Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bühl mit Achern (Kreis Rastatt) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge 

           
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur Markgrafschaft Baden gehörenden Bühl bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1579 Juden in der Stadt genannt.    

Über die Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts berichtet Günther Mohr auf Grund seiner Recherchen (s.u. Literatur):     
Nach dem 30jährigen Krieg wuchs in Bühl die Zahl der jüdischen Haushalte auf zwölf, ein Zustand, der mit geringen Abweichungen für die baden-badischen Regierung bis zur Vereinigung der Markgrafschaft Baden-Baden mit Baden-Durlach (1771) als Norm galt. Nach 1700 existierte in kleineren Orten in der unmittelbaren Nähe von Bühl bisweilen jeweils eine jüdische Familie, so in Waldsteg (heute Bühler-Neusatz), Unzhurst (Ottersweier-Unzhurst) und Müllhofen (Bühl-Eisental): Die betreffenden Haushaltsvorstände versuchten, teilweise erfolgreich, für Bühl selbst den Schutz zu erhalten. 

Die jüdischen Familien lebten abseits der Hauptstraße im "Hänferdorf" und am späteren Johannesplatz, wo ein Haus mit einem Synagogenraum ab spätestens 1723 nachweisbar ist. Sie wohnten in unmittelbarer Nachbarschaft mit christlichen (katholischen) Einwohnern, teilweise mit ihnen unter einem Dach. 

Schon vor 1700 übernahmen einzelne Juden in Bühl die Monopole im Handel mit Eisen und mit Kerzen, in Konkurrenz mit nichtjüdischen Krämern und Handwerkern. Die meistens armen Juden lebten vom Trödelhandel oder vom Handel mit Branntwein, geringwertigem Vieh, mit tierischen Häuten, mit Unschlitt (Fett), mit alten Kleidern, mit Alteisen, verkauften ihre Waren z. T. auf Kredit oder gegen landwirtschaftliche Produkte wie Wein. Einige wenige verliehen Geld in kleinen Summen, andere liehen auch Geld von kirchlichen Institutionen. 
Zwei oder drei Haushaltsvorstände betrieben nach 1700 einen "offenen Laden" und verkauften "Kaufmannswaren", Tuch und Kleidung, später auch Spezereien, was zu Konflikten mit den nichtjüdischen Krämern führte. Einer der jüdischen Ladenbesitzer war um 1700 Joseph Jacob, einer der drei "Schultheißen" in der Markgrafschaft Baden-Baden. (Diese "Schultheißen" dienten der Regierung zur Umsetzung ihrer Forderungen, v.a. des jährlichen Schutzgeldes, vertraten andererseits die Interessen der Schutzjuden.) Joseph Jacob besorgte für die Regierung und verschiedene Truppenkontinente Pferde, die er aus Frankfurt oder dem Allgäu bezog und versorgte im Auftrag der Regierung, z. T. mit nichtjüdischen Teilhabern mit Heu im Gegenwert von über 10 000 Gulden. Gerade dieser Joseph Jacob geriet mehrmals in Konflikte mit der Gemeinde und dem jesuitischen Ortsgeistlichen. Grund dafür war sein Versuch, am Markt und bei der Kirche ein Haus zu kaufen. Seine Gegner (der Geistliche und die Gemeindevertretung) behaupteten, sein Hausbesitz sei unrechtmäßig, heimlich und als "Wucherkauf" zustande gekommen (zu der von ihm eingerichteten Synagoge s.u.. Konflikte entstanden auch wegen der Benutzung der Gemeindeweide und wiederholt wegen des Kaufs von Häusern oder des Versuchs, den Schutz in Bühl zu erhalten. Von der christlichen Seite wurde in diesen Konflikten immer wieder die stereotypen Vorurteile wie Schädlichkeit der Juden, ihr "Wucher" und ihre zu große Anzahl verwendet. 

Der Bühler Schutzjude Isaac Bodenheimer besaß zuerst mit dem Ladenbesitzer Schmaul oder Samuel zusammen das Haus mit dem Synagogenraum, der "Judenschule", dann allein (s.u.). Von 1730 bis 1736 war er "Oberschultheiß" der markgräflich baden-badischen Juden. Er übernahm Aufträge der Regierung, verhandelte andererseits erfolgreich mit dem Hofrat z.B. über die Errettung eines zum Tode verurteilten elsässischen Juden vor dem Galgen. Isaac Bodenheimer stand auch im direkten Kontakt mit Markgraf Ludwig Georg, der ihm in einer Audienz mit einem Pistolenschuss die Perücke in Brand steckte. 

In der Endphase der baden-badischen Zeit und über sie hinaus übernahmen Nachfahren des erwähnten Schmaul das Amt des Anwalds, die Vertretung der örtlichen Judenschaft. Joseph Elias, ein Enkel von Schmaul, arrangierte 1772 die Heirat seines Sohnes Samuel Joseph mit Ella, einer Tochter des "Hessisch-Hanauischen Hofagenten Herz Netter" aus Buchsweiler (Bouxwiller) im Elsass; sein Bruder Löw Elias heiratete die Tochter von Hayum Levi, der zum Kreis der Karlsruher Hofjuden gehörte; das zeugt vom wirtschaftlichen Erfolg der beiden Bühler Schutzjuden und ihrem Willen, in die führenden Familien in Baden aufzusteigen. 

Zu dieser Zeit unterhielten die Bühler Juden neben ihrer "Judenschul" eine "Judenherberge" und ein "Armenhaus" für die Unterbringung von durchziehenden "Betteljuden"; mit einem "Pletten-" oder Billettensystem wurden sie während ihres Aufenthalts durch die einzelnen Familien verköstigt. Damit erfüllte die Judenschaft das religiös begründete Gebot der Wohltätigkeit, der "Zedaka".   

19. Jahrhundert: Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 222 Personen, 1832 236, 1836 245, 1839 212, 1864 301 (Höchstzahl), 1871 275, 1875 290, 1880 289, 1885 278, 1890 256, 1895 229, 1900 226, 1905 208, 1910 192.  
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde insbesondere einen Betsaal, dann eine Synagoge (s.u.), ein rituelles Bad (bereits 1778 genannt) und eine Schule (Konfessionsschule von 1827 bis 1876, dann Religionsschule, Schulhaus mit Lehrerwohnung an der Kanalmauer des Johannesplatzes). Die Toten der Gemeinde wurden zunächst auf dem jüdischen Friedhof in Kuppenheim beigesetzt, seit 1833 auf einem eigenen Friedhof auf der "Honau" am Ende der heutigen Karl-Netter-Straße. Zur Besorgung religiöser Aufgabe der Gemeinde war - neben dem Rabbiner - ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Zeitweise gab es im 19. Jahrhundert für diese Stellen zwei Personen (Lehrer und Vorsänger/Schochet). 
 
Unter den ersten Lehrern seit den 1820er-Jahren sind zu nennen: seit 1822/23 (zunächst als Privatlehrer; die öffentliche jüdische Konfessionsschule wurde 1827 gegründet) Dr. Seligmann Schlenker (geb. 1800 in Fürth, seit 1849 Rabbiner in Regensburg, gest. 1860 in Regensburg); ab 1830 Moses Sinzheimer (Sinsheimer), der 1855 sein 25-jähriges Dienstjubiläum feiern konnte (siehe Bericht unten).     
   
1827 wurde Bühl Sitz eines Bezirksrabbinates, zu dem bis zu 15 jüdische Gemeinden in der Umgebung gehörten. Es waren folgende Rabbiner in der Gemeinde tätig: Abraham Ascher (geb. 1794 in Wallerstein, 1820-26 Klaus-Rabbiner in Mannheim, von 1826 bis zu seinem Tod 1837 in Bühl); Ephraim Willstätter (geb. 1810 in Karlsruhe, 1837 zunächst Rabbinatsverweser, seit 1839 Bezirksrabbiner in Bühl, verlegte 1850 den Amtssitz nach Rastatt, 1855 Bezirksrabbiner in Gailingen); Leopold Schott (geb. 1807 in Randegg, 1833 Rabbiner in Randegg, 1852 zusätzlich Rabbinatsverweser in Gailingen; von 1855 bis zu seinem Tod 1869 Bezirksrabbiner in Bühl); Dr. Baruch Mayer (geb. 1845 in Müllheim, 1885 bis 1925 Bezirksrabbiner in Bühl, erfreute sich allgemeiner Beliebtheit, nach 1911 Konferenzrabbiner, Ehrenbürger der Stadt Bühl; gest. 1927 in Bühl). Nach der Zurruhesetzung des Rabbiners Dr. Mayer wurde der Rabbinatsbezirk Bühl mit Offenburg vereinigt beziehungsweise von dort mitbetreut.    
      
Zur jüdischen Gemeinde Bühl gehörten auch die in Achern lebenden jüdischen Personen. Hier hatten sich nach 1850 einige jüdische Personen niedergelassen. Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie folgt (Zahlen einschließlich der in der Heil- und Pflegeanstalt Illenau untergebrachten jüdischen Patientinnen und Patienten): 1864 15 jüdische Einwohner, 1875 18, 1880 10, 1890 16, 1900 17, 1910 25, 1925 15, 1933 18. Im Ersten Weltkrieg ist aus Achern gefallen: Herbert Kaufmann (geb. 1888 in Lichtenau, gef. 1918); auf dem 1935 errichteten Kriegerdenkmal der Stadt wurde sein Name nicht verzeichnet. In der Stadt lebten bis nach 1933 die Familie des Zahnarztes Dr. Walter Gerber (nach Australien emigriert) und die Familie Max Hammel (Fautenbachstraße 8), deren Tochter Hannelore 1941 in KZ Stutthof ums Leben kam. Die Sensenfabrik in der Kirchstraße gehörte längere Zeit Sigmund Bühler (wohnhaft in Bühl). Die jüdischen Patienten der Anstalt Illenau wurden durch den Offenburger Rabbiner betreut. 
Unter den in Achern geborenen jüdischen Personen war Julius Hirsch (1892 Achern - 1942 Auschwitz), seit 1902 im Karlsruhe Fußball-Verein FKV, mit dem er 1910 Deutscher Meister, 1912 Vizemeister wurde; 1912 deutscher Nationalspieler bei den Olympischen Spielen in Stockholm; 1933 als Jude aus dem FKV entlassen.    
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Bühl Unteroffizier Felix Darnbacher (geb. 2.7.1888 in Bühl, gef. 7.2.1915), Ludwig Heimann, David Levi, Gottfried Netter, Leon Wertheimer, Adolf Gutmann (geb. 28.11.1893 in Groß Gerau, gef. 28.8.1914), Offz.St. Max Rosenfeld (geb. 25.2.1890 in Bühl, gef. 18.10.1917). Ihre Namen finden sich auch auf den Gefallenen-Gedenktafeln am Rathaus. Außerdem sind gefallen: Vizefeldwebel Albert Rieser (geb. 21.10.1894 in Bühl, vor 1914 in Lörrach wohnhaft, gef. 22.9.1918) und Gefreiter Siegfried Weil (geb. 4.3.1887 in Bühl, vor 1914 in Stuttgart wohnhaft, gef. 26.12.1916). 

Um 1924, als zur Gemeinde 122 Personen gehörten (3,2 % von insgesamt etwa 3.800 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Albert Rosenfeld, Max Wertheimer und Moritz Leiber. Als Kantor war Karl Bruchsaler tätig. Der Religionsunterricht der jüdischen Kinder wurde durch Hauptlehrer Leo Hanauer erteilt. An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein (1924 unter Leitung von Albert Rosenfeld mit 28 Mitgliedern), den Männerkrankenverein (28 Mitglieder), den Synagogenchorverein (28 Mitglieder) sowie den Frauenverein (1924 unter Leitung der Frau von Sigmund Bühler; 1932 unter Leitung der Frau von Leo Wertheimer; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Kranker, 1932: 32 Mitglieder). 1932 waren die Gemeindevorsteher Moritz Lieber (1. Vors.), Alfred Lion (2. Vors.) und Julius Roos (3. Vors.). Weiterhin war Karl Bruchsaler Kantor der Gemeinde. Im Schuljahr 1931/32 erhielten neun Kinder der jüdischen Gemeinde Religionsunterricht.   

Bereits im 19. Jahrhundert bestanden zahlreiche jüdische Handels- und Gewerbebetriebe, die von großer Bedeutung für das wirtschaftliche Leben in der Stadt waren. Bis nach 1933 gab es im Besitz jüdischer Familien noch Branntweinbrennereien, Textilgeschäfte, Viehhandlungen, Eisenwarenhandlungen und Haushaltsgeschäfte, eine jüdische Gastwirtschaft und anderes mehr. Im einzelnen handelte es sich insbesondere um die Folgenden Gewerbebetriebe: Antiquitätengeschäft Bernheim (Hauptstraße 78), Branntweinbrennerei Darnbacher (Hauptstraße 80), Branntweinbrennerei Darnbacher-Ries (Schwanenstraße), Herrenkonfektionsgeschäft Dreifuß, Inh. Flora, Isaak und Samuel Dreifuß (Hauptstraße 18), Trikotfabrik Edesheimer (Hauptstraße 49), Textilgeschäft Gernsbacher (Schwanenstraße), jüdische Bäckerei Heimann (Schwanenstraße), Gemischt- und Haushaltwarengeschäft Mina Lieber (Hauptstraße 78), Weberei und Spinnerei Massenbach (bis 1879, Schulstraße 3), Strumpfhaus Recha Metzger (Hauptstraße 83), Fa. Wolf Netter & Jacobi (Gründerhaus Hauptstraße 62; Hauptwerk Güterstraße /Ecke Rheinstraße), jüdische Metzgerei Rosenfeld (Drehergasse), Papier- und Schreibwarenhandlung mit Druckerei Hugo Odenheimer und Berthold Schweizer (Schwanenstraße 2), Kurzwarenhandlung Rosenfeld (Postgasse), Viehhandlung Sigmund Sinsheimer (Rheinstraße 18), Eisen- und Haushaltwaren Alfred Weil (Johannesplatz 15), Kurzwarengeschäft Weil (Hauptstraße 77), Viehhandlung Wertheimer-Beisinger (Hauptstraße 79), Getreidehandlung Gustav Wertheimer (Postgasse 2), Eisenwarenhandlung Heinrich und Leo Wertheimer (Postgasse 6), Viehhandlung Max Wertheimer (Postgasse).   
  
1933 wurden in Bühl noch 72 jüdische Einwohner gezählt. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bis 1938 wurden die jüdischen Gewerbebetriebe zur Aufgabe gezwungen beziehungsweise "arisiert" wie im März 1938 noch die Firma Netter & Jacobi, die vom Mannesmann-Konzern übernommen wurde. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). Am 22. Oktober 1940 wurden aus Bühl 26 jüdische Einwohner, die nicht mehr auswandern konnten, in das KZ Gurs deportiert. Nur zwei jüdische Personen, die in sogenannter "Mischehe" lebten, blieben in Bühl zurück. Einer von ihnen wurde noch 1945 in das Ghetto Theresienstadt deportiert.     
   
Von den in Bühl geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Besag (1880), Friederike Bloch geb. Mayer (1882), Hermann Bloch (1876), Josefine Bloch geb. Wertheimer (1875), Dr. Otto Bloch (1906, siehe unten, Stolperstein in Hannover), Fanny Blüm geb. Wertheimer (1889), Eugen Bühler (1873), Mina Frank geb. Mayer (1872), Alfred Gernsbacher (1868), Friedrich (Fritz) Gernsbacher (1888), Otto Gernsbacher (1883), Eugen Goldbach (1891), Marie (Maria) Paula Günther geb. Darmbacher (1882), Adelheid Götzl geb. Darnbacher (1896), Frieda Haas geb. Sinsheimer (1905), Moritz Heimann (1880), Elise Hofmann geb. Bloch (1872; seit 2019 "Stolperstein" in Frankfurt, siehe Presseartikel unten), Anna Kahn geb. Massenbach (1869), Rosa Kahn geb. Grabenheimer (1855), Manfred Kaufmann (1923), Clara Lang geb. Rosenfeld (1877), Julius Lang (1876), Kurt Lehmann (1909), Rudolf Levi (1863), Robert Lehmann Lieber (1897), Ruth Maier geb. Wertheimer  (1901), Josef Mayer (1881), Hugo Odenheimer (1899), Julchen Odenheimer geb. Schweizer (1901), Helma Roos (1921), Julius Roos (1882), Minna Roos geb. Moses (1891), Jenny Rosenblum geb. Jacob (1874), Heinrich Rosenfeld (1895), Klara Rosenfeld geb. Bierig (1862), Max Rosenfeld (1923), Fanny Rosenthal geb. Edesheimer (1861), Sophie Schott geb. Wertheimer (1876), Erna Schweizer geb. Schweizer (1903), Sofie Schweizer (1877), Karoline Sinsheimer geb. Guggenheimer (1877), Klara Stroh geb. Schweizer (1898), Aron Alfred Weil (1877), Heinrich Weil (1875), Louis Weil (1858), Selma Weil (1889), Sofie Weil (1884), Thekla Weil geb. Kahn (1881), Leo Wertheimer (1862), Melanie Wertheimer (1880), Auguste Wolf geb. Heinemann (1877), Fritz Salomon Wolf (1884), Oskar Wolf (1886), Sofie Wolf (1890), Hilde Zivy geb. Kahn (1893).                 
    
Aus Achern sind umgekommen: siehe Seite zur jüdischen Geschichte in Achern.  
   
   
Weitere Spuren der jüdischen Geschichte: Im Heimatmuseum Bühl sind an Erinnerungsstücken u.a.: eine Rabbiner-Mütze, die Judenordnung der Markgrafschaft Baden von 1746 und ein "Haupt- und Zeugen-Eyd der Juden" nach der Kameralgerichtsordnung von 1800. 
  
Persönlichkeiten und auf sie bezogene Erinnerungsmale. Carl Leopold Netter (1864 Bühl - 1922 Berlin), Industrieller: das Familiengeschäft Netter & Jacobi (Bühl-Straßburg-Berlin) entwickelte sich unter seiner Führung zu einer weltbekannten Firma. Netter war Mitglied der Ältesten der Berliner Kaufmannschaft und der Berliner Handelskammer, gehörte dem Kuratorium der Berliner Handelshochschule an und wirkte bei der Errichtung der Berliner Metallbörse mit. Die Universität Heidelberg verlieh ihm den Dr.h.c. In Bühl stiftete Netter u.a. den 1905 angelegten Stadtgarten mit dem Denkmal des Großherzogs Karl Friedrich, wo sich heute ein Granitfindling mit Bronzetafel zur Erinnerung an Adolf und Karl Leopold Netter befindet, sowie den Aussichtsturm (Großherzog-Friedrich-Jubiläumsturm, volkstümlich Netter-Turm genannt; auch hier eine große Bronzetafel zur Erinnerung an Adolf und Karl Leopold Netter; Standort am Affentaler Weg). An Carl Netter erinnert auch die "Carl-Netter-Straße". 
    
Verlegung von "Stolpersteinen": Für Dr. Otto Bloch (geb. 1906 in Bühl, 1931 ärztliche Approbation, 1933 Promotion an der Universität München), der seit August 1940 in Hannover im Jüdischen Krankenhaus tätig war, wurde am 7. Dezember 2017 ein "Stolperstein" in Hannover verlegt. Er war am 31. März 1942 mit seiner Frau Lieselotte und der im Juni 1941 geborenen Tochter Tana von der Jüdischen Gartenbauschule Ahlem aus in das Warschauer Ghetto deportiert worden und ist umgekommen. Literatur: "Erinnerung und Gedenken. Jüdische Ärzte in Hannover. Hannover 2013² S.13). Für die Familie von Dr. Bloch liegen in Hannover, Ellernstraße 16 drei "Stolpersteine".     
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter 
Ausschreibungen der Stelle(n) des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet (1881/1891)  

Buehl Israelit 20071881.jpg (55771 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juli 1881: "Erledigte Kantorstelle. 
Durch Berufung unseres Kantors nach Offenburg ist die diesseitige Stelle, verbunden mit Schächterdienst, sofort wieder zu besetzen. 
Der jährliche Gehalt beträgt, nebst einer sehr schönen, geräumigen Dienstwohnung, 1.200 Mark fix und ca. 400 Mark Nebeneinkommen. Es wird besonders darauf Rücksicht genommen, dass der Anzustellende, verbunden mit einer sonoren Stimme, die Fähigkeit besitzt, einen vierstimmigen Chor zu leiten. Reflektierende wollen ihre Bewerbungsschreiben nebst Zeugnissen an unterfertigte Stelle einreichen. 
Bühl (Baden), 5. Juli 1881. Der Synagogenrat."
   
Buehl Israelit 14051891.jpg (60712 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1891: "Auskündigung einer Kantorstelle
Die hiesige Kantor- und Schächterstelle soll auf 1. August dieses Jahres neu besetzt werden. Fixum Mark 1.200; Nebeneinkommen ca. Mark 500. Der Anzustellende soll einen Synagogenchor leiten können und muss sich insbesondere über seine Befähigung als Porscher (sc. Schächter mit zusätzlicher Qualifikation für das 'Porschen') ausweisen. Meldungen mit beglaubigten Zeugnisabschriften sind bis 1. Juni dieses Jahres bei uns einzureichen. 
Bühl (Baden), 12. Mai 1891. Großherzogliche Bezirks-Synagoge: Dr. Mayer."

  
Über die israelitische Schule in Bühl (1844)    

Artikel in der Karlsruher Zeitung" vom 6. September 1844: "Bühl. Durch den Artikel der Oberrheinischen Zeitung vom 16. August dieses Jahres, Nr. 229, den Synagogenrat, besonders aber die israelitische Volksschule in Bühl betreffen, finden sich Unterzeichnete veranlasst, einem verehrlichen Publikum, welchem der Stand dieser Schule noch unbekannt ist, zur gefälligen Kenntnisnahme zu bringen, dass gedachte Schule seit ihrem Geburtsjahre 1827 unter ihren beiden wissenschaftlich gebildeten Lehrern - der erste heißt Schlencker, ist Dr. der Philosophie und zur Zeit Rabbiner in Regensburg, der zweite ist der gegenwärtige mit Namen Sinsheimer, ein Muster gründlich gebildeter, für ihr so wichtiges Amt lebender Jugendlehrer - von Jahr zu Jahr in allen Lehrgegenständen die schönsten und erfreulichsten Früchte zur vollkommenen Zufriedenheit und die Lehrer lohnenden Anerkennung sämtlicher hoher und niederer Schulbehörden eben so, wie sehr oft zur freudig überraschenden Bewunderung so vieler bei den Jahresprüfungen stets gegenwärtiger Schulfreunde, als: Pädagogen und Nichtpädagogen, Geistliche und Weltliche, Einheimische und Fremde in vollem Maße aufzuweisen hatte, und - was wir ohne Prophet zu sein, voraussagen können - auch immerhin, so lange der Lehrer Sinsheimer diese Schule pflegt, jährlich aufweisen wird, zur Freude, zum Trost und zum Danke solcher israelitischen Eltern, welche das mühevolle, aber auch segensreiche Streben eines so braven Lehrers zu würdigen im Stande sind. Uns bleibt für jetzt nur noch der aufrichtige Wunsch, dass jeder verehrliche Lehrer der Oberrheinischen Zeitung diese unsere Äußerung über den Stand der hiesigen israelitischen Volksschule obigem angeführten Artikel eines anonymen Einsenders gegenüber stellen möchte, um - woran wir nicht zweifeln - dadurch mit uns gleichsam genötigt zu werden, auszurufen; Wahrlich! Kein Schandname kann aufgefunden werden, der groß und kräftig genug wäre, entweder die - was Schule betrifft - ganz stupide oder schwarze Seele dieses anonymen Einsenders gehörig zu bezeichnen; zum Schlusse unserer Äußerung geben wir uns der Hoffnung hin, dass bei demselben auch in Erfüllung gehen werde, das schöne und allbekannte Suum cuique. 
Bühl den 25. Auguswt 1844. Der großherzogliche Schulvorstand. Lenz, Dekan. Fischer, Bürgermeister. Massenbach, Schulvorstandsmitglied. Darnbacher, Schulvorstandsmitglied.  
Wegen des aus Bühl in der Oberrheinischen Zeitung vom 16. August vorigen Jahres, Nr. 229 abgedruckten verleumderischen Artikels habe ich gegen den Einsender, respektive die Redaktion auf gerichtliche Untersuchung angetragen; das Resultat werde ich seiner Zeit öffentlich bekannt machen.
Bühl, den 25. August 1844. Sinsheimer, Hauptlehrer."      

 
25-jähriges Jubiläum des Hauptlehrers Moses Sinsheimer (1855)  

Buehl AZJ 25061855.JPG (94919 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Juni 1855: "Beim Schlusse dieses Briefes kommt Schreiber dieses (Berichtes) eine Nummer der badischen Landeszeitung zu, die einen Artikel 'aus Bühl' enthält, den er in seinem wesentlichen Inhalte den verehrlichen Lesern dieses Blattes mitzuteilen sich veranlasst findet. In Bühl (in Baden) feierte man zum Andenken an das 25jährige unermüdliche Streben und treue Wirken des israelitischen Hauptlehrers M. Sinsheimer ein seltenes Fest. Der Jubilar wurde von einer Deputation ins festlich geschmückte Schulzimmer, wo die Schuljugend, die Herren Rabbiner Schott, Oberkirchenrat Zimmermann, Bürgermeister, Synagogenrat, fast sämtliche Gemeindeglieder und Freunde des Gefeierten versammelt waren, geleitet. Dort mit einem Hoch empfangen, wurde ihm im Namen seiner früheren und jetzigen Schüler ein Ehrengeschenk, bestehend in einem silbernen Pokal mit einem badischen 35-Gulden-Lose überreicht, worauf der Gefeierte mit sichtlicher Rührung dankte. Später folgte ein Gastmahl und am Abend wurde der Freudentag mit einem von Herrn Rabbiner Schott gesprochenen Dankgebete geschlossen. R."
  
Buehl AZJ 20081855.JPG (123521 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. August 1855. "Bühl, 4. Juni (1855). Gestern feierten wir ein schönes, seltenes Fest: die Feier der dankbaren Anerkennung des 25jährigen unermüdlichen Strebens und kräftigen Wirkens unseres allseitig hoch geschätzten Hauptlehrers Herrn M. Sinsheimer. Von einer aus dreien seiner früheren Schüler bestehenden Deputation in das festlich geschmückte Schulzimmer geleitet, woselbst sich bereits die gesamte Schuljugend, die Herren Rabbiner Schott, Oberkirchenrat Zimmermann und Bürgermeister Berger, der Synagogenrat, sowie fast sämtliche israelitische Einwohner nebst noch anderen Freunden und Verehrern des Gefeierten versammelt hatten, wurde der Jubilar mit donnerndem Hoch empfangen. Nach einer kurzen, aber umso innigeren Ansprache von Seiten des Herrn Rabbiners und nach dem Vortrag eines eigens hierzu verfassten Gedichtes wurden durch zwei Schulkinder im Rahmen der früheren und jetzigen Schüler die in einem silbernen Pokale und einem badischen 35-Hulden-Lose bestehenden Ehrengeschenke an den Jubilar übergeben, welcher mit sichtlicher tiefer Rührung dankte. Um 12 1/2 Uhr fand ein Festmahl statt, welches durch Gesang und Toaste jeder Art gewürzt wurde. Erst spät am Abend wurde mit einem tief ergreifenden, von unserm würdigen Rabbiner gesprochenen Dankgebete dieser Freudentag beschlossen, durch welchen die Gemeinde nicht nur ihrem Lehrer, sondern auch sich selbst ein schönes Ehrendenkmal gesetzt hat."

   
25-jähriges Jubiläum von Vorsänger David Brandeis (1859)   

Buehl AZJ 26091859.jpg (145256 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. September 1859: "Bühl (Baden), 10. August (1859). Zu den wichtigeren Mitteilungen der Allgemeinen Zeitung des Judentums gehören gewiss diejenigen, welche den Fortschritt im Inneren konstatieren. Dieser besteht aber nicht bloß in der Verschönerung des Kultus, in der Hebung der Schule und in der Ordnung des Gemeindehaushaltes, sondern auch und viel mehr darin, dass die Begründer und Förderer solcher Fortschritte Anerkennung und Aufmunterung finden, was den wahren moralischen Fortschritt bekundet. Einen solchen Akt habe ich Ihnen heute von hier aus zu berichten das Vergnügen. Der hiesige Vorsänger David Brandeis, ein Mann der alten Schule und im hohen Greisenalter stehend, hat sich mit größter Selbstverleugnung und Hingebung der großen Bemühung unterzogen, welche die seit einigen Jahren schon und namentlich seit der Aufnahme einer Physharmonika bei dem hiesigen Gottesdienste eingeführte Ordnung und Vortragsweise ihm auflegen, und da er überhaupt allezeit sehr treu und dienstbeflissen war, so wurde sein jüngst gefeiertes 25-jähriges Dienstjubiläum von der ganzen Gemeinde mit Freunden begrüßt, und um ihm die allgemeine Teilnahme und Zufriedenheit zu bezeugen, wurde ihm ein schöner silberner Pokal und ein solches Besteck in feierlicher Versammlung auf der israelitischen Gemeindestube überreicht, wobei der Bezirksrabbiner sehr passend darauf aufmerksam machte, wie der Jubilar, welcher auch Schächter ist, für die geistige und physische Nahrund seiner Gemeinde mit gleicher Hingebung gewirkt habe, und wie auf Ersteres der Kelch, auf Letzteres aber das Besteck hindeute. Wie der überraschte Greis gerührt war, wie hierdurch die Teilnehme der Anwesenden sich noch steigerte, das empfindet der Gefühlvolle besser als man beschreiben kann. Gewiss ist aber, dass die Gemeinde hierdurch sich selbst geehrt hat." 

      
Über die Bemühungen des Vorsängers David Brandeis um Reformen im Synagogengottesdienst in Bühl (1859)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. September 1859: "Bühl (Baden), 10. August (1859). Zu den wichtigeren Mitteilungen der Allgemeinen Zeitung des Judentums gehören gewiss diejenigen, welche den Fortschritt im Inneren konstatieren. Dieser besteht aber nicht bloß in der Verschönerung des Kultus, in der Hebung der Schule und in der Ordnung des Gemeindehaushaltes, sondern auch und viel mehr darin, dass die Begründer und Förderer solcher Fortschritte Anerkennung und Aufmunterung finden; was den wahren moralischen Fortschritt bekundet. Einen solchen Akt habe ich Ihnen heute von hier aus zu berichten das Vergnügen. der hiesige Vorsänger David Brandeis, ein Mann der alten Schule und im hohen Greisenalter stehend, hat sich mit größter Selbstverleugnung und Hingebung der großen Bemühung unterzogen, welche die seit einigen Jahren schon und namentlich seit der Aufnahme einer Physharmonika bei dem hiesigen Gottesdienste eingeführte Ordnung und Vortragsweise ihm auflegen; und da er überhaupt allezeit sehr treu und dienstbeflissen war, so wurde sein jüngst gefeiertes 25-jähriges Dienstjubiläum von der ganzen Gemeinde mit Freuden begrüßt, und um ihm die allgemeine Teilnahme und Zufriedenheit zu bezeugen, wurde ihm ein schöner silberner Pokal und ein solches Besteck in feierlicher Versammlung auf der israelitischen Gemeindestube überreicht, wobei der Bezirksrabbiner sehr passend darauf aufmerksam machte, wie der Jubilar, welcher auch Schächter ist, für die geistige und physische Nahrung seiner Gemeinde mit gleicher Hingebung gewirkt habe, und wie auf Ersteres der Kelch, auf Letzteres aber das Besteck hindeute. Wie der überraschte Greis gerührt war, wie hierdurch die Teilnahme der Anwesenden sich noch steigerte, das empfindet der Gefühlvolle besser als man beschreiben kann. Gewiss ist aber, dass die Gemeinde hierdurch sich selbst geehrt hat."     


Bericht zur Goldenen Hochzeit von Vorsänger David Brandeis und seiner Frau Helene geb. Weil (1860) siehe unten bei der Synagogengeschichte  
  
  
Auszeichnung für Lehrer Elias Jakob (1898)  

Reilingen AZJ 21101898.jpg (91576 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Oktober 1898: "Nachdem aus dem Vermächtnis der Michel Weil Eheleute in Straßburg zur Verleihung von Preisen auf 2. August dieses Jahres die Summe von 640 Mark der Behörde zur Verfügung gestellt worden ist, hat dieselbe dem Hauptlehrer Elias Jakob in Bühl einen Preis von 200 Mark und den Religionsschullehrern Nathan Wolf in Sennfeld, Abraham Heimberger in Reilingen, Jesaias Schwarzwälder in Schluchtern und Moses Lippmann in Karlsruhe je einen Preis im Betrage von 100 Mark in Anerkennung ihrer langjährigen, verdienstlichen Leistungen auf dem Gebiet des israelitischen Religionsunterrichts zuerkannt. Der Restbetrag von 40 Mark wurde zum Ankauf geeigneter Bücher, welche als Aufmunterungspreise an jüngere strebsame Lehrer verteilt werden sollen, bestimmt."     

      
      
Aus der Geschichte der Rabbiner     
Ausschreibung der Stelle des Bezirks-Rabbiners nach dem Tod von Rabbiner Abraham Ascher (1837)          

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1837 S. 1049  (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bekanntmachung
Durch das erfolgte Ableben des Bezirks-Rabbiners A. Ascher in Bühl ist dieses Bezirksrabbinat in Erledigung gekommen. Diejenigen Kompetenten, welche sich um diese, mit einem fixen Einkommen von 500 fl. nebst den verordnungsmäßigen Rabbinatsgebühren verbundene Stelle bewerben wollen, haben sich mit ihren desfallsigen Gesuchen bei dem Großherzoglichen Oberrate der Israeliten binnen 6 Wochen zu melden. E
s wird übrigens bemerkt, dass das erwähnte Rabbinatseinkommen mit einer angemessenen Abgabe für die Witwe und Waisen des verstorbenen Bezirks-Rabbiners belastet werden wird, deren Festsetzung vorbehalten wird. 
Karlsruhe, den 12. November 19837. Großherzoglicher Oberrat der Israeliten. Der Ministerial-Kommissär. Bekk."         

     
Besetzung des Rabbinates mit Rabbiner Ephraim Willstätter (1839)     

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 20. März 1839 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Das Bezirks-Rabbinat Bühl wurde dem bisherigen provisorischen Verwalter desselben, Rabbinats-Kandidaten Ephraim Willstätter von Karlsruhe, definitiv übertragen".   

 
Zum Tod von Bezirksrabbiner Leopold Schott (1869) 
Anmerkung: Rabbiner Leopold Schott war bis 1855 Rabbiner in Randegg, weiteres siehe dort. 

Buehl AZJ 16021869.jpg (59350 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Februar 1869: "Bühl (Baden), 22. Januar (1869). Der hiesige Bezirk hat einen großen Verlust durch den vor einigen Tagen eingetretenen Tod des Bezirksrabbiners Leopold Schott, dessen Name auch über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt war, erlitten. Mag auch seine theologische Richtung etwas Schwankendes an sich gehabt haben, so war er doch von heißer Liebe für die Religion der Väter durchglüht, für gemäßigten Fortschritt empfänglich, von einer seltenen Biederkeit und Treue, und genoss die allgemeinste Achtung, die sich auch während seiner Krankheit, wie bei seinem Leichenbegängnis kund gab."
    
Weitere Dokumente zu Rabbiner Schott 
(1860er-Jahre)
(aus der Sammlung von Hansjörg Schwer,
 Waldshut-Tiengen)  
D Buehl Dok 190.jpg (117467 Byte) D Buehl Dok 191.jpg (100580 Byte) 
Die beiden Briefe (es sind nur die Briefumschläge vorhanden) wurden an 
Bezirksrabbiner Leopold Schott in Bühl geschickt
 (linker Brief aus Mosbach von 1868, rechter Brief aus Radolfzell von 1864; 
Datierung nach dem Bahnpoststempel auf der Rückseite).   

   
Verkauf der Bibliothek von Rabbiner Schott (1869)        

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1869: "Die Bibliothek des verstorbenen Konferenz-Rabbiners L. Schott zu Bühl bei Baden-Baden ist zu verkaufen. Sie besteht auf 445 hebräischen und ca. 300 deutschen Werken.
Näheres bei J. Adler jun. in Frankfurt am Main."                 

    
Ausschreibung der Rabbinatsstelle (1884) 

Buehl Israelit 26061884.jpg (64626 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juni 1884: "Bekanntmachung. Infolge höherer Entschließung soll das Bezirksrabbinat Bühl, mit dem Wohnsitze in Bühl, wieder definitiv besetzt werden. Bewerber wollen ihre Gesuche unter Anschluss von Zeugnissen über allgemein wissenschaftliche Vorbildung und erlangte Autorisation zur Ausübung von Rabbinatsfunktionen, sowie unter Darlegung ihres Lebensganges und ihrer seitherigen Berufstätigkeit binnen 4 Wochen bei dem Großherzoglichen badischen Oberrat der Israeliten in Karlsruhe einreichen. Über die Einkommensverhältnisse der Stelle ist Unterzeichneter auf Anfragen bereit, Auskunft zu erteilen. 
Bühl, den 20. Juni 1884. 
Die Bezirks-Synagoge. Der Bezirks-Älteste." 

     
Bezirksrabbiner Dr. Mayer leitet eine Versammlung der jüdischen Lehrer des Rabbinatsbezirkes Bühl (1886)     

Artikel in "Die jüdische Presse" vom 9. Dezember 1886: "Bühl, 4. Dezember (Original-Korrespondenz). Jüngsten Sonntag versammelten sich hier nach vorhergegangener Einladung durch den Bezirks-Rabbiner Herrn Dr. Mayer sämtliche israelitischen Lehrer des Rabbinatsbezirks Bühl zur Abhaltung der auf diesen Tag anberaumten Konferenz. Der Herr Bezirks-Rabbiner hieß die Versammelten, denen sich auch der derzeitige Bezirksälteste Herr Dr. M. Wertheimer und Synagogenrat S. Weil dahier angeschlossen hatten, herzlich willkommen und hob den Anwesenden in wenigen, aber geistreichen Worten den Wert solcher Versammlungen für den Unterricht hervor. Hierauf erteilte derselbe dem Hauptlehrer Jacob dahier das Wort zu seinem Referate über den biblisch-geschichtlichen Religionsunterricht. ...   In der hieran anschließenden Diskussion, an welcher Hauptlehrer Lehmann aus Lichtenau, Lehrer Levy aus Rheinbischofsheim, Lehrer Maiersohn aus Rastatt und andere sich beteiligten, wurde dieser Vereinigung beigestimmt, aber auch hervorgehoben, dass in den so genannten Religionsschulen, denen für den Religionsunterricht mehr Zeit zur Verfügung steht, diese Unterrichtsgegenstände ausführlicher behandelt werden können. Hierauf sprach Lehrer Pollaschek aus Bodersweier über den Wert des Pentateuchunterrichts und hob insbesondere die Schwierigkeit hervor, die dem Lehrer hierbei dadurch bereitet wird, dass so manche Eltern diesem wichtigen Unterrichtsgegenstand so wenig Sympathie entgegenbringen. Auch von den anderen Lehrern, die an der hierauf folgenden Besprechung sich beteiligten, wurde dieser Indifferentismus tief beklagt. Herr Bezirks-Rabbiner Dr. Mayer legte jedoch in seiner Schlussrede den anwesenden Lehrern dringend ans Herz, sich hierdurch nicht stören zu lassen und ihren Obliegenheiten umso gewissenhafter nachzukommen. Im Allgemeinen glaubte der Vorsitzende den Lehrern bezüglich des geschichtlichen Unterrichts und unter Bezugnahme auf das Referat des Herrn Hauptlehrers E. Jakob den Wink geben zu sollen, dass es nicht so wohl darauf ankomme, sich bei einzelnen unerheblichen geschichtlichen Erzählungen aufzuhalten, als vielmehr durch lichtvolle Rekapitulationen des Geschichtsstoffes denselben dem Gedächtnisse der Kinder dauernd einzuprägen, mit anderen Worten dem Unterricht einen mehr intensiven als extensiven Charakter zu verleihen. Nachdem hierauf die Tagesordnung für die nächstjährige Konferenz festgestellt war, vereinigte man sich zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen, bei welchem neben guten Speisen und Getränken auch der gemütliche Teil, Toaste, gesangliche und humoristische Vorträge nicht fehlten. Erst am späten Abend trennte man sich, mit dem Bewusstsein, einen genussreichen Tag verlebt zu haben."      

 
Besinnung zum Pessachfest von Rabbiner Dr. Mayer (1891)
      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1891: Artikel wird nicht abgeschrieben, da er keine direkten Bezüge zur jüdischen Geschichte in Bühl enthält; bei Interesse bitte Textabbildung anklicken.   
Fortsetzung des Beitrages von Rabbiner Dr. Mayer.  

   
Ehrenvolle Einladungen an Bezirksrabbiner Dr. Mayer (1892)  

Buehl AZJ 29011892.jpg (97923 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 29. Januar 1892: "Vor einiger Zeit fand in Bühl eine landwirtschaftliche Gauausstellung und am 4. Januar dieses Jahres die feierliche Eröffnung der Lokal-Bahn Bühl-Kehl statt. Bei beiden Anlässen wurde der Bezirksrabbiner Dr. Mayer vom Großherzoglichen Bezirksamt zum Empfang des Großherzogs geladen und von Seiner Königlichen Hoheit mit einer Ansprache beehrt. Auch wurde demselben von dem Festkomitee die Ehre einer Einladung zur Festfahrt auf der neuen Bahn zuteil. – Anlässlich der letztgenannten Feier ist dem Herrn Blum-Auscher, Präsident des israelitischen Konsistoriums und Straßburger Verwaltungsrates, der sich um das Zustandekommen des Unternehmens genannter Straßenbahnlinie zahlreiche Verdienste erworben hat, von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog von Baden der Orden vom Zähringer Löwen erster Klasse verliehen worden."  

   
Hinweis auf Predigten von Bezirksrabbiner Dr. Mayer (1892)  

Buehl Israelit 18021892.jpg (49060 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Februar 1892: "Es liegen uns fünf Predigten von Bezirks-Rabbiner Dr. Mayer in Bühl (Baden) vor, die er am Pessach, Schabuoth (Wochenfest), Rosch Haschanah (Neujahrsfest), Jom Kippur und Simchat Tora gehalten hat. Dieselben in populärer Sprache geschrieben, enthalten in gedrängter Kürze eine Fülle vortrefflicher Lehren und jüdischer Wahrheiten, die ihres guten Eindrucks auf den Leser nicht verfehlen und gewiss die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer in Anspruch genommen haben." 

  
Rede von Bezirksrabbiner Dr. Mayer zum Geburtstag des Kaisers Wilhelm II. (1892) 

Buehl Israelit 14031892.jpg (211892 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1892: "Bühl (Baden). Im Gegensatz zu der leider weit verbreiteten antisemitischen Strömung in Deutschland ist in hiesiger Stadt von dieser bedauerlichen Erscheinung gottlob nichts zu verspüren. Bezeichnend dafür ist schon allein die Tatsache, dass in dem hiesigen Bürgerausschusse gegenwärtig 7 israelitische Mitglieder sich befinden. Die wahrhaft tolerante Gesinnung kam aber auch jüngst wieder recht deutlich zum Ausdruck bei dem anlässlich des Kaisergeburtstages abgehaltenen und von allen Ständen, Richtungen und Bekenntnissen stark besuchten Festbankett. Wie alljährlich ergriff auch diesmal nach den verschiedenen Staats- und städtischen beamten Herr Bezirkrabbiner Dr. Mayer das Wort zu einer Ansprache, welcher trotz ihres unverkennbaren Freimuts den ungeteilten Beifall aller Kreise fand. Es dürfte daher die freundlichen Leser Ihres Blattes interessieren, im nachstehenden den Wortlaut dieser Rede kennen zu lernen!    
Hochgeehrte Festteilnehmer!  
Sie werden gütigst auch mir, als dem Vertreter Ihrer israelitischen Mitbürger, einige Worte gestatten. 
Als wir vor 4 Jahren zum ersten Mal das Geburtsfest Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm II. begingen, war es noch schwer, uns dein deutliches Bild von dessen Persönlichkeit zu machen. Heute jedoch sind wir in der glücklichen Lage, schon mit einer bestimmten Ansicht herauszurücken. Wie der Kaiser selbst, so ist auch unser Urteil über ihn inzwischen zu einer gewissen Reife gelangt. Wir haben wohl Alle die Überzeugung gewonnen, dass der jugendliche Kaiser ein Herrscher ist, in den das deutsche Volk volles Vertrauen zu setzen alle Ursache hat. Mit fester Hand führt er des Reiches Szepter; hoch geehrt steht er da zunächst nach außen hin. In edlem Wetteifer und in vollkommenem Einvernehmen mit den beteiligten auswärtigen Großmächten ist er seinerseits bemüht, die Segnungen deutscher Kultur und Arbeit selbst nach den fernen Gebieten des dunklen Erdteils zu verpflanzen. Auch hat das deutsche Reich unter ihm auf friedlichem, unblutigem Wege einen Zuwachs erhalten durch die Erwerbung jener zwar kleinen, aber strategisch wichtigen Insel der Nordsee. Durch die Erneuerung des Schutz- und Trutzbündnisses und den Abschluss der Handelsverträge mit den befreundeten Großmächten ist vollends ein Verhältnis geschaffen, welches ohne Zweifel von wohltätigem Einfluss auf die Erhaltung des Weltfriedens sein wird. – Aber auch nach innen waltet der junge Kaiser kraftvoll seines hohen Amtes, angeborenen Herrscherwillen weise verbindend mit einem vorurteilsfreien Blick für die Bedürfnisse der Zeit. Nun schmeichle ich mir zwar keineswegs, hoch geehrte Herren, in die Geheimnisse der leitenden deutschen Politik eingeweiht zu sein; ebenso wenig
Buehl Israelit 14031892a.jpg (196338 Byte)vermag ich darum auch, mit mathematischer Genauigkeit nachzuweisen, inwieweit des Kaisers politische Richtung auf eigener Initiative beruht, oder auf äußere Einwirkung zurückzuführen ist; ich lebe ja im Volke und mit dem Volke und folgerichtig kann daher auch meine politische Kombinationsgabe nicht weiter reichen, als die eines Jeden von Ihnen. Aber wenn die Volkesstimme nicht völlig irrt, ist unser allverehrter Großherzog nicht ohne Einfluss auf seinen kaiserlichen Neffen gewesen; wenn nicht Alles täuscht, ist unser edler, Freigesinnter Landesfürst bei so manchen wichtigen Entschließungen des Kaisers zu Pate gestanden, hat sein erprobter Rat ihn auf den Weg gewiesen, der allein zum Ziele und zum Heil führt: auf den Weg der altbewährten hohenzollerschen Herrscherkraft, verbunden mit besonnenem Fortschritt. -      
Hochgeehrte Festteilnehmer! Mit so manchen lieb gewordenen Überlieferungen, Neigungen und Gewohnheiten hat der Kaiser gebrochen, so z.B. in besonders fühlbarer Weise auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Lebens, indem er, unbeirrt von hüben und drüben, von rechts und links, von dem allein richtigen Gedanken ausgeht, dass des Herrschers wahre Aufgabe nicht darin bestehen kann, einer einseitigen Interessenpolitik, sondern der ausgleichenden Gerechtigkeit zum Siege zu verhelfen. – Den wohl verdienten Dank aller Edelgesinnten des deutschen Volks, wozu ich ja auch Sie, hoch geehrte Herren, sowie die gesamte verehrliche Bürgerschaft zähle, ich wiederhole, den wohl verdienten Dank aller Edelgesinnten unseres Volkes hat sich aber unser Kaiser insbesondere auch dadurch erworben, dass er vor Allem mit einer Überlieferung gründlich aufgeräumt hat, die wahrlich dem deutschen Namen bislang nicht zu Ehre gereichte, vielmehr einen dunklen Fleck bildete, in den so zahlreichen Ruhmesblättern seiner Geschichte! – Sie ahnen wohl, meine Herren, worauf ich hinaus will; ich brauche keine Namen zu nennen, denn nomina sunt odiosa! Meine ich doch jenen Wortführer des unseligen Rassenhasses im frommen Priestergewand, wahrlich eine Überlieferung, ein Erbstück aus alter Zeit, um welches uns das Ausland nicht beneidete, dem aber unser tatkräftiger Kaiser kurz entschlossen den Abschied gegeben, so Gott will, auf Nimmerwiedersehen! -   
Hoch geehrte Festteilnehmer! Längst gilt das deutsche Reich mit recht als das mächtige Bollwerk des allgemeinen Völkerfriedens! Nun, so möge denn dieses deutsche Reich wie nach außen, so auch nach innen dastehen, als der mächtige Hort des Friedens, des Friedens aller seiner Bürger untereinander, ohne Unterschied des Glaubens und der Rasse! Diesem Gedanken lassen Sie uns, hoch geehrte Herren, kräftigen Ausdruck geben, indem Sie mit mir einstimmen wollen in den Ruf: der konfessionelle Friede, wie er unserer lieben Stadt Bühl stets zum Ruhme gereicht hat und auch fernerhin gereichen wird, der konfessionelle Friede, sag’ ich, er lebe hoch!"
   

  
Anerkennung für Bezirksrabbiner Dr. Mayer (1897)  

Buehl Israelit 30091897.jpg (61316 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. September 1897: "Vermischtes
Aus Baden.
Dem Bezirks-Rabbiner Dr. Mayer in Bühl ging auf die von ihm unterm 9. September dieses Jahres an das Großherzogliche Geheime Kabinett gerichtete Gedächtnisrede für Kaiser Wilhelm I. nachstehendes Schreiben zu: ‚Großherzogliches Geheimes Kabinett, Schloss Mainau, 16. September 1897. Euer Hochwürden beehrt sich das Großherzoglich Geheime Kabinett auf die gefällige Zuschrift vom 9. dieses Monats zu erwidern, dass die zwei Abdrücke der von Ihnen aus Anlass der Jahrhundertfeier Seiner Majestät des hochseligen Kaisers Wilhelm I. gehaltenen Gedächtnisrede Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin unterbreitet wurden. 
Die Höchsten Herrschaften haben uns gnädigst beauftragt, Euer Hochwürden für diese Einsendung Höchst ihren freundlichen Dank auszusprechen.   Gezeichnet von Babo."
   

  
Silberne Hochzeit von Bezirksrabbiner Dr. Mayer (1899)  

Buehl Israelit 26101899.jpg (139040 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1899: "Aus dem Badischen, 22. Oktober (1899). Von einem herrlichen Feste will ich Ihnen heute berichten. Es galt der silbernen Hochzeit unseres verehrten Bezirksrabbiners Herr Dr. Mayer in Bühl. Ohne dessen Wunsch und Willen drang es in die Öffentlichkeit, dass am Heutigen der Tag der silbernen Hochzeit sei. Nicht nur von Bühl selbst, sondern auch von verschiedenen anderen Gemeinden des Bezirkes trafen passende Geschenke und telegraphische Gratulationen ein. Auf Veranlassung ihres Kollegen Mayersohn von Rastatt erschienen die Lehrer des Bezirks alle wie ein Mann und gaben ihrer Freude Ausdruck durch ein sinnreiches Präsent in Gestalt eines schönen Tafelaufsatzes, mit Überreichung einer prachtvoll ausgeführten Adresse der Gratulanten. Herr Mayersohn hielt dabei eine schwungvolle Ansprache, die Herr und Frau Dr. Mayer sichtlich tief bewegte. Der Jubilar drückte in ergreifender Rede seinen Dank aus für diese, wie er glaubte, unverdiente Ovation, die ihn unverhofft so freudig überraschte.   Ein bescheidenes Mahl, das im Hause des Jubilars stattfand, verlief in freudigster, humorvollster Stimmung. (hebräisch und deutsch:) Licht und Freude, Jubel und Wonne las man von den Gesichtern der Festgesellschaft, unter welcher auch einige Damen vertreten waren.   Verschiedene Toaste wurden ausgebracht, auch abwechselnd Worte der Tora gesprochen, wodurch die paar schönen Stunden dieses Tages nur zu schnell verliefen. Möge der Allmächtige dem Jubelpaare das Glück schenken, dass dasselbe noch viele Jahre in Gesundheit und Frieden erlebe, dass es nach 25 Jahren noch in Rüstigkeit auch seine goldene Hochzeit feiern könne." 

   
25-jähriges Amtsjubiläum von Bezirksrabbiner Dr. Baruch Mayer (1910) 

Buehl FrfIsrFambl 18031910.jpg (109678 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. März 1910: "Bühl. Bezirksrabbiner Dr. Baruch Mayer feiert Freitag sein 25-jähriges Amtsjubiläum. Zur Feier dieses Tages werden dem Jubilar seine Gemeinden eine Ehrenplatte überreichen, die, als ein hervorragendes Kunstwerk, verdient, beschrieben zu werden. Die große Platte aus getriebenem Silber ist am Rand von 25 Mogen-Davids (‚Davidsternen’), jeder einzelne mit einem Opal in der Mitte, umrahmt, die von den Emblemen für Tauroh (Tora), Awaudoh (Gottesdienst) und Gemilus-Chassodim (Wohltätigkeit) unterbrochen werden. In der Mitte ist der Kopf Dr. Mayer’s in getriebenem Silber mit der eingravierten Widmung, welche lautet: ‚Dem geistlichen Oberhaupt der Bezirkssynagoge Bühl Seiner Ehrwürden Herrn Bezirksrabbiner Dr. Baruch Mayer zur 25-jährigen Jubelfeier in Dankbarkeit gewidmet von den Gemeinden seines Bezirks.’ Zwischen der mittleren Plakette und dem Rand sind 5 Radierungen, darstellend die Synagogen Baden-Baden, Rastatt, Ettlingen, Kehl und Bühl, die während Dr. Mayers Amtstätigkeit erbaut wurden. Das Kunstwerk ist nach dem Entwurfe des Ziseleurs Leo Horowitz in dem kunstgewerblichen Atelier Felix Horovitz, Frankfurt am Main, hergestellt worden."  

   
Drei Feste des Bezirksrabbiners Dr. Mayer (1925)  

Buehl JuedlibZtg 27031925.jpg (181967 Byte)Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 27. März 1925: "Bühl (Baden). Drei Feste konnte Herr Bezirksrabbiner Dr. Mayer in ganz kurzer Zeit nacheinander feiern. Im Oktober vorigen Jahres war es die goldene Hochzeit, am 1. März dieses Jahres den 80. Geburtstag, den Höhepunkt aber erreichte das am Sonntag, den 15. März gefeierte 40-jährige Ortsjubiläum, das unter Teilnahme der staatlichen, städtischen und kirchlichen Behörden und aller Schichten der Bevölkerung ohne Unterschied der Konfession festlich begangen wurde. In der Synagoge fand eine Feier statt, in der nach einem einleitenden Chorgesang Herr Rabbiner Dr. Oppenheim aus Mannheim die Festrede hielt, der Vorsteher und Bezirksälteste Herr Albert Rosenfeld die Glückwünsche der israelitischen Gemeinde und des Bezirks überbrachte, der Synodalabgeordnete, Herr Josef Kaufmann – Kehl die Verdienste des Jubilars um den Bezirke würdigte und der Vorsitzende des israelitischen Oberrates, Herr Dr. Stein – Karlsruhe, Herrn Rabbiner Dr. Mayer für seine Mitarbeit als Konferenzrabbiner dankte und eine Adresse mit einer Ehrengabe überreichte. In allen Ansprachen kam die Verehrung und Dankbarkeit, die Herrn Dr. Mayer beim Übertritt in den Ruhestand für sein segensreiches Wirken entgegengebracht wird, zu erhebendem Ausdruck. Nach einer kurzen Ansprache des Nestors der Lehrerschaft des Bezirkes, bestieg Herr Dr. Mayer selbst die gewohnte Kanzel und dankte allen für die Beweise ihrer Dankbarkeit, insbesondere auch der Stadtgemeinde Bühl, die ihn zu ihrem Ehrenbürger ernannt hat. Der Synagogenchor schloss die insbesondere durch den Gesang des Herrn Bruchsaler verschönte Feier mit dem Vortrag des Psalms 67. Eine glänzend gelungene gesellige Veranstaltung, auf der auch Herrn Dr. Mayer die Ehrengabe des Bezirkes überreicht wurde, vereinte am Abend die Gemeindemitglieder und die Festgäste und beendete so den Ehrentag des Jubilars, für dessen würdige Ausgestaltung besonders Herrn Albert Rosenfeld Dank gebührt. Möge Herrn Rabbiner Dr. Mayer im Kreise seiner Angehörigen und seiner Gemeinde noch ein langer und sonniger Lebensabend nach seinem so verdienstvollen Wirken im Dienste des Judentums beschieden sein."  

  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben    
Wenig erfolgreiche Versammlung in Bühl von Anhängern eines "Reformvereines" (1845)   

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 2. Dezember 1845: "Von der Murg. Meine Voraussagung über das Resultat der zu Bühl gepflogenen Beratungen der Anhänger des Reform-Vereins hat sich glänzend bewährt. Damals schloss ich meinen Bericht damit, dass 'jene Versammlung nicht sowohl durch die, die sie besucht, als vielmehr durch jene, die sie nicht besucht, erst wahrhaft ausgezeichnet werden würde. Und so war es in der Tat. Trotz der eifrigsten Bemühungen, einen Aufstand en masse zu bewirken, fanden sich inklusive der dortigen Gemeinde-Mitglieder von 20.000 jüdischen Seelen, die unser Großherzogtum zählt, in Bühl zwischen 90 bis 100 ein, der sicherste Beweis, wie allgemeinen Anklang sie gefunden. Von den eingeladenen Rabbinen war nur ein Einziger zugegen, und selbst dieser protestierte am Ende gegen die gefassten Beschlüsse, die Synagogenräte, die eigentlichen Vertreter der Gemeinde, fehlten fast ganz. Nichts war indes possierlicher, als die Art, wie man, und sogar in öffentlichen Blättern, diesen Mangel an aller und jeder Teilnahme zu beschönigen wusste. Im Seeblatt wurde mitgeteilt, dass der Halbfeiertag die Oberländer, diese Märtyrer der Orthodoxie, von der Teilnahme abgehalten; im Mannheimer Abendblatt sogar die Schuld auf den Bruchsaler 'Hopfenmarkt' geworfen. (Nun sage Einer noch, an unsern Reformern sei Hopfen und Malz verloren). Die Beschlüsse anbelangend, so wurde von einem Mannheimer Obergerichts-Advokaten ein Bericht vorgelesen zur Bildung eines Central-Vereins, der es als sein Streben anerkennt, die Regulierung der inneren und äußeren jüdischen Verhältnisse durch Reformen im religiösen Gebiete herbeizuführen und dergleichen mehr. Wie bereits erwähnt, unterschrieben circa hundert Anwesende die gefassten Beschlüsse, worunter einundzwanzig aus Bühl selbst, nur siebzehn aus Karlsruhe, und die andern, wie man zu sagen pflegt, von den vier Enden der Welt. Das war der Ausgang jener prahlerisch ausposaunten Manifestation; ein Beleg mehr, für die stets vom Neuen bewährte Tatsache, dass der gesunde Sinn des Volks jenem Treiben gänzlich fremd bleibt, es nie in sich aufnimmt, es verwirft und verabscheut."    

       
40-jähriges Jubiläum des Synagogenchorvereins (1898)  

Buehl AZJ 12081898.jpg (185992 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. August 1898: "Bühl, 1. August (1898). Gestern feierte der Synagogenchor-Verein dahier das Fest seines 40-jährigen Bestehens. Nachmittags fand in der festlich geschmückten Synagoge ein Konzert statt, welches so zahlreich besucht war, dass die vorhandenen Räume nicht ausreichten, das Publikum zu fassen. Schwestervereine aus allen Gegenden des Landes sandten ihre Vertreter zu der Jubelfeier. Das Konzert selbst legte ein schönes Zeugnis ab von dem heutigen Stand des israelitischen Kirchengesanges im Allgemeinen und von der Leistungsfähigkeit des Jubelvereins im Besonderen. Die Chöre kamen unter Leitung des Kantors Bruchsaler in tadelloser Weise zum Vortrag. An Einzelvorträgen erwähnen wir mit Anerkennung die des Herrn Kantors Bruchsaler und des Fräuleins Rosa Wertheimer. Abends 8 Uhr fand in den Räumen des Gasthofs ‚Krone’ ein Festmahl statt, an welchem sich 130 Personen beteiligten. Der Vorstand des Vereins, Herr Adolf Darnbacher, begrüßte die ansehnliche Festversammlung und dankte den zahlreich erschienenen Abordnungen von befreundeten Vereinen und Gemeinden. Die Festrede hielt Herr Ferdinand Darnbacher, in welcher er einen Rückblick warf auf die Entstehung und Entwicklung des Vereins, erwähnte in Verbindung damit in dankbarer und pietätvoller Erinnerung die Namen der Gründer und Wohltäter und der verdienstvollen, opferwilligen Förderer und Leiter des Vereins. Herr Albert Rosenfeld würdigte die Verdiente des Vorstandes, Herrn Adolf Darnbacher, und überreichte namens der aktiven Sänger demselben ein kostbares Bild. Der Vorstand sprach hierauf seinen Dank aus mit dem Hinzufügen, dass er aus Anlass des Tages dem Verein einen Taktstock gestiftet habe. Nun folgte Rede auf Rede, Toast auf Toast, auf deren Inhalt wir bei der großen Zahl selbstverständlich nicht eingehen können. In einem Rückblick auf die Entwicklung der israelitischen Gemeinde erwähnte Herr Bezirksrabbiner Dr. Mayer mit Worten der Dankbarkeit und Verehrung die Namen Kaiser Wilhelms des Großen, Kaiser Friedrichs und Kaiser Wilhelms II. Ebenso sprach der Gemeindevorstand, Herr Leo Wertheimer, auf unseren Großherzog und hob dabei hervor, dass das badische Judentum alle Veranlassung habe, mit dem Gefühl der größten Dankbarkeit zu unserer Regierung und unserem erhabenen edlen Landesfürsten aufzuschauen. Das Hoch auf Seine königliche Hoheit fand den begeistertsten Widerhall. Viele Städte hatten Vertretungen gesandt. In der Pause trug Frau Dreyfuß mit Herrn Bruchsaler ein Duett und Herr Max Besga mehrere Lieder vor, die den größten und wohlverdienten Beifall fanden. Eine Tanzunterhaltung beschloss das schöne Fest. Der Verein und die hiesige israelitische Gemeinde dürfen stolz auf diesen Tag sein."

  
Kaiserfeier im Hotel Krone (1903)  

Buehl Israelit 12021903.jpg (64355 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1903: "Bühl (Baden), im Februar (1903). Unter überaus zahlreicher Beteiligung aus allen Kreisen der hiesigen Bevölkerung fand dieser Tag in dem nach jüdischem Ritus geleiteten 'Hotel Krone' (Besitzer Adolf Besag) die offizielle Kaiserfeier statt. Der festlich geschmückte Saal war bis zum letzten Plätzchen besetzt, ein beweis dafür, dass zwischen den Angehörigen aller Konfessionen am hiesigen Platze das schönste Einvernehmen herrscht. Herr Oberamtmann von Reck hielt mit trefflichen Worten die Festrede, und die beiden Männergesangvereine verschönten das Fest durch den Vortrag ihrer trefflichen Chöre. Eine animierte Stimmung hielt die Festteilnehmer bis zum frühen Morgen zusammen."   

 
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
   
Hofagent Marum Wolf erlässt einer Witwe einen Großteil ihrer hohen Schulden (1824)   
Anmerkungen: Hofagent Marum Wolf (1784 in Bühl - 1854 in Bühl, beigesetzt im jüdischen Friedhof in Bühl; https://de.findagrave.com/memorial/195554094/marum-wolf) war verheiratet mit Rachel geb. Würzweiler (1786 - 1842 in Bühl beigesetzt im jüdischen Friedhof in Bühl https://de.findagrave.com/memorial/196713929/rachel-wolf).   
Über Marum Wolf vgl. Beitrag von Günther Mohr: Ein Hofagent wird Bürger. In: Bühl: Geschichte der Stadt Bühl. Bühl 1999. S. 418-420.559. 
Marum Wolf hatte gemeinsam mit seinem Schwager Hermann Massenbach die Textilfirma (Baumwollspinnerei und -färberei) "Massenbach und Co." gegründet, die sich als eine der ersten Fabriken im Großherzogtum Baden und zum wichtigsten Betrieb in der Stadt Bühl entwickelte. 1875 beschäftigte die Fabrik 119 Arbeiter. Marum Wolf starb 1854, Hermann Massenbach 1859. Sein Sohn Wilhelm Massenbach führte das Unternehmen bis zum Deutsch-Französischem Krieg 1870/71 erfolgreich weiter. 1892 kam das Ende der Firma. nachdem Massenbach zunächst die Spinnerei eingestellt und sich auf das Bleichen und Färben beschränkt hatte, hat er 1892 sein Firmengelände entlang der Schulstraße an Mathilde Wenk verkauft. In den folgenden Jahren wurde das große Areal parzelliert. Das 1811/12 erbaute Verwaltungsgebäude der Firma (Kontorhaus) blieb in der Eisenbahnstraße 21 erhalten.
Vgl. Artikel von Ulrich Coenen: Erfolgsgeschichte endet mit deutschem Sieg vom 30. Januar 2015 (eingestellt als pdf-Datei).  
Marum Wolf hinterließ bei seinem Tod den "hausarmen Israeliten" in Bühl 1000 fl. seines Vermögens. Link

Artikel in der "Karlsruher Zeitung" vom 15. Oktober 1824: "'Bühl. [Bekanntmachung]. Durch die letztvergangenen Zeiten und durch andere auf dem unerforschlichen Wege des Schicksals ihr zugekommenen harten Unfälle, wurde die unterzogene 80-jährige Witwe dem hiesigen Herrn Hofagenten Marum Wolf die Summe von 2345 fl. schuldig, deren Abtragung aber nur durch die Versteigerung ihres übrig gebliebenen Hauses und Güter geschehen konnte. 
Täglich sah sie nun dem Andringen ihres Gläubiger fürchtend entgegen, und zugleich die Wegnahme ihrer Habseligkeiten, um dann, ohne Obdach und Mittel, mit ihren Kindern den Bettelstab zu ergreifen. 
Doch ihr großmütiger Gläubiger, weit entfernt das Unglück seiner Mitmenschen zu wollen, reichte ihr freundlich die Hand, um sie aus dem Abgrund des tiefen Elends zu ziehen, und setzte sie durch den bedeutenden Nachlass von 1445 fl. aus der kärgsten Armut in einen plötzlichen Wohlstand wieder ein. 
Gerne folgt sie nun dem Gefühl, welches aus der wärmsten Dankbarkeit quillt, indem sie diesen edlen Zug des in mehreren ähnlichen Fällen sich schon als wohltätigen Menschenfreund bewiesenen Herrn Marum Wolf hiermit öffentlich bekannt macht.
Möge diese seltene Handlung nicht allein gelesen, sondern auch gefühlt, und hiernach die Ausübung der Menschlichkeit und Wohltätigkeit ferner aufgemuntert werden.
Bühl, den 29. Dezember 1823. Ignaz Wirth'sche Witwe, Magdalena geb. Schlageter."       

    
Zum Tod von Oberrat Herrmann Massenbach in Bühl sowie zum Tod von Ahron Schott von Randegg (1859)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. August 1859: "'Gedächtnisrede zu Ehren des am 2. Januar 1859 verewigten Herrn Oberrates Herrmann Massenbach zu Bühl, von Leopold Schott, Bezirks-Rabbiner daselbst. Karlsruhe 1859.'. Es war ein durch seine Bürgertugenden, wie als Vorsteher der Gemeinde durch ein ganzes Vierteljahrhundert ausgezeichneter Mann, den hier der Redner feiert und betrauert, zu seiner Nacheiferung auffordert und ihn durch den festen Glauben an die Fortdauer des Geistes von den Seinen geehrt haben will. - Kaum vierzehn Tage später stand derselbe Redner am Grabe seines eigenen Vaters; der im 85. Lebensjahre, mit Hinterlassung von 48 lebenden Nachkommen, worunter 20 Urenkel, ausgezeichnet durch die edelsten Eigenschaften, durch die aufrichtigste Liebe zu seiner Religion und aller wahren Geistesbildung, als auch durch den tadellosesten Lebenswandel verstorben. Während der Sohn die Personalien des Verewigten vortrug, hielt Herr Rabbiner B. Willstätter die eigentliche Gedächtnisrede. 'Rede, gehalten nach der Beerdigung des seligen Ahron Schott von Randegg am 17. Januar 1859 in der Synagoge zu Bühl von B. Willstätter, Stadt- und Bezirksrabbiner in Karlsruhe, nebst den Personalien des Verewigten, verfasst von dessen Sohne, Leopold Schott, Konferenz- und Bezirksrabbiner in Bühl, Karlsruhe 1859.' Anknüpfend an den Vornamen des Verstorbenen, wendet der Redner auf ihn die Worte des Propheten Maleachi 2,6 in sehr passender und sinniger Weise an, und nachdem er den sanften Tod desselben, der vor seinem letzten Momente alle Seinen nacheinander zu seinem Sterbelager rief, um sie zu segnen, geschildert, den besten Segen in dem Beispiele des Verklärten feiert."       

 
Diamantene Hochzeit des Ehepaares Kaufmann Schweizer und Rachel geb. Ullmann (1867)      
 

Artikel in der "Karlsruher Zeitung" vom 14. Februar 1867: "Bühl, 12. Februar (1867), Am 10. dieses Monats wurde eine hier noch nie vorgekommene Festlichkeit in der hiesigen Synagoge in sehr ansprechender Weise gefeiert: die diamantene Hochzeit des hiesigen Ehepaares Kaufmann Schweizer und Rachel geb. Ullmann. Laut einer von Herrn Bezirksrabbiner Schott von der Kanzel aus vorgezeigten Urkunde hat dieses Greisenpaar am 10. Februar 1807 seine eheliche Verbnindung erhalten, deren 60jährigen Bestand sie heute, bei noch sehr guter Geistes- und Körperkraft, feierten. Die ganze Stadteinwohnerschaft freute sich dieses Ereignisses und bewies durch ihre Anwesenheit bei der gottesdienstlichen Feier, soweit die Räume der Synagoge es gestatteten, ihre freundlichste Teilnahme. Auch die Spitzen der Staats- und Gemeindebehörden wohnten dem feierlichen Akte bei. Den Glanzpunkt desselben bildete die freudige Überraschung, welche dem Jubelpaar durch ein Gnadengeschenk von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog bereitet wurde. Der Herr Bezirksrabbiner, welcher die fürstliche Gabe zu überreichen hatte, vollzog dies mit beredten, von Herzen kommenden und zu Herzen dringenden Worten. Hieran schloss sich die Übergabe des Geschenks von Seiten der Mitglieder des hiesigen Synagogenrates, bestehend in einem Psalmbuch. Den Schluss des Aktes bildete der allgemeine Priestersegen und eine Jubelhymne, welche der hiesige Synagogenchor, wie die übrigen Gesänge sehr gelungen vorgetragen hat. Jedermann verließ befriedigt das Gotteshaus. Später versammelte sich eine zahlreiche Gesellschaft im Hause des Jubelpaare zu einem Festmahl."   

   
Zum Tod von Kaufmann Adolf Netter (1875)             

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. März 1875: "Straßburg, 20. März (1875). Die Nachricht vom Tode des Kaufmanns Adolf Netter, der am 17. dieses Monats im 46. Lebensjahre nach schwerem Leiden starb, hat in den weitesten Kreisen tief erschütternd gewirkt. Mit ihm ist ein Mann dahingegangen, dessen Herzensgüte bekannt war, der im Wohltun eine linde, segensreiche Hand hatte, und der Teilhaber einer Firma, die unter dem Namen Wolf Netter und Jacobi einen guten Klang weit über die Grenzen unseres Landes hinaus besitzt. Das Begräbnis dieses Menschenfreundes war eine so große Kundgebung der Teilnahme und Verehrung, wie wir sie in unsern Mauern noch selten gesehen haben. Nach Tausenden zählte das Trauergefolge, in dem alle Berufsstände vertreten waren. In endlosem Zuge ging es zum Israelitischen Friedhofe bei St. Gallen und hier ward der Gute zur letzten Ruhe gebettet. Am Sarge ertönte ein Trauergesang und dann wurden dem Toten nach den Gebeten des Herrn Oberrabbiners Ury ehrende und herzliche Nachrufe gewidmet. Ein Vertreter der israelitischen Kultusgemeinde sagte in seinem Nachruf: 'Die Verwaltung kann seinen Tod nicht tief genug beklagen, denn wir verlieren in ihm einen guten, treuen Kollegen, einen hervorragenden Mitarbeiter. Allgemein war der Schmerz in der ganzen Gemeinde, als die Trauerkunde vom Tode Adolf Netter, den alle, die ihn kannten, schützten, zu uns drang, war er doch immer an erster Stelle, da, wo es galt, Werke der Nächstenliebe zu betätigen'. Sodann ergriff Herr Prokurist Menges das Wort im Namen der Beamten und Arbeiter der Firma Wolf Netter und Jacobi, Straßburg, Straßburg-Königshofen, Rheinhafen, Hausach, Bühl, Finnentropp, Berlin, Adlershof und Hannover-Kleefeld. Professor Gustav Köhler sprach im Namen der Loge, deren brüderlicher, humanitärer Charakter in seiner Rede glänzend zum Ausdruck kam. Im Namen der Vereinigung ehemaliger Schüler und Freunde des Straßburger Lyreums sprach deren 1. Vorsitzender. Der Bürgermeister von Bühl legte im Namen der dankbaren Vaterstadt des Verewigten einen Kranz nieder. Im Namen des Männergesangvereins Bühl sprach ein Vorstandsmitglied. Bald schloss sich die Gruft über den Sarg eines Mannes, der mit reichen Gütern gesegnet war, sein reichstes aber war sein lauteres Herz, und seine größte Kunst war die des Wohltuns! Er ruhe in Frieden!"       

      
Drei jüdische Bürger Bühls erhalten das Ehrenzeichen für 25jährige Dienste bei der Feuerwehr (1891)   

Thiengen Israelit 19111891.jpg (85091 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1891: "Aus Baden. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden hat im Jahre 1879 Ehrenzeichen für 25jährige treue Dienste als Mitglieder der freiwilligen Feierwehren gestiftet. Wie in früheren Jahren, so können wir auch diesmal wieder mit freudiger Genugtuung berichten, dass auch Israeliten ausgezeichnet wurden, ein Beweis, dass dieselben nie zurückstehen, wenn es gilt, für das öffentliche Interesse wohltuend mitzuwirken. In dem Verzeichnisse bemerkten wir, als uns bekannt, die Herren: Kaufmann Josef Oppenheimer und Handelsmann Jakob Wolf in Buchen, Kaufmann August Bloch, Kaufmann Adolf Darnbacher und Metzger Max Maier in Bühl und Handelsmann Max Tiefenbronner in Königsbach, Handelsmann A. Adler in Neckarbischofsheim und Handelsmann Moses Guggenheim in Tiengen."

    
Beisetzung von Maier Alexander Wertheimer (1901)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. August 1901: "Bühl, 4. August (1901). Heute Vormittag fand unter Beteiligung eines sehr zahlreichen Leichengefolges die Beerdigung des Herr Maier Alexander Wertheimer statt. Der Verstorbene war eine in weiten Kreisen bekannte Persönlichkeit und begleitete während seines langjährigen Wirkens verschiedene Ehrenämter, wie Bezirksältester, Vorstand des israelitischen Schatzungsrates und des israelitischen Wohltätigkeitsvereins etc.  
Herr Bezirksrabbiner Mayer hielt am Grabe eine ergreifende Leichenrede, in welcher er das bewegte und arbeitsreiche Leben und die Friedensliebe des Verblichenen ohne Unterschied der Konfession schilderte. Der Vorstand des israelitischen Wohltätigkeits-Vereins, Herr Albrecht Rosenfeld, widmete dem Dahingeschiedenen als langjährigem Vorstand dieses Vereines, Worte des Gedenkens und des Dankes für seine ersprießliche Wirksamkeit. Der Verstorbene erreichte ein Alter von 76 Jahren und 3 Monaten."      

  
Albert Rosenfeld wurde als Geschworener bestimmt (1907)    

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Januar 1907: "Bühl in Baden. Herr Albert Rosenfeld, der schon längere Jahre dem Burgerausschusse angehört und seit einigen Jahren Vorstand der israelitischen Gemeinde ist, wurde zu den am 14. dieses Monats in Offenburg beginnenden Schwurgerichtsverhandlungen als Geschworener bestimmt."     

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Buchbinder G. Ries sucht einen Lehrling (1862 / 1867 / 1873)    

Buehl AZJ 03061862.jpg (51486 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Juni 1862: "Offener Lehrlingsplatz. 
Ein gut gesitteter Sohn braver Eltern, welcher das Buchbinderhandwerk und Tapeziergeschäft erlernen will, kann bei mir unter billigen Bedingungen in die Lehre treten. An Sabbat- und Festtagen ist mein Geschäft geschlossen. Nähere Auskunft wird auf Anfragen Herrn Bezirksrabbiner Schott hier gefälligst mitteilen.  
G. Ries
, Buchbinder in Bühl, an der Badischen Eisenbahn."  
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. November 1867: "Lehrlings-Gesuch. 
Ein kräftiger junger Mensch, welcher Lust hat, das Buchbinder- und Tapezier-Handwerk zu erlernen, kann unter günstigen Bedingungen sogleich aufgenommen werden. 
G. Ries
, Buchbinder in Bühl im Großherzogtum Baden."    
 
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. April 1873: "Ein junger Mensch, der Lust hat, das Buchbinderhandwerk zu erlernen, kann unter annehmbaren Bedingungen bis Ostern in die Lehre treten bei 
G. Ries,
Buchbinder und Tapezierer. Bühl in Baden, den 28. März 1873."   

  
Anzeige der Branntweinbrennerei S. Kahn (1890)  

Buehl Israelit 27021890.jpg (36157 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1890: "Koscher al Pessach
Schwarzwälder Kirschwasser, Heidelbeergeist, Zwetschgenwasser, Hefenbranntwein, Trester, empfiehlt in nur guter Ware an Private sowie an Wiederverkäufer und gebe Letzteren entsprechenden Rabatt.  
S. Kahn, Bühl (Baden). Branntweinbrennerei."

 
Louis Goldbach-Rosenfeld bietet Sargenes u.a.m. an (1890/91)  

Buehl Israelit 07081890.jpg (23888 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. August 1890: "Sargenes, Röckle, Stortz, Halstücher, echte Spitzen empfiehlt billigst 
Louis Goldbach-Rosenfeld, Bühl in Baden."
 
Buehl Israelit 27081891.jpg (21605 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1891: "Sargenes, Röckle, Stortz, Halstücher liefert   Goldbach-Rosenfeld, Bühl (Baden)." 

 
Gustav Dreifuss übernimmt das Gasthaus zum "König David" (1896) 

Buehl Israelit 14051896.jpg (40984 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Mai 1896: "Wirtschaftsübernahme. Hierdurch die ergebene Anzeige, dass ich das Gasthaus zum ‚König David’ dahier übernommen habe. Streng rituelle Küche. Feine Weine. Aufmerksame Bedienung. Zur Übernahme von Hochzeiten halte ich mich bestens empfohlen.  
Bühl in Baden, 10. Mai 1896. Gustav Dreifuss."
 

 
Franz Menner bietet Myrthen an (1900 / 1901)  

Buehl Israelit 20081900.jpg (34359 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. August 1900: 
"Echte dreiblätterige Myrthen von 20 bis 80 cm lang, eigene Zucht, feine Italiener, empfiehlt auf kommende Feiertage 
Franz Menner, Bühl, Baden."
  
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. August 1901: "Myrten
dreiblätterig
, echte, von 30 bis 90 Zentimeter lang, empfiehlt auf das Palmfest; eigene Kulturen, keine importierte; bekannt schöne Stengel. 
Franz Menne
r, Bühl, Baden."     

  
Anzeige der Eisenhandlung D.M. Wertheimer (1905)
    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. März 1905: "Buchhalterin per 1. April dieses Jahres gesucht. 
D.M. Wertheimer, Eisenhandlung. Bühl in Baden."     

       
Veröffentlichung von Berthold Rosenthal zur jüdischen Heimatgeschichte - erschienen in Bühl (1928)     

Anzeige in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 17. Februar 1928: "Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Deutschland 
ist das neue Werk 
B. Rosenthal  Heimatgeschichte der badischen Juden.  
Seit ihrem ersten Auftreten bis zur Gegenwart nach gedruckten und ungedruckten Quellen bearbeitet. Umfang 540 Seiten mit Bildbeilagen, einer faksimilierten Urkunde und einer Geschichtskarte von Baden. 
Ganzleinenband 10 Mark. 
Konkordia A.-G. für Druck und Verlag. Bühl/Baden.
"      

     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge     
   
Das jüdische Wohngebiet lag bis ins 19. Jahrhundert hinein im Bereich des Johannesplatzes und den anschließenden Seitengasse ("Hänferdorf").  
     
Nachdem Ende des 17. Jahrhunderts die Zehnzahl der jüdischen Männer erreicht war, richteten die jüdischen Familien einen Betsaal ein. 1696 berichtete der Barbier Franz Oser in Bühl, der sich im Streit mit dem Schutzjuden Joseph Jacob befand, dass dieser in seinem Haus unmittelbar neben der Kirche eine 'teufflische Synagoge' eingerichtet habe, in der ein 'Lumpengesindlein, alle Schabbat-, Sonn- und Feiertage' zusammenkäme. 1705 ersteigerte Joseph Jacob das Gasthaus zum Adler. Auch jetzt wurde ihm vorgeworfen, zum 'Nachteil der christlichen katholischen Religion' eine Synagoge einrichten zu wollen. Es bleibt unklar, ob sich tatsächlich in einem der Häuser ein Betsaal der jüdischen Gemeinde befand beziehungsweise untergebracht werden sollte. 
     
Spätestens seit 1723 hatte die jüdische Gemeinde einen Betsaal im Wohnhaus von Schmaul und Isak Bodemer (= Bodenheimer). Es handelte sich um das frühere Gebäude Schwanenstraße 18, ein 'dreistöckiges Eckhaus am Ende der Schwanen- früher Kornlaubgasse, am Gewerbekanal'. Der Betsaal dürfte im dritten Stockwerk oder im Dachgeschoss des Hauses gewesen sein. Im Untergeschoss war möglicherweise ein rituelles Bad vorhanden. 1927 wurde dieses Haus bei der Modernisierung des Johannesplatzes abgebrochen.  
    
1821 begann die jüdische Gemeinde Bühl mit Planungen, 'statt der bestehenden baufälligen Synagoge eine neue in einem angenehmeren Style zu erbauen. Sie hat hierzu ein geeignetes Judenhaus gekauft und nach der Baustelle einen Bauriß verfertigen lassen, den wir anmit gehorsamst vorlegen' (Schreiben des Amtes Bühl an das Großherzoglich Badische Landesdirektorium vom 21.1.1822). Die geschätzten Baukosten von 6.000 Gulden wollte die Gemeinde aus eigenen Mitteln aufbringen. Da der Gemeinde gleichzeitig aufgetragen wurde, ein neues rituelles Bad anzulegen, verschob sich zunächst der Baubeginn der Synagoge. Schließlich beschloss man mit Zustimmung der Behörden, zuerst die Synagoge und zu einem späteren Zeitpunkt das Bad zu erstellen. Als Baumeister konnte der Architekt J. Wagner aus Baden-Baden gewonnen werden.  
   
Die neue Synagoge entstand 1823/24 in unmittelbarer Nachbarschaft zur 'alten Judenschule'. Mehrere Fotos sind erhalten, die die Ansicht des Gebäudes zur Schwanenstraße und in Richtung des 'Synagogenplatzes' (seit 1898: Johannesplatz) zeigen. Es wurde ein repräsentatives Gebäude erstellt, dessen klassizistische Fassadengestaltung sich aus der umliegenden Wohnbebauung heraushob. Im Winter wurden die Gottesdienste in einem Betsaal abgehalten, weil die weiträumige Synagoge zu kalt war. 1837 wurden vom Bezirksamt Bühl einige Bestimmungen im Blick auf die Ordnung in der Synagoge bekräftigt. So wurde von den Synagogenbesuchern beim Betreten des Gotteshauses 'ehrbare Kleidung' erwartet. Das Pfeifenrauchen in der Synagoge wurde unter Strafe gestellt.  
  
 
Zur Einweihung der Synagoge predigt Rabbinatskandidat E. Willstädter (1824)
  
Anmerkung:
bei E. Willstädter handelte es sich nicht um den späteren Bühler Bezirksrabbiner Ephraim Willstädter (geb. 1810!, siehe oben), sondern um Rabbiner Elias Willstätter (geb. 1796 Karlsruhe, gest. 1842 Karlsruhe). Portrait: http://objekte.jmberlin.de/object/jmb-obj-167925;jsessionid=86757013FA07CA3E94F32E0DD47DB3B9   
Biographie: http://steinheim-institut.de:50580/cgi-bin/bhr?id=1880   

Artikel in der "Karlsruher Zeitung" vom 28. September 1824: "Bühl, den 20. September (1824). Bei Gelegenheit der Einweihung der hiesigen Synagoge ward uns das Vergnügen zuteil, von dem uns schon früher aus Zeitungen bekannten Rabbinatskandidaten E. Willstädter aus Karlsruhe, zwei deutsche Preidgten zu hören, welche jene früheren Lobsprüche völlig rechtfertigen. Seine Popularität, womit er selbst die erhabensten Gedanken dem Volke verständlich zu machen weiß, verbunden mit einem angenehmen Vortrage, stimmte alle Zuhörer zur feierlichsten Andacht, und ließen in eines jeden hiesigen Israeliten Brust den Wünsch zurück, auch ferner einen solchen Hirten zu besitzen, der seiner ihm anvertrauten Herde das unermessliche Gefilde der Religion im klaren Lichte, und nicht, wie die früheren Rabbinen, unter Mystizismen, darstelle."     

           
Das Verhältnis zwischen jüdischen und christlichen Einwohnern gestaltete sich bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts recht positiv, was sich auch an besonderen Anlässen im synagogalen Leben zeigte. Als im April 1852 der Freiburger Erzbischof Hermann von Vicari das vom katholischen Oberkirchenrat ohne seine Beteiligung angeordnete Requiem für den verstorbenen Großherzog Leopold in der katholischen Kirche Bühls untersagte, nahmen viele Katholiken Bühls an der Trauerfeier in der Synagoge teil.  
    
1858 ist die Synagoge renoviert worden. Anlässlich der Wiedereröffnung stiftete das Ehepaar Joseph und Henriette Bielefeld eine kostbare Menora. Zwei Jahre später wurde diese Stiftung von demselben Ehepaar durch einen großen goldenen Leuchter ergänzt. In ihm gab es ein rotes Glasgefäß zur Aufnahme des ständigen Öllichtes für die Verstorbenen und sechs darüber emporragende Lichthalter zur Aufnahme der jeweiligen Jahrzeitkerzen. In den 1850er Jahren wurden in vielen Synagogen des Landes wesentliche Veränderungen in der gottesdienstlichen Ordnung und der Vortragsweise der Melodien eingeführt. Gleichzeitig wurde ein Harmonium in der Synagoge angeschafft. Nach einem Bericht von 1856 wurden im Bühler Gottesdienst die hebräischen Gesangsstücke nach den 'Braunschweiger Melodien' gesungen, einzelne einstimmige Tonsätze nach den in Mannheim eingeführten Melodien. Als Gebetbuch verwendete man 'so weit als möglich' das Mannheimer Gebetbuch. 1858 wurde ein Synagogenchor gegründet. All diese Veränderungen machten auch dem Bühler Vorsänger David Brandeis einiges zu schaffen. Anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums berichtete die 'Allgemeine Zeitung des Judentums' am 26. September 1859 (siehe oben): 'Der hiesige Vorsänger David Brandeis, ein Mann der alten Schule und im hohen Greisenalter stehend, hat sich mit größter Selbstverleugnung und Hingebung der großen Bemühung unterzogen, welche die seit einigen Jahren schon und namentlich seit der Aufnahme einer Physharmonika (= Harmonium) bei dem hiesigen Gottesdienste eingeführte Ordnung und Vortragsweise ihm auflegen...'.    
  
1860 gab es Schwierigkeiten mit dem Gemeinderat der Stadt. Unmittelbar neben der Synagoge sollte der Gewerbekanal (Mühlbach) als Viehschwemme (zur Reinigung des Viehs) und als Tränke verwendet werden. Die nötigen Arbeiten hatten bereits begonnen. Darauf beschwerten sich Synagogenrat und Bezirksrabbiner beim Bezirksamt. Der Gemeinderat sah jedoch, was die Störung der Gottesdienste betraf, keinen Grund zur Rücknahme des Planes. Allerdings ordnete das Bezirksamt die Einstellung der Arbeiten an. 1874 meldete das 'Bühler Wochenblatt' einen Einbruch in der Synagoge, bei dem die Zedaka-Büchse ausgeraubt wurde. Auch sei die Synagoge stark verunreinigt worden.  
   
     
Texte zur Geschichte der Synagoge Mitte des 19. Jahrhunderts:             
Erfahrungen mit einem neuen Gesangbuch im Gottesdienst der Gemeinde (1856)  

Buehl AZJ 05051856.jpg (84888 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Mai 1856: "Bühl, im April (1856). Auch in diesen Pessachtagen wird hier der Gottesdienst durch Benutzung Ihres Gesangbüchleins verherrlicht. Schon am Sabbat… wurde vor und nach der auf das nahe stehende Fest bezüglichen Predigt das Lied Nr. 1 und am ersten Festtag, wieder vor und nach der Predigt, das Lied Nr. 2 gesungen. Für die beiden letzten Feiertage werden soeben Nr. 5 und 6. einstudiert. Für die hebräischen Gesangstücke bedienen wir uns der Braunschweiger Melodien, auch einiger einstimmiger Tonsätze, die in Mannheim eingeführt sind. Überhaupt wird in der hiesigen Synagoge das Mannheimer Gebetbuch nach der von der Religionskonferenz des Großherzoglichen Oberrates beschlossenen Emendation soweit als möglich benutzt." 

   
Joseph Bielefeld und seine Gattin Henriette Massenbach spenden anlässlich ihrer silbernen Hochzeit Ritualien für die Synagoge /  
Vorsänger David Brandeis und Helene geb. Weil feiern Goldene Hochzeit (1860)  

Buehl AZJ 12061860.jpg (211649 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Juni 1860: "Bühl, 1. April (1860). Herr Joseph Bielefeld hier, dessen Namen Sie aus den Verzeichnissen der Förderer der israelitischen Literatur und Ihrer Bibelanstalt kennen, und seine Gattin, Frau Henriette geb. Massenbach, haben aus Anlass ihrer am 11. März dieses Jahres gefeierten silbernen Hochzeit dem von ihnen vor kaum zwei Jahren der hiesigen restaurierten Synagoge gemachten Geschenke einer kostbaren Menora ein würdiges Seitenstück hinzugefügt, bestehend in einem großen goldenen Leuchter, dazu bestimmt, in einer Kapsel von rotem Glase die ständigen Öllichter für Verstorbene, und in sechs darüber emporragenden Lichthaltern die jeweiligen Jahrzeitkerzen aufzunehmen. Die Konstruktion, von Herrn Bielefeld selbst erfunden, ist höchst sinnreich, wie nicht weniger die getroffene Wahl von Bibel- und Gebetstellen zu Inschriften. An der Vorderseite des roten Glases sind die Worte ‚Gott wird sich ersehen’ eingeschliffen, und auf einer silbernen Tafel am Fuße des Leuchters die an die Glaubenslehre von der Unsterblichkeit erinnernden Worte ‚Gott tötet und macht lebendig'  (1. Samuel 2,6) eingegraben. Dieser Bestimmung gemäß erhielt der Leuchter seine Stelle gegenüber der Menora, vor der Stätte, wo die Leidtragenden das Kaddisch vortragen.   
Im Übrigen hat Herr Bielefeld auch sämtliche gemeinnützigen Anstalten in der hiesigen, israelitischen Gemeinde, wie auch einzelne Mitglieder derselben, mit ansehnlichen Geschenken bedacht, und es würde daher allgemein gut geheißen, dass in die hier beim Gottesdienste üblichen deutschen Fürbitten auch eine solche für das fernere Glück des mildtätigen Jubelpaares eingeschaltet wurde.    
Bald nach diesem Vorgange, am Sabbat und Neumond Nissan kam hier auch das noch seltenere Fest einer goldenen Hochzeit vor, des hiesigen Vorsängers Herrn David Brandeis und seiner Gattin Helene geb. Weil. Es war dies aber der erste Sabbat, an welchem Herr Brandeis, nach langer Verhinderung durch Unpässlichkeit, den Gottesdienst wieder besuchen und teilweise leiten konnte, so war denn dieses Fest gleichsam ein doppeltes für die ganze Gemeinde. Das hierauf Bezug nehmende Gebet des Rabbiners wurde mit allgemeiner Rührung vernommen, und das in Gottesfurcht ergraute Jubelpaar erhielt von allen Seiten Beweise der aufrichtigsten Teilnahme, begleitet von vielen wertvollen Geschenken. So haben sich denn in diesen beiden Ereignissen diejenige Frömmigkeit und Humanität bewährt, welche ein Beweis sind für die göttliche Abstammung des Judentums, und eine Bürgschaft für seine ewige Dauer."
   

   
Neugestaltung des Gottesdienstes unter Rabbiner Schott (1864)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. November 1864: "Bühl, im Oktober. Die 'Badische Landeszeitung' Nr. 215 schreibt von hier: Wo immerhin das Gute gedeihet, verdient es zur Aufmunterung aller Gutgesinnten zur allgemeinen Kenntnis gebracht zu werden. Die hiesige israelitische Gemeinde hat unter der Leitung ihres Rabbiners, Herrn Schott, seit 6 Jahren ihren Gottesdienst nach dem Vorbilde der Mannheimer Agende umgestaltet, sodass Chorgesang mit Begleitung einer Physharmonika, responsenreicher Vortrag mehrerer hebräischer Gebetstücke, deutsche Gebete und Predigt, bei der Stille und Ruhe, woran sich die Gemeinde gewöhnt hat, ein harmonisches, Andacht erweckendes Ganzes bilden. Schon viele Fremde, welche dem hiesigen Gottesdienste beiwohnten, haben auch versichert, sich noch nirgends so wie in der hiesigen Synagoge erbaut zu haben, und sprachen es laut aus, dass sie sich glücklich schätzen würden, wenn in ihrer Gemeinde eine ähnliche Verbesserung eingeführt würde. Aber alles Gute reift langsam, doch es reift, und wir können mit Vergnügen berichten, dass nicht nur bereits in einigen Synagogen des Bühler Rabbinatsbezirks, zum Beispiel in Rastatt, Gernsbach, Hörden und Rheinbischofsheim, ein schöner Anfang zur Hebung des Gottesdienstes gemacht worden ist, sondern dass unser Beispiel auch in der Ferne Nachahmung findet. So zum Beispiel hat die israelitische Gemeinde zu Ladenburg sich schon vor einigen Jahren die hiesige Synagogenordnung zur Nachahmung erbeten und dieselbe auch eingeführt, und in neuester Zeit sandten zwei Gemeinden des Rabbinatsbezirks Sinsheim, Berwangen und Neidenstein, auf Anregung ihres würdigen Geistlichen, des Herrn Konferenz-Rabbiners Geismar, ihre Lehrer hierher, um sowohl den Sabbat- als den Werktagsgottesdienst zu studieren und ihn dann in ihren Synagogen einzuführen. So bricht sich das wahrhaft Gute allenthalben Bahn; dem schönen, selbstlosen Beispiele des greisen Herrn Rabbiners Geismar aber, der nicht ansteht, die Schöpfung eines jüngeren Berufsgenossen anzuerkennen und als Vorbild zu empfehlen, zollen wir unsere aufrichtigste Anerkennung und Hochachtung."            

 
Ein besonderes Jubiläum stand am 1. August 1898 an. Der Synagogenchorverein feierte sein 40jähriges Bestehen. Unter Leitung von Kantor Bruchsaler wurde ein Konzert in der Synagoge veranstaltet, bei dem die Chöre verschiedene Beiträge darboten. Die Synagoge war angesichts des großen Interesses an diesem Konzert völlig überfüllt.  
      
Bereits 1930 wurden die Außenwände der Synagoge wiederholt mit Hakenkreuzen beschmiert. Trotz der Stellungnahme von Bürgermeister und Gemeinderat gegen die als 'Unfug' bezeichneten Übergriffe wurden die Täter nicht überführt. Am 8. April 1935 kam ein erster schwerer Übergriff gegen die Bühler Synagoge vor. Vier in Bühl wohnhafte Männer stiegen nachts über die Mauer des Synagogenhofes. Zwei von ihnen drangen durch ein Fenster in die Synagoge ein, rissen den Vorhang vor dem Toraschrein herunter und holten die Schriftrollen aus den Toramänteln. Sie beschädigten das Harmonium auf der Empore und trugen schließlich Torarollen, -mäntel und Gebetbücher auf das benachbarte Grundstück. Vergeblich versuchte der Haupttäter, eine der Rollen anzuzünden. Zwei Rollen wurden schließlich in die Bühlot geworden. Der Haupttäter wurde damals noch mit 11 Monaten Gefängnis bestraft. 
 
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge am Vormittag des 10. November angezündet. Die Aktion wurde von der Kreisleitung der nationalsozialistischen Partei durchgeführt. Die Feuerwehr war angewiesen worden, nur die Nachbargebäude zu schützen. Der Großteil des Synagogeninventars wurde bei dem Brand zerstört, ein anderer Teil, sakrale Gegenstände, aber auch Teppiche wurden nach dem Brand abtransportiert. Jugendliche zertrümmerten mit Steinen die Fenster des Rabbinates. In den Tagen nach der Zerstörung der Synagoge ließ die Stadtverwaltung die Brandruine samt den Gebäuden des Meierhofs und der jüdischen Schule abtragen. Die Kosten von 1.400 Mark musste die jüdische Gemeinde bezahlen. Da sie über dieses Geld nicht mehr verfügte, entschloss sie sich, das Grundstück der Synagoge hierfür zu verkaufen. Nach der Zerstörung der Synagoge konnte bis zur Deportation der Juden nach Gurs im Oktober 1940 noch ein Betraum in einem 'Judenhaus' im 'Meierhof' eingerichtet werden.  
   
Beim Synagogenbrandprozess nach 1945 wurde ein Beteiligter am Novemberpogrom, ein Mitarbeiter der NSDAP-Kreisleitung, zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Der Mann, der die Synagoge anzündete, erhielt eine fünfjährige Zuchthausstrafe.  
 
Das Synagogengrundstück wurde 1983 neu überbaut (an der Stelle der ehemaligen Synagoge heute ein Eiscafé). Am 10. November 1983 wurde von Oberbürgermeister Wendt und Repräsentanten des Oberrates der Israeliten in Baden ein Gedenkstein zur Erinnerung an die Synagoge enthüllt (Johannesplatz 10). 
    
    
    
    
Fotos 
Historische Fotos: 

Buehl Synagoge 001.jpg (77947 Byte)  Buehl Synagoge 002.jpg (56472 Byte)  Buehl Synagoge 050.jpg (68379 Byte) 
Jüdische Schule und Synagoge 
Quelle: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-696369-1   
   
Die Synagoge     
 (Quelle: Album Siegfried Ucko)
 
Die brennende Synagoge in 
der Pogromnacht 1938 (Quelle: Stadtgeschichtliches
 Institut der Gemeinde Bühl)
        
Filme über den Synagogenbrand 
1938 in Bühl sowie Zeitzeugenbericht
 (Quelle: Stadtgeschichtliches Institut der Gemeinde Bühl)  
    
    Synagogenbrand in Bühl
  
 Ehud Loeb spricht über seine Erinnerungen
an Bühl und die Pogromnacht
   https://youtu.be/HQmdeSpwteQ   https://youtu.be/h3DAq6FBMP0 

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) 

Buehl Synagoge 042.jpg (64764 Byte)  Buehl Synagoge 041.jpg (110945 Byte) 
  Standort der ehemaligen Synagoge 
am Johannesplatz - neu überbaut 
Gedenkstein für die 
ehemalige Synagoge 
     

Fotos 2003:
(Quellen: rechts: Website der Stadt Bühl  www.buehl.de;
untere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 2.9.2003) 

 

 
   Johannesplatz in Bühl, darunter 
die Gedenktafel für die Synagoge 
 
     
Buehl Synagoge 150.jpg (71141 Byte) Buehl Synagoge 151.jpg (80969 Byte) Buehl Synagoge 152.jpg (69175 Byte)
Gedenkstein für die ehemalige 
Synagoge inmitten der Stühle des 
Eiscafes Italia 
Blick zum Standort der ehemaligen
 Synagoge am Johannesplatz - neu überbaut (inzwischen Fußgängerzone) 
Standort der ehemaligen Synagoge 
am Johannesplatz - neu überbaut
 (inzwischen Fußgängerzone) 
      
     

Fotos Frühjahr 2021:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 2.6.2021)  

   
   
An der Situation hat sich seit 2003 nur wenig geändert; der Gedenkstein steht weiter inmitten der Stühl des Eiscafés Italia.  

     
     
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

August 2011: Überlegungen, in Achern "Stolpersteine" zu verlegen   
Artikel von Andreas Cibis in der "Acher-Rench-Zeitung (baden-online.de, Artikel) vom 10. August 2011: "Stolpersteine auch in Achern?
Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus: Interesse an der Aktion des Künstlers Günter Demnig

Sogenannte Stolpersteine des Aktionskünstlers Günter Demnig könnten auch bald in Achern verlegt werden. Sie erinnern an die Opfer des Nationalsozialismus..."        
Vgl. dazu auch den Bericht in der Website jukis.de      
  

 

Seit September 2013: Ausstellung "Geschichte der Religionen in Bühl" im Stadtmuseum Bühl  
Im Stadtmuseum Bühl gibt es (ab 8. September 2013) einen neuen Bereich in der Dauerausstellung: "Geschichte der Religionen in Bühl". Dies wurde möglich durch das gemeinsame Engagement des Fördervereins "Stadtmuseum Schwanenstraße 11 e.V." und der Stadt Bühl. 
Adresse: Stadtmuseum Bühl  Schwanenstraße 11  77815 Bühl   
Öffnungszeiten: Dienstag 9.00 bis 13.00 Uhr  
Donnerstag 14.00 bis 18.00 Uhr  Sonntag 14.00 bis 18.00 Uhr  
Führungen nach Vereinbarung: Stadtgeschichtliches Institut Bühl  
Tel. 07223 940-876  Fax 07223 940-8777  E-Mail stgi.stadt[et]buehl.de  
     
Rechts: das Heimatmuseum Bühl mit Hinweis auf
die Abteilung "Geschichte der Religionen in Bühl"
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 2.6.2021) 
     
Mai 2019: In Frankfurt wird ein "Stolperstein" für die in Bühl geborene Elise Hofmann geb. Bloch verlegt 
Artikel von Sophie Vorgrimler in der "Frankfurter Rundschau" vom Mai 2019: "Westend. Ein Denkmal für Elise Hofmann.
Elise Hofmann war eine Frankfurter Jüdin und wurde von den Nazis in Treblinka ermordet. Nun sind ihre Urenkelinnen aus den USA zur Verlegung eines Stolpersteins angereist.

An der Hansaallee war der letzte freiwillige Wohnort von Elise Hofmann, erklärt Martin Dill von der Initiative Stolpersteine. Die Jüdin, an die seit Dienstag eine gravierte Messingplatte vor der Senioren-Residenz 'Grünhof im Park' erinnert, hatte nach dem Seniorenheim noch drei weitere Lebensstationen – das Israelitische Krankenhaus in Bornheim, das Konzentrationslager Theresienstadt und das Vernichtungslager Treblinka. 'Sie muss eine sehr elegante, vornehme und kultivierte Frau gewesen sein', erzählt Karen Levi den 20 Zuhörern, die zur Verlegung des Stolpersteins gekommen waren auf Englisch. 'Und so hat sie auch ihre Tochter erzogen, unsere geliebte Großmutter.' Sie und ihre Schwester Connie Levi sind zur Gedenkveranstaltung für ihre Urgroßmutter eigens aus den USA angereist. 'Obwohl sie die zweite Frau unseres Großvaters war, hatten wir eine sehr enge Verbindung zu ihr. Sie war die Großmutter, die wir kannten', sagt sie. Von ihrer Vergangenheit erzählt habe Elise Hofmann nicht viel. Vom Schicksal erfahren hätten Karen und Conny Levi nur von ihrem Vater.
Andreas Lange von dem Service ffmtipptopp setzt in Vertretung des Künstlers Gunter Demnig, der die Initiative Stolpersteine 1992 ins Leben gerufen hat, den Gedenkstein. Währenddessen spielt Bettina Weber auf der Geige ein ungarisches Lagerlied. Dafür, dass Weber gemeinsam mit ihrer Mutter als Patin für die Finanzierung der Gedenktafel aufgekommen ist, bekommt sie von den Levi-Schwestern eine herzliche Umarmung. Als das Seniorenheim an der Hansaallee 1928 von der Budge-Stiftung errichtet wurde, war die verwitwete Elise Hofmann eine der ersten Bewohnerinnen, weiß Leiterin Heike Wagner. 'Das Gebäude steht unter Denkmalschutz, die Bilder im Foyer und der Treppenaufgang sind identisch mit denen, die Ihre Urgroßmutter kannte', zeigt sie den Nachfahren. 1939 mussten alle jüdischen Bewohner 'ausziehen'.
Als Elise Bloch 1872 im badischen Bühl geboren, lebte sie später zunächst mit ihrem Mann in Worms. 1896 ist ihre einzige Tochter geboren. Aus beruflichen Gründen, so die Vermutung der Urenkelinnen, sei das Ehepaar Hofmann nach Frankfurt gezogen. 'Viel wissen wir nicht', sagen beiden. 'Wir wollen weitere Nachforschungen anstellen.'
In Frankfurt hat die Initiative Stolpersteine bisher 1400 Gedenktafeln für Opfer des Nationalsozialismus in Bürgersteige eingelassen, die Menschen im Alltag über Schicksale 'stolpern' lassen sollen. Der erste in diesem Jahr ist Elise Hofmann gewidmet. 'Es gibt ja keinen Grabstein', sagt Karen Levi. 'Das ist das erste Denkmal für Elise.' Ihre Großmutter habe noch rechtzeitig fliehen können, 1939 sei sie nach Shanghai ausgewandert. 'Sie hat darunter gelitten, dass sie ihre Mutter nicht rechtzeitig rüberholen konnte. Wir denken, dass dieser Stein auch für sie ein Trost ist.' Der Stolperstein für Elise Hofmann ist an der Hansaallee 146a zu sehen. Im Juni folgen 99 weitere Steine, einige für verfolgte Homosexuelle. Weitere Infos zum Projekt gibt es unter www.stolpersteine-frankfurt.de."
Link zum Artikel  
 

    
     

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Stadt Bühl       
bulletWebsite der Carl-Netter-Realschule in Bühl    
Anm.: Carl Leopold Netter (1864 Bühl-1922 Berlin), Industrieller; das Familiengeschäft Wolf Netter & Jacobi (Bühl - Straßburg - Berlin) entwickelte sich unter seiner Führung zu einer weltbekannten Firma, Netter war Mitglieder der Ältesten der Berliner Kaufmannschaft und der Berliner Handelskammer, gehörte dem Kuratorium der Berliner Handelshochschule an und wirkte bei der Errichtung der Berliner Metallbörse mit. Die Universität Heidelberg verlieh ihm den Dr.h.c. In Bühl stiftete Netter u.a. den 1905 angelegte Stadtgarten mit dem Denkmal des Großherzogs Karl Friedrich, wo sich heute ein Granitfindling mit Bronzetafel zur Erinnerung an Adolf und Carl Leopold Netter befindet, sowie den Aussichtsturm (Großherzog-Friedrich-Jubiläumsturm, volkstümlich Netter-Turm genannt, auch hier eine große Bronzetafel zur Erinnerung an Adolf und Carl Leopold Netter; Standort am Affentaler Weg). - An Carl Netter erinnert heute auch die "Carl-Netter-Straße".  
bulletSeite zum jüdischen Friedhof Bühl (interner Link)     

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Bühl mit Achern 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Achern sind vorhanden: 
Im Staatsarchiv Freiburg L 10 Bü. Nr. 12 Achern Israelitische Gemeinde: Geburten- und Sterbebuch, 1865, 1867; Geburtenbuch 1868   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=5-471008  
Zu Bühl sind im Landesarchiv Baden-Württemberg vorhanden:  
J 386 Bü. 121 Bühl  Geburten 1793 - 1869 / Eheschließungen 1793 - 1869 / Sterbefälle 1793 - 1869  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440636   
J 386 Bü. 122 Bühl  Geburten 1811 - 1869 / Eheschließungen 1814 - 1869 / Sterbefälle 1812 - 1869  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440637      
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (hier: Generallandesarchiv Karlsruhe) sind Familienregister aus badischen jüdischen Gemeinden einsehbar (zusammen mit nichtjüdischen Eintragungen). Link zur Übersicht (nach Amtsgerichtsbezirken) https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=12390 
Zu Bühl ist vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
390 Nr. 851: Bühl, katholische und israelitische Gemeinde: Geburtenbuch 1810-1842   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1119769      
390 Nr. 852: Bühl, katholische und israelitische Gemeinde: Geburtenbuch 1843-1856   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1119770 
390 Nr. 853: Bühl, katholische und israelitische Gemeinde: Geburtenbuch 1857-1870   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1119766 
390 Nr. 854: Bühl, katholische und israelitische Gemeinde: Heiratsbuch 1810-1869 (Enthält auch Gengenbach)   http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1119775  
390 Nr. 855: Bühl, katholische und israelitische Gemeinde: Sterbebuch 1810-1849  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1119773    
390 Nr. 856: Bühl, katholische und israelitische Gemeinde: Sterbebuch 1850-1870  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1119774      

Literatur:  

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 62-66.
bulletMichael Rumpf: Bühler Judenfriedhof. Beitrag zu einer Monographie XXXI. 1985.
bulletHelmut Piegsa: Schicksale jüdischer Familien Bühls. Zulassungsarbeit PH Freiburg. 1962/63.
bulletOskar Stiefvater: Geschichte und Schicksal der Juden im Landkreis Rastatt, in: Um Rhein und Murg 5 (1965) S. 42-83.
bulletH. Raulff: Die Wolf Netter & Jacobi-Werke, in: Die Ortenau 62 (1982) S. 175-189. 
bulletStadt Bühl. Stadtgeschichtliches Institut (Hg.): Jüdisches Leben. Auf den Spuren der israelitischen Gemeinde in Bühl. (= Bühler Heimatgeschichte Nr. 15/2001). Bühl 2001.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.
bulletIm Versteck - Die Geschichte einer Rettung. Nach Naomi Morgenstern, mit zwei Kurzgeschichten von Ehud Loeb und einem Nachwort von Noa Mkayton. 52 S. 27 Abb. Hrsg. von der International School for Holocaust Studies Yad Vashem Israel.   Weitere Informationen siehe eingestellte pdf-Datei.  
"...Aus der Perspektive des heute bald 80-jährigen Ehud Loeb, geboren als Herbert Odenheimer in Bühl in Baden, wird erzählt, wie er Ende 1940 im Alter von sechseinhalb Jahren mit seiner Familie, sämtlichen jüdischen Bürger seiner Heimatstadt und der gesamten Region Baden und Saarplatz in das südfranzösische Lager Gurs deportiert wurde..." 
Hinweis: Das Buch ist sehr geeignet für den Schulunterricht für Jugendliche schon ab 12 Jahren. Insbesondere für den Raum Mittelbaden (Offenburg, Bühl, Achern, Rastatt, Karlsruhe) ist das Buch ein wichtiges Zeitdokument. 
bulletMohr Lit 020.jpg (18107 Byte)Günther Mohr: "Neben, mit Undt bey Catholischen". Jüdische Lebenswelten in der Markgrafschaft Baden-Baden 1648-1771. Böhlau-Verlag Köln u.a. 2011. 248 Seiten. ISBN 13: 978-3412207397.  Website des Verlags  mit Informationsseite zur Publikation   
Die Studie widmet sich den Lebensmöglichkeiten von Juden und Jüdinnen in der katholisch geprägten Markgrafschaft Baden-Baden und damit Fragen der ländlichen Gesellschaft und Kultur in Südwestdeutschland. Es entsteht ein neues Bild des Landjudentums in seinen vielfältigen Kontakten zur christlichen Nachbarschaft und mit einem überraschenden Selbstbewusstsein. Das Buch analysiert u.a. die Aufnahme der Juden in den Schutz, die wirtschaftlichen Aktivitäten von Juden und Christen, ihr spannungsreiches Verhältnis ­zueinander, innerjüdische Verhältnisse sowie Fragen der jüdischen Religion. Dabei stehen immer die ­wechselvollen Schicksale einzelner Protagonisten im Vordergrund. 
bulletBuehl Lit 045.jpg (82682 Byte) Yad Vashem / International School for Holocaust Studies (Hrsg.): Im Versteck. Die Geschichte einer Rettung. Nach Naomi Morgenstern, mit zwei Kurzgeschichten von Ehud Loeb. Erschien 2012. Erhältlich im Hartung-Gorre Verlag Konstanz
Vgl. Informationen bei Amazon: http://www.amazon.de/VERSTECK-Geschichte-Morgenstern-Kurzgeschichten-Hardcover/dp/9655250598 
Es handelt sich um die Geschichte der Rettung von Herbert Odenheimer aus Bühl/Bd., heute Dr. Ehud Loeb in Jerusalem. Herbert Odenheimer war sechseinhalb Jahre alt, als er am 22. Oktober 1940 mit seiner Familie aus Bühl/Bd. in das Lager Gurs unweit von Lourdes deportiert wurde. Um ihr einziges Kind zu retten, gab ihn seine Mutter in die Obhut der jüdischen Kinderhilfsorganisation OSE. In vielen ständig wechselnden Verstecken überlebte er unter falscher Identität den Holocaust, dem seine Eltern nicht entkommen konnten. Aus Frankreich konnte Herbert Odenheimer in die Schweiz geschmuggelt werden, von wo aus er 1958 nach Israel einwanderte.  
Hinweis (Oktober 2019): Das von Yad Vashem verlegte Buch vom durch die OSE geretteten Gurs - Überlebenden aus Bühl/Bd. Herbert Odenheimer / Dr. Ehud Loeb in Jerusalem "Im Versteck" ist wieder erhältlich im Hartung-Gorre Verlag in Konstanz: Email: hartung.gorre@t-online.de, Internet www.hartung-gorre.de   

     
      


 
  
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Buehl  Baden. Jews are first mentioned in 1579 but the few Jewish families there were forced to leave in the early 17th century and the Jewish settlement was only renewed during the Thirty Years War (1618-48). A synagogue was dedicated in 1832 and a cemetery in 1833. In 1830-76 a Jewish elementary school was in operation as the Jewish population grew to a peak of 301 in 1865 (total 2,888). In 1827, Bruehl became the seat of the district rabbinate. Among its leading rabbis was Leopold Schott (1807-69), one of the first rabbis in Baden with a university education, who introduced a Reform style of worship. There were anti-Jewish riots in the 1848 revolution. Jews were regularly elected to the municipal council. From the last third of the 19th century, the Jewish population began to decline through emigration and the shift to the big cities, dropping to 72 in 1933. When the Nazis came to power, the Jews were immediately subjected to persecution. Torah scrolls were vandalized in 1935 and Jews were gradually forced to liquidate their businesses. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned and Jewish stores damaged. Up to 1940, 21 Jews emigrated and 13 left for other German cities. The community ended when 28 were deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940.  
        
         

                   
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Stand: 30. Juni 2020