalten, wozu er alle
Freunde und Bekannte einladet." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 30. Dezember 1927: "Felsberg. Zu
unserer Notiz in voriger Nummer über die Chanukkafeier wird uns noch
mitgeteilt, dass die Feier von den Schulkindern unter Leitung des Herrn
Lehrer Kleeblatt veranstaltet worden ist und in allen Teilen einen
glänzenden Verlauf genommen hat." |
Generalversammlung der Ortsgruppe des Reichsbundes
jüdischer Frontsoldaten (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Februar 1928: "Felsberg / Gensungen. Die
diesjährige Generalversammlung der Ortsgruppe des Reichsbundes
jüdischer Fronsoldaten fand am 1. Februar 1928 statt. Die Versammlung
nahm einen sehr guten Verlauf. Der bisherige Vorstand wurde
wiedergewählt." |
Gemeindevortrag von Herrn Dessauer aus Kassel über
"Das jüdische Lied, die jüdische Melodie" (1929)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 3. Januar 1930: "Felsberg. Ein
vollbesetzter Saal und gespannte Aufmerksamkeit waren die Zeichen, unter
denen der Vortrag 'Das jüdische Lied, die jüdische Melodie', gehalten
von Herrn Dessauer (Sinai-Loge, Kassel) stand. Um 19.30 Uhr
begrüßte Lehrer Kleeblatt die Versammlung. Der Vizepräsident der
Loge, Herr Mosbacher - Kassel, teilte in einleitenden Worten mit,
dass der Kulturausschuss der Loge es sich zur Aufgabe gemacht habe,
jüdisches Wesen auf dem Lande zu vertiefen. Zugleich gedachte er des
jüngst verstorbenen Gelehrten Franz Rosenzweig. Darauf sprach Herr
Dessauer über das vorgenannte Thema. Besonders die Abhandlungen über das
Kaddischgebet fanden großes Interesse. Frau Rosenbaum - Kassel
sang unter Klavierbegleitung von Fräulein Müller - Kassel einige
jüdische Lieder. Der einsetzende Beifall zwang sie zu mehreren Zugaben.
Nachdem Lehrer Kleeblatt den Dank der Versammlung ausgesprochen hatte.
Folgten noch einige Stunden gemütlichen Beisammenseins."
|
Vortrag von Lehrer Bacher aus Kassel vor der Ortsgruppe
des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten (1929)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 29. November 1929: "Felsberg.
(Reichsbund Jüdischer Frontsoldaten). Am 24. November sprach im Auftrag
des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten Herr Lehrer Bacher aus Kassel
über 'Versöhnungspolitik im Judentum'. Nachdem der Vorsitzende der
Ortsgruppe, Herr Robert Weinstein, die Versammlung eröffnet hatte,
begrüßte er herzlichst Kamerad Bacher, der in formvollendeter Weise
über obiges Thema sprach. Die Gemeinde war fast vollzählig erschienen
und nahm mit größtem Interesse die Worte des Herrn Bacher zur Kenntnis.
Wir danken auch an dieser Stelle Kamerad Bacher herzlich für seinen
ausgezeichneten Vortrag und hoffen, ihn recht bald wieder in unserer
Gemeinde begrüßen zu können. G." |
Generalversammlung der Ortsgruppe Felsberg-Gensungen
des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten (1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 7. Februar 1930: "Felsberg. Die Ortsgruppe
Felsberg-Gensungen des Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten hielt
Sonnabend, 25. Januar, abends 8 Uhr, ihre Generalversammlung ab. Der
Vorsitzende, Kamerad Robert Weinstein, erstattete nach der
Begrüßung Bericht über die am 12. Januar in Kassel stattgefundene Landesverbandstagung
und wies besonders auf die in letzter Zeit stark einsetzende
antisemitische Agitation hin. Es erwarten uns in der Abwehr noch viele
Pflichten. Es entspinnt sich eine lebhafte Diskussion, ein erfreuliches
Zeichen dafür, dass die Ausführungen des Vorsitzenden auf fruchtbaren
Boden gefallen sind. - Nach Prüfung der Kasse wird dem Rechner Entlastung
erteilt. Danach wird die Vorstandswahl vorgenommen. Durch Zuruf wird der
alte Vorstand wiedergewählt: 1. Vorsitzender Kamerad Robert Weinstein,
2. Vorsitzender Kamerad Siegfried Mannsbach, Schriftführer und
Kassierer Kamerad Leopold Dannenberg. Nach Schluss der Sitzung
blieben die Kameraden noch einige Stunden gemütlich zusammen."
|
Jugendtreffen der Jüdischen Jugendgemeinschaft Kassel
in Felsberg (1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 4. Juli 1930: "Jugendtreffen in Felsberg.
Auf Einladung der Jüdischen Jugendgemeinschaft Kassel fand am Sonntag,
den 29. Juni, ein Jugendtreffen in Felsberg statt, zu dem die
jüdische Jugend der benachbarten Gemeinden eingeladen war. Leider ließ
die Beteiligung zu wünschen übrig, da sich die jüdische Jugend auf dem
Lande in Verkennung der augenblicklichen politischen Situation anscheinend
für Sportfeste und Kreiskriegerverbandsfeste stärker interessiert. -
Nach dem Besuch der Felsburg wurde um 1 Uhr mittags die Tagung vor zirka
50 Teilnehmern eröffnet. Julius Fechenbach - Kassel, der als
Delegierter der jüdischen Jugendgemeinschaft Kassel in München war, gab
einen wirkungsvollen Stimmungsbericht über die Tagung. Er hob die
wichtigsten Beschlüsse hervor und wies auf ihre Bedeutung für die
Weiterentwicklung des Verbandes hin. Es unterliegt keinem Zweifel, dass
der Zusammenschluss innerhalb des Verbandes die Beziehungen der einzelnen
Bünde untereinander festigt. Fechenbach sprach den Wunsch aus, dass auch
die Felsberger Gruppe sich dem Verbande anschließen möge. - Unser Freund
Heimann sprach danach über das Thema: 'Wo stehen wir?' Er
kennzeichnete die augenblickliche Lage, vom politischen, wirtschaftlichen
und geistig-kulturellen Standpunkte aus gesehen und gab damit die
Grundlage zu den Ausführungen unseres Freundes Katz über: Was uns
Not tut. Der Redner versuchte, einen Weg zu zeigen, wie auch die jüdische
Jugend ihr Teil dazu beitragen kann, der momentanen Situation Herr zu
werden. - Die drei Referate fanden sehr starken Beifall. Herr Lehrer
Kleeblatt - Felsberg dankte den Rednern für ihre Ausführungen und
unterstützte deren Wünsche betreffend einer gemeinsamen Arbeit, die von
Kassel aus durch einige Mitglieder der Jugendgemeinschaft gefördert
werden soll. Eine gemeinsame Kaffeetafel hielt die Teilnehmer noch lange
zusammen. Den Felsberger Freunden, besonders Herrn Lehrer Kleeblatt, sei
auch an dieser Stelle nochmals gedankt. Heinz Vogel." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der
Gemeinde
Zum Tod der Frau von J. P. Goldberg (1871)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1871: "Nekrolog:
'Sehet euch um und rufet die Klagefrauen, dass sie kommen, und zu den
kundigen Frauen sendet, dass sie kommen und eilends ein Klagelied über
uns erheben (Jeremia 9,16-17). Eine Edle, eine Perle unter Euch, Ihr
Töchter Israels, ist dahingeschieden, darum rufet die Klagefrauen und
stimmet Klagelieder an, ob des herben Verlustes, der uns betroffen.
Am 10. dieses Monats entschlief sanft zu einem besseren Leben die
Ehegattin des Herrn J. P. Goldberg in Felsberg und wurde mit großer Ehre
am 13. dieses Monat, am Vortag zum Schabbat Schemot (d.i. Freitag
vor Schabbat mit der Toralesung Schemot, d.i. 2. Mose 1,1-6,1, das
war Freitag, 13. Januar 1871) zur Ruhe bestattet.
Für die Hochachtung, welche die Verklärte überall genoss, zeugt die
allgemeine, ungeteilte Teilnahme an dem so jähen Schicksalsschlage, der
den tief betrübten Gatten, die trauernden Kinder betroffen.
Die Gerichtsbehörden hatten auf einige Stunden ihre Sitzungen
geschlossen, um es nciht zu versäumen, der von ihnen im Leben
Hochgeschätzten die letzte Ehre zu erweisen. Eine unabsehbare Menge
Leidtragender aller Stände folgte dem Zuge.
Der ehrwürdige Herr Kreisrabbiner Wetzlar - sein Licht leuchte - zu
Gudensberg hob in beredten, die Herzen tief ergreifen Worten die hohen
Tugenden dieser frommen, wackeren Frau, dieser gottesfürchtigen und
biederen Frau hervor, welche die Verblichene in so reichem Maße
zierten.
Der hochwürdige Redner, selbst tief ergriffen, sprach von ihr als
einer Frau, deren Mitgefühl für das Leiden Anderer unbegrenzt, deren
Hand dem Dürftigen immer geöffnet, deren Haus eine wahre
Zufluchtsstätte aller Bedrängten war...
Den Kranz ihrer seltenen Tugenden schmückte ganz besonders ihre so
ungekünstelte und wohltuende Gastfreundschaft, die sie Jedem, ohne
Unterschiede, angedeihen ließ, der unter ihrem gastlichen Dache
weilte.
Wie war doch ihr Wohl tun so ganz anders, als das, was sich mit
geschäftiger Eile an die Öffentlichkeit drängt, um nur ja nicht
übersehen zu werden!
Ihrer Freunde größte war, die ungekannte Quelle der Freuden Anderer zu
sein. Ihr ganzes Sein löste sich um Wohl tun und in der strengsten Pflichterfüllung
einer echt jüdischen Ehefrau auf.
Eine so ungeheuchelte Frömmigkeit und Gottergebenheit finden wir nur
wieder bei jenen Geistesheldinnen unseres Volkes, deren Namen und die
Geschichte aufbewahrte, und mit denen sie nun für immer vereinigt
ist.
Ihr großes Verdienst stehe uns Allen bei. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens. B.N." |
Zum Tod des langjährigen ehrenamtlichen Vorbeters Moses Weingarten I. (1879)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1879: "Nachruf!
Felsberg (Kurhessen). Eine Zierde unserer Gemeinde ist nicht mehr;
am 4. Nissan (= 28. März 1879) hat Moses Weingarten I. in seinem
84. Lebensjahre seine edle Seele ausgehaucht. Der Verstorbene, ein für
unsere heilige Religion tief begeisterter Mann, war ca. 60 Jahre lang Sch'Z
(Vorbeter) unserer Gemeinde an den ehrfurchtgebietenden Tage und auch
sonst oft im Jahre; rein um Gottes Lohn; noch jüngsten Schabbat
Paraschat Sachor (Schabbat Sachor war 1879 am 8. März), da
unser Vorbeter verhindert war, betete er vor, und riss durch seine
ungeschwächte, klare Stimme die ganze Gemeinde zur Verwunderung hin. Erst
einige Monate sind es her, dass er auf dringende Vorstellung seiner
Angehörigen, die für seine angegriffene Gesundheit fürchtete, nicht
mehr täglich, morgens, die Synagoge besuchte, aber Abends ließ er sich
es nicht nehmen, von einem Enkelchen geleitet, zur Synagoge zu
gehen. Und wie er ein guter Jehudi war, so war er auch ein guter Bürger
seiner Vaterstadt und treuester Vater seinen Kindern und Enkeln. Wie groß
die Achtung war, deren sich der Verstorbene bei Juden und Christen
erfreute, davon zeugte die ungemein große Beteiligung bei seinem
Begräbnisse. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Zum Tod von Levi Speier Holstein aus Neuenbrunslar / Gensungen (1884)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. März 1884:
"Nachruf!
'Gott hat gegeben, Gott hat genommen, der Name
Gottes sei gepriesen.' (Hiob 1,21).
Wir beklagen den Verlust eines edlen Mannes in Israel. Levi Speier
Holstein aus Gensungen ist nicht mehr! Er hat am Heiligen Schabbat,
11. Adar (8. März 1884), in seinem 76. Lebensjahre seine reine Seele
ausgehaucht, die er in die Hand des himmlischen Vaters empfohlen
hatte. Der Verblichene war zu Neuenbrunslar bei Kassel geboren, wo er
63 Jahre lang lebte, und ist vor 12 Jahren nach Gensungen verzogen. Mit
seinem Fortzuge aus Neuenbrunslar hörte die Geschichte der dortigen
jüdischen Gemeinde auf, da er dort die letzte jüdische Familie bildete,
wo bis dahin 3 Jahrhunderte lang ununterbrochen Juden gewohnt
haben.
Der Verewigte war ein treuer Sohn Israels. Trotzdem derselbe von vielen körperlichen
sowie anderen Leiden heimgesucht war, war doch sein ganzes Bestreben dahin
gerichtet, Gott im Sinne seiner heiligen Tora zu dienen. Er bemühte sich,
seine Kinder und Enkel im Geiste des orthodoxen Judentums zu erziehen.
Selbst im vorgerückten Alter und bei schlechtestem Wetter versäumt er es
nicht, den Gottesdienst in der Synagoge zu besuchen, wobei er jedes Mal
einen Weg von 3/4 resp. 1/4 Stunde zurücklegen musste. Ebenso unterließ
er nie wohltätige Aufgaben (u.a. Krankenbesuche) auszuüben, wo
sie sich ihm darboten. Er war Allen, die ihn kannten, ein Tröster und
Berater.
Möge der Allbarmherzige die guten Taten die der Verblichene hienieden
ausgeübt, annehmen, als hätte er die Gesetze der ganzen heiligen Tora
ausgeübt und ihm ein glückseliges Leben im Jenseits gewähren. J.J."
|
Zum Tod von Michael König (1886)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1886:
"Felsberg, 29. November (1886). In jedem größeren Gemeinwesen gibt
es einige hervorragend gottbegeisterte Männer, die durch ihren Eifer für
die heilige Gotteslehrer, durch ihr rastloses, uneigennütziges Wirken
für den Glauben der Väter den Übrigen als nachahmungswertes Beispiel
voranleuchten und dem ganzen Gemeindeleben ihren reinen Stempel
aufdrücken. Wenn nun solche Männer uns entrissen werden, dann entsteht
ein klaffende Lücke nicht nur innerhalb der Familie, dann wird das ganze
Gemeindewesen in seinen Grundfesten erschüttert, dann sind es die
gebrochenen Säulen und Stützen des Glaubens, die wir in dem Tode dieses
Frommen betrauern. Ein solcher Frommer war es, der uns in der Nacht des
22. Cheschwan (= 20. November 1886) genommen wurde. Im besten
Mannesalter von 46 Jahren hauchte nach langem mehrwöchentlichen Leiden
Herr Michael König - seligen Andenkens - in dem hessischen Städtchen
Felsberg seine reine Seele aus. Ein schlichter Kaufmann, dessen Wirken
zwar nicht epochemachend in die Öffentlichkeit gedrungen, gehörte er zu
jenem immer kleiner werden Überrest ausgezeichneter Männer, die mit
einem wahren Feuereifer für unsere höchsten Güter eintreten. Der
herrliche dreifache Tugendkranz - Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit
- schmückte auch sein Haupt, sein ganzes Leben war der
pflichttreuesten Erfüllung der Gottesgebote gewidmet. Mit peinlichster
Gewissenhaftigkeit unterwarf er sich freudig allen Satzungen, froh seiner
Religion ein Opfer bringen zu können. So genoss er auf seinen häufigen
mehrwöchentlichen Geschäftsreisen nur da Fleischspeisen, wo ihm durch
die Anwesenheit eines orthodoxen Rabbiners Gewähr geboten wurde, dass die
Schechita in gewissenhaftester Weise gehandhabt ward. Und wie
liebte er die Tora und ihr Studium, wie war er von dem erhabenen Gedanken
durchdrungen, dass erst sie den Menschen zu seiner Hoheit und Würde
erhebt: Jeder freie Augenblick, zur frühen Morgen- und zur später
Abendstunde, fand ihn hinter seinen geliebten Büchern, lehrend -
in einem sabbatlich tagendem Raschi-Verein - und lernend suchte er
sich durch diesen ewig sprudelnden Lebensborn zu vervollkommnen. Auch in
dem Gottesdienst war er eine Stütze seiner Gemeinde, der er als
langjähriger Schofarbläser freudig seine Dienste weihte. Und was
hat er erst in der herrlichsten Tugend Wohltätigkeit gewirkt! Wie
viele Tränen hat seine milde Hand getrocknet, wie viel Gebeugte sein Wort
und seine Tat aufgerichtet! Die Armen waren seine Tischgenossen, die
Bedrängten und Hilfebedürftigen seine liebsten Freunde. Wo es einer
hehren Aufgabe, der Unterstützung unserer bedürftigen Brüder in Israel
oder der geknechteten Glaubensgenossen in anderen Ländern galt, da fand
man ihn an der ersten Stelle; er gab gern und reichlich und
veranlasste auch andere zum Geben. Sein Leichenbegängnis gestaltete sich
denn auch zu einer ergreifenden Trauerkundgebung. Von Nah und Fern waren
sie herbeigeeilt, die den Frommen gekannt und verehrt, der Bürgermeister,
die Stadtverordneten und zahlreiche christlichen Mitbürger schlossen sich
dem imposanten Trauergefolge an. Herr Rabbiner Dr. Munk aus Marburg
würdigte die Verdienste des Verklärten in einer tief ergreifenden Trauerrede.
- Und wenn der Dahingeschiedene auch in der Blüte seiner Jahre seiner
trauernden Gattin und vier unmündigen Kindern entrissen worden ist, wenn
sich die Sonne seines Lebens auch mitten in ihrer Lichtbahn gesehnt; so
kann man doch von ihm gleich David sagen: am Schabbat wirst du
sterben, er ist am heiligen Ruhetage, dem Tage der Vollendung
gestorben, jung an Jahren, aber vollendet in Tugend und Frömmigkeit. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod des langjährigen Gemeindevorstehers und Stadtverordneten Jakob Goldberg
(1887)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Dezember 1887:
"Felsberg, Bezirk Kassel. Am 20. November dieses Jahres, dem 4.
Kislew, nachmittags 5 Uhr, hat unsere Gemeinde einen unersetzlichen
Verlust erlitten.
Die Krone unseres Städtchens, unser auch in weiteren Kreisen bekannter
und verehrter Vorsteher Jakob Goldberg, bis zuletzt im Vollbesitze seiner
geistigen und körperlichen Kraft, wurde uns nach kaum zweitägigem Krankenlager
in Folge eines Lungenschlags durch einen schmerzlosen sanften Tod, würdig
eines Frommen, entrissen; - zu früh trotz des erreichten 71. Lebensjahres
für seine Hinterbliebenen, denen er ein stets liebevoller, sorgsamer
Gatte und Vater gewesen; zu früh für die israelitischen
Gemeinde-Mitglieder, welche ihren Leiter und Ratgeber, und zu früh für
alle unsere Einwohner ohne Unterschied der Konfession und des Standes, die
ihren humansten und selbstlosesten Mitbürger verloren haben.
Seit 40 Jahren Vorsteher unserer Gemeinde und seit 20 Jahren
Stadtverordneter, verstand er es, sich durch sein biederes, herzliches
Wesen, sein freundschaftliches Entgegenkommen die Liebe und Verehrung
Aller, durch gewissenhafte Pflichterfüllung und streng sittliches
Verhalten das unbegrenzte Vertrauen eines Jeden zu erwerben, welcher
einmal mit ihm in Berührung kam. Über Alles ging ihm jedoch die
Gottesfurcht. Von Morgens, wo er seit einem halben Jahrhundert mit bewunderungswürdiger
Pünktlichkeit als der Ersten Einer zum Frühgottesdienste erschien, bis
Abends spät gab er uns ein Baispiel jener echten Frömmigkeit, welche
sich nicht genügt, in strenger Beobachtung aller religiösen
Vorschriften, sondern auch im praktischen Leben sich ihre Nutzanwendung
sucht. Sein Haus war wahren Sinnes der Mittelpunkt unserer Stadt: es
schied daraus getröstet, wer es gebeugt betragt, aufgeklärt, wer da kam,
den trefflichen Rat des viel erfahrenen Dahingeschiedenen einzuholen und
dankbar die vielen Bedürftigen, die an seine stets offene Hand
appellierten. Gottergeben, den Fügungen des Allmächtigen sich
unterwerfend, freudig und ohne Murren, so lebte und starb der Verblichene.
Zwei Tage vor der festgesetzten in Frankfurt stattgefundenen Hochzeit
eines seiner Söhne befiel ihn ein leichtes Unwohlsein, welches die Reise
nicht zuließ. Lächelnd täuschte er seine Angehörigen über die
Bedeutung der Krankheit, um die Festlichkeit nicht zu stören. Eine
höhere Hand unterbrach sie in ungeahnter Weise. Der Hochzeitstag des
Sohnes wurde der Sterbetag seines edlen Vaters.
Hätte es dessen noch bedurft, der imposanteste Leichenzug, den Felsberg
wohl gesehen, die ungezählten Beileidsbeweise, selbst aus weiter Ferne
würden für die vorzüglichen Eigenschaften des teuren Entschlafenen ein
beredtes Zeugnis abgeben.
Der Stolz der Gemeinde ist dahin! Wir aber beten zum allgütigen Vater,
dass Er den Geist des echten Judentums, der den Verstorbenen beseelte,
unter uns fortleben und dessen gottesfürchtiges Walten uns stets
gewärtig halten möge, alsdann wird zutreffen: das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen. ---r." |
Goldene Hochzeit von Joseph Levi und Regina geb. Speier
in Gensungen (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 22. November 1912: "Felsberg. In seltener Rüstigkeit
und Geistesfrische feierten die Eheleute Joseph Levi und Frau Regina
geb. Speier im nahen Gensungen die goldene Hochzeit".
|
80. Geburtstag von Seligmann Leviberg, langjähriger
(ehrenamtlicher) Vorbeter und Schochet (1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1927: "Felsberg
(19. Juni (1927). Seinen 80. Geburtstag beging am 21. Juni Herr Leviberg
in größter Frische, der lange Jahre das Amt eines Chason (Vorbeters) und
Schochet bekleidet hat. Er ist bei Juden und Nichtjuden in höchstem Maße
angesehen und beliebt." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Juni 1927: "Felsberg. Unser
allverehrtes Gemeindemitglied, Herr Seligmann Leviberg, feiert am
21. dieses Monats seinen 80. Geburtstag. Herr Leviberg, der in unserer
Gemeinde lange Jahre das Amt eines Chasen und Schauchet versehen hat,
erfreut sich in allen Kreisen unserer Bevölkerung größter Beliebtheit.
Körperlich und geistig völlig rüstig, wünschen wir ihm, dass er noch
lange Jahre im Kreise seiner Kinder in vollster Gesundheit seinen Lebensabend
verbringen möge." |
Goldene Hochzeit von Mendel Hammerschlag
und Minna geb. Bleiweiß (1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1927: "Felsberg.
Die goldene Hochzeit begingen am 15. August dahier Mendel Hammerschlag und
Ehefrau Minna geb. Bleiweiß in größter Rüstigkeit und
Geistesfrische." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. August 1927: "Felsberg. Am 15.
August feiern Herr Mendel Hammerschlag und Frau das seltene Fest
der Goldenen Hochzeit. Das Ehepaar, das sich noch einer
verhältnismäßigen Frische und Rüstigkeit erfreut, ist hier in allen
Kreisen sehr beliebt. Besonders Herrn Hammerschlag, der in den 70er-Jahren
als Husar gedient hat, merkt man noch heute die militärische Haltung und
Rüstigkeit an. Mögen sie noch lange im Kreise ihrer Kinder und Enkel bei
Gesundheit ihren Lebensabend
verbringen." |
Zum Tod des Viehhändlers Isidor Weinstein (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. März 1928: "Felsberg. Dienstag,
den 13. März dieses Jahres, bewegte sich ein nach Hunderten zählender
Leichenzug durch unser Städtchen. An einer bösen, schleichenden
Krankheit war nach kurzem Krankenlager der Viehhändler Isidor
Weinstein gestorben. Von Nah und Fern waren in zahlreicher Menge seine
Berufsgenossen, seine Kriegskameraden und seine Freunde und Bekannten
erschienen, um ihn zu Grabe zu geleiten. Auch der Kriegerverein Felsberg,
dem der Verstorbene angehörte, trat vollzählig mit der Fahne und einer
Gewehrsektion an, zum letzten Geleite des Kameraden. Lehrer Kleeblatt
hielt die Gedächtnisrede und zeichnete den Verstorbenen als einen guten
und edlen Menschen, der überall, wo er konnte, Not und Schmerzen
linderte. Nachher rief ihm noch der Vorsitzende des Kriegervereins warme
Worte des Gedenkens nach. Nach Einsenkung des Sarges rollte die Ehrensalve
über das Grab. Der Verstorbene hat bei dem Landwehr-Infanterie-Regiment
Nr. 83 den Weltkrieg von Anfang bis zu Ende
mitgemacht". |
Hermann Hoffmann wurde vom Roten Kreuz ausgezeichnet
(1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. Januar 1928: "Felsberg. Herrn
Hermann Hoffmann wurde das Ehrenzeichen für '10-jährige treue
Dienste' vom Roten Kreuz durch Herrn Landrat Dr. Schuster - Melsungen
verliehen." |
Trauung von Irma Mannsbach und Emanuel Weißmann
- nach langer Zeit wieder erste Trauung in der Felsberger Synagoge (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 31. August 1928: "Felsberg. Am Sonntag, den
26. dieses Monats fand in der hiesigen Synagoge die Trauung des Frl.
Irma Mannsbach, Tochter des Herrn Baruch Mannsbach, mit Herrn
Emanuel Weißmann, Frankfurt am Main statt. Es war dies nach langen
Jahren wieder das erstemal, dass eine derartige Feier im Gotteshaus
stattfand. Alt und jung beider Konfessionen war herbeigeeilt, um bei der
Trauung der allgemein beliebten Felsbergerin zugegen zu sein und so war
die festlich geschmückte Synagoge bis auf den letzten Platz gefüllt.
Herr Landrabbiner Dr. Walter, Kassel, hielt die stimmungsvolle
Traurede." |
Goldene Hochzeit von Moses Schloß und Settchen geb.
Gans (1930)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 25. Juli 1930: "Felsberg. Am 28.
Juli (1930) begeht Herr Moses Schloß und Frau Settchen geb.
Gans das seltene Fest der goldenen Hochzeit. Das Jubelpaar befindet
sich in vollkommen geistiger und körperlicher Frische und erfreut sich
allgemeiner Beliebtheit." |
50-jähriges Geschäftsjubiläum der Firma Victor
Loewenstein in Gensungen (1930)
Mitteilung
in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 28. November 1930: "Gensungen. Die weithin
bekannte hiesige Firma Victor Loewenstein begeht am 29. November
ihr 50-jähriges
Geschäftsjubiläum." |
Zum Tod des aus Felsberg stammenden Bezirksrabbiners Dr. Laser Weingarten
(geb. 1863 in Felsberg, gest. 1937 in Bad Ems)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April
1937: "Bezirksrabbiner Dr. L. Weingarten - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen.
Bad Ems, 14. April (1937). Am 11.
April wurde hier Bezirksrabbiner i.R. Dr. Laser Weingarten unter großer
Beteiligung des ganzen Rabbinatsbezirkes und vieler Freunde zur letzten
Ruhe geleitet. Der Verewigte wurde 1863 in Felsberg bei Kassel
geboren. Nach Absolvierung des Hildesheimer'schen Rabbinerseminars in
Berlin und mehr als zweijährigem Studienaufenthalt in Russland, trat er
am 1. Februar 1890 sein Amt als Bezirksrabbiner in Bad Ems an. Seine ganze
Kraft und Arbeit stellt er in den Dienst der heiligen Sache. Großes
leistete er in der sozialen Fürsorge.
Im Jahre 1892 gründete er mit Gleichgesinnten das Sanatorium 'Emser
Heilquelle' für kurbedürftige minderbemittelte Juden. Im Jahre 1897
gründete er das 'Israelitische Zentral-Waisen- und Mädchenheim', in
welchem eine große Anzahl jüdischer Waisen unter seiner persönlichen
Aufsicht zu wertvollen und brauchbaren Menschen erzogen wurden. Auch war
er Mitbegründer der Eintracht-Loge in Koblenz.
Eine besonders wichtige Gründung des Heimgegangenen gemeinsam mit seinem
Freunde Benno Jacoby, Sayn seligen
Andenkens und verschiedenen Gönnern war der Hilfsverein für unbemittelte
jüdische Nerven und Gemütskranke, der viel Leid gemildert hat und heute
noch seine segensreiche Tätigkeit ausübt. Das von dem Verstorbenen
gegründete Waisenhaus ist inzwischen in das Alters- und Erholungsheim
für jüdische Lehrer, Kantoren und Sozialbeamte umgewandelt
worden.
Während des Weltkrieges, den drei Söhne des Verstorbenen mitmachten,
stellte er sich in den Dienst der Kriegsgefangenen-Fürsorge. Außerdem
übernahm er freiwillig an der Oberrealschule in Bad Ems für die ins Feld
gerückten Lehrkräfte den Mathematikunterricht. Als einer der ersten
wurde er daher mit dem "Verdienstkreuz für Kriegshilfe'
ausgezeichnet. Wegen seines stets freundlichen, schlichten und einfachen
Wesens war der Verewigte bei allen Mitmenschen geachtet und
beliebt.
Am Grabe des Heimgegangenen, der seit 1931 im Ruhestand lebte, sprach sein
Amtsnachfolger, Herr Bezirksrabbiner Dr. Laupheimer, Bad Ems, zu
Herzen gehende Worte über das Leben und Wirken seines verewigten
Kollegen. Auch für das 'Jüdische Alters- und Erholungsheim', den
'Hilfsverein für unbemittelte jüdische Nerven- und Geisteskranke', den
'Synagogenrat Hessen-Nassau' und die 'Eintracht-Loge' Koblenz entbot
Bezirksrabbiner Dr. Laupheimer auftragsgemäß die letzten Grüße. Herr
Kultusvorsteher Dr. med. Cohn, Bad Ems, sprach für die Gemeinde Bad Ems,
Herr Lehrer i.R. Levy, Höchst am
Main, erwies als Vertreter des 'Jüdischen Lehrerverbandes
Hessen-Nassau' dem Heimgegangenen die letzte Ehre. Für die Westerwaldgemeinden
sprach Herr Lehrer Neuhaus, Hachenburg
i.W. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Metzger Baruch Mannsbach sucht einen Lehrjungen
(1897)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September 1897: "Suche
für sofort einen kräftigen Lehrjungen aus achtbarer Familie, für
meine Metzgerei und Wurstmacherei. Samstags und Feiertage streng
geschlossen.
Baruch Mannsbach, Felsberg bei Kassel." |
K. / J. Hoffmann sucht für sein Manufakturwaren-, Schuh- und Konfektionsgeschäft
einen Lehrling (1901 / 1903)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1901:
"Suche per Ostern Lehrling, für mein Manufaktur-, Schuh- und
Konfektionsgeschäft. Samstags und israelitische Feiertage
geschlossen.
K. Hoffmann, Felsberg bei Kassel." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1903: "Lehrling,
mit guter Schulbildung, für Ostern gesucht. Kost und Logis im Hause.
Samstags und Feiertage geschlossen.
J. Hoffmann und Co., Manufakturwaren-, Schuh- und
Konfektionsgeschäft.
Felsberg bei Kassel." |
Verlobungsanzeige von Paula
Tannenwald und Hermann Moses (1926)
Anmerkung: Paula Moses geb. Tannenwald ist am 20. Mai 1899 geboren in
Schmalnau als Tochter von Israel Tannenwald und seiner Frau Hulda. Sei war
verheiratet mit Hermann Moses, mit dem sie einen Sohn Erich hatte (geb. 1927 in
Schmalnau, ermordet 1941). Hermann Moses starb im Krankenhaus (wann?) an den
Folgen einer Operation. Paula Moses wurde nach ihrer Deportation 1942 in der
Tötungsstätte Raasiku bei Reval ermordet. https://www.geni.com/people/Paula-Moses/6000000115157505833 http://sternmail.co.uk/sld/getperson.php?personID=I10256&tree=SLtree
Anzeige
in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 15. Oktober
1926:
"Paula Tannenwald Hermann Moses
Verlobte.
Schmalnau (Rhön)
Felsberg (Bezirk Kassel)
im September 1926" |
Verlobungs- und Heiratsanzeige von Bella Schloß und Ludwig
Heß (1926)
Anzeige
in der "Jüdischen Wochenzeitung" für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 18. März 1927:
"Bella Schloß Ludwig Heß
Verlobte
Gensungen Stuttgart
17. November 1926." |
|
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar 1927:
"Ludwig Hess - Bella Hess geb. Schloss.
Vermählte 2. Januar 1927 Stuttgart - Gensungen
bei Kassel.
Trauung in Gensungen am 2. Januar 1927 mittags 1 Uhr im Hause
Schloss." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal oder eine erste Synagoge
vorhanden (1847 als "bisheriges Betlokal" bezeichnet).
1842 stellte die jüdische Gemeinde bei den Behörden den Antrag auf Bau
einer neuen Synagoge. Nach 1845 konnte gebaut, die Synagoge am 14. Oktober 1847
eingeweiht werden. Die Pläne hatte Landbaumeister Augener aus Melsungen
gezeichnet. Bei der Synagoge handelte es sich um einen stattlichen Steinbau aus
Gensunger Sandbausteinen in Schichtmauerwerk. Der Betsaal hatte etwa 100
Männer- und auf der Empore 80 Frauenplätze. Die Synagoge war schön ausgestattet und besaß etwa 15
Torarollen, die fast alle von ehemaligen jüdischen Einwohnern Felsbergs, welche
in anderen Städten lebten und dort zu Wohlstand gekommen waren, gestiftet
hatten. Über die Einweihung durch Kreisrabbiner Mordechai Wetzlar aus Gudensberg
liegt ein Bericht in der Zeitschrift "Der
treue Zionswächter" vor. Beschrieben wird darin: der letzte Gottesdienst
im "bisherigen Betlokal", der feierliche Umzug der Torarollen unter
einem Baldachin zur neuen Synagoge, der erste Gottesdienst in der neuen Synagoge
mit Einbringung der Torarollen und den dabei üblichen sieben Umzügen um das Almemor sowie dem Weihegebet und der Predigt des Kreisrabbiners:
Die Einweihung der Synagoge in Felsberg (1847)
Der Abschnitt ist teilweise abgekürzt wiedergegeben.
Artikel
in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 2. November
1847: "Felsberg. Ich lege Ihnen anbei das Programm der
Einweihung unserer Synagoge, welche vorigen Donnerstag unter dem
Andrange einer großen Masse Menschen, aus der Nähe und Ferne und von
allen Konfessionen zusammengesetzt, stattfand. Circa 500 Billette waren
ausgegeben und wohl 1.000 Menschen mussten zurückgewiesen werden.
Sämtliche Beamte und Honoratioren nahmen einen lebhaften Anteil an dieser
Feier, die ihrem ganzen Umfange nach allen an sie gestellten Erwartungen
entsprach. Das Programm lautet folgendermaßen:
Programm
zu den Feierlichkeiten bei dem Auszuge
aus dem bisherigen Betlokale und der Einweihung
der neuen Synagoge zu Felsberg, am 4. Cheswon,
den 14. Oktober 1847.
1) Mittags 12 Uhr versammeln sich die männlichen Gemeindemitglieder im
Männerbetlokale, die Frauen im Frauenbetlokale, woselbst die Psalmen 27,
122 und 132 vom Vorsänger und der Gemeinde rezitiert worden. Hier wird
das Minchagebet, nachdem der Kreisrabbiner eine kleine Rede gehalten, vom
Vorsänger vorgebetet und von der Gemeinde leise nachgesprochen.
Anmerkung: In dieser Rede, vor Mincha gehalten, setzte derselbe die
Wichtigkeit der gegenwärtigen Trennung von diesem heiligen Orte
auseinander und forderte die Gemeinde auf, das Mincha-Gebet, als letztes
Gebet in der alten Synagoge recht andächtig zu beten...
2) Der Kreisrabbiner Wetzlar trägt nach Beendigung des
Minchagottesdienstes, aus dem 1. Buch Chronik vom 25. Vers des 15. bis zum
Ende des 16. Kapitel vor, alsdann wird das Aleinu-Gebet vom
Kreisrabbiner gebetet und von der Gemeinde leise nachgesprochen; hierauf
entfernt sich die Versammlung und bildet alsdann den Zug vor dem Hause,
worin sich das Betlokal befindet, die Frauen und alle die, welche
berechtigt sind zum Einlass in die neue Frauensynagoge, nehmen indessen
ihre Plätze in derselben ein.
Anmerkung: Bei diesem Vortrag wurde bemerkt, wie durch Chofni und
Pinchas die Tora gefangen wurde, wie sie selbst zwar den Tod fanden, die
Tora aber ihre Göttlichkeit selbst den Philistern zeigte, wie jeder
Angriff gegen die Tora gestraft wurde... Auch in unserer Zeit ist die Tora
der Gefahr ausgesetzt, in Gefangenschaft zu
geraten..." |
3.
Der Kreisrabbiner nimmt die Torarollen aus der heiligen Lade und übergibt
sie den von den Gemeindeältesten dazu bestimmten Gemeindemitgliedern; die
Gemeinde betet: wajehi binsoa .., worauf der Kreisrabbiner am
Eingang des Betlokals jehi?) laut und die
Gemeinde leise nachgebetet.
4. Der Zug bildet sich nach folgender Ordnung. Die Sänger paarweise,
alsdann der Baldachin (über der) Tora, dann folgen alle Männer
und Jünglinge, je vier und vier.
5) Der Kreisrabbiner und alle Toraträger verlassen das Betlokal und
begeben sich unter den auf der Straße harrenden Baldachin, der Zug setzt
sich in Bewegung. Am Eingange der Synagoge halten die Baldachinträger
still; die Sänger bilden auf beiden Seiten des Eingangs Spalier, die
Männer und alle die, welche sich diesen angeschlossen haben, begeben sich
auf ihre Plätze in der Synagoge, dann die Sänger ebenfalls. Sobald jeder
seine Stelle eingenommen hat, tritt der Kreisrabbiner und sämtliche
Toraträger ein. Alle Anwesenden erheben sich hier von ihren Sitzen.
6) Der Kreisrabbiner betet Mah towu, nach dessen Beendigung stellt
sich derselbe und die übrigen Toraträger auf die Stufen der heiligen
Lade, wo dann das Dankgebet vom Kreisrabbiner gesprochen wird.
7) Der Vorsänger rezitiert waji binsoa, die Sänger fallen ein Ki
MiZion. Hierauf folgen die sieben Umzüge um das Almemor in
folgender Ordnung: der Vorsänger, dann der Kreisrabbiner, nach ihnen die
Gemeindeältesten und Toraträger treten paarweise die Stufen der heiligen
Lade hinab, ziehen um das Almemor, doch so, dass sie dasselbe zur Linken
haben und kehren dann zur heiligen Lade zurück, wo sie jedes Mal ihre
vorige Stellung einnehmen.
8) Es werden die verschiedenen Gebetsgesänge von Vorsänger und den
Sängern während der sieben Umzüge um den Almemor beschrieben.
Nach dem siebenten und letzten Umzug kehren die Toraträger nicht zu ihrer
vorigen Stelle zurück, sondern bleiben in dem Raum zwischen dem Almemor
und der heiligen Lage stehen und der Vorsänger rezitiert abwechselnd mit
der Gemeinsame Psalm 24. Beim siebenten Vers desselben steigt der
Kreisrabbiner die Stufen zur heiligen Lade hinauf und zieht den Vorgang
von derselben zurück; beim neunten Vers öffnet er dieselbe und stellt
nach Beendigung des Psalms die von ihm getragene Tora hinein, ebenso
diejenige, die ihm jetzt der Vorsänger reicht. Hierauf übergeben die
übrigen Toraträger ihre Torarollen nacheinander dem Vorsänger, dieser
dem Kreisrabbinen, der sie ebenfalls in die heilige Lade stellt. - Hierauf
wird dieselbe geschlossen und ein weiteres Gebet wird vom Vorsänger und
der Gemeinde abwechselnd rezitiert.
9) Der Vorsänger, die Gemeindeältesten, die Toraträger begeben sich an
ihre Plätze. Der Kreisrabbiner tritt hinab auf die unterste Stufe der
heiligen Lade und hält das Weihegebet [die Gemeinde spricht Amen]
und der Vorsänger rezitiert abwechselnd mit der Gemeinde Psalm 111.
11) Der Kreisrabbiner hält die Predigt zur Einweihung, der sich
das Gebet für das Wohl der Landesobrigkeit und des Vaterlandes
anschließt.
12) Der Vorsänger beendigt (mit einem weiteren Gebet), womit die Feierlichkeit beendigt ist.
Am darauf folgenden Sabbat wurde von den zur Toralesung Gerufenen
viel gespendet, von einem Einzigen dort 18 Frsdr. Ganz besonders muss der
Eifer erwähnt werden, den der Herr Gemeindeälteste, welcher außerdem
ganz unermüdlich alles Mögliche aufbot, dass dieser neue Bau ausgeführt
wurde, überhaupt bei jeder Gelegenheit tätig ist, um die Tora in
unserer Mitte stark zu machen. |
1903 war eine umfassende Renovierung im Innenraum nötig, nachdem ein Teil der
Lehmdecke heruntergefallen war und die Inneneinrichtung auf der Empore
beschädigt hatte.
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18.
Dezember 1903: "Felsberg,
Bezirk Kassel, 15. Dezember (1903). Die hiesige Synagoge, in welcher im Herbst
ein Teil der schweren Lehmdecke über der Empore herabfiel, sodass Pulte und
Sitzplätze beschädigt wurden, wird jetzt vollständig renoviert. Die etwa 180
Quadratmeter umfassende Lehmdecke, die auch an mehreren anderen Stellen
gefahrdrohende Risse zeigte, ist gänzlich abgenommen und an deren Stelle eine
Dielenbedeckung getreten, mit deren Fertigstellung man gegenwärtig beschäftigt
ist." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge bereits
am Abend des 8. November geschändet. Das Gebäude wurde jedoch nur im Inneren
demoliert zerstört. Das Inventar wurde zur Sonnwendfeier aus der Burgwiese
verbrannt.
Nach 1945 wurde das Synagogengebäude als Turnhalle, später als
Abstellraum, Gaststätte und für Wohnzwecke
verwendet. Ein Nebenzimmer des Gebäudes diente viele Jahre als Übungsraum des
Spielmanns- und Fanfarenzuges der Eintracht. Über aktuelle Entwicklungen seit 2010/11
und die Wiedereinweihung als Synagoge am 11. September 2022 siehe Berichte unten.
Über die Mikwe (rituelles Bad)
Hessischer Denkmalschutzpreis 2005 für
Ausgrabung eines Jüdischen Ritualbads in Felsberg http://lfdh.db.rjm.de/cgi-bin/Ausgabe.pl?id=286
Wolfgang Eitel für Einsatz bei Bergung der ehemaligen Mikwe ausgezeichnet
Zu den Preisträgern gehört auch Wolfgang Eitel, der für
seinen unermüdlichen persönlichen Einsatz bei der Ausgrabung eines ehemaligen
jüdischen Ritualbads in Felsberg (Schwalm-Eder-Kreis) mit einer Urkunde
ausgezeichnet wird. Im Herbst 2003 beabsichtigte Wolfgang Eitel in seinem Garten
einen Obstbaum zu pflanzen. Der Garten befindet sich hinter seinem Haus an der
Untergasse nahe der ehemaligen Stadtmauer von Felsberg. Nach kurzer Zeit stieß
Wolfgang Eitel auf ein großformatiges Mauerwerk mit einem nahezu quadratischen
Grundriss. Als dann nach längerem Graben einige Treppenstufen zu Tage traten,
informierte er die Baudenkmalpflege und die archäologische Denkmalpflege über
den Fund. Es handelte sich um die Reste der ehemaligen Mikwe, dem jüdischen
Tauchbad, das um 1820 an dieser Stelle erbaut worden war. Nach dem Ersten
Weltkrieg wurde es abgerissen; mit dem Mauerwerk wurde das Tauchbad verfüllt.
In mühevoller Arbeit hat Wolfgang Eitel das Bad vom Schutt geräumt. Das
erhaltene Backsteinmauerwerk wurde gesäubert und das Bad bis zur Sohle
freigelegt. Auch Treppe und Mauerwerk, das in hervorragender steinmetzmäßiger
Qualität erhalten ist, wurden gereinigt.
Adresse/Standort der Synagoge: Ritterstraße
Fotos
(Quelle: sw-Fotos aus Arnsberg, Bilder S. 51; neuere
Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 16.6.2008)
Ältere Aufnahmen |
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Die Aufnahmen
entstanden vermutlich in den 1960er-Jahren: links die ehemalige Synagoge,
rechts die Schule mit Blick zur Felsburg |
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Die ehemalige Synagoge auf
der
Umschlag-Vorderseite des Buches von
Thea Altaras 1988 (s.Lit.) |
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Rekonstruktion der Straßenfassade
(grau), Schnitt (blau) und abgebrochener
Tora-Schrein (gelb) |
Die ehemalige
Synagoge 1985 |
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Die ehemalige Synagoge |
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Blick auf die
ehemalige Synagoge an der Ritterstraße |
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Nordseite der
ehemaligen
Synagoge |
Zugemauerte hohe
Rundbogenfenster
an der Ostseite |
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Das Synagogengebäude
von der Obergasse |
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Der Blick von
Süden - von der Obergasse - zeigt u.a. ein teilweise zugemauertes Fenster |
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Gedenktafel |
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Die Gedenktafel
ist an der der ehemaligen Synagoge gegenüberliegenden Mauer angebracht.
Der Text lautet: "Gegenüber steht die ehemalige Synagoge, erbaut von
1842 bis 1865, im Innern zerstört am 8. November 1938. Zur Erinnerung an
unsere jüdischen Mitbürger, die während des Nationalsozialismus
gedemütigt, entrechtet, vertrieben, verschleppt und ermordet wurden.
'Vergessen führt in die Verbannung - Erinnerung jedoch ist das Geheimnis
der Erlösung.' (Jüdische Weisheit)." |
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Die Synagoge nach
Abschluss
der Restaurierung (2022)
(Fotos erhalten vom Verein zur Rettung der
Synagoge Felsberg e.V., Christopher Willing) |
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Blick auf die Synagoge
in ihrer Umgebung |
Der Eingangsbereich
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Blick nach Osten
(Toraschrein,
Deckenbemalung und -beleuchtung) |
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Weitere
Ansichten
nach Osten |
Innenaufnahme
des
Betraumes |
Links
Sternenhimmel und Empore, rechts mit Chanukkaleuchter (die 6. Kerze brennt),
Schabbatkerzen |
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Die ehemalige jüdische
Schule |
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Die 1826-1931
bestehende jüdische Schule wurde in dem 1653 erbauten Patrizierhaus
Obergasse 6 untergebracht. |
Seit
2010/2011 - 2022: neues jüdisches Leben in Felsberg - Erfolgreiche Bemühungen um die Restaurierung der
ehemaligen Synagoge - dazu Berichte zur Erinnerungsarbeit vor Ort
Die 1995 in Kassel gegründete liberale jüdische Gemeinde Emet weSchalom hatte
von 2001 bis 2010 ihren Gemeindesitz in Gudensberg.
Im November 2010 wurde der Sitz nach Felsberg verlegt. In Felsberg wurde ein
Gemeinderaum bezogen, der seitdem auch als Betraum verwendet wurde. Angestrebt
wurde jedoch seitdem die
Restaurierung und neue Nutzung des Synagogengebäudes in Felsberg. Bis zum
Abschluss der Restaurierung 2022 wurden Gottesdienste an unterschiedlichen Orten, nicht nur in Felsberg, sondern
auch bei einzelnen Mitgliedern (teilweise auch in Kassel)
abgehalten.
Das erste in Felsberg von der Gemeinde gefeierte jüdische Fest war das
Chanukka-Fest im Dezember 2010. Im folgenden Jahr 2011 konnte erstmals der
Seder-Abend zum Pessach-Fest in Felsberg gefeiert werden. Zur Einrichtung eines
Betsaales erhielt die Gemeinde einen Tora-Schrein (Aron haKodesch) von der
jüdischen Gemeinde Hameln. Im August 2011 konnten zwei Torarollen nach Felsberg
gebracht werden, davon wurde eine aus der Temple-Israel-Gemeinde
Dayton in Ohio der Gemeinde geschenkt, eine weitere ist eine Dauerleihgabe
des Doms in Fritzlar (restauriert 2011 in Israel).
Bis zum Abschluss der Restaurierungsarbeiten im Spätsommer 2022 wurde das
Synagogengebäude für 1,3 Mio. € in den ursprünglichen Zustand versetzt und am
11. September 2022 wieder feierlich eingeweiht.
Kontakt zur Gemeinde: Jüdische Liberale Gemeinde Emet weSchalom e.V.
Nordhessen
Postfach 1112 34583 Felsberg Tel. 05603/6701 Fax
05603-9112433 E-Mail
Website der Gemeinde: www.emetweschalom.de
Kontakt zum "Verein zur Rettung der Synagoge Felsberg"
(Vorsitzender: Christopher Willing)
Tel.: 05662/930749 Fax: 6256; E-Mail: info@synagoge-center-felsberg.org
Website: www.synagogue-center-felsberg.org
August 2011:
Zwei Torarollen stehen für den Gottesdienst zur
Verfügung |
Artikel vom 5. August 2011 von "bmn" in der "Hessischen
Allgemeinen" (hna.de, Artikel):
"Zwei Torah-Rollen für neue Synagoge der Gemeinde Emet we Shalom
Felsberg. Die neue Synagoge der Liberalen jüdischen Gemeinde Emet we Shalom, Wahrheit und Frieden, ist klein. Dennoch ist sie der zentrale Ort für die nordhessenweit 20 Mitglieder. Am Sonntag werden zwei Torah-Rollen feierlich in die Synagoge eingeführt.
Eine Rolle ist ein Geschenk aus Dayton (Ohio, USA) von der Dachorganisation der progressiven jüdischen Gemeinden. Dafür stand die hiesige Gemeinde zehn Jahre auf der Warteliste.
Die zweite Rolle ist eine Dauerleihgabe des Fritzlarer Doms. Von ihr zu erfahren, war eher Zufall. Deborah Tal Rüttger vom hiesigen Vorstand gibt beider Vokshochschule unter anderem Hebräisch-Kurse. Eine ihrer Schülerinnen hatte von der Torah-Rolle erfahren. Sie sprachen mit Herrn Conrad von den Prämonstratensern.
'Es dauerte lange, bis eine Entscheidung gefallen war', berichtet
Tal-Rüttger..."
Außerdem hatte die Rolle einen Wasserschaden und Passagen waren nicht gut lesbar. Damit war die Rolle nicht mehr koscher und |
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August 2011: Die
ehemalige Synagoge soll als Synagoge und Museum wiederbelebt
werden |
Artikel vom 8. August 2011 von Manfred Schaake in der "Hessischen
Allgemeinen" (hna.de, Artikel):
"Jüdische Liberale Gemeinde plant Begegnungsstätte und Museum in Felsberg.
Synagoge wieder beleben
Felsberg. Die jüdische liberale Gemeinde Emet we Shalom - Wahrheit und Frieden - möchte die ehemalige Synagoge in Felsberg als Synagoge und Museum nutzen. Das wurde während eines feierlichen Gottesdienstes bekannt, in der zwei Torah-Rollen übergeben wurden. Wie berichtet, befindet sich die neue Synagoge in einem Privathaus..." |
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November 2012:
Die künftige Nutzung der ehemaligen Synagoge als
Synagoge und Dokumentationszentrum ist weiterhin geplant |
Artikel von Manfred Schaake in der
"Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen" (hna.de) vom 13.
November 2012: "Verein in Felsberg will Gebäude erwerben – Dokumentationszentrum mit Museum geplant.
Jüdisches Leben in der Synagoge
Felsberg. Die ehemalige Synagoge an der Ritterstraße in Felsberg soll wieder Synagoge und ein Dokumentationszentrum werden. Das ist das Ziel eines bereits 20 Mitglieder zählenden Vereins, der am Sonntag im Mehrgenerationenhaus Felsberg gegründet worden ist.
Rettung der Synagoge Felsberg – das ist laut Satzung der Name des Vereins. Initiator ist Christopher Willing aus
Gensungen. Der Diplom-Ingenieur für Tief- und Wasserbau ist Vorstandsmitglied der jüdischen liberalen Gemeinde Emet we Shalom – Wahrheit und Frieden – Nordhessen.
Der Verein hat den Zweck, so heißt es in der Satzung, 'das Gebäude und Grundstück der ehemaligen Synagoge Felsberg zu erwerben, denkmalgerecht zu sanieren und ihren Original-Zustand wieder
herzustellen'. Im Eingangsbereich soll ein Museum entstehen, das das jüdische Leben in Nordhessen über die Jahrhunderte dokumentiert.
'Unser Ziel ist, den Ankauf in den nächsten zwei Jahren zu realisieren', sagt
Willing. Seit vielen Jahren wird die Synagoge gastronomisch genutzt. Für die Wiederbelebung möchte der Verein Fördergeld und Spenden einwerben. In der Satzung hat der Verein diese Ziele formuliert:
Förderung des interreligiösen Kennenlernens und der Toleranz durch Veranstaltungen, besonders für die
Jugend - Verbreitung von Wissen über die jüdische Religion und die jüdischen
Traditionen - Aufrechterhaltung und Förderung des gegenseitigen Interesses und des Dialogs zwischen Juden und Nichtjuden sowie aller Religionen.
- Veranstaltung von kulturellen Seminaren.
Vorträge und Lernkreise. Geplant sind öffentliche Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen und Lernkreise, die sich mit dem interreligiösen Dialog und dem Judentum befassen. Die Mitglieder haben laut Satzung die Möglichkeit, an jüdischen Gottesdiensten und anderen Veranstaltungen in der Synagoge teilzunehmen. An jüdischen Feiertagen kann die Synagoge von der örtlichen jüdischen Gemeinde genutzt werden und so eine Brücke zwischen früher und heute schlagen, wie Willing formulierte.
'Der Verein ist selbstlos tätig', heißt es in der Satzung, 'er verfolgt keine eigenwirtschaftlichen
Zwecke'.
Erster Vereinsvorsitzender ist Christopher Willing, sein Stellvertreter Thomas
Bruinier, Kassenwart Burckhard Tosberg. Fünf Beisitzer sollen noch berufen werden. Kassenprüfer sind Gitta Hentschker-Kranixfeld und Uwe
Lengen. Kontakt: Christopher Willing, E-Mail
(wiotec[et]gmx.de)."
Link
zum Artikel |
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Mai 2014:
Pläne für ein Jüdisches Kulturzentrum in
Felsberg |
Artikel in der hna.de vom 28. Mai 2014:
"Vision für Leerstand. Pläne für Jüdisches Kulturzentrum: Hentschker-Haus soll Gästehaus werden
Felsberg. Ein eigens zu diesem Zweck gegründeter Verein will in Felsberg ein Nordhessisches Zentrum für jüdische Geschichte und Kultur aufbauen. Ein Teil des Projekts: Das leerstehende Hentschker-Haus soll zum Gästehaus für die Besucher des Zentrums umgebaut werden. Dafür werden Helfer gesucht..."
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August 2014:
Der "Verein zur Rettung der Synagoge
Felsberg" möchte das Synagogengebäude kaufen |
Artikel in der hna.de (Lokalausgabe) vom 15. August 2014:
"Verein will Synagoge in der Felsberger Altstadt kaufen: Benefizveranstaltungen geplant
Felsberg. Bis zum Jahresende will der vor zwei Jahren gegründete 'Verein zur Rettung der Synagoge Felsberg" das Gebäude in der Felsberger Altstadt kaufen. Das sagte der Initiator und Vorsitzende des Vereins, Christopher Willing, im HNA-Gespräch.
Die ehemalige Synagoge an der Ritterstraße soll wieder Synagoge sowie ein Dokumentations- und Begegnungszentrum werden. Das ist das Ziel des mittlerweile 30 Mitglieder zählenden Vereins.
Wie Christopher Willing erklärte, ist Marion Karmann, Geschäftsführerin des Zweckverbandes Mittleres Fuldatal, im ständigen Kontakt mit dem Ministerium, das Fördergeld vergibt. Es gebe positive Signale. Somit sollten 60 bis 70 Prozent der Summe für den Ankauf gesichert sein, sagte
Willing..."
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zum Artikel |
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Juni 2015:
Erste "Stolpersteine" werden in
Felsberg verlegt
Anmerkung: es wurden am 15. Juni 2015 drei "Stolpersteine" verlegt: in
der Obergasse 29 für Isaak Kruck (1866), Siegmund Kruck (1912), Malchen
Kruck geb. Mansbach (geb. 1878 in
Niedenstein). Vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Felsberg
(unvollständig) |
Artikel von Judith Féaux de Lacroix in der
hna.de (Lokalausgabe) vom 16. Juni 2015: "Nach langen Diskussionen: Erste
Stolpersteine in Felsberg verlegt
Felsberg/Melsungen. In Felsberg wurden jetzt die ersten Stolpersteine
verlegt - dank engagierter Schülerinnen von der Melsunger
Radko-Stöckl-Schule.
Malchen Kruck soll nicht vergessen werden. Die Felsberger Jüdin wurde 1941
in das Ghetto von Riga deportiert und später ermordet. Vor ihrem früheren
Wohnhaus an der Obergasse liegt jetzt ein Stolperstein, der an Malchen Kruck
erinnert. Zwei weitere Steine vor dem Haus tragen die Namen von Isaak und
Siegmund Kruck. Es sind die ersten Stolpersteine, die der Kölner Künstler
Gunter Demnig in Felsberg verlegt hat. Zu verdanken ist das Schülerinnen der
Melsunger Radko-Stöckl-Schule: Sie haben nicht nur Geld für die
Stolpersteine gesammelt, sondern auch die Felsberger von ihrer Idee
überzeugt - was viel Geduld erforderte. Die Mädchen mussten lange auf eine
positive Antwort warten. 'Danke, dass ihr diesen langen Atem gehabt habt',
sagte Felsbergs Stadtverordnetenvorsteher Stefan Umbach. 'Ich hätte nie
gedacht, dass dieses Thema für so große Diskussionen in Felsberg sorgt',
sagte Steffi Hoffmann vom Bund Deutscher Pfadfinder. Sie sei froh, dass die
Steine verlegt werden konnten: 'Ihr habt Malchen Kruck nach Hause geholt,
sie wieder sichtbar gemacht', lobte sie das Engagement der Schülerinnen.
Weitere Steine sollen folgen. Davon beeindruckt zeigte sich auch ein
Filmteam aus Korea, das eine Dokumentation über die
Vergangenheitsbewältigung in Deutschland drehte: Die Koreaner befragten die
Mädchen vor der Kamera über ihr Projekt. 'Wir wünschen uns, dass weitere
Stolpersteine in Felsberg verlegt werden', sagte Lara Liebetrau (19) aus
Spangenberg, 'wir übergeben dieses Projekt an die Drei-Burgen-Schule.' Deren
Schüler haben bereits erste Ideen, wo weitere Stolpersteine in Felsberg
einen Platz finden können - etwa vor der Eisdiele an der Untergasse, sagte
Schulleiter Dr. Dieter Vaupel. 'Unser Ziel ist, im Frühjahr 2016 den
nächsten Stein zu verlegen.' Bis in Felsberg so viele Stolpersteine liegen
wie in Melsungen, wird es aber noch lange dauern: Dort wurde am Montag der
43. Stolperstein verlegt - vorerst der letzte. Zum Einsetzen der Steine
waren viele Besucher gekommen. In Felsberg war auch die 79-jährige Margrete
Wendel dabei, sie wohnt bis heute in ihrem Elternhaus an der Obergasse.
Gleich nebenan lebte früher Malchen Kruck, für die jetzt einer der
Stolpersteine verlegt wurde. 'Meine Cousine hat mir erzählt, dass sie, meine
Mutter und ich Malchen Kruck in Kassel besucht haben, wo sie in einem Keller
eingesperrt war', berichtet Wendel. Sie selbst sei damals aber erst zwei
oder drei Jahre alt gewesen und könne sich nicht mehr daran erinnern. Es sei
eine furchtbare Zeit gewesen, als die Juden aus Felsberg vertrieben und
ermordet wurden. Sie hoffe nur, dass sich so etwas nie mehr wiederhole,
sagte Wendel. Auch dazu können die Stolpersteine in Felsberg beitragen: Sie
sorgen dafür, dass Menschen wie Malchen Kruck und ihr Schicksal nicht
vergessen werden."
Link zum Artikel |
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August 2016:
Die Umbauarbeiten des
Synagogengebäudes haben begonnen
|
Artikel von Manfred Schaake in der hna.de
(Lokalausgabe) vom 5. August 2016: "Einst Pizzeria, bald Synagoge:
Gebäude in Felsberg wird wieder Gotteshaus.
Felsberg. Jahrzehntelang ein Gasthaus, zuletzt eine Pizzeria, bald
Synagoge: Das Gebäude an der Ritterstraße wird derzeit hergerichtet.
Sie spachteln, streichen Decken und Wände, entmörteln defekte Fliesenreihen,
installieren Lampen. Die Mitglieder des 2012 gegründeten Vereins zur Rettung
der Felsberger Synagoge sind auch gute Handwerker. Sie richten das Gebäude
an der Ritterstraße her, das jahrzehntelang als Gasthaus genutzt worden war,
zuletzt bis 2013 als Pizzeria. Dank der Initiative des Vereins wird die
ehemalige Synagoge nun wieder Gotteshaus. Am Freitag, 9. September, wird in
dem Gebäude erstmals wieder Gottesdienst gefeiert - ein Shabat-Gottesdienst
mit Annette Willing ab 18 Uhr.
Das hat Christopher Willing in einem Gespräch mit der HNA angekündigt. Der
Diplom-Ingenieur für Tief- und Wasserbau ist Vorsitzender des Vereins zur
Rettung der Synagoge und Vorsitzender der jüdischen liberalen Gemeinde Emet
we Shalom - Wahrheit und Frieden - Nordhessen. Willing kämpft seit Jahren
für das Ziel, die ehemalige Synagoge wieder zu dem zu machen, was sie mal
war. Die Stadt Felsberg hat das Gebäude gekauft, der Verein hat es auf 66
Jahre gepachtet. Die Synagoge wird nach den Worten Willings wieder Synagoge
und ein Dokumentationszentrum für jüdisches Leben. Sie werde auch eine
Begegnungsstätte für Juden, Christen und Muslime. Die Evangelische
Kirchengemeinde Felsberg und Böddiger ist von Anfang an Mitglied. Zurzeit
hat der Verein 45 Mitglieder. Der Verein will auch das Robert-Weinstein-Haus
an der Obergasse sanieren, um es künftig für kulturelle Veranstaltungen
nutzen zu können. Geplant ist auch ein Jugendgästehaus und eine
Künstlerresidenz. Die Künstler sollen einige Wochen in Felsberg leben und
mit interreligiösem Bezug arbeiten. Der SPD-Mann und stellvertretende
Stadtverordnetenvorsteher Robert Weinstein war am 8. November Opfer des
Judenpogroms in Felsberg. Die Nazis hatten ihn auf die Straße getrieben, wo
er starb. An diesem Abend zerstörten sie auch das Innere der Synagoge. Das
Inventar verbrannten sie zur Wintersonnenwende im Dezember auf der
Burgwiese, so ist es überliefert. Die Gesamtkosten für das Projekt Synagoge
Felsberg werden auf 625 000 Euro geschätzt. 'Wir haben bereits 260 000 Euro
Fördergeld vom Land Hessen', freut sich Christopher Willing. Auch die
Hessische Denkmalpflege habe Geld in Aussicht gestellt. Über 40 000 Euro
seien bisher gespendet worden. Willing ist optimistisch: 'Wir gehen davon
aus, dass wir das fehlende Geld in den nächsten drei Jahren einwerben.'"
Link zum Artikel |
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Oktober 2016:
Ausstellung zum Thema "Deutsch und
Jüdisch" in Felsberg |
Artikel von 8. Oktober 2016: "Ausstellung jüdisches Leben in Felsberg.
FELSBERG | NEW YORK. Das renommierte Leo Baeck-Institut New York hat eine Ausstellung zum Thema
'Deutsch und Jüdisch' erstellt, die auch in Felsberg gezeigt wird. Sie macht deutlich, wie selbstverständlich jüdisches Leben in der Zeit vor 1933 in Deutschland gewesen ist.
Dokumente, Porträts und Gegenstände bringen die gesellschaftlichen Verflechtungen der Menschen in ihrer Zeit zum Ausdruck, ebenso welche Impulse von ihnen ausgingen.
'Wir sind sehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, diese bedeutende Ausstellung in die Synagoge nach Felsberg zu holen', so der Vorsitzende der liberalen jüdischen Gemeinde, Christopher
Willing. 'Außer in Felsberg wird sie nur noch in Frankfurt, Erfurt und Bremerhaven zu sehen sein', so Willing weiter.
Diese Ausstellung 'Deutsch und Jüdisch' und die zwei begleitenden Vorträge setzen die Reihe von kulturellen Veranstaltungen fort, die in der Synagoge Felsberg durchgeführt werden.
Die Eröffnung der Ausstellung findet mit einem Fachvortrag am 14. Oktober um 17 Uhr in den Räumen der Synagoge In Felsberg, Ritterstraße 3 statt.
Bis zum 27.10.16 sind die Räume geöffnet: Wochenende 11-18 Uhr, Dienstag bis Freitag von 15-18 Uhr, montags geschlossen. (pm)" |
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Oktober 2016:
Sanierung des
Robert-Weinstein-Hauses beginnt |
Artikel von Christine Thiery in "hna.de" vom
25. Oktober 2016: "Bald Gäste im Fachwerk. Sanierung des
Robert-Weinstein-Hauses soll noch in diesem Jahr beginnen
Felsberg. Im November soll es endlich losgehen. Dann wird das
Robert-Weinstein-Haus in Felsbergs Obergasse saniert. Das Haus soll komplett
entkernt und neu aufgebaut werden. Die Bauzeit wird zweieinhalb Jahre
betragen. Der Startschuss wird sehnlichst erwartet. Der Verein zur Rettung
der Synagoge will dort in Gedenken an den jüdischen Kaufmann, der am 9.
November 1938 dem Pogrom zum Opfer fiel, ein Kulturzentrum schaffen. Eine
Künstlerresidenz, ein Veranstaltungsraum sowie ein Jugendgästehaus sollen
dort entstehen.
Teil der Synagoge. Die Sanierung des Hauses ist vor der
Wiederherstellung der Synagoge Teil des Gesamtkonzeptes des Vereins, sagte
deren Vorsitzender Christopher Willing. Zunächst wird das Haus entkernt, die
Decke im ersten Obergeschoss wird heraus genommen, sagte der Architekt,
Ulrich Hernmarck aus Fuldatal. Dafür muss zunächst die Statik gesichert
werden. Eine Stahlbetonbodenplatte wird eingezogen. Balken müssen saniert
werden. Im Untergeschoss wird der über zwei Geschosse gehende
Veranstaltungsraum mit nach oben offenen Balken entstehen. Dort können
Lesungen, Veranstaltungen und Workshops gehalten werden. Der residierende
Künstler kann dort arbeiten. Daher gibt es dann auf dieser Ebene auch
Toiletten sowie eine kleine Teeküche. Im Obergeschoss soll die kleine
Wohnung für die Künstler gebaut werden und es sollen Mehrbettzimmer für
Jugendliche entstehen, die während der Workshops dort übernachten können.
Die Grundfläche des Hauses beträgt 90 Quadratmeter. Zuletzt werde die
Fassade erneuert, sagte Hernmarck. Auch er rechnet mit einer Bauzeit von
zwei bis drei Jahren. Der nicht sichtbare seitliche und hintere Teil soll
gedämmt und mit Holzschindeln versehen werden, im vorderen Bereich wird das
Fachwerk erhalten, die Gefache neu verputzt. Das werde eine völlig neue
Optik geben, sagte der Architekt.
Veranstaltungsraum. Das Haus sei wichtig für das Konzept zur
Wiederherstellung der Synagoge, sagte Willing. Wenn die Synagoge in ihren
ursprünglichen Zustand zurück versetzt wird, sollen dort übergangsweise die
Veranstaltungen stattfinden, so Willing. Anschließend wird es eine
Kombination von Veranstaltungen dort geben."
Link zum Artikel |
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Mai 2017:
Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Felsberg
Anmerkung: es wurden "Stolpersteine" verlegt: in der Quergasse 4 für
Emma Weinstein geb. Speier (1883), Siegward Weinstein (1914), Max Weinstein
(1920), Ida Weinstein (1910); dazu Stolpersteine für die Familie Adler
(siehe im Text); vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Felsberg (unvollständig)
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Artikel von Dieter Vaupel in seknews.de vom
11. Mai 2017: "Stolpersteine erinnern an Schicksale. Künstler Gunter
Demnig am 24. Mai zur nächsten Aktion in Felsberg
Felsberg. Während der Zeit des Nationalsozialismus litten die Felsberger
Juden immer stärker unter antisemitischen Repressionen. 1933 hatte die
Felsberger jüdische Gemeinde etwa 100 Mitglieder, stellte damit fast neun
Prozent der Einwohner. Ende 1939 zählte Felsberg keine jüdischen Bewohner
mehr. Die jahrhundertelange Geschichte der Felsberger Juden war damit
beendet. Diskriminierungen, Misshandlungen und Ausgrenzungen hatten viele
Menschen jüdischen Glaubens zu Flucht und Auswanderung gezwungen. Am Ende
stand für die, die nicht mehr rechtzeitig fliehen konnten, der Tod in den
NS-Vernichtungslagern. Nachdem vor zwei Jahren die ersten Stolpersteine in
Felsberg zur Erinnerung an Malchen, Isaak und Siegmund Kruk verlegt wurden,
wird die Aktion nun fortgeführt. Die Initiative zur Verlegung der ersten
Steine hatten Schülerinnen der Radko-Stöckl-Schule gemeinsam mit ihrer
Lehrerin Ulla Suck-Sartoris, unterstützt durch die Leiterin des Felsberger
Mädchentreffs, Steffi Hoffmann, ergriffen. Bei der Verlegung vor dem Haus in
der Obergasse versprach der damalige Schulleiter der Drei-Burgen-Schule, Dr.
Dieter Vaupel, diese Aktion mit Schülern der Felsberger Gesamtschule
fortzuführen. Nach Abschluss der Vorbereitungsarbeiten ist es nun soweit: Am
24. Mai ab 9.00 Uhr sollen vier weitere Stolpersteine vor dem Haus in der
Quergasse 2 für die Familie Weinstein verlegt werden und drei vor dem Haus
in der Untergasse 2, der heutigen Eisdiele, in dem ehemals die Familie Adler
lebte. Der Künstler Gunter Demnig, der mit diesem Projekt europaweit aktiv
ist, wird nicht nur die Stolpersteine selbst mit Unterstützung des
städtischen Bauhofs verlegen, sondern auch noch am Abend des 23. Mai um
19.30 Uhr zu einem Vortrag in der Synagoge – 'Stolpersteine – Spuren und
Wege' – zur Verfügung stehen. Schüler der 9. und 10. Klassen der
Drei-Burgen-Schule setzen sich zur Zeit intensiv mit der Judenverfolgung in
Felsberg und dem Schicksal der Familien Weinstein und Adler auseinander.
Auch Schüler der Fuldatalschule Melsungen beschäftigten sich mit dem
damaligen und heutigen jüdischen Leben in Felsberg. Unterstützt wird die
geplante Aktion durch die städtischen Gremien sowie durch Bürgermeister
Volker Steinmetz. Am Morgen des 24. Mai werden Schülervertreter der DBS
zunächst gemeinsam mit dem neuen Schulleiter Karl-Werner Reinbold begrüßen
und in die Thematik einführen. Dann steht das Schicksal der einzelnen
Familienmitglieder, für die die Steine verlegt werden, im Mittelpunkt.
Schüler erinnern an jeden Einzelnen. Zu der Verlegeaktion und zum Vortrag
Demnigs am Vorabend sind alle Interessierten eingeladen. Der Eintritt ist
frei, eingehende Spenden sollen für die nächsten Stolpersteine verwandt
werden. Die Stolpersteine, die jetzt verlegt werden, wurden durch die
Drei-Burgen-Schule, die Fuldatalschule Melsungen und die Initiative
Stolpersteine Spangenberg finanziert, der Vortag von Demnig ist durch
Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung ermöglicht worden.
Familie Weinstein – auseinandergerissen. Die Familie Weinstein wurde
während der Zeit des Nationalsozialismus völlig auseinandergerissen. Schon
Ende der 20-er Jahre hatte die Familie schwere Schicksalsschläge zu
ertragen, nach 1933 endete ihre Zeit in Felsberg schließlich in einer
absoluten Katastrophe. Vater Isidor Weinstein, ein Bruder Robert Weinsteins,
der beim Novemberpogrom 1938 ums Leben kam, starb bereits im Jahr 1928 als
49-Jähriger. Im gleichen Jahr starb auch seine damals gerade 16-jährige
Tochter Johanna. Mutter Emma Weinstein, geb. Speier, stammte aus
Züschen. Bei der Geburt ihres ersten
Kindes Ida (*1910) war sie 27 Jahre alt, Vater Isidor zwei Jahre älter. Im
Laufe der nächsten acht Jahre bekam Ida noch drei Geschwister: Johanna
(*1912), Siegward (*1914) und den Nachkömmling Max (*1920). Beginnend mit
dem Jahr 1933 ging der Weg der Familie in unterschiedliche Richtungen. Ida
zog bereits 1933 nach Hamburg, kehrte dann aber nach kurzer Zeit wieder nach
Felsberg zurück und verließ den Ort endgültig Richtung Leipzig. Von dort aus
wurde sie 1941 nach Riga deportiert, wo ihr Lebensweg endete. Der jüngste
Sohn der Familie, Max, zog in die Niederlande, wo er als Landarbeiter lebte,
in der Hoffnung den Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen. Doch 1943 wurde er
zunächst in das Konzentrationslager Herzogenbusch eingewiesen und am 31.
März 1944 in Auschwitz ermordet. Siegward wanderte 1936 nach Buenos Aires
aus. Er hatte noch rechtzeitig erkannt, dass es in Deutschland für Juden
gefährlich wurde. Seine Geschwister hätte er gerne nach Argentinien
nachgeholt, er stand mit ihnen in Briefkontakt. Aber beide lehnten ab. Nur
seine Mutter Emma wagte den Schritt nach Argentinien. Ende 1939 verließ Emma
Weinstein als letzte der ehemals sechsköpfigen Familie Felsberg und folgte
ihrem Sohn nach Buenos Aires.
Die Familie Adler – ausgelöscht. Drei Generationen, Hannchen Adler
(*1863), ihre Tochter Rosa (*1904) und deren Sohn Dieter (*1935), wurden
durch die Nationalsozialisten ermordet. Hannchen war mit Daniel Adler
verheiratet, lebte aber in den 1930er Jahren allein. Tochter Rosa war nicht
verheiratet. Wer der Vater von Rosas 1935 geborenem Sohn Dieter war, ließ
sich nicht ermitteln. Für die beiden ohne Ehemann in Felsberg lebenden
Frauen mit dem unehelich geborenen Dieter war es in der damaligen Zeit
sicher nicht einfach zu überleben. Zu ihrer jüdischen Herkunft kamen weitere
Erschwernisse und fehlende soziale Akzeptanz. Damit waren sie in dieser Zeit
doppelt stigmatisiert. Hannchen, Rosa und Dieter Adler hielten es trotz der
immer schwieriger werdenden Bedingungen lange in Felsberg aus. Sie gehörte
zu den 18 Juden, die in Felsberg noch die schlimmen Übergriffe des 8.
Novembers 1938 ertragen mussten. Schließlich flohen sie 1939 in die größere
Anonymität Kassels. Ende 1941 wurde Rosa mit ihrem Sohn Dieter nach Riga
deportiert. Die damals bereits 78-jährige Großmutter blieb zunächst allein
zurück, bevor auch sie in die Vernichtungsmaschinerie der
Nationalsozialisten geriet und 1942 nach Theresienstadt deportiert wurde. Am
Ende wurde die komplette Familie, drei Generationen, ausgelöscht. Hannchens
Spuren verlieren sich im Vernich-tungslager Treblinka, Dieter starb
vermutlich in Riga und seine Mutter Rosa wurde von dort noch weiter in das
KZ Stutthof verschleppt, wo sie als verschollen gilt."
Link zum Artikel |
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Juni 2018:
Weitere Schritte auf dem Weg zur
Sanierung des Synagogengebäudes |
Artikel in der hna.de vom 26. Juni 2018: "Nazis
zerstörten 1938 das Innere des Gebäudes. Synagoge in Felsberg: Vor Sanierung
kommen die Prüfer. Synagoge in Felsberg soll saniert werden.
Felsberg. Die Fördergeld-Bescheide des Landes liegen bis 2020 vor. Um
möglichst viel eigenes Geld einzuwerben, soll der ursprüngliche Zeitplan der
Sanierung gestreckt werden. Für die geplante Sanierung der alten Synagoge in
Felsberg liegen Fördergeld-Bescheide des Landes Hessen bis zum Jahr 2022
vor. Danach wird das Projekt mit 361.200 Euro aus dem Förderprogramm
Stadtumbau unterstützt, wenn sich der Verein zur Rettung der Synagoge mit
165.600 Euro beteiligt. Das erklärte Bürgermeister Volker Steinmetz vor
Mitgliedern des Fördervereins. Der hat sich zum Ziel gesetzt, das am 8.
November 1938 von den Nazis im Innern zerstörte Gebäude 'denkmalgerecht
wieder herzustellen und daraus eine erkennbare Synagoge zu machen'. So
formulierte es der wiedergewählte Vorsitzende des Fördervereins Christopher
Willing. Bürgermeister Steinmetz sprach im Zusammenhang mit den
Förderbescheiden von verbindlichen Zusagen. Man brauche die verbindliche
Partnerschaft des Vereins, um das Projekt zu verwirklichen. Steinmetz: 'Wir
wollen die Synagoge wieder mit Leben füllen. Wir wollen Offenheit und
Wertschätzung gegenüber anderen Religionen.'
Erstes Etappenziel ist nach den Worten des Bürgermeisters eine sogenannte
baufachliche Prüfung. Der Auftrag für die Architektenleistung dazu könne
erteilt werden, wenn die Stadt vom Verein die verbindliche Zusage habe, dass
er sich mit 9000 Euro beteilige. Die Freigabe der 9000 Euro beschloss die
Jahreshauptversammlung mehrheitlich. 3000 Euro zahlt die Stadt, 18.000 Euro
sind Fördergeld.
Von der Prüfung erwartet man Antworten:
1. Wie ist der Zustand des Gesamtgebäudes?
2. Was kostet das Beseitigen erkennbarer Schäden?
3. Was ist förderfähig im Rahmen des Stadtumbau-Programms?
Danach werde das Projekt neu bewertet, sagt Steinmetz. Zehn Prozent der
Gesamtausgabe übernehme die Stadt. Die Stadt erwarte, dass der Verein den
Anteil von 165.000 Euro übernehme. Weil derzeit noch eigenes Geld fehlt,
sollen bereits zugesagte Zuschüsse später in Anspruch genommen werden als
bisher geplant, sagte Christopher Willing gegenüber der HNA. Der Vorstand
des Vereins werde mit dem Land Hessen und der
Regionalentwicklungsgesellschaft Mittleres Fuldatal mit dem Ziel verhandeln,
bereits vorgesehenes Fördergeld später abzurufen, ohne darauf verzichten zu
müssen. Ziel sei, mehr Zeit zu haben, eigenes Geld einzuwerben. 'Erwecken
Sie die alte Synagoge Felsberg zu einem Ort der Begegnung der Religionen.'
Unter dieser Überschrift steht das Projekt. Das war 2013 einmal mit 600.000
Euro veranschlagt. 'Die genauen Kosten wissen wir erst nach der
baufachlichen Prüfung', sagt Willing. Man sei mit zwei Großspendern im
Gespräch. Rund 100.000 Euro stünden für dieses Jahr in Aussicht. Willing:
'Ich gehe davon aus, dass wir das Geld im Spätsommer haben werden.' Um die
Chance zu nutzen, möglichst viel eigenes Geld einzuwerben, soll der
ursprüngliche Zeitplan auf über 2022 hinaus gestreckt werden. Wichtigstes
Ziel sei, dass kein Fördergeld verfalle.
Ein Ort der Begegnung. Die Felsberger Synagoge soll ein Ort der
Begegnung werden. Dies sei – so der Förderverein – ein jüdisches
interreligiöses Zentrum für Tagungen, Konzerte, Lesungen, Ausstellungen und
Gottesdienste. Erbaut wurde die Synagoge von 1842 bis 1864. Im Innern wurde
sie am 8. November 1938 zerstört. Nach dem letzten Weltkrieg wollte der TSV
Eintracht 1863 das Gebäude kaufen und als Turnraum nutzen. Die Eintracht
hatte aber nicht genug Geld. Geturnt wurde damals auf dem Saal des
Gasthauses Lichau an der Untergasse. Das Gebäude gehörte dann einer Brauerei
und war bis zum Kauf durch die Stadt Privateigentum. Eine Bronzetafel an der
Mauer gegenüber erinnert an die jüdischen Mitbürger, 'die während des
Nationalsozialismus gedemütigt, entrechtet, vertrieben, verschleppt und
ermordet wurden.' Felsberg war eine der größten jüdischen Gemeinden in der
Region. Der jüdische Friedhof mit Gedenkstein an der Annastraße befindet
sich in einem gepflegten Zustand. " |
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November 2018:
Das Robert-Weinstein-Haus soll
gerettet werden |
Artikel von Manfred Schaake in "hna.de" vom
24. November 2018: "Verein soll noch dieses Jahr gegründet werden.
Rettung des Robert-Weinstein-Hauses in Felsberg: Auch Muslime machen mit
Der neue Felsberger Verein wird Trialog-Kulturverein Robert Weinstein
heißen. Darüber war man sich in einer zweiten Versammlung einig. Auch die
Muslime in Felsberg werden nach Angaben des Vorstandes der Islamischen
Gemeinschaft Milli-Görüs den Verein unterstützen. Die offizielle
Vereinsgründung mit Vorstandswahlen wird noch in diesem Jahr stattfinden.
Das kündigte der Vorsitzende des Vereins zur Rettung der Synagoge,
Christopher Willing, an. Für Vorstandsämter habe er mehrere konkrete
Zusagen. Der Verein zur Rettung der Synagoge hatte sich - wie berichtet –
dafür entschieden, sich von dem Robert-Weinstein-Haus an der Obergasse zu
trennen, das ihm die Familie Hentschker geschenkt hatte. Der Felsberger Jude
Robert Weinstein war am 8. November 1938 nach der Zerstörung der
Inneneinrichtung der Synagoge durch die Nationalsozialisten umgebracht
worden. Das Weinstein-Haus soll dem neuen Verein übertragen werden. Dessen
Ziele sind: • Förderung von Kunst und Kultur, • die Förderung des
Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, • die Förderung internationaler
Gesinnung und Begegnung, der Toleranz auf allen Gebieten der Kultur und des
Völkerverständigungsgedankens. Verwirklicht wird der Satzungszweck – so
heißt es – 'insbesondere durch Renovierung eines Fachwerkhauses und
Erhaltung, durch Kulturveranstaltungen, Seminare, Workshops und Reisen'.
Erstes Ziel sei, für die Renovierung Fördergeld einzuwerben, sagte Willing.
Die Idee sei, dass Muslime, Christen und Juden Hausrecht haben und es
gemeinsam nutzen. 'Die Idee ist gut, passt in die Zeit und setzt ein
wichtiges, notwendiges Zeichen nach außen.' Das erklärte Murat Cetinkaya.
Der Architekt ist im Vorstand der Islamischen Gemeinschaft Milli-Görüs,
Ortsverein Felsberg – ein eingetragener Verein. Die Felsberger Muslime haben
gemeinsam mit dem Architekten in Gensungen aus einem alten Gebäudekomplex
ein islamisches Kulturzentrum geschaffen. Cetinkaya will das Ziel
unterstützen, dass ein Muslim in den Vorstand des neuen
Trialog-Kulturvereins kommt. 'Die Zusammenarbeit, die seit Jahrzehnten
praktiziert wird, ist mir eine Herzenssache', sagte Cetinkaya. Bereits zur
Feier '700 Jahre Stadtrechte Felsberg' 1986 hatte es in der Felsberger
Nikolaikirche einen ökumenischen Gottesdienst mit muslimischer Beteiligung
gegeben. 'Der gesamte Vorstand der muslimischen Gemeinde hat schon hier am
Tisch gesessen', betonte Christopher Willing in der Synagoge. Zum Vorhaben
Renovierung Weinstein-Haus als Ort kultureller Begegnungen sagte er: 'Wenn
es uns gelingt, dieses Haus aufzustellen, haben wir bundesweit
Öffentlichkeit.'"
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Mai 2019:
Weitere acht "Stolpersteine"
werden in Felsberg für Mitglieder der Familie Dannenberg/Deutsch verlegt
Vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Felsberg (unvollständig)
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Artikel von Christine Thiery in "hna.de" vom
4. Mai 2019: "Gedenken an Holocaustopfer. Stolpersteine werden in
Felsberg verlegt
Felsberg – In Felsberg werden heute um elf Uhr Stolpersteine verlegt, im
Gedenken an diejenigen, die den Holocaust nicht überlebt haben: Die
Geschwister Erwin und Ruth Deutsch aus Felsberg wurden im Jahr 1941 mit
ihrer Mutter Resi Deutsch nach Riga deportiert und starben dort. Weil sie
Juden waren. Am Samstag werden für sie und fünf weitere Mitglieder ihrer
Familie an der Untergasse 25 Stolpersteine verlegt. Zehn Kilometer
musste die damals 35-jährige Mutter mit ihren beiden sechs- und elfjährigen
Kindern bei Temperaturen um Minus 40 Grad zu Fuß in Riga vom Bahnhof bis zum
Lager zurücklegen. Dass sie bereits dabei ums Leben kamen, sei sehr
wahrscheinlich, sagt Dr. Dieter Vaupel, der die Geschichte der jüdischen
Familie Dannenberg/Deutsch recherchiert hat. Von den 1000 Juden, die nach
Riga deportiert wurden, haben nur 137 den Holocaust überlebt. Nach der
Deportation habe sich die Spur der drei Felsberger verloren. Resi, Ruth und
Erwin Deutsch waren die einzigen von acht noch lebenden Juden der Familie
während dieser Zeit, die nicht flüchten konnten. Alle anderen entkamen den
Nazis. Die beiden Kinder lebten bis zum Pogrom in dem Haus an der Untergasse
25 in Felsberg, nahe des heutigen Robert-Weinstein-Platzes. Während der
Pogromnacht waren alle 18 damals in Felsberg lebenden Juden in dem Haus
untergebracht. Sie erlebten auch den Tod von Robert Weinstein mit, der
während der Ausschreitungen gegen die Juden in dieser Nacht in Felsberg auf
der Straße starb. 'Der Leichnam wurde einfach zwischen die Juden geworfen,
sie mussten dies aushalten', sagt Vaupel. Nach dieser Nacht sei nichts mehr
wie vorher gewesen für die Felsberger Juden und die Familie
Dannenberg/Deutsch. Die junge Mutter Resi Deutsch floh mit ihren Kindern und
ihrer Mutter Ida Dannenberg nach Kassel. Ida Dannenberg hatte schwere
psychische Schäden davon getragen. Sie zitterte ständig, weiß Vaupel aus
seinen Recherchen. 'Sie leidet an starker Schlaflosigkeit, schreckt nachts
auf und ruft um Hilfe. Man kann sie bei Tag und Nacht nicht alleine lassen.
Beruhigungsmittel haben keine Wirkung', heißt es in den Aufzeichnungen eines
Arztes. Sie hatte noch eine Einreisegenehmigung mit der Unterstützung einer
jüdischen Hilfsorganisation für sich erhalten und flüchtete 1940 nach
Brasilien. Ihrer Tochter und den beiden Enkeln konnte sie nicht mehr helfen.
Alle Bemühungen, Resi Deutsch und die beiden Kinder nach Brasilien zu holen
und zu retten, waren vergebens. 1941 wurde die kleine Familie in ein
Judenhaus nach Kassel gebracht und später nach Riga deportiert. Acht
Stolpersteine werden für Mitglieder der Familie Dannenberg/Deutsch gelegt.
Dem Holocaust zum Opfer fielen Erwin und Ruth Deutsch, elf und sechs Jahre
alt und ihre Mutter Resi. Geflüchtet waren die Oma Ida Dannenberg, Onkel
Bruno Dannenberg, die Tanten Elli und Ilse-Judith Dannenberg und ihr Vater
Moritz Deutsch. In Brasilien waren Ida, Bruno und Elli, Ilse-Judith war in
Israel. Moritz Deutsch war seit 1935 in England, dann in den USA. Die
Verlegung der Steine mache bewusst, welche Schicksale die Juden erlitten
hätten, sagte Bürgermeister Volker Steinmetz. 'Viele Menschen sind
vergessen. Wenn man ihre Geschichten wieder aufdeckt, schafft dies
emotionale Betroffenheit. Die Menschen werden durch die Steine sichtbar',
sagt Vaupel. Deshalb hat er auch ein Buch zur Familie Dannenberg/Deutsch
geschrieben (ISBN: 978-3748519069). An die Schicksale der acht Felsberger
Juden sollen nun die acht Stolpersteine erinnern. Die öffentliche
Veranstaltung wird von der Fuldatal-Schule Melsungen, der Drei-Burgen-Schule
Felsberg und der Stadt unterstützt. Der Förderverein der Drei-Burgen-Schule
und eine Spende der Sparkasse Hessen-Thüringen über 750 Euro sichern die
Finanzierung."
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September 2019:
Das Synagogengebäude soll in den
Originalzustand umgebaut werden |
Artikel von Linett Hanert in der hna.de vom
2. September 2019: "Spenden für Synagoge. Bald wieder Gotteshaus: Umbau
der Felsberger Synagoge soll vorangehen
Die Felsberger Synagoge soll in den Originalzustand umgebaut werden. Die
Idee der Rekonstruktion ist es, ein Gotteshaus für die jüdisch-liberale
Gemeinde zu schaffen.
Dafür gibt es nun weitere finanzielle Möglichkeiten, erklärt Christopher
Willing, Vorsitzender des Vereins zur Rettung der Synagoge. Die
Investitionskosten wurden von den beauftragten Architektenbüros Biskamp
(Willingshausen) und Hernmarck (Hann. Münden) mit 900 000 Euro veranschlagt.
'Wobei es sich bei dem Bau um einen dynamischen Prozess handelt, deswegen
könnten die Kosten noch etwas steigen', erklärt Willing. Die eine Million
Euro Grenze werde wohl überschritten. 400 000 Euro werden vom Land Hessen
gefördert. Der Rest von einer halben Million soll nun durch Spenden
eingeholt werden. Dafür hat der Verein Ludwig Georg Braun, ehemaliger
Vorstandsvorsitzender des Pharma- und Medizinunternehmens B.Braun Melsungen,
als Unterstützer gewinnen können, erklärt Willing. Zehn weitere Betriebe
sollen sich noch anschließen. Fünf Unternehmen haben bereits sicher
zugesagt. Eines davon ist der Felsberger Baustoffhandel Blecher GmbH & Co
KG. Zusätzlich sind durch andere Fördermittelgeber 300 000 Euro in Aussicht
gestellt worden. Derzeit laufe eine baufachliche Prüfung. Wenn diese
abgeschlossen ist, könne der Bauauftrag erteilt werden. 'Wir rechnen damit,
dass wir Anfang nächsten Jahres mit den Bauarbeiten beginnen können', sagt
Willing,
Das Bauvorhaben. Für den Umbau in den Originalzustand werden aus den
kleinen Räumen im Erdgeschoss, die jahrelang als Gaststätte genutzt wurden,
ein großer Raum, erklärt Willing. Etwa 120 Menschen werden dann darin Platz
haben. Derzeit besteht das Gebäude noch aus drei Etage. Zwei Wohnungen
befinden sich im oberen Gebäudeteil, die vermietet werden. Auch diese werden
zurückgebaut. Der entstandene Raum werde dann bis zur Decke etwa sieben
Meter hoch sein. An der Decke soll ein Sternenhimmel entstehen. 'Wir wissen
nicht, wie das Original aussah, deshalb haben wir uns für einen
Sternenhimmel entschieden', sagt Willing. Dasselbe gelte auch für die
Säulen. Neben der Galerie wird in der oberen Etage ein Männer-WC und ein
Serverraum entstehen. In der unteren Etage wird eine Sanitäranlage für
Frauen und eine kleine Teeküche eingerichtet, erklärt Willing. Die
Original-Fassade werde nur rund um die Rundbogenfenster rekonstruiert. Der
Rest der Außenfassade werde verputzt.
Die Synagoge. Die Idee der Rekonstruktion sei es, ein Gotteshaus für
die aktive jüdisch-liberale Gemeinde zu schaffen. Zudem wolle der Verein
damit den Trialog zwischen Muslimen, Juden und Christen verstärken und in
der Synagoge die 900-jährige Geschichte der Juden in Nordhessen vermitteln.
'Mit der rekonstruierten Synagoge entsteht ein Schmuckstück für Felsbergs
historische Altstadt', sagt Willing. 'Die Felsberger Synagoge ist ein Schatz
in Nordhessen. Millionen Menschen fahren nach Prag, um die jüdische Kultur
kennenzulernen', sagt Willing. Dabei könnten sie diese auch in Felsberg
kennenlernen, sagt Willing. Die Rekonstruktion der Synagoge sei ein
Leuchtturmprojekt in ganz Hessen, sagt Willing. Neben den Spenden, versucht
der Verein auch finanzielle Mittel aus Veranstaltungen zu gewinnen. Es gab
beispielsweise ein Theaterstück mit Ido Netanjahu, dem Bruder des
israelischen Staatspräsidenten. Seit der Wiedereinweihung der Synagoge 2016
gab es mehr als 50 Gottesdienste."
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Januar 2020:
An die Familie Weinstein sollen
"Stolpersteine" erinnern |
Artikel in der hna.de vom 10. Januar 2020: "Für
sie ging es noch gut aus: Schicksal der jüdischen Familie aus Felsberg
dokumentiert
Felsberg – Diskriminierungen, Verfolgung, antijüdische Gesetze und Boykotte
zwangen Juden während der NS-Zeit zur Flucht. Auch die jüdische Familie
Weinstein aus Felsberg musste fliehen.
Im Frühjahr sollen Stolpersteine für die Familie in Felsberg verlegt werden.
Der Heimathistoriker Dr. Dieter Vaupel befasst sich seit einiger Zeit mit
dem Schicksal der Familie Weinstein. Zur Stolpersteinverlegung will er eine
Broschüre über das Schicksal der Familie veröffentlichen. Vaupel hat bereits
ein Buch über den Felsberger Widerstandskämpfer Egbert Hayessen
veröffentlicht.
Max und Betty Weinstein haben die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt und
konnten bis zu den Novemberpogromen 1938 das Land verlassen, erzählt
Heimathistoriker Dieter Vaupel. Mit dem Urenkel von Max und Betty Weinstein,
Amir Moretzki aus Israel, hat Vaupel Kontakt aufgenommen. Max und Betty
Weinstein lebten in der Untergasse 19 in Felsberg. Im Jahr 1935
flüchteten sie gemeinsam mit ihrer jüngsten Tochter Rosi vor dem
antisemitischen Klima nach Palästina. Rosi war die Großmutter von Amir
Moretzki. In Felsberg habe schon viel früher als in anderen Städten
Deutschlands eine aggressive und antisemitische Stimmung geherrscht, erklärt
Vaupel. '1933 war eine antisemitische Postkarte aus Felsberg mit einem
Gedicht im Umlauf', erklärt er. Bereits ein Jahr später seien
Fensterscheiben von jüdischen Geschäftsleuten zertrümmert worden. Schilder
mit der Aufschrift ‘Kauft nicht bei Juden, sie sind euer Unglück' der
NSDAP-Ortsgruppe hingen aus, erklärt Vaupel. Dokumente, die das belegen, hat
er archiviert. 'Selbst bei den damaligen Nationalsozialisten in Nordhessen
stieß das Vorpreschen der Felsberger Ortsgruppe auf wenig Zustimmung.'
Die Staatspolizei habe das Vorgehen der Ortsgruppe genau beobachtet, sagt
Vaupel. Das könne dadurch belegt werden, dass die Stadt Felsberg 1935 eine
eigene Judenordnung verabschiedete. Diese habe Juden erheblich
diskriminiert. Die Judenordnung wurde dann allerdings zurückgezogen, da sie
die Befugnisse der städtischen Gremien überstieg, erklärt Vaupel. Für die
Familie Weinstein war das Leben in Felsberg kaum noch möglich. Max Weinstein
war genau wie sein Vater als Viehhändler in Felsberg tätig. Nachdem die
Nürnberger Rassengesetze verabschiedet wurden, haben sich die Finanzbehörden
an dem Vermögen der Familie bereichert, sagt Vaupel. Für die Ausreise
bezahlte die Familie 800 Reichsmark pro Person. Das durchschnittliche
Jahreseinkommen lag damals bei rund 1900 Reichsmark. 'Für die Familie war es
der einzige Ausweg', sagt Vaupel. Mit dem Schiff ging es am 10. Dezember
1935 über Österreich und Italien nach Palästina. Laut den Dokumenten kamen
sie am 16. Dezember im Hafen von Jaffa an. Das Schicksal der Familie sei ein
glückliches, sagt Vaupel. 'Die ganze Familie hat überlebt.' Amir Moretzki
möchte den 80. Geburtstag seiner Mutter im Mai zum Anlass nehmen, um vor dem
Haus seiner Großmutter Rosi Weinstein, der Untergasse 19, Stolpersteine
durch den Künstler Gunter Demnig verlegen zu lassen. Gunter Demnig habe in
einem Gespräch schon eine Zusage gegeben, erklärt Vaupel. Auch der jetzige
Hauseigentümer sei einverstanden mit dem Vorhaben von Moretzki."
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September 2022:
Die Synagoge wird wiedereröffnet
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Artikel von Manfred Schaake in hna.de vom 8.
September 2022: "Synagoge in Felsberg wird am Sonntag eingeweiht
Die am 8. November 1938 von den Nationalsozialisten im Innern zerstörte
Synagoge in Felsberg ist wieder ein Gotteshaus.
Felsberg – Sie wurde für 1,3 Millionen Euro in den ursprünglichen
Zustand versetzt und wird am Sonntag eingeweiht.
Von den Nazis einst zerstört. Abstellraum, Kneipe, Pizzeria, Wohnung
und nun wieder Gotteshaus: Die Synagoge an der Ritterstraße in Felsberg
präsentiert sich jetzt wieder in dem Zustand wie vor dem 8. November 1938.
Damals zerstörten die Nationalsozialisten das Innere des 1847
fertiggestellten Gebäudes und trieben an diesem Abend auch den in der Nähe
wohnenden stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher Robert Weinstein (SPD)
in den Tod. Das Inventar der Synagoge verbrannten sie zur Sonnenwendfeier
auf der Burgwiese. Dank des Engagements des Vereins zur Rettung der
Synagoge, zahlreicher Spender, staatlicher Zuschüsse und viel Eigenleistung
präsentiert sich das Gebäude der jüdisch liberalen Gemeinde Region Kassel
Emet we Schalom – Wahrheit und Frieden jetzt wieder im ursprünglichen
Zustand.
Die Felsberger nennen das Gebäude nur Tempel, und wenn man in dieses
Gasthaus ging, hieß es: 'Wir gehen in den Tempel.' Ein Nebenzimmer war viele
Jahre Übungsraum des Spielmanns- und Fanfarenzuges der Eintracht. Dort, wo
einst der Marsch geblasen und Schoppen getrunken wurden, wird nun gesungen
und gebetet. 'Für mich geht ein Traum in Erfüllung.' Das sagt im
HNA-Gespräch Uwe Cornelius Lengen (81). Der Jude hat alles ins Rollen
gebracht, war Mitbegründer des Vereins zur Rettung der Synagoge. Weihnachten
1994 zog der ehemalige Gastronom, ehemalige ehrenamtliche Richter und
Ehrenmitglied des Hotel- und Gaststättenverbandes in sein Haus in Böddiger
ein. 54 Jahre war er zuvor im Hotel- und Gaststättengewerbe tätig. Vom
damaligen Böddiger Ortsvorsteher Georg Bachmann erfuhr er Näheres über die
Synagoge.
Blauer Himmel: Bei der Rettung der Synagoge griff man auf alte Vorbilder
zurück. 'Ich war erstaunt und sagte zu meinem Lebenspartner, der nächste
Freitag ist unser Tag im Tempel', erzählt Lengen. Am Tisch rechts in der
Ecke habe man ganz heimlich Schabatt gefeiert: 'Für mich ist das eine
Synagoge, ein Gotteshaus – die Juden haben es ja nicht freiwillig
abgegeben.'
Er habe sich, betont Lengen, 'riesig gefreut', in einem Ort mit Synagoge zu
leben, die noch so gut erhalten sei: 'Einmal Synagoge, immer Synagoge'. Sie
werde derzeit falsch genutzt und zweckentfremdet, sagte er sich damals, 'ich
wollte, dass sie wieder in ihre traditionelle Bestimmung zurückgeführt wird
– es ist Gottes Eigentum'. Während des Krieges und danach war das Gebäude
unter anderem Abstellraum für den Leichenwagen, der bei Beerdigungen von
einem Pferd gezogen wurde, und für die Feuerwehrleiter. Anfang der
1950er-Jahre kaufte eine Brauerei die Synagoge. Die ging dann in
Privateigentum über. Lengen sagt: 'Ich sprach mit der Besitzerin, ich wollte
die Synagoge kaufen und weiterführen, nicht als Gaststätte, sondern als
Betraum unten und Wohnungen oben.' Man sei sich aber persönlich nicht einig
geworden. Lengen sprach den Wasserbauingenieur Christopher Willing an, der
später als Vorsitzender des Rettungsvereins der 'Motor' des Projektes wurde.
Das Konzept war laut Lengen schon 2008 klar: Die Synagoge sollte wieder
Synagoge sowie Begegnungsstätte für interkulturelle und interreligiöse
Veranstaltungen werden und die 900-jährige Geschichte der Juden in
Nordhessen vermitteln. Wer soll das bezahlen, lautete damals die Frage,
erläutert Lengen. 2013 wurde dann der Rettungsverein gegründet. Lengen sagt:
'Es war der politische Konsens, diesen Verein zu gründen, ich stand voll
dahinter.' Heute sei er glücklich darüber, nach einem langen Arbeitsleben
und in seinem hohen Alter etwas bewegt zu haben, 'dessen Erfüllung mich sehr
stolz macht'. Lenge sagt: 'Ohne die Tatkraft von Annette und Christopher
Willing wäre dieser Traum nie erfüllt worden. Dafür bin ich unfassbar
dankbar. Mein persönlicher Höhepunkt ist, wenn ich am 11.September die
Torah-Rolle in die erneuerte Synagoge tragen darf.'"
Link zum Artikel |
Bericht zur Einweihung der Synagoge:
https://www.hna.de/lokales/melsungen/felsberg-hessen-ort305307/felsberger-gebaeude-war-1938-von-nationalsozialisten-zerstoert-worden-91787665.html
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Juni 2024:
Auf den Spuren der Vorfahren in
Felsberg |
Artikel von Thomas Schattner in hna.de vom
11. Juni 2024: " Jesberg. Die Reise zu den Wurzeln: Familie Rundell will
Stolpersteine in Jesberg finanzieren
Familie Rundell will Stolpersteine in Jesberg finanzieren. Sie waren dort zu
Besuch.
Jesberg – Ein Stück Ortsgeschichte kehrt zurück nach Jesberg: Nachfahren
der Familien Schloss und Rosenbaum kamen am Samstag erstmals nach 1946 zu
Besuch. Jane Salomon Rundell (75) aus Chicago besuchte Jesberg, wo ihre
Großeltern Johanna und Hermann Schloss ein Geschäft betrieben, ihre Mutter
Ilse lebte. Sie kehrte nach dem Holocaust auch dorthin zurück und heiratete
1945 Rolf Salomon. Janes Schwester Ruth kam dort zur Welt. Es ist wohl
schwer nachzuvollziehen, dass Ilse 1945 zurück nach Jesberg kam. Aber die
Überlebenden des Holocausts waren entwurzelt, traumatisiert. In ihrer
Verzweiflung blieb oft nur der Heimatort, zumal man dort nachforschen
konnte, ob es weitere Überlebende gab. Ludwig Hirschberg aus Bad Zwesten
wählte den selben Weg wie Ilse Rosenbaum. Auch er heiratete in seiner alten
Heimat, sein erstes Kind wurde in Fritzlar geboren. Später wanderte er genau
wie Janes Eltern mit seiner Familie in die USA aus. In Jesberg empfing
Regina Ochs die Gäste, die selbst viele Jahre die jüdische Geschichte vor
Ort erforscht. Jane Salomon Rundell kam mit ihrem Lebensgefährten Mark
Immer, Sohn Paul Rundell (49) und Enkel Keegan Rundell (14) nach Jesberg.
Weitere Stationen ihrer Deutschland-Reise sind Berlin, die Gedenkstätte
Dachau und die Gedenkstätte des Ghettos Theresienstadt.
Möglich machten den Besuch in Deutschland der Kontakt zu Thomas Schattner
aus Wabern und zu Rainer Scherb. In Jesberg empfing Regina Ochs die Gäste,
die selbst viele Jahre die jüdische Geschichte vor Ort erforscht. Neben den
Häusern, in denen ihre Vorfahren lebten, stand der Besuch des kleinen
Jesberger jüdischen Friedhofs an. Jane gedachte dort ihres Urgroßvaters
Moses Schloss, der 1933 mit 80 Jahren in Jesberg starb. Die Amerikaner waren
von dem herzlichen Empfang der Familien Cramer und Drüsedau angetan, die
heute im Haus von Janes Eltern und im Nachbarhaus wohnen, das ehemals Janes
Großeltern gehörte. Der Besuch war mit dem innigen Wunsch verbunden, dass
Stolpersteine für Janes Vorfahren in Jesberg verlegt werden. Rainer Scherb
fuhr mit den Gästen nach Zimmersrode, um die im Mai von Gunter Demnig
verlegten Stolpersteine zu zeigen. Jane Rundell will Gedenksteine
finanzieren: für ihre Eltern Ilse und Rolf Salomon, für die ermordeten
Großeltern Hermann und Johanna Rosenbaum und ihren Onkel Julius Günther,
ihre Urgroßmutter Jettchen Schloss und ihren Urgroßvater Moses Schloss, der
1933 starb."
Link zum Artikel |
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Juni 2024:
Ein neuer Verein zur jüdischen
Ahnenforschung wurde gegründet |
Artikel von Manfred Schaake in hna.de vom
18. Juni 2024: "Felsberg (Hessen). Neuer Verein setzt sich für Förderung
jüdischer Ahnenforschung ein.
Die Aufgabe des neuen Vereins ist unter anderem die Dokumentation durch
Sortierung und Zuordnung von Personen, Dokumenten und Grabsteinen zur
Förderung des Andenkens an Juden und Verfolgte des NS-Regimes.
Felsberg/Kassel – 'Der Zweck des Vereins ist die Förderung der Jüdischen
Genealogie und die Erforschung der Schicksale der Juden.' Das steht in der
Satzung des Vereins 'Jüdische Genealogische Gesellschaft des mittleren
Deutschlands'. Er ist in der Synagoge Felsberg gegründet worden und hat
seinen Sitz in Kassel. Felsberg wurde deshalb gewählt, weil in der Synagoge
sehr viel Vorarbeit geleistet worden sei mit der Theresienstadt-Bibliothek.
Das betonte im HNA-Gespräch Christian Lehmann aus Eschenstruth, der
Vorsitzende der Genealogischen Gesellschaft. Lehmann engagiert sich auch im
Verein zur Rettung der Synagoge Felsberg, dessen Initiative die
Original-Wiederherstellung des 1939 von den Nationalsozialisten im Innern
zerstörten Gebäudes zu verdanken ist. Das ideelle Zentrum des Vereins sei
Felsberg, formuliert Lehmann. Der 70-Jährige war Lehrer, Kirchenmusiker und
Chorleiter. Als Komponist ist er noch tätig.
Der Satzungszweck des neuen Vereins wird nach den Worten Lehmanns
insbesondere verwirklicht durch Sortierung und eindeutige Zuordnung von
Personen, Dokumenten, Digitalisaten und Grabsteinen 'zur Förderung des
Andenkens an Juden und Verfolgte insbesondere des Nationalsozialismus und
der Gedenkpflege sowie des Völkerverständigungsgedankens und des
Zurückdrängens von Antisemitismus'. Eines der wichtigsten Ziele sei die
Fähigkeit, den immer noch nach dem Schicksal der unbekannt deportierten und
ermordeten Juden suchenden Familien Auskunft zu geben. 'Denn das
Bundesarchiv-Gedenkbuch und der ITS Bad Arolsen erfassen die Schicksale
nicht hinreichend präzise', sagt Lehmann. Und: 'Wir werden die
Mitgliedschaft in der Internationalen Jüdischen Genealogischen Vereinigung
mit Sitz in den USA beantragen.'
Verschiedene Forschungsansätze geplant. Der Verein werde die
Zusammenarbeit mit dem Holocaust-Museum in den USA, Yad Vashem und den
jüdischen Museen in Deutschland pflegen. Und man strebe die Forschung nach
den Verbindungen nordhessischer jüdischer Familien zu Galizien (Kolomea,
Lemberg) in der heutigen Westukraine an. Der Dachverband ist laut Lehmann
offen für alle an genealogischen Dokumenten der Juden Interessierten - für
Juden und Nichtjuden, Forscher und Unterstützer. Der bisherige Bestand der
Reichsvereinigung der Juden 1939 bis 1945 wurde mit etwa einer Million
Seiten ab 2021 im Bundesarchiv Berlin für die Öffentlichkeit digitalisiert
und zugänglich gemacht, erläutert Lehmann. Die Genealogie Sikaron an der
Synagoge Felsberg habe den hessischen Teil sortiert, initialisiert und
erforscht. Westfalen, Schlesien, Bayern und Berlin ist laut Lehmann in
Arbeit: 'Leider wurde diese Arbeit erst 75 Jahre nach Kriegsende begonnen,
da vorher Datenschutzgründe geltend gemacht worden waren.'
Verein stellt die wichtigsten Ziele vor. Wenn das bisherige Tempo
fortgeführt werde, sagt Lehmann, 'wird es noch mindestens 100 Jahre dauern,
bis alle jüdischen Heimatkaufverträge, persönlichen Dokumente der
Deportierten, Testamente, Lebensversicherungen und Hypotheken sortiert
sind'.
Das sind nach Angaben des Vorstandes die nächsten wichtigsten Ziele des
neuen Vereins: Einen guten Draht zu allen Schnittstellen zu finden: Jüdische
Gemeinden, Landesverbände der jüdischen Gemeinden in Hessen, Sachsen-Anhalt
und Thüringen, zum Zentralrat der Juden, zu Archiven, zur Kommission für die
Geschichte der Juden in Hessen, Stolperstein-Initiativen, zum Jüdischen
Museum in Frankfurt und dem Sächsischen Staatsarchiv Leipzig.
Mit einer Petition will sich der Verein dafür einsetzen, dass das
Staatsarchiv Hamburg einen kostenfreien Zugang zu den Dokumenten der Juden
aus dem Bestand der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland (ab 1950
Stasi, bis 1990 Geheimes Staatsarchiv der DDR) gewährt. Jüdische Dokumente
der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, der Jüdischen Gemeinden und
der Jüdischen Logen und Stiftungen, die sich noch in den Händen der früheren
Alliierten des Zweiten Weltkrieges befinden, sollen zurück nach Deutschland
geholt werden. Die Synagoge Felsberg und das Robert-Weinstein-Haus will der
Verein als ideelles Zentrum der genealogischen Forschung und als Archiv
entwickeln. Genealogischen Forschern, die sich mit jüdischen Personen
befassen, soll ein Archivierungsort 'für die Ewigkeit' angeboten werden, wie
es Christian Lehmann formuliert."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Falkenberg |
Zu Falkenberg sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,165 Geburtsregister der Juden von Falkenberg 1825 -
1884; enthält auch Angaben zu Felsberg und Hebel https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289747
HHStAW 365,164 Geburtsregister der Juden von Falkenberg 1825 -
1883, 1914 - 1919 (1938); enthält auch Angaben zu Felsberg und
Hebel, dazu auch einen Hinweis auf den Flächengehalt des jüdischen
Friedhofs in Falkenberg von rund 5500 qm und die Grundfläche der Synagoge
von etwa 63 qm, 1938 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2083512
HHStAW 365,160 Sterberegister der Juden von Falkenberg 1825 -
1883, 1930 - 1933; enthält auch Angaben zu Felsberg und
Hebel https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1900684
HHStAW 365,161 Sterberegister der Juden von Falkenberg 1825 -
1884, 1930 - 1933; enthält auch Angaben zu Felsberg und
Hebel https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1230088
HHStAW 365,163 Trauregister der Juden von Falkenberg 1832 -
1883, 1913; enthält auch Angaben zu Felsberg und Hebel
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3500074
HHStAW 365,162 Trauregister der Juden von Falkenberg
1832-1883, 1930-1938; enthält Jüdisches Trauregister, 1832-1883 und
1930-1931; enthält auch Angaben aus Felsberg und Hebel; darin
auch: Abgabe von jüdischen Personenstandsregistern, Mobiliar und
Kultgegenständen, darunter Torarollen und Torawimpel aus der Synagoge in
Falkenberg an das Vorsteheramt der Juden in Kassel, 1936-1938; enthält
weiter Vermerke zur Auswanderung einzelner Juden aus Falkenberg nach
China, Argentinien und Nordamerika, 1937-1938; enthält weiter
Eintragungen des Gemeindeältesten Meier Goldschmidt zum Umbau der etwa
200 Jahre alten Synagoge 1939 und zur Renovierung des Schulhauses (mit
Lehrerwohnung), des Badehauses und der Synagoge in Falkenberg, 1930 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4782864
HHSTAW 365,159 Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs in
Falkenberg, aufgenommen von Curt Wolf aus Eschwege und D. Goldschmidt aus
Frankershausen) im September 1938: 1850 - 1933, enthält hebräische
und deutsche Grabinschriften https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289793
|
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Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Gensungen |
Zu Gensungen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,352 Geburtsregister der Juden von Gensungen
1858 - 1865 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4607219
HHStAW 365,353 Gräberverzeichnis des jüdischen Friedhofs der
Kultusgemeinde Gensungen, aufgenommen durch Curt Wolf aus Eschwege und D.
Goldschmidt aus Frankershausen am 5. September 1938 Laufzeit
1866 - 1936; enthält hebräische und deutsche Grabinschriften; enthält
auch Angaben zu Personen aus Felsberg und Altenburg
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2719775
|
Literatur:
 | Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 174-176. |
 | ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 51. |
 | Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 48-50. |
 | Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 169-170. |
 | Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 541-543. |
 | Wolfgang Prinz und Deborah Tal-Ruttger: Die
jüdische Gemeinde in Felsberg. 700 Jahre Stadt Felsberg. 1286-1986.
Felsberg 1986 S. 84-94. |
 | Kurt Schilde: Frühe Novemberpogrome 1938 und die Ermordung Robert Weinsteins.
80 S., Broschur, 6 Abb.. ISBN: 978-3-95565-169-5. 9,90 €.
Reihe: Gegen Verdrängen und Vergessen Bd. 12. Erschienen 2016 im Verlag
Hentrich & Hentrich. Der Verlag für jüdische Kultur und
Zeitgeschichte. Link
zur Verlagsseite.
Zum Inhalt: wenige Stunden nach den Schüssen des jungen Juden Herschel Grynszpan am Morgen des 7. November 1938 in der deutschen Botschaft in Paris auf den Diplomaten Ernst vom Rath begannen in Nordhessen antijüdische Pogrome. In Kassel und anschließend in zahlreichen nordhessischen Dörfern und Städten fanden Ausschreitungen statt.
Am 8. November 1938 trieb in Felsberg eine von Einheimischen gebildete Menschenmenge den Juden Robert Weinstein (1883–1938) durch die Stadt und in den Tod. Er ist das erste Todesopfer der Pogrome im November 1938.
Die Ereignisse dienten nach dem Tod von Ernst vom Rath am 9. November dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Joseph Goebbels zur Auslösung der unmittelbar darauf beginnenden reichsweiten Pogrome.
Der Band beruht auf den nach 1945 durchgeführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, die zu zwei Strafprozessen führten, und beinhaltet eine biographische Skizze von Robert Weinstein. |
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Dieter
Vaupel: Flucht oder Vernichtung. Stolpersteine zur Erinnerung an die
Felsberger Familie Dannenberg/Deutsch. 2019. ISBN 978-374-851-9096.
Zum Inhalt: Das Buch stellt die Schicksale von Ida Dannenberg, Bruno
Dannenberg, Elli Dannenberg, Ilse Judith Dannenberg, Resi Deutsch, geb.
Dannenberg, Moritz Deutsch, Erwin Deutsch und Ruth Deutsch vor. Sie alle
hatten lange Jahre in Felsberg in der Untergasse ihr Zuhause. Doch nach der
Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde das Klima für sie und
alle anderen Juden des Ortes immer unerträglicher. Missachtung, Ausgrenzung
und Hass schlugen ihnen entgegen, auch von ehemaligen Nachbarn. Der
Höhepunkt waren die Geschehnisse des Novemberpogroms 1938. Bis dahin hatten
bereits vier Mitglieder der Familie die lebensrettende Flucht ins Ausland
ergriffen. Ida Dannenberg, ihre Tochter Resi und ihre beiden Enkelkinder
Erwin und Ruth mussten nach dem Pogrom Felsberg in Richtung Kassel
verlassen. Von dort gelang Ida Danneberg noch die Flucht nach Südamerika.
Alle Versuche, Resi mit ihren Kindern nachzuholen, scheiterten. So
deportierte man die Drei im Dezember 1941 gemeinsam mit rund tausend
nordhessischen Juden von Kassel nach Riga, wo sie ermordet wurden. Der erste
Teil des Buches ist dokumentarisch angelegt, der zweite Teil erzählt aus dem
Blickwinkel von Ida Dannenberg die Ereignisse, die sich in ihrem Haus in der
Nacht vom 8. auf den 9. November abgespielt haben. Zur Erinnerung an die
Familie Dannenberg/ Deutsch werden vor ihrem ehemaligen Wohnhaus am 4. Mai
2019 acht Stolpersteine durch den Künstler Gunther Demnig verlegt.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Felsberg
Hesse-Nassau. Established in the 18th century, the community built a synagogue
in 1847 and numbered 179 (19 % of the total) in 1885. During the Weimar Republic,
Jews were elected in the town council and a branch of the Jewish War Veterans
Association was established. The community, affiliated with the rabbinate of
Kassel, also had members in nearby Gensingen and Altenburg. Jewish businesses
were steadily 'Aryanized' after the Nazis came to power and 88 of the 105 Jews
left, 67 emigrating (over half to the United States). SA men vandalized the
synagogue two days before Kristallnacht (9-10 November 1938) and by May
1939 no Jews remained.

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