Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Fulda (Kreisstadt, Hessen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt 
Seite 1: Berichte über das Rabbinat, die Lehrer und weitere Angestellte der Gemeinde
sowie Berichte über Schule und Ausbildungsstätten

Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Fulda wurden in jüdischen Periodika gefunden. 
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.   
      

    
  
Übersicht:

bulletÜbersichten 
Rabbiner in Fulda vom 15. bis zum 18. Jahrhundert 
Rabbiner in Fulda (Provinzialrabbiner) im 19. und 20. Jahrhundert     
bulletÜber Rabbiner Maharam Schiff (Meir ben Jacob ha-Kohen, 1605 Frankfurt - 1644 Prag, Rabbiner in Fulda von 1622 bis 1640)   
Biographie des Rabbi Meir Schiff (Maharam, Beitrag von 1845)   
Anmerkung zu Rabbiner Maharam Schiff (1915)  
Über Maharam Schiff in Fulda und Frankfurt (1928)    
-  Ein ausführlicher Beitrag zu Maharam Schiff in der Zeitschrift "Ost und West" Heft 12 Dezember 1910 S. 805-822 (Link)   
bulletAus der Geschichte des Rabbinates in Fulda (Provinzialrabbinat im 19. und 20. Jahrhundert)    
-  Die Gemeinde ist mit Rabbiner Dr. Jakob Rosenberg unzufrieden (1851)  
Ausschreibung der Stelle des Rabbiners (1853)      
-  Beisetzung von Rabbiner Dr. Jakob Rosenberg (1868 in Frankfurt)  
-  Gedächtnisfeier für Rabbiner Dr. Jakob Rosenberg (1868 in Fulda)   
-  Ausschreibung des Rabbinates (1853)  
-  Antrittsrede von Provinzialrabbiner Dr. Samuel Enoch (1855)  
-  Rabbiner Dr. Samuel Enoch möchte korrekte Schächtmesser einführen (1858) 
Kritik an Rabbiner Dr. Enoch aus liberaler Sicht (1867)   
-  Zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Samuel Enoch (gest. 1876; Artikel von 1877)   
-  Nachruf zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Samuel Enoch (1877) 
-  Ausschreibung des Rabbinates (1877)  
-  Nachfolger von Dr. Enoch wird Rabbiner Dr. Michael Cahn (1877)  
-  Antrittspredigt von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1877)   
-  Talmudlernstunden von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn in Hersfeld (1890)   
-  Über die Arbeit von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1901) 
Die Rede von Rabbiner Dr. Cahn zum Tod von Freiherr Wilhelm Karl von Rothschild erscheint im Druck (1901)    
Über eine Publikation von Rabbiner Dr. Michael Cahn über die Einrichtungen des Koscher-Fleisch-Verkaufs (1901) 
-  25-jähriges Jubiläum von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn in Fulda (1902)  
-  Das neue Rabbinatsgebäude wird eingeweiht (1903)  
-  Rabbinatsassessor Dr. Chaim Lauer wird zum Rabbiner der jüdischen Kolonien in Argentinien ernannt (1914)  
-  Zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1920) 
Ergänzungen zum Nachruf auf Rabbiner Dr. Michael Cahn (1920)      
-  Zum Andenken an Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1920)  
-  In Erinnerung an Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn soll eine Stiftung gegründet werden (1921)   
-  Jahrzeitstag für Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1921)   
-  Rabbinatsvertretung gesucht (1921)  
-  Geburtsanzeige einer Tochter von Provinzialrabbiner Dr. Leo (Jehuda) Cahn und Lea geb. Kober (1929) 
Geburtsanzeige einer Tochter von Rabbiner Dr. Kalmann Kahan und seiner Frau Hanna geb. Kunstadt (1936)     
Beitrag von Rabbiner Dr. Kalman Kahan (1937)   
Rabbiner Dr. Kalman Kahan übersiedelt nach Erez Jisrael (1938)  
bulletAus der Geschichte der Lehrer und der anderen Kultusbeamten (ohne Rabbiner)       
-  Ausschreibung der Stelle des Vorsängers und Schochet (1852) 
-  Ausschreibung der Schächter- und Hilfsvorsängerstelle (1860)   
-  Ausschreibung der Stelle des zweiten Religionslehrers (1890)  
Ausschreibung der Schächterstelle (1890)   
-  Ausschreibung der Lehrerstelle (1892)  
-  Lehrer Spiro eröffnet ein Schülerpensionat in Fulda (1900)  
-  Anzeige des Schülerpensionates von Provinzialrabbiner Dr. Cahn (1903)    
-  Ausschreibung der Stelle des 2. Schächters und Gemeindedieners (1903)  
-  Nachfolger von Lehrer Spiro wird Lehrer Möller aus Lübeck (1910)   
-  Zum Tod der Frau von Lehrer Spiro (1917)  
70. Geburtstag von Lehrer Spiro (1924)  
Zum Tod von Lehrer Spiro (1927)   
Beitrag von Lehrer Abraham Sonn über "Musik und Musikinstrumente der Bibel" (1931)  
Z
um Tod der Frau von Lehrer Abraham Sonn, Henriette Sonn (1933)   
Lehrer Abraham Sonn tritt in den Ruhestand - Lehrer Iwan Goldschmidt wird sein Nachfolger - Lehrer Möller begeht sein 25-jähriges Ortsjubiläum (1935)   
Abschiedsfeier für Lehrer Abraham Sonn und 25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Möller (1935)  
Zum Tod der Frau von Lehrer Löwenstein (1937)   
Lehrkraft für Englisch und Hebräisch gesucht (1937)   
bulletAus der Geschichte der Israelitischen Schulen        
-  Der Bischof verbietet den jüdischen und protestantischen Mädchen den Besuch der katholischen Töchterschulen (1854)  
-  Ein Schulhaus für die israelitische Elementarschule wird gebaut (1898)   
-  Die israelitische Volksschule öffnet am 1. April 1900)        
-  Einweihung des neuen Schulhauses (1900)  
-  10 Jahre Talmudschule - Einweihung eines neuen Heimes (1909)  
-  Städtischer Zuschuss für die Israelitische Volksschule (1921)  
-  Lehrangebote für Schüler (1935)  
-  Aus der Arbeit der Jeschiwa - Feier eines Sijum (1936)  
-  Ein Jahr Jeschiwa in Fulda (1936)  
-  Aus der Arbeit der jüdischen Volksschule in der NS-Zeit (Sommer 1937)    
bulletSonstiges  
Werbeanzeigen für die Lehr- und Erziehungs-Pensionsanstalt von Dr. Müller für israelitische Jugend des In- und Auslandes (1850)     
Über die von "Rabbinatskandidat Dr. Müller" geplante Errichtung einer Erziehungs- und Bildungsanstalt und Kritik an dem Vorhaben (1849)  
Das Institut von Dr. Müller besteht nicht mehr (1851)   
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4. Jahresversammlung der israelitischen Lehrerkonferenz in Fulda 1892)          

    
    
Übersichten    
    
Rabbiner in Fulda vom 15. bis zum 18. Jahrhundert (Quelle: Wikipedia-Artikel "Jüdische Gemeinde Fulda)   

bulletMeir ben Baruch ha-Levi (gest. 1404), genannt Maharam Segal oder Maharam Sal (MaHaRaM מהר״ם ist Akronym von מורנו הרב רבי מאיר Morenu ha-Raw Rabbi Meir - unser Lehrer, der Gelehrte, Rabbi Meir; SegaL סג״ל ist Akronym von סגן לויה Segan Lewija - Vorsteher der Levitenschaft); 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts in Fulda, später in Frankfurt, Nürnberg und seit 1392 in Wien 
bulletDavid ben Isaak; 1565 bis 1588 in Fulda 
bulletRuben ben Salomon; bis 1598 in Fulda 
bulletIsaak ben Elieser Lippmann Mise’a (Isaak von Fulda) (um 1529/30-1601/02); um 1594 bis 1601/02 in Fulda 
bulletNaphtali (Herz; Hirz) ben David (oder: benElieser?) Bacharach; 1598 bis 1609 in Fulda  
bulletElia ben Mosche Loanz (1555 oder um 1564-1636), genannt Baal-Schem; 1604 bis 1609 in Fulda, später in Worms 
bulletAaron Samuel ben Mosche Schalom Kremenec (gest. 1616); 1615 bis 1616 in Fulda 
bulletPinchas Hurwitz (Hurvir) (gest. 1653); um 1620 in Fulda, später in Prag  
bulletMeir ben Jakob ha-Kohen Schiff (um 1605-1644), genannt MaHaRaM; ab 1622 in Fulda (siehe Texte oben)   
bulletElieser Meschulam Sußmann ben Isaak Brilin (um 1594 - um 1660), um 1653 in Fulda 
bulletMeir Stern (vor 1661 - 1680) 
bulletMoses Fulda; 1671 mit der Gemeinde aus der Stadt vertrieben 
bulletJakob ben Mardochai; aus Fulda vertrieben, später in Schwerin 
bulletPinchas Isaak ben Naftali ha-Kohen (gest.  1724), 1709 bis 1722 in Fulda, später in Kremsier 
bulletMoses ben Naftali (Nathan) Heilbronn (gest. 1777); 1762 bis 1776 in Fulda 
bulletJoseph Joel (gest. nach 1787), genannt Wiesbaden; ab 1777 in Fulda, Vater des Theologen und Reformpädagogen Joseph Johlson (1777-1851) 
bulletSalomon ben Jehuda (Loeb) Wormser (gest. 1806)  

       
       
       
 Rabbiner in Fulda (Provinzialrabbiner) im 19./20. Jahrhundert  

bulletIsaak (Seckel) Wormser (Rabbiner in Fulda von 1806 bis 1839): geb. 1769, gest. 1839.   
  
bulletDr. Jakob Rosenberg (Rabbiner in Fulda von 1843 bis 1852): geb. 1806 als Sohn des Kaufmannes David Rosenberg in Düsseldorf; nach seiner Zeit in Fulda, die ihn in mancherlei Konflikte mit der Gemeinde brachte (siehe Bericht unten von 1851), wählte ihn am 7. September 1852 die Gemeinde im niederländischen Groningen zum Rabbiner, wo er bis Ende 1860 beziehungsweise bis zum Dezember 1861 verblieb (Link: Rabbiner in Groningen); 1864 verzog er nach Frankfurt, wo er im April 1868 starb.
  
bulletDr. Samuel Enoch (Rabbiner in Fulda von November 1855 bis Dezember 1876), geb. 8. Oktober 1814 in Hamburg, Studium in Würzburg (Schüler von Abraham Bing) und Erlangen; bereits 1832 Rabbinatsassistent in Kassel, 1839 Schuldirektor der Bürgerschule (beziehungsweise Freischule; private orthodoxe Lehranstalt) in Altona; seit 1845 mit Jacob Ettlinger Herausgeber der Zeitschrift "Der treue Zionswächer", später "Redakteur der Jüdischen Presse"; 1854 Berufung nach Fulda - die Stelle trat er im November 1855 an (siehe Berichte unten); gestorben 31. Dezember 1876 in Fulda. 
  
bulletFulda R MCahn 120.jpg (54113 Byte)Dr. Michael Cahn (Rabbiner in Fulda von 1877 bis 1918): geb. 1847 in Rüdesheim am Rhein, gest. 1920 in Fulda; Studium in Mainz und Berlin, Promotion 1874 in Straßburg, Rabbinerdiplom 1876 in Berlin,  Rabbiner in Samter (Provinz Posen), seit 1877 in Fulda; war im Religiösen streng orthodox, politisch war er patriotisch, national und kaisertreu eingestellt.     

  

bulletFulda R LCahn 120.jpg (41919 Byte)Dr. Leo (Jehuda) Cahn (Rabbiner in Fulda von 1919 bis 1939), geb. 1889 in Fulda; war zunächst Rabbinatsassessor, ab 1919 als Nachfolger seines Vaters als Provinzialrabbiner in Fulda; emigrierte mit seiner Familie nach der Pogromnacht 1938 nach England, von dort im folgenden Jahr nach Palästina/Erez Israel; gest. 1959 in Bnei Brak/Israel).  

Neben den Provinzialrabbinern gab es mehrere Rabbinatsassessoren, darunter: 

bulletDr. Julius Lorsch (1908 bis mindestens 1909 als Rabbinatsassistent in Fulda): geb. 1881 in Alsfeld, gest. 1919 in Frankfurt am Main; war nach seiner Zeit in Fulda Religionslehrer am Kölner Lehrerseminar, von September 1913 bis 1919 Rabbiner der Zacharias Wertheimerschen Stiftung (Klaus) in Frankfurt am Main. Er war ein Schwiegersohn von Rabbiner Dr. Michael Cahn.   
 
bulletFulda R Kunstadt 120.jpg (35608 Byte)Baruch Kunstadt (in Fulda von 1909 bis 1939 in Fulda), der als Leiter der Talmudlehranstalt (Beth Hamidrasch des Talmudvereins Schass Chewrah) in Fulda tätig war. Nach seiner Auswanderung gründete er in Palästina die Jeschiwa "Kol-Torah" (Stimme der Torah). Er starb 1967 in Jerusalem.  

    

Fulda Der Orient 24121845.jpg (297308 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Orient" vom 24. Dezember 1845: "Biographie des Rabbi Mair Schiff (Maharam Schiff).  
R. Meir Schiff, ein Kohen, wurde im Jahre 1608 zu Frankfurt am Main geboren, woselbst sein Vater R. Jakob Schiff als Rosch Jeschiba (Vorsteher einer Talmudschule) talmudische Vorlesungen vor zahlreichen Zuhörern bis ins späteste Alter gehalten. Seine früheste Jugendzeit, die er wahrscheinlich in seiner Geburtsstadt Frankfurt verlebte, ist wie die der meisten Rabbiner des ganzen Altertums uns wenig bekannt. Denn ein Rabbiner war sonst zu bescheiden, um sein Dasein für so wichtig und bedeutungsvoll zu halten, dass er selber die Momente seines Lebens analysieren und der Nachwelt produzieren sollte, und ein Anderer etwa ein Nachkomme, Schüler oder Freund glaubte dem Verstorbenen durch Herausgabe von dessen Werken mehr als durch Biographien zu nützen, weil Tatsachen besser als Lobeserhebungen sprächen. Doch muss er über alle Talmudjünger seiner Vaterstadt hervorgeragt, die Bewunderung seiner Zeitgenossen erregt, und einen bedeutenden Ruf sich frühzeitig erworben haben, da er siebzehn Jahre als, um das Jahr 1625, zum Rabbiner in Fulda, einer damals sehr bedeutenden jüdischen Gemeinde, erwählt wurde. Hier fand er viele Gelehrte und besonders viele Talmudjünger vor, weil in Fulda schon früher große Rabbiner ihren Wohnsitz aufgeschlagen, talmudische Vorlesungen gehalten, und sich und der Stadt einen bedeutenden Ruf erworben hatten. Vor diesen zahlreichen Schülern [Anmerkung: S. Seder ha-Dorot, wo im Nachtrage am Ende R. Pinechas und ein Schüler erwähnt wird] erklärte er den Talmud mit vielem Scharfsinne, machte wichtige und triftige Bemerkungen, und ging genau und umständlich auf alles Einzelne ein; aber stets hielt er sich an den zu besprechenden Gegenstand, an die zu lehrende Materie, und nur selten schweifte er hinüber zu Fremdartigen, holte solches herbei, und sichte es hier zu verarbeiten. Diese Bemerkungen schrieb er in einer kurzen, wenigen bündigen und darum schwer verständlichen Sprache nieder; denn sein merkwürdiger Scharfsinn ließ ihn nicht den Gedanken genau und ausführlich wiedergegeben; sondern Alles nur in wenigen Worten und abgebrochenen Sätzen andeuten, die allerdings dem Leser den Vorteil gewähren, Stoff zum Selbstdenken zu erhalten, ihm aber auch oft die Zeit bei Kleinigkeiten rauben. Er hat in diesem seinen Kommentar große Ähnlichkeit mit R. Samuel Edeles (vgl. englischer Wikipedia-Artikel "Samuel Eidels"), indem beide sich streng an das Gegebene und Vorliegende halten, selten Fremdes und Fernes herbeiziehen, und in weite Diskussionen sich nicht einlassen; doch ragt unser Schiff über Jenen durch noch größeren Scharfsinn, blitzschnellen Geist und hellleuchtenden Verstand hervor, während Jener mit mehr Ruhe, Klarheit und -deutlichkeit seine Gedanken kurz wiedergibt. Der Kommentar erstreckte sich auf alle Traktate des Talmuds, und wurde vom Jahre 1627 bis 1636 abgefasst. Doch ist das Meiste von diesem verloren gegangen, und nur der auf Beza, Ketubot, Baba Mezia, Chulin ziemlich vollständig, hingegen der auf Sabbat, Megilla, Baba-Kamma, Baba Batra, Sanhedrin, Sebachim sehr unvollständig übrig geblieben. -  Er war allem Anscheine nach sehr biederen Charakters, ernst und fest, trat offen gegen Irreligiosität auf, und scheute nicht das Urteil der Hohen und Niedrigen, ob auch sie auf gefüllten Geldsäcken saßen, der in reichgeschmückten Gewändern einhergingen; doch mag er wohl, wie gewöhnlich Männer offenen Charakters, seines Zornes Meister nicht immer und nicht ganz gewesen sein. So greift er heftig, vielleicht etwas zu heftig am Ende des Kommentars zu Gittin die Reichen an, welche den Sabbat entweihen, Verbotenes essen und trinken und der Unkeuschheit nicht abhold sind, und die dennoch dem frommen Gelehrten sowohl in häuslicher Ehrerbietung und Achtung, als auch in öffentlicher, namentlich beim Aufrufen zur Tora vorgezogen werden. 
Ob er bis gegen sein Ende in Fulda geblieben, lässt sich nicht genau ermitteln, und nur von den Jahren 1628, 30, 31 nachweisen, doch das Jahr 1635 scheint er in Schmalkalden, das unfern Fulda liegt, verlebt zu haben, da er in der Mitte des Traktats Chulin den dritten Perek mit den Worten schließt '...mit Gottes Hilfe in Schmalkalden' und am Ende dieses Traktats derselben Stadt erwähnt. Man wolle aber aus diesen Stellen nicht entnehmen, dass er etwa in Schmalkalden Rabbiner geworden, da von dieser Veränderung weiter keine Spur zu finden. Hingegen wurde er im Jahre 1644 nach Prag berufen, starb jedoch bald darauf, wahrscheinlich in Prag, 36 Jahre alt. Er hinterließ einen berühmten Namen und einen weit verbreiteten Ruf, sodass David Gans von ihm behauptet: es habe sich dem R. Mair Schiff der Prophet Elias offenbart.   
Fulda Der Orient 24121845a.jpg (184031 Byte)Außer dem genannten Kommentar zum Talmud lieferte er noch einen solchen  zum Pentateuch, der bis auf zwei Fragmente von Deuteronomium verloren ist, und ein mnemonisches Register zu Bibel und Talmud, das später zum Drucke umgearbeitet werden sollte und sich uns nur in seiner ersten Gestalt erhalten hat. Ferner schrieb er einen Kommentar zu den vier Turim, mehrere kabbalistische Werke, und größere talmudische Diskussionen, sogenannte Chilukim, auf welche letztere er in seinem Talmud-Kommentar zu Ketubot 112a, Baba Kamma 48a und Ende Beza hinzeigt, die jedoch alle nie gedruckt, und als Manuskripte von der Feuersbrunst zu Frankfurt im Jahre 1711 verzehrt wurden. Seine Schriften erlitten überhaupt ein eigentümliches Schicksal, und gaben daher zu folgender Erzählung Anlass. 
Vor seinem Tode beschied R. Meir seine Tochter Henlah zu sich, und sprach zu ihr: 'da mehrere Werke ich verfasst, mein einziger Sohn jedoch, dein Bruder Sanwil, ohne Nachkommen sterben wird, wodurch meine Schriften in fremde Hände geraten: so sollen diese in einen zu verschließenden Kasten gelegt, und Einem meiner Verwandten anvertraut werden, bis unter meinen Nachkommen Jemand ersteht, der sie der Öffentlichkeit zu übergeben vermag. R. Meir starb, und Henlah tat wie er befohlen. Einst fand ein Talmudjünger aus demselben Hause diese Schriften, und wollte einige Erklärungen sich abschreiben, um sie als die Seinigen auszugeben, und sich ein Ansehen zu verschaffen; da überfiel ihn plötzlich Angst und Schrecken, dass er erblasste, in Ohnmacht niedersank, und fast das Leben aushauchte. Als er wieder erwachte und zu sich gekommen war, erzählte er sein böswilliges Treiben und seinen beabsichtigten Diebstahl der Tochter des Verfassers, bereute sein ungerechtes Tun, und bat um Verzeihung den beleidigten Toten. Darauf stellte die Tochter den Kasten mit Schriften ins Haus eines anderen, woselbst gar vieles gestohlen, vieles von den Würmern zerfressen wurde, und übergab in späteren Zeiten den übriggebliebenen Teil ihrem bereits herangewachsenen Enkel Michael Wolf Stern, der diesen zur Herausgabe aufgewahrte, bis die schon oben erwähnte Feuersbrunst zu Frankfurt auch ihn bis auf den Kommentar zu fünf Traktaten des Talmuds verzehrte. Der Enkelsohn bemühte sich später, den Überrest, der fast hundert Jahre alt und bereits unleserlich geworden, zu veröffentlichen, erhielt später noch eine Abschrift des Kommentars zu einigen anderen Traktaten, die er ebenfalls herausgab, und schrieb eine kleine Vorrade, aus welcher diese Biographie zum Teil entnommen. - Der Kommentar nebst den Fragmenten zu Deuteronomium, und dem oben bezeichneten Register wurde später noch mehrere Mal, aber niemals korrekt und sauber gedruckt, bis endlich R. Mordechai Markus, Rabbiner zu Porizk in Russland dies Werk mit kurzen hinzugefügten Erklärungen in Porizk am Anfange dieses Jahrhunderts herausgab, welche Ausgabe mit Recht als die beste bezeichnet wird. Die Erklärungen des Markus erleichtern gar oft das Lesen des in einem kurzgedrängten, eigentümlichen Stile abgefassten Kommentars, und leisten besonders dem mit einer geringeren Fassungskraft Begabten bedeutenden Nutzen. Dr. Fränkel, Rabbiner zu Märkisch-Friedland."    

   
Anmerkung zu Rabbiner Maharam Schiff (1915)
   

Fulda Frf IsrFambl 12021915a.jpg (84710 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Februar 1915: "Etwas von Mahram Schiff. 
Skizze von Dr. med. Rathner, Wiesbaden. Ein 'wachechter' Aschkenas war er, der Rabbiner und Rosch-Jeschiwah von Fulda und später in Regensburg. Etwas jünger als sein 'polnischer' Antipode, der 'Marschoh' oder Rabbi Samuel Edeles. Letzterer war im Vergleich zu Rabbi Meir Schiff wie etwa ein großer Juwelenhändler im Verhältnis zu einem kleinen Antiquitätenhändler, bei dem man manchmal auch recht seltene Pretiosen findet! Der Mahram Schiff schrieb seine talmudischen Novellen sehr lakonisch, ja manchmal deutete er sie nur durch ein Merkwort an. Deshalb bildete er auch den Schrecken der 'Chederschüler' in früheren Zeiten. Es galt nämlich, seine feinen Gedanken zu erraten... Es waren sozusagen 'die masurischen Seen' für die Flachköpfe... Der tüchtige 'Melamed' alter Zeit sparte nicht die Prügel... Jetzt bildet der Enkel* des Rabbi Meir Schiff, der Weltbankier Jakob H. Schiff, den Schrecken der 'Kosakewitsch', weil er kein Geld - hergeben will."   
*Anmerkung: der Artikel spielt im Blick auf Maharams Enkel Jakob Heinrich Schiff (1847-1920) auf dessen Verhalten im Ersten Weltkrieg an: er setzte sich für ein schnelles Kriegsende ein und begab während des Kriegsverlaufes nur Anleihen, die zur Finanzierung humanitärer Aufgaben dienten. Jakob Schiff war einer der größten jüdischen Philanthropen der USA. Siehe Wikipedia-Artikel "Jakob Heinrich Schiff"
Der Begriff "Enkel" ist nur übertragen gemeint, da Jakob Heinrich Schiff der Nachname eines Onkels des Maharam war (siehe nächster Artikel, unten zu Familie Schiff).   

  
Rabbiner Maharam Schiff in Frankfurt und Fulda (Artikel von 1928)   

Fulda Israelit 02021928.jpg (442701 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Februar 1928:  "Maharam Schiff in Frankfurt und Fulda.  
Frankfurt und Fulda teilen sich den Ruhm, Maharam Schiff, den ihrigen zu nennen. Der größere Teil auf Fulda. Denn wenn auch die Wiege des großen Rabbi in Frankfurt gestanden und sein Ehrengrab sich in der Rabbinerreihe des Frankfurter alten Friedhofs erhebt, so hat er doch genau die Hälfte, und zwar die beste Hälfte seines Lebens, 18 Jahre, in Fulda gelebt und gelehrt. Hier ist wohl in schwerem geistigem Ringen das entstanden, was Rabbi Meier zum Maharam Schiff machte.   
Das äußere Bild seines Lebens ist mit einigen wenigen Strichen und Zügen gezeichnet. Meir ist 1605 im Frankfurter Ghetto, im Hause zum Schiff, als Sohn des Jakob Hakohen Schiff geboren, der im Rabbinate des Rabbi Scheftel und Rabbi Mendel Baß Dajan, zuweilen Vorsitzender des Bes Din (Rabbinatsgericht)und Jeschiwaleiter, während des Interregnums aber auch stellvertretender Oberrabbiner war. Dass er es nicht dauernd war, lag wohl nur an Umständen der damaligen Gemeindeverfassung und der jüdischen Jurisdiktion. Meir setzte schon als Kind mit seinen Geistesgaben das Ghetto in Staunen. Vor Überhebung und Stecken bleiben in Anfangserfolgen - das Schicksal der meisten Wunderkinder - bewahrt den 'Ilui' schon die jüdische Erziehung. Der Jüngling hält noch mehr, als was das Kind versprochen hatte. Siebzehn Jahre alt, tritt er, 1622, das Rabbinat in Fulda an (siehe Vorrede zu Chidduschim). Ein Zwanziger steht er hier als gefeierter Meister in einem Kreise vieler Jünger. Und was auf der Fuldaer Jeschiwa, die unter ihm Weltruhm erlangt, erlernt und erworben wird, wird aufgezeichnet. ist aber leider nur zum Teile erhalten geblieben, und das ist es, was heute den Maharam Schiff ausmacht. 
Eine Bestätigung für die auch im Talmud ihren Ausdruck findende Annahme, dass jedem Menschen von Bedeutung das Maß seiner Leistung in den Rahmen seiner Lebensjahre gelegt ist, mag sein, ob dieser groß oder klein, ist Maharam Schiff. Was er in den achtzehn von den sechsunddreißig seiner Lebensjahre gelehrt und geleistet hat, dafür würde ansonst ein volles Menschenleben zu kurz erscheinen. Der schöpferisch arbeitende Geist strebt aber hinaus aus der Mittelstadt, von der, nach den damaligen Verkehrsverhältnissen, sich nur dünne Fäden zur jüdischen Welt spinnen könnten. Frankfurt ist ihm aus den bereits angedeuteten Gründen verbaut. So wird er, 36 Jahre alt, als Oberrabbiner nach der damals vielleicht angesehensten Gemeinde Deutschlands, nach Prag, berufen. Er zieht in seine neue Wirkungsstätte über Frankfurt und stirbt hier plötzlich im Hause des Vaters, 36 Jahre alt, am 20. Adar 1641. 
Damit kennen wir Maharam Schiff so viel und so wenig, als wenn wir das Titelblatt eines Buches ansehen und behaupten wollten, wir kennen das Buch. 
Die Zeit, in der Maharam Schiff gelebt und gelehrt hat, erhält ihr äußeres Gepräge vom Dreißigjährigen Kriege. Es hat da an Verfolgungen und Bedrückungen nicht gefehlt, zumeist aber waren es nur Erpressungen in Form von Kontributionen, Abgaben, Einquartierungen usw. Im ganzen hatte sich die Lage nicht so schlimm gestaltet, wie man es hätte befürchten müssen. Selten hatte sich die Wut der losgelassenen Soldateska gegen das Ghetto entladen. 'Jossef Omez' berichtet uns, dass 'die Soldaten die Juden mehr schonten, als die ihrigen, und dass viele Nichtjuden ihre Habe bei Juden aufbewahrten, wo sie besser geschützt wussten'. - 'Viele jüdische Gefangenen erlangten ihre Freiheit wieder ganz unentgeltlich oder gegen ein geringes Lösegeld.' - Das Judenrecht war, sofern die Kriegswirren nicht Zucht und Ordnung auflösten, durch eine Judenstättigkeit gesichert.   
Das Innenleben war stark pulsierend. Die Frankfurter Gasse dürfte im 17. Jahrhundert 500 Familien beherbergt haben. Die Enge und die Wohnungsnot waren groß. Der Friedhof musste zuweilen neu aufgeschüttet werden, weil er nach der Gasse hin nicht erweitert werden konnte. Fremde Juden, auch Flüchtlinge aus Polen und der Ukraine, wo die Chmelnitzki-Schrecken herrschten, wurden wohl unterstützt, konnten aber als dauernde Bewohner in die Gasse nicht aufgenommen werden. Man fürchtete auch die Bürger und die Zünfte, die sich dagegen zur Wehr gesetzt hätten. Der Fettmilch-Aufstand war noch in guter Erinnerung.
Bald aber setzten die Vorpostengefechte um Sabbatai Zewi ein. Dass Frankfurt und Süddeutschland damals verschont geblieben ist, dass während Hamburg, Amsterdam, London ganz in den Taumel der Bewegung gezogen war, in Fürth und Umgegend die Juden Haus und Hof verkauften, alles auf Planwagen verpackten und ins Elend hinausfuhren, dass damals Frankfurt klaren Kopf behielt, dies dankt es den Männern, die damals die geistige Führung in der Gemeinde hatten, nicht zuletzt Rabbi Jakob Schiff, dem Vater Maharams, der entscheidenden Einfluss im Rabbinate des Rabbi Mendel Baß ausübte und auch diesem selbst, der keine Maßregel versäumte, die Epidemie im Keime zu ersticken. Eine Reihe von Takonaus, die heute noch das Frankfurter Ritual bestimmen, zeugen davon. 
Rabbi Meir hat die Haupterschütterungen dieser Periode nicht miterlebt. Sie fallen in die fünfziger und sechziger Jahre dieses Jahrhunderts. Aber seine Richtung, seine geistige Einstellung, seine Methode zeigt den Frankfurtern von damals und zeichnet die Geistesstruktur der Gasse, die wie echtes Olivenöl alles Falsche und Trübe ausscheidet und tief unten lässt. 
Damit wären wir an dem Punkte angelangt, der zu dem geistigen Schaffen des Maharam Schiff hinüberführt. (Schluss folgt)."  
   
Fulda Israelit 09021928.jpg (691583 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: "Maharam Schiff in Frankfurt und Fulda (Fortsetzung). Von den Werken und Werten, die aus seiner geistigen Werkstätte in Fulda hervorgegangen sind, besitzen wir leider nur kleine Bruchteile. Nach seinem Tode im Hause seines Vaters nahm man seine Erbschaft in Verwahrung. Es war eine gut verpackte und wohl verschlossene Truhe mit Büchern und Handschriften, darauf ein Zettel in hebräischer Sprache befahl: 'Es berühre keiner diesen Satz, es sei denn, dass ein würdiger Spross aus meinem Stamme erblüht, dessen Hand man die aufbewahrten Toraworte anvertrauen kann, dass er sie mit dem würdigen Gewande versieht' (siehe Vorrede zu den Chidduschim). Der würdige Spross erblühte erst mit dem Urenkel, dem Enkel seiner Tochter Henle (der einzige Sohn Rabbi Sanwel starb kinderlos), Rabbi Jechiel Michael Stern in Frankfurt am Main, der daran gehen durfte, die verborgenen Schätze ans Licht zu ziehen. Inzwischen war aber der größte Teil abhanden gekommen. Vieles davon wurde beim großen Ghettobrand 1711 in und mit dem Hause zum Schiff ein Raub der Flammen. Den Rest gab Rabbi Stern heraus. Die erste Ausgabe ist in Homburg v.d. Höhe gedruckt, der später noch verschiedene Auflagen folgten. Es sind tiefgehende Abhandlungen zu den Traktaten Beza, Kesuboth, Gitin, den drei Babath, Sanhedrin, Chulin, Sabbat, Sewachim, außerdem einige populäre Predigten und ein Kommentar zum fünften Buche Mose im Fragment. Man weiß aber, dass die Erklärungen den ganzen Talmud babli und die vier Turim umfassten. Auch mussten kabbalistische Schriften da sein. 
Was mit Hilfe des kongenialen Urenkels auf uns überkommen ist, das macht den Maharam Schiff aus. Die Tiefe der Diktion kann er bei Nachmanides gelernt haben, die Ordnung und Systematik bei Maimonides, nach der Kürze und Präzision seiner Ausdrucksweise könnte er aber bei Raschi in die Schule gegangen sein. Damals, um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, ging der Kampf um den Pilpul. 'Scheloh', 'Josseph Omes', Rabbi Scheftel u.a.a. sprachen sich entschieden gegen diese Methode aus. Vornehmer Vertreter dieser Methode in Polen war der ältere Namensvetter unseres Rabbi Meir, 'Maharam von Lublin'. Maharam Schiff ging mit dem Pilpul gegen den Pilpul vor. Seine Geistesschärfe ist logisch und produktiv und in allen Fällen auf Wahrheit aufgebaut. Was ihm nicht solid und seriös genug erscheint, nennt er Lüge oder Nichtiges oder ironisiert es als 'Dinge, die in der Luft schweben', egal von welcher Seite es kam.  Und damit macht er gerade in Polen und Litauen, der Heimat des Pilpul, Schule. Zu der Ausgabe des Maharam Schiff von 1811 geben zwölf russische Kapazitäten ihre Approbationen und feiern mit ehrenden Worten den großen Geistesriesen von Deutschland. Vieles im Maharam Schiff ist aber so kurz und unklar gefasst (vielleicht von ihm zur als Notizen zur weiteren Bearbeitung gedacht), dass es der Enträtselung bedarf. So fand es ein gefeierter Rabbi des Ostens, Rabbi Mordechai Mordrasch, für angebracht, einen Kommentar zum Maharum Schiff zu schreiben, der mit neueren Ausgaben in Warschau und Milna mitgedruckt ist und in der Gelehrtenwelt mit großer Freude begrüßt wurde. Heute ist Maharam Schiff in Slobodka, in Telsch und den ungarischen Jeschiwaus weit populärer und vertrauter als in den deutschen Landen, wo er gelebt und gelehrt hat. David Gans, der Historiker des 17. Jahrhunderts, rühmt in seinem 'Zemach Zedek' Rabbi Meier und bezeugt von ihm, dass der Prophet Eliahu sich ihm offenbart habe, um ihm tiefe Geheimnisse der Tora, die anderen verschlossen blieben, zu verraten.   
Weniger wortkarg ist Maharam Schiff in seinen populären Vorträgen, aber auch hier ist jeder Wortschwall vermieden. Er beginnt am liebsten gleich mit der Beantwortung der ungestellten Frage. 'Rufet ihn an, da er euch nahe ist', zitiert er aus Jesajas, und fügt dem Satze gleich, gewissermaßen als Erklärung dafür, dass seine Nähe uns nicht jederzeit spürbar ist, den anderen Bibelsatz an 'denn fern von mir bist du in unserer Sünde', also nicht an ihm liegt es, an und in uns sind die Trennungsmomente enthalten, und uns obliegt es, die Brücke zwischen Gott und Mensch wieder herzurichten. Mit Geist und Witz und beißender Ironie konnte er bestehende Missstände geißeln. 'Die Weisen und Frommen kargen mit ihrem Gelde, heißt es im Talmud. Weise und Fromme dieser Art gibt es heute in den deutschen Gemeinden gar viele, nicht zu sprechen von den Ungelehrten, die schon ein altes Privileg seit den Tagen Akibas auf den Hass gegen die Gelehrten haben.' Er sprach diese Worte anlässlich eines Sijums in seiner Jeschiwa, womit er sich den Ärger darüber vom Herzen redete, dass, seiner Meinung nach, die deutschen Juden in ungenügendem Maße die Lehrhäuser unterstützten.
Wie geistvoll und niederschmetternd lautet sein Urteil über die Heuchler, die einem Unangenehmes sagen, mit der Beteuerung, sie meinten es ungemein gut und herzlich. Er wendet auf diese den Satz aus den Psalmen 12,13 an (sc. bei Zunz übersetzt: 'Falschheit reden sie einer zum anderen mit glatter Lippe, mit doppeltem Herzen reden sie'). Seine Übersetzung lautet kurz und treffend: 'Falsch und trügerisch ist von vornherein das Gerede, wenn der Sprecher immer und immer wieder das Herzliche Belaw walew betont'. 
Von Maharam Schiff stammt auch die hübsche Erklärung zu dem Ausspruch Elasars, Sohn Asarjas - ' O, ich bin wie einer mit 70 Jahren...'  Rabbi Elasar war ein schwarzhaariger Jüngling, besaß noch keine Autorität des Alters und konnte sich mit seiner Meinung, obwohl gut und richtig, nicht eher durchsetzen, als bis die Erklärung Ben Somas kam. Welche Erklärung? Die Erklärung Ben Somas in den Vätersprüchen 'Weise wird derjenige genannt, der von jedermann etwas lernt', gleichviel ob der Lehrende jung oder alt ist, wenn nur die Lehre der Wahrheit entspricht. Nach diesem Grundsatze Ben Somas konnte auch endlich Elasar, Sohn Asarjas gehört werden. 
Rabbi Meir ist selbst ein Elasar ben Asarja. Um ein Jahr jünger als dieser, siebzehnjährig, sitzt er schon als geistiges Oberhaupt und Führer an der Spitze des Rabbinates und Lehrhauses in Fulda. Ein Frühvollendeter, musste er rasch sein Lebenswerk vollbringen, denn schon mit 36 Jahren wird er, wie schon erwähnt, auf dem Wege zu den höchsten Ehren in der ersten Gemeinde Deutschlands, am 20. Adar 1641, in den höheren Rat abgerufen. Sein Grabstein in der Rabbinerreihe auf dem alten Frankfurter Friedhofe ihn HaKohen Hagadol meachaw'. 
Es seien noch einige Worte hier über die Familie Schiff gesagt. Zuerst tragen die Bewohner des Hauses 'zum Schiff' im Frankfurter Ghetto diesen Namen um 1600, früher, seit 1500 nannten sie sich Kahn oder Stern. Rabbi Meir Schiff, ein großer Gelehrter und einer der Vorsteher, starb 1626. Dessen Sohn, Rabbi Jakob Schiff, der bereits genannte Dajan und stellvertretende Oberrabbiner, starb, hochbetagt, 1655. Er überlebte seinen Sohn, den Maharam Schiff, um rund 15 Jahre. Aus dieser Familie ging auch Rabbi Dawid Tewele Schiff, der Verfasser des Laschon sahaw hervor, der 1792 als Oberrabbiner von London starb. 
Jakob Schiff hatte einen Bruder namens Isaak. Der weltberühmte Psychologe, Prof. Dr. Moritz Schiff war ein Nachkomme der Isaakschen Linie, ebenso der vor einigen Jahren in Amerika verstorbene große Philanthrop Jakob Henry Schiff. Dessen Vater, der Börsenmakler Moses Schiff, der in der Langestraße 13 wohnte, ist vielen alten Frankfurtern noch in bester Erinnerung. Er war ein frommer Mann und unterstützte auch die Bestrebungen von Rabbiner S. R. Hirsch. Seine Söhne, sowohl Jakob Henry wie Philipp und Ludwig (ersterer starb vor einem Jahre), erhielten ihre Ausbildung in der Realschule der Israelitischen Religionsgesellschaft. Jakob Schiff ging im Alter von 18 Jahren, 1865, nach Amerika, wo große Aufgaben seiner harrten. Er hatte das goldene Herz seiner Ahnen geerbt, hatte Tränen für die jüdische Not und auch Millionen, um sie zu lindern. Nach der positiv religiösen Seite fühlte er sich leider dem großen Namen weniger verpflichtet, wenn er auch zeitlebens am Sabbath dem Geschäfte fern blieb. Von seinen Brüdern lebt nur noch der jüngste, Herr Ludwig Schiff, in Frankfurt und genießt in Bankkreisen große Achtung.
Direkte Nachkommen des Maharam Schiff kann es keine geben, da, wie schon erwähnt, sein einziger Sohn, Rabbi Sanwel kinderlos starb. Seine geistigen Kinder, seine Schriften und Lehren, mögen uns, wie die der anderen auf dem alten Frankfurter Gräberfelde, zu geistigen Höhen führen."    

      
      
Aus der Geschichte des Rabbinates in Fulda (Provinzialrabbinat im 19./20. Jahrhundert)
     
Die Gemeinde ist mit Rabbiner Dr. Jakob Rosenberg unzufrieden (1851)
   

Fulda AZJ 12051851.jpg (132940 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Mai 1851: "Fulda, im April. Neben der großen Not, die hier im Allgemeinen herrscht, haben wir eine ebenso große in der hiesigen israelitischen Gemeinde mit dem Zustandebringen einer guten, geregelten Schul- und Synagogenordnung und fragen wir, woran es liegt, so müssen wir leider die ganze Schuld auf unsern Rabbinen wälzen. An dem guten Willen fehlt es, Gott sei Dank, bei den Gemeindegliedern dahier nicht, denn diese haben nichts gescheut, aus dem alten Schlendrian endlich heraus zu kommen, aber unserem Rabbinen will es nicht gefallen, den gerechten Wünschen der Gemeinde nachzukommen. 
Obgleich die kurhessische Verfassung deutsche, zum Erbauen geeignete Predigten in der Synagoge vorschreibt und bei der Bestellung des Dr. Rosenberg hauptsächlich darauf Rücksicht genommen, so hören wir doch nur höchstens dreimal im Jahre eine solche von unserem Rabbinen, und ist diese dann nur eine wissenschaftliche Abhandlung über irgendeinen beliebigen Vers und nicht das, was eigentlich eine Predigt sein soll. - Schulprüfungen sind in der ganzen Provinz schon seit 3 Jahren nicht vorgenommen und auch dieses ist nur dem Rabbinen zur Last zu legen.    
In welchem Zustande dadurch unsere Gemeindeangelegenheiten sind und welches Verhältnis zwischen dem Rabbinen der der Gemeinde besteht, ist leicht einzusehen. - Wir wollen hoffen, dass unsere Staatsregierung, der jetzt mehrere Beschwerden vorliegen, die Sache genau erwägen und den Rabbinen zur Befolgung seiner Pflichten anhalten wird."     

 
Ausschreibung der Stelle des Rabbiners (1853)
   

Anzeige in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 6. Mai 1853: "Anzeige
Die Stelle eines Rabbinen für die Provinz Fulda, mit welcher das Rabbinat für die hiesige Synagogen-Gemeinde verbunden ist, und deren Kompetenz sich ohne die Akzidenzien auf circa 370 Thaler Fixum beläuft, ist vakant und soll alsbald anderweit besetzt werden. 
Etwaige Bewerber wollen sich dieserhalb unter Einsendung ihrer Sitten- und Befähigungs-Zeugnisse an die unterfertigte Behörde wenden, wobei bemerkt wird, dass der anzustellende Rabbine den gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen Genüge leisten muss, und dass bei demselben ganz besonders auf streng Religiosität gesehen wird. 
Fulda, am 18. April 1853. 
Das Vorsteheramt der Israeliten der Provinz Fulda. 
H. Levi. S. Trepp. S. Oppenheimer."     

  
Beisetzung von Rabbiner Dr. Jakob Rosenberg (1868 in Frankfurt)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1868: "Mainz, den 17. April (1868). Wir kehren soeben von einer traurigen Reise, von dem Leichenbegängnisse des Herrn Rabbinen Dr. Jakob Rosenberg - er ruhe in Frieden - zurück. 
Der Verewigte, ein ebenso wissenschaftlich gebildeter Mann wie höchst bedeutender Talmud Chacham, war ein Sohn des rühmlichst bekannten Kaufmannes Rabbi Gabriel Rosenberg - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Düsseldorf. Erzogen in einem Hause, in welchem die Grundpfeiler des Judentums, Tora, Abodah (Gottesdienst) und Gemiluth Chaßadim (Wohltätigkeit) heimisch waren, widmete er sich dem rabbinischen Berufe und ward nach vollendeten Studien Provinzialrabbiner in Fulda, wo er bis zum Jahre 1852 blieb; dann folgte er einem Rufe nach Groningen in Holland; vor circa vier Jahren trat er in das Privatleben zurück und siedelte nach Frankfurt am Main über. Leider sollte er die glückliche Muße, die er ganz und gar dem Torah-Studium weihte, nicht lange genießen; eine schmerzliche Krankheit warf ihn darnieder. Allein wie sein Leben in unserer heiligen Religion wurzelte, so zeigte er sich auch während der furchtbaren Krankheit; mit der größten Geduld ertrug er die schmerzhaftesten Operationen. Als die Ärzte ihn auf Leben oder Tod operierten, ließ er zehn 'Söhne der Tora' kommen und beauftragte sie, während der Operation Mischnajot aus dem Traktat 'Opfer' zu lernen; er selbst sandte ein heißinniges Gebet zu Gott empor, und nicht verriet dann bei ihm das furchtbare Schmerzgefühl; keine Klage wurde laut; es waren ihm Leiden der Liebe.
In der Tat erfolgte eine Besserung; allein sie war von keiner Dauer, und so verschied er am Mittwoch Abend, gottergeben wie er gelebt hatte.   
In ihm haben seine Frau und Kinder den liebenden Gatten und Vater, seine zahlreichen, überall hochgeachteten Geschwister das ehrwürdige Haupt ihrer Familie, Israel aber einen durch Torakenntnis, wissenschaftliche Bildung und Frömmigkeit hervorragenden Mann verloren. 
Herr Rabbiner Hirsch - sein Licht leuchte - war leider durch Unwohlsein verhindert, dem Begräbnisse anzuwohnen: Herr Rabbiner Fromm - sein Licht leuchte - von Bad Homburg und der Herausgeber dieser Blätter gaben auf dem Friedhofe dem allgemeinen Schmerze den geziemenden Ausdruck.  
Die Beteiligung beim Leichenbegängnisse war eine sehr große; von weiter Ferne waren die Freunde und Verwandten herbeigeeilt. - 
Möge der allgütige Gott der trostlosen Witwe Trost verleihen und ihr beistehen, dass es ihr gelinge, ihre Kinder des edlen Gatten würdig zu erziehen.   
Der Verewigte erreichte ein Alter von 62 Jahren. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

   
Gedächtnisfeier für Rabbiner Dr. Jakob Rosenberg in Fulda (1868)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Mai 1868: "Fulda. Am jüngst vergangenen verflossen Taanit Chamischi fand in der hiesigen Synagoge eine Trauerrede für den seligen Dr. Rosenberg, der fast 10 Jahre lang das Amt als Provinzial-Rabbiner hier bekleidet hat, statt. Der Provinzial-Rabbiner Dr. Enoch führte, mit der an ihm anerkannten, längst bewährten Meisterschaft der Rede und der geistreichen Behandlung schwieriger Hagadoth unter Zugrundelegung des Textes 'und Jakob ging hinaus...' und des damit verbundenen ... die Wirksamkeit seines Amtsvorgängers, sowie des treuen Seelenhirten überhaupt, nach den verschiedenartigsten Richtungen hin, in so anschaulicher, ergreifender Weise, seinen Zuhörern vor, dass ein mächtiger Eindruck nicht zu verkennen war - der schönste, wohlverdienteste Lohn sowohl dem, welchem der Nachruf gewidmet, als dem, der aus vollem Herzen ihn zu spenden vermochte."    

   
Ausschreibung des Rabbinates (1853)  

Fulda AZJ 02051853.jpg (60919 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Mai 1853: "Die Stelle eines Rabbinen für die Provinz Fulda, mit welcher das Rabbinat für die hiesige Synagogengemeinde verbunden ist und deren Kompetenz sich ohne die Nebenakzidenzien auf circa 370 Thaler Fixum belaufen wird, ist vakant und soll anderweitig besetzt werden. 
Etwaige Bewerber wollen sich dieserhalb unter Einsendung ihrer Sitten- und Befähigungszeugnisse an die unterfertigte Behörde wenden, wobei bemerkt wird, dass neben Genügeleistung der gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen, ganz besonders auf strenge Religiosität gesehen wird. 
Fulda, am 18. April 1853. 
Das Vorsteheramt der Israeliten der Provinz Fulda. R. Epstein. S. Trepp. S. Oppenheimer."     

  
Antrittsrede von Provinzialrabbiner Dr. Samuel Enoch (1855)   

Fulda AZJ 17121855.jpg (125121 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Dezember 1855: "Fulda, 6. Dezember (1855). Am 24. vorigen Monats hielt Herr Schuldirektor Dr. Enoch aus Altona in hiesiger Synagoge als Provinzialrabbiner seine Antrittsrede. Ein zahlreiches Publikum, sowie auch die Staatsbehörde und ein großer Teil der katholischen Geistlichkeit hatten sich eingefunden, um der Feierlichkeit beizuwohnen. Es herrschte eine andächtige Stille. Der Festhymnus war beendigt und Herr Epstein, als Vorsitzender des Vorsteheramtes mit der Einführung des Herrn Rabbinen betraut, sprach in würdiger Weise über die Stellung des heutigen Judentums und wie es das Interesse der Gemeinde erfordere, einen wahrhaften Seelsorger, ein tüchtiges Oberhaupt an ihrer Spitze zu haben. Alle Anwesenden waren sichtbar erregt. Eine kleine Pause, in welcher der Chor ein Loblied absang, und Herr Dr. Enoch bestieg die Kanzel. Er hielt im wahrsten Sinne eine Musterpredigt. Frei von allem Wortgepränge und schönen Redensarten, die mit dem nötigen Pathos vorgetragen, häufig sogar noch das Ohr der Gebildeten bestechen, rollte Herr Dr. Enoch in schöner und gedankenreicher Rede das Bild eines segensvoll wirkenden Seelenhirten vor unsern Augen auf. Je länger er sprach, umso begeisterter entquollen die Worte seinem Munde und riefen gleiche Gefühle in dem reichen Zuhörerkreise hervor. 
Mehrere hiesige Kapazitäten haben den lebhaftesten Wunsch geäußert, dass diese Rede durch den Druck einem größeren Publikum zugängig gemacht werde, und hoffen wir, dass Herr Dr. Enoch dem willfährig begegnen möge."        

   
Rabbiner Dr. Samuel Enoch möchte korrekte Schächtmesser einführen (1858)   

Fulda AZJ 18011858.jpg (128948 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Januar 1858: "Aus der Provinz Fulda lassen sich von Seiten der Schochtim, respektive der Lehrer, welche zugleich Schochtim sind, Notrufe hören. Es ist aber kein Notgeschrei nach Brot; das würde nichts Auffallendes haben, da man sich in den Teuerungsjahren ja schon an dergleichen gewöhnt hat. Es ist ein Notgeschrei nach - Messern! Der dortige Provinzialrabbine, Herr Dr. Enoch, der übrigens wegen seiner tüchtigen Kanzelberedsamkeit und seines Glaubens- und Amtseifers in seinem Sprengel sehr beliebt ist, muss nämlich ein Mann heroischen Mutes sein, weil er es wagt, gegen schlachtenbewährte Schwerter zu Felde zu ziehen. Den alten Militärsäbeln wird bekanntlich, nachdem sie in zahlreichen Schlachten in der Menschenschlächterei Großtaten geübt haben, sehr oft das Los zuteil, in die Hände der Schochtim zu geraten und da als Schächtmesser Invalidendienste tun zu müssen. Dieses will aber Herr Dr. Enoch ferner nicht dulden. Zu Schächtmessern sollen in Zukunft nur von vornherein eigens hierzu, also um ihrer selbst willen, gearbeitete Messer verwendet werden dürfen. Die Sache hat ihre sentimental-religiöse Seite. Ob diese bestimmend war, ist nicht bekannt; aber das ist bekannt, dass auf Ausführung der neuen Vorschrift mit Strenge gesehen wird. Ein Lehrer, der (da die neuen Chalofin = Schächtmesser sehr teuer sind) bei der Prüfung in der Not, die oft erfinderisch, aber nicht immer aufrichtig macht, sich des Messers eines anderen bedient und dieses für das seinige ausgegeben hat, soll dieserhalb auf einige Zeit als Schochet dispensiert worden sein."          

   
Kritik an Rabbiner Dr. Enoch aus liberaler Sicht (1867)        

Stadtlengsfeld AZJ 19111867.jpg (131540 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. November 1867: "Aus Thüringen, im November (1867). (Privatmitteilung). Dieser Tage wurde im Großherzogtum Sachsen-Weimar der erste Jude in des Person des Kommerzienrates Rosenblatt aus Stadtlengsfeld als Landtagsabgeordneter gewählt; auch sein Gegenkandidat Advokat Katzenstein aus Eisenach war Jude. 
Wie weit die Hyperorthodoxie sich auch in unseren Tagen noch versteigt, das beweisen die Maßnahmen des gelehrten Rabbiner Dr. Enoch zu Fulda, früherer Redakteur des Zionswächter seligen Andenkens. Derselbe verirrt sich in seinem frommen Eifer sogar in die Tanzsalons seiner ihm anvertrauten Gemeinden, indem er mit aller Strenge das talmudische Verbot des Tanzens an den Feiertagen aufrecht zu erhalten sucht, was in vielen Orten seines Bezirkes zu sehr ärgerlichen Auftritten führte und nicht geeignet ist, dessen Ansehen zu erhöhen. Die Welt lässt sich einmal in der Jetztzeit nicht mehr mit solchem rabbinischen Spuk bannen. – Wenn übrigens der genannte fromme Herr seine Aufmerksamkeit anstatt dem harmlosen Tanzvergnügen dem synagogalen Leben seines Distrikts zuwenden würde, so könnte er sich wahrlich größere Verdienste um sein geistliches Amt erwerben. Auf diesem Felde sieht es noch traurig aus; von einer Andacht, einer Würde, einer Ordnung ist an vielen Orten wenig Spur. Hier öfters zeitgemäße Anordnungen zu treffen, wäre heilsamer als die Revisionen der Schächtmesser, der Mazzmaschinen, die Untersuchungen der Mikwahs, der Erubim (Sabbatweggrenzen), was der fromme Mann zu seiner Lebensaufgabe gemacht zu haben scheint". 


Zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Samuel Enoch (gest. 1876, Artikel von 1877)   

Fulda Israelit 03011877.jpg (46651 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1877: "Fulda, 31. Dezember 1876. Ein schwerer Verlust hat nicht allein unsere Gemeinde, sondern das gesamte Judentum betroffen. Herr Provinzialrabbiner Dr. Enoch - er ruhe in Frieden - ist gestern am Sabbat von dem Schauplatze seiner irdischen Tätigkeit abberufen worden. Zu schmerzlich ergriffen, um heute mehr zu berichte, werde ich nächstens ausführliche Mitteilungen machen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. W."        

   
Nachruf zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Samuel Enoch (1877)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1877:  "Provinzial-Rabbiner Dr. Enoch - er ruhe in Frieden.  Fulda. In Ergänzung meines kurzen Referats in Nr. 1 des Jahrgangs des 'Israelit' bezüglich des herben Verlustes, den unsere Gemeinde und mit uns ganz Israel durch den Tod unseres seligen Rabbiners - Rabbiner Schmuel Enoch - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - erlitten, füge ich noch Folgendes über dessen Biographie hinzu. Dr. Samuel Enoch war im Jahre 1814 zu Hamburg geboren, besuchte daselbst das Gymnasium, welches er schon in seinem sechzehnten Lebensjahre mit dem Abiturientenzeugnis verließ. Zu Würzburg und Erlangen machte er seine Universitätsstudien und wurde, erst achtzehn Jahre alt, an letzterem Orte zum Doktor promoviert. Seine Kenntnisse in der Orientalistik müssen trotz seiner außergewöhnlich rasch absolvierten weltlichen Studien damals schon bedeutend gewesen sein, denn er wurde schon im Alter von 18 Jahren zum Assistenten des seligen Landrabbiners Dr. Romen - er ruhe in Frieden - zu Kassel bestellt, welches Amt er vier Jahre lang bekleidete. Bei Gründung der Freischule zu Altona wurde Dr. Enoch, obschon erst 22 Jahre alt und unter 21 Lehrern der jüngste, zum Direktor dieser Schule bestellt. Hier war es, wo er durch seine gehaltreichen vorträge die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich lenkte und er sich zum beliebten Kanzelredner ausbildete. Im Jahre 1845 gründete der junge Gelehrte die Zeitschrift 'Der treue Zionswächter', und wurde dadurch der Vater der jüdischen Journalistik streng orthodoxer Richtung. Den schleswig-holsteinischen Feldzug im Jahre 1848 machte er als freiwilliger Jäger mit. Im Jahre 1854 wurde er hierher als Provinzial-Rabbiner berufen. Da derselbe in seinen bereits vor 21 Jahren, kurz nach dem Antritt der hiesigen Provinzialrabbinerstelle, eingedenk der Wortes (Prediger 9,8) 'Zu jeder Zeit seien deine Kleider weiß' niedergeschriebenen Bestimmungen bezüglich seines letzten Willens betreffs der Angelegenheit der Tahara und der Beisetzung sich jeden Hesped (Trauerrede) und jede Leichenrede verbeten, so halte ich mich nicht für berechtigt, über die große Wohltätigigkeit des Verewigten und seinen großen Eifer im Studium der Tora bei Tag und Nacht mehr hier     
Fulda Israelit 31011877b.jpg (298270 Byte)zu erwähnen. In Folge dieser Bestimmungen war es auch nicht möglich, bei dessen Beerdigung, an der sich außer der hiesigen Gemeinde aus sämtlichen Gemeinden des großen Rabbinats, wohin die Trauerkunde gedrungen und auch aus dem benachbarten Kreise Schlüchtern sehr zahlreiche Deputationen beteiligten, durch eine Rede die großen Verdienste des Verewigten zu schildern. Nach der Beerdigung sprach Herr Dr. Munk - sein Licht leuchte - aus Marburg anstelle des Lernens einige von tiefster Rührung durchdrungene Worte an die Trostbedürftigen und Trauernden. - Möge es uns vergönnt sein, den verwaisten Sitz unseres Rabbinats recht bald wieder in würdiger Weise besetzt zu sehen, wofür wir allerdings in der Gesinnungstüchtigkeit der Mitglieder unseres Provinzial- und Gemeinde-Vorstandes die Garante haben, dass unsere Wahl mit Gottes Hilfe auf keinen Neologen fallen wird. Unseren Landgemeinden aber, in denen sich leider, trotzdem deren Mitglieder im praktischen Leben überzeugte Juden sind und bleiben wollen, aus Unkenntnis der Gefahren schon Stimmen des Indifferentismus bezüglich der Wiederbesetzung des Rabbinats vernehmen lassen, müssen wir entschieden zu bedenken geben, dass ein jeder, der kleinlicher materieller Interessen halber der Besetzung der Rabbinerstelle auch nur mit Worten Schwierigkeiten bereitet, die ungeheure Verantwortlichkeit auf sich ladet, unserer heiligen Wahrheit, für deren Fortpflanzung auf uns und unsere Kinder unsere Vorfahren durch viele Jahrhunderte des Druckes und der Verfolgung in ganzen jüdischen Gemeinden mutig in den Tod zu gehen wussten, zu nahe getreten zu sein und im Begriffe steht, uns und unsere Kinder unseres teuersten Erbes - das Erbe der Gemeinde Jakobs - zu berauben; alles dies nur aus kleinlicher Furcht vor geringen Opfern, die wir seither erschwingen konnten und die wir für die Folge noch leichter bringen werden. Auch kann ich nicht umhin, bei dieser Gelegenheit unseren Nachbargemeinden im Kreise Schlüchtern und ganz besonders der Kehilla Schlüchtern selbst, von der als der bedeutendsten und wohlhabendsten im Kreise die initiative zur Wiederbesetzung ihres schon seit 2 Jahren verwaisten Rabbinatssitzes ausgehen sollte, ein ernstes Wort der Ermahnung aus brüderlichem Herzen zuzurufen. Ich möchte ihnen nur das Beispiel der Gemeinde Gelnhausen, bekanntlich früher eine Stadt voller Weiser und Schriftgelehrter, vorführen, um daran zu zeigen, was aus einer Gemeinde und einer Provinz wird, wenn wie in Gelnhausen seit dem Tode des seligen Rabbiner Kunreuter - das Gedenken an den Gerechten und Heiligen ist zum Segen - das geistige Oberhaupt und jeder Zusammenhang in den religiösen Angelegenheiten fehlt. Wir lange wird man noch ohne Bedenken bei Euch als Jude essen dürfen? Wer überwacht Eure Schochetim, wer entscheidet Eure offenen Fragen seit dem Tode Eures seligen Rabbiners Schwarzschild - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen?  Wen kümmert noch ernstlich die Forterhaltung Eurer sonstigen Gemeindeinstitutionen? Groß und unermesslich ist die Verantwortlichkeit, die Euch, die Ihr Juden seid und auch bleiben wollte, trifft, wenn Ihr den Stimmen in Eurer Mitte, die im richtigen Verständnis der Euch bedrohenden Gefahr des Indifferentismus, dessen Folgen Euch und Eure Kinder, deren Erziehung zu guten Juden Euch die gütige Vorsehung anvertraut hat, drohen würde, nicht Gehör schenket. Bedenke ein Jeder, der nicht mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln für eine so große und wichtige Sache eintritt, dass er eine Verantwortlichkeit auf sich ladet, die auf die folgenden Generationen von unberechenbarem Einfluss ist und deren Folgen er nicht bemessen kann. - Sollten diese Zeilen, aus dem Innern eines brüderlichen, wohlmeinenden Herzens hervorgehend, einen Impuls geben, Euch aus Eurer unverantwortlicher Lethargie herauszureißen, so wäre dies, da sie gelegentlich des Nachrufes um unseren seligen Rabbiner an Euch gerichtet, der sich in seiner großen Bescheidenheit außer Bezeichnung seines Namens und Todestages auf seinem Grabstein jedes Wort ausdrücklich verbeten, das schönste und herrlichste Denkmal, das wir ihm errichten können. 'Der sich über Zion erbarmt und seine Risse mauert, der bringt auch über euch, die ihr darauf hört, den Segen Abrahams".        
Anmerkung: Der Webmaster ist für Hinweis für Präzisionen in der Übersetzung der hebräischen Wendungen dankbar. Adresse siehe Eingangsseite

   
Ausschreibung des Rabbinats (1877)   

Fulda Israelit 07031877.jpg (71277 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1877: "Die Stelle eines Rabbinen für die ehemalige Provinz Fulda, verbunden mit dem Rabbinate der hiesigen Synagogen-Gemeinde ist vakant und soll alsbald wieder besetzt werden. 
Meldungsgesuche, welchen außer Qualifikationszeugnisse auch Zeugnisse über streng religiöse Richtung beigefügt werden müssen, sind bis zum 15. April dieses Jahres an die unterzeichnete Behörde zu richten. Bewerber haben sich nach dem diesseitigen Gesetze einer Prüfung vor einem Ausschusse der philosophischen Fakultät zu Marburg zu unterziehen. 
Diensteinkommen: 1800-2000 Mark jährlich fixer Gehalt, neben erheblichen Akzidenzien. 
Fulda, am 1. März 1877. 
Vorsteheramt der Israeliten. Simon Hesdörffer."     

  
Nachfolger von Dr. Enoch wird Rabbiner Dr. Michael Cahn (1877)   

Fulda Israelit 11071877.jpg (46980 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Juli 1877: "Fulda, 29. Juni (1877). An Stelle des am 30. Dezember vorigen Jahres verstorbenen Provinzial-Rabbiners Dr. S. Enoch - seligen Andenkens - ist Seitens des hiesigen israelitischen Provinzial-Vorsteher-Amtes der Regierung zu Kassel als Provinzial-Rabbiner für Fulda der Rabbiner Dr. M. Cahn zu Samter (Provinz Posen), gebürtig aus Rüdesheim, vorgeschlagen worden. 
(Die Bestätigung desselben Seitens der Regierung zu Kassel ist bereits erfolgt. Red.)."       

   
Antrittspredigt von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1877)  

Fulda Israelit 17101877.jpg (58167 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Oktober 1877: "Fulda, den 10. Oktober (1877). Am vergangenen Samstag hielt der neue Provinzialrabbiner, Herr Dr. Cahn, unter außerordentlichem Zudrange von Zuhörern aller Stände und Konfessionen seine Antrittspredigt, welche sich sowohl durch Gediegenheit des Inhaltes als auch durch rhetorische Gewandtheit auszeichnete und das gesamte Auditorium in hohem Grade begeisterte. Möge es demselben vergönnt sein, recht viel Gutes und Segensreiches in unserer Stadt und Provinz zu wirken."      

  
Talmudlernstunden von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn in Hersfeld (1890)    

Fulda Israelit 01091890.jpg (198955 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1890: "Aus dem Rabbinate Fulda. Die segensreiche Wirksamkeit, die unser hoch verehrter Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn - sein Licht leuchte - seit Beginn seiner Amtstätigkeit bis zum heutigen Tage entfaltet, sein rastloses Streben, Verbreiter der Tora zu sein und Institute zu fördern, deren Aufgabe es ist, Jünger heranzubilden, die das Volk in den göttlichen Gesetzen unterweisen sollen, sind weit über die Grenzen unserer ehemaligen Provinz hinaus bekannt. Es ist geradezu rührend, zu beobachten, mit welch physischer und psychischer Kraftaufwendung unser Herr Rabbiner um das materielle Emporblühen des Berliner Rabbiner-Seminars, dem er selbst als Hörer angehörte und um das Lehrer-Seminar in Köln sich bemüht. Es würde zu weit führen, wollte man in ausführlicher Schilderung über das Wirken und Schaffen des Herrn Rabbiner Dr. Cahn - sein Licht leuchte - sich ergehen. Zweck dieser Zeilen ist, die Aufmerksamkeit der geschätzten Leser Ihres Blattes auf einen Verein zu lenken, dessen Mitglieder es sich zur Aufgabe gemacht haben, Tora zu lernen, um mit dem Lernen auch das Beachten und Tun zu verbinden. Mehrere Lehrer des hiesigen Rabbinats wie der Kreise Eschwege und Rotenburg hatten sich mit der Bitte an Herrn Dr. Cahn - sein Licht leuchte - gewandt, ihnen Unterricht in Mischnajot und später in Gemara zu erteilen. Dass dieser Bitte ein williges Ohr geliehen werden würde, war man sicher. Unser Herr Rabbiner - sein Licht leuchte - erklärte sich mit sichtbarer Freude bereit, allwöchentlich einen Schiur in Hersfeld abzuhalten. Die Tat folgte dem Worte: Jeden Donnerstag versammeln sich 12-15 Lehrer in dem genannten Städtchen, um unter der bewährten Leitung des Herrn Dr. Cahn - sein Licht leuchte - zu lernen. Es unterliegt keinem Zweifel, dass der Kreis der Lernenden sich bald erweitern wird. Unser Herr Provinzialrabbiner - sein Licht leuchte - veranlasste einen edlen Menschenfreund, Herrn S. St. in C., der in heiliger Begeisterung erglüht ist für unsere heilige Tora, für jeden der teilnehmenden Lehrer ein Mischnaexemplar mit dem Kommentar Tiferet Israel (d.h. mit dem Kommentar von Israel Lipschitz) zu stiften. Herr Dr. Cahn - sein Licht leuchte - tat noch mehr. Die den Lehrern erwachsenden Reisekosten sind nicht unerheblich. In Würdigung der Verhältnisse hat Herr Dr. Cahn - sein Licht leuchte - Fürsorge getroffen, dass den Lehrern ein Zuschuss zu den entstehenden Kosten gewährt werde. Ob dies in der Folge für immer geschehen kann, ist bei den vielen Opfern, die an den Herrn Rabbiner - sein Licht leuchte - gefordert werden, wohl zweifelhaft. Wir, die wir so glücklich sind, uns an den betreffenden Lernstunden beteiligen zu können, rufen unserem allverehrten Rabbi und Lehrer ein guten Erfolg zu, verbunden mit dem Wunsche: 'es vergelte ihm der Ewige seine Tat und sein Lohn sei vollkommen vor dem Ewigen' (nach Ruth 2,12) und dem heiligen Versprechen, dass wir in unserem Streben, Tora zu lernen nicht erlahmen werden."         

   
Über die Arbeit von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1901)
   

Fulda Israelit 14011901a.jpg (153695 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1901: "Rabbinatsbezirk Fulda. Das segensreiche Wirken des Herrn Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn in Fulda für Thora, Abodah (Gottesdienst) und Gemilus chasodim (Wohltätigkeit) ist weit über das Weichbild unserer Provinz hinaus bekannt. Aus allen Himmelsrichtungen wendet man sich an den Fuldaer Raw, von ihm Rat und Hilfe erbittend... Ganz besonders verdient macht sich Herr Dr. Cahn um die Förderung des Thauroh-(Tora-)Studiums in Lehrerkreisen. Wie oft versammelt er einen größeren Kreis frommer, wissbegieriger und lernbeflissener Lehrer, um mit ihnen zu 'lernen', und ihnen Gelegenheit zu geben, aus der Fundgrube seines reichen Wissens zu schöpfen und sie so mit Zedoh laderech, mit Vorrat für den Lebensberuf zu versehen. Seit einigen Jahren haben annähernd vierzig Lehrer des Regierungsbezirks Kassel, die sich dem allgemeinen Lehrerverbande nicht angeschlossen, einen Unterstützungsverein für emeritierte Lehrer und Lehrerwitwen und -Waisen ins Leben gerufen, die in dem hochverehrten Herrn Provinzial-Rabbiner ihren treuen Protektor sehen. Nicht nur dem Vereine in seiner Totalität erweist Herr Dr. Cahn unschätzbare Dienste, sondern auch jedes einzelne Mitglied des Vereins, der den Ehrennamen Jeschurun führt, weiß er durch sinnige Gaben zu erfreuen und zu Dank sich zu verpflichten. Die Werke des Großmeisters der jüdischen Wissenschaft, des Rabbiners S.R. Hirsch s.A., als: Pentateuch, Psalmen, Horeb, ferner den Haftoroh-Kommentar des seligen Direktors Dr. Hirsch, haben im Laufe der Jahre sämtliche Lehrer des diesseitigen Bezirkes, sowie eine Reihe von Lehrern angrenzender Bezirke durch die Bemühungen des Herrn Dr. Cahn erhalten. Welch eine Fülle geistiger Anregungen den Jugenderziehern dadurch geboten ist und wie sie durch das Studium dieser Werke außer den eigenen Fortbil-   
Anmerkung: der Schluss des Artikels liegt nicht vor bzw. kann in der online-Ausgabe des "Israel" in compactmemory.de nicht gelesen werden).     

   
Die Rede von Rabbiner Dr. Cahn zum Tod von Freiherr Wilhelm Karl von Rothschild erscheint im Druck (1901)
   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1901: "Fulda, im März (1901). 'Was schon längst das Ohr vernommen, bietet sich dem Aug' nun da.' Die herrliche Rede, die unser hochverehrter Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn anlässlich des Heimganges des edlen Philanthropen Freiherrn Wilhelm Karl von Rothschild am 3. Februar dieses Jahres in der hiesigen Synagoge gehalten, ist im Druck erschienen und somit weiteren Kreisen zugänglich gemacht. Sie ist ein Meisterwerk in des Wortes wahrster Bedeutung. Herr Dr. Cahn zeichnet ein Lebensbild des großen Toten, dass diejenigen, die i9hn kannten, ihn als greifbare Gestalt erblicken und die, welche ihn zu kennen nicht das Glück hatten, mit Ehrfurcht und Begeisterung für den Fürsten in Israel, wie er sowohl wegen seines Reichtums, als auch wegen des Adels seiner Gesinnung mit Recht genannt werden durfte, erfüllt werden. 
Aber was ist das tote Wort gegenüber dem lebendigen Ausdruck der Sprache. Wer die Ergriffenheit des Herrn Provinzialrabbinen zu beobachten Gelegenheit hatte, als er den schweren Verlust, den ganz Israel erlitten, beklagte, wurde zu Tränen gerührt. Jeder fühlte, dass man einen großen Mann verloren. Die gen. Gedächtnisrede, im Verlage des Herrn J. Kauffmann in Frankfurt am Main erschienen, sei allseitig auf das wärmste empfohlen."   

   
Über eine Publikation von Rabbiner Dr. M. Cahn über die Einrichtungen des Koscher-Fleisch-Verkaufs (1901)
  
vgl. dazu den Beitrag "Über die Institutionen der jüdischen Gemeinde" auf der Textseite zum jüdischen Gemeindeleben in Fulda 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juli 1901: "Die Einrichtungen des Koscher-Fleisch-Verkaufs, unter besonderer Berücksichtigung der Zeichnungs- und Stempelungs-Methoden. Dargestellt von Dr. M. Cahn, Provinzialrabbiner in Fulda. Verlag von A. J. Hofmann, Frankfurt am Main. 1901. 
Zum Lesen der Buchvorstellung bitte Textabbildung anklicken.     

    
25-jähriges Jubiläum von Provinzial-Rabbiner Dr. Michael Cahn in Fulda (1902)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1902: "Fulda, 19. Dezember (1902): Vor wenigen Wochen waren es 25 Jahre, dass Seiner Ehrwürden, Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn dahier seine Stelle als solcher angetreten und in segensreicher Weise versehen hat. 
Die hiesige Gemeinde beabsichtigte, in Gemeinschaft mit den übrigen Gemeinden seines Rabbinatsbezirks und unter Teilnahme der großen Zahl der Schüler und zahlreicher Freunde und Verehrer des Herrn Dr. Cahn, das 25-jährige Amtsjubiläum desselben in würdiger Weise zu begehen. Das zu diesem Zwecke zusammengetretene Komitee war seit Monaten tätig, um alles bis ins Kleinste vorzubereiten - da machte der Herr Jubilar demselben einen Strich durch die Rechnung, indem er, - nachdem die Vorbereitungen zu seiner Kenntnis gelangt waren - in bescheidenster Weise dringend darum bat, von jeder öffentlichen Ehrung absehen zu wollen. Mit schwerem Herzen musste das Komitee diesem Wunsche Rechnung tragen, doch konnte man es nicht über sich gewinnen, das Ereignis ganz sang- und klanglos vorübergehen zu lassen, und so wird am 25. dieses Monats das Komitee dem Herrn Jubilar eine kleine Feier privaten Charakters veranstalten und in Verbindung damit eine Ehrengabe überreichen. Wie wir hören, werden auch sämtliche Gemeinden des Bezirks an diesem Tage den Gefühlen des Dankes und der Verehrung durch Überreichung wertvoller Geschenke Ausdruck geben.". 
    
Fulda Frf IsrFambl 30121902.jpg (25247 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Dezember 1902: "Fulda. Der 25. Dezember dieses Jahres gestaltete sich zu einem wahren Festtage für unsere Gemeinde. Galt es doch, unserm hochverehrten Herrn Provinzial-Rabbinen Dr. Cahn anlässlich seiner 25-jährigen segensreichen Wirksamkeit im Rabbinatsbezirke Fulda den Tribut der Dankbarkeit und Verehrung öffentlich zu zollen. Am     
Fulda Frf IsrFambl 30121902a.jpg (336120 Byte)18. Januar dieses Jahres, also bereits vor Jahresfrist hatte sich ein Festkomitee gebildet, das sich zur Aufgabe gestellt, das 25-jährige Jubiläum des Herrn Provinzialrabbinen würdig zu begehen. Die umfassendsten Vorbereitungen waren bereits getroffen. Da erfuhr der Herr Jubilar von der in Aussicht genommenen Feier und richtete an das Komitee ein Schreiben, worin er dringend bat, von einer öffentlichen Ehrung abzusehen. Man durfte sich der Bitte nicht verschließen und willfahrte derselben. Jedoch sang- und klanglos den bedeutsamen Tag vorübergehen zu lassen, dazu konnte man sich nicht entschließen, und so wurde eine Feier, in engeren Grenzen gehalten, veranstaltet, die Zeugnis ablegte von der Liebe und Hochachtung, deren sich der Herr Jubilar erfreut. Am betreffenden Tage versammelten sich die Komitee-Mitglieder in dem neu erbauten, erst seit einigen Tagen bewohnten Hause des Herrn Provinzialrabbinen, um ein Geschenk, bestehend in einer kostbaren Speisezimmer-Einrichtung darzubieten. Der Vorsitzende des Festkomitees, Herr Mendel Wertheim, ein Schüler des Jubilars, überbrachte eine Adresse und gab dabei den eigenen Empfindungen Ausdruck. Sichtlich ergriffen, dankte der Herr Jubilar in längerer, geradezu überwältigender Rede, in der er seinen Werdegang schilderte. Die Schar der Gratulanten wuchs mit jedem Augenblicke. Der Vorsitzender der Chebrah-Schas, die Herr Dr. Cahn vor einigen Jahren ins Leben rief und in der er durch Wort und Beispiel in Begeisterung weckender Weise wirkt, gab den Dankesgefühlen der Lernenden beredten Ausdruck. Die Vorstände der hiesigen Chebrahs überreichten wertvolle Geschenke, unter denen ein Toraschrank, ein Toraschmuck und ein Leuchter besonders erwähnt zu werden verdienen. Der Verein 'Jeschurun' überreichte durch Herrn Lehrer Spiro eine Adresse nebst einem Geschenke. Für jede Ansprache hatte der Herr Jubilar eine treffliche Erwiderung. Das Telegraphenamt konnte nicht zur Ruhe kommen. Aus allen Himmelsgegenden liefen Telegramme ein. Es war bereits Mittag geworden, und noch immer stellten sich neue Gratulanten ein. Herr Justizrat Dr. Hirsch aus Frankfurt am Main überbrachte die Wünsche der Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums, Herr Hackenbroich die der Israelitischen Religionsgesellschaft Frankfurts und Herr Dr. Roos die des Zentralkomitees für den Spitalbau. Um 1 Uhr hatte sich eine größere Festversammlung in den festlich geschmückten Räumen der Elementarschule zu der vom Komitee veranstalteten Feier eingefunden. Beim Eintritt des Herrn Jubilars intonierte der Synagogenchor Boruch habbo. Herr Synagogen-Ältester Emanuel Stern hielt darauf eine wohldurchdachte Rede, in der er des Herrn Provinzial-Rabbinen erfolgreiches Wirken, wie das harmonische Verhältnis zwischen Rabbiner und Gemeinde schilderte und des Himmels Segen auf das Haupt des Herrn Jubilars herabflehte. Die Kinder sangen dann einen Chor, und Herr Kreisvorsteher Hahn - Hersfeld begrüßte und beglückwünschte in gehaltvollen, warm empfundenen Worten namens der Gemeinden des Rabbinatsbezirkes Fulda den Herrn Provinzial-Rabbinen. Herr Lehrer Löwenstein hier brachte die Wünsche der Lehrer des Rabbinatsbezirkes zum Ausdruck. Nachdem das letzte Lied verklungen war, bestieg Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn das Podium, um in längerer, nach Form und Inhalt gleich ausgezeichneten Rede seinen Dank auszusprechen. Den Schluss der herrlichen Rede, die einem größeren Kreise bekannt gemacht zu werden verdient. bildete ein mit Begeisterung aufgenommenes Kaiserhoch. Stehend sang die Versammlung die Nationalhymne. Die Befriedigung ob der schlichten, jedoch wohlgelungenen Feier spiegelte sich in Aller Blicken wieder. Abends fand in der Elementarschule ein Kinderfest statt, bei welchem Gesang und Vorträge miteinander abweichselten. Ein von Herrn Lehrer Spiro hier verfasstes Festspiel trug zur Erheiterung der Stimmung wesentlich bei. In einer an die Kinder gerichteten Ansprache schilderte Herr Lehrer Spiro des Herrn Jubilars Wirken in der Schule, wie er nicht nur vorlehrt, sondern auch vorlebt, sodass hier das Bibelwort angewandt werden kann: 'Werden wir wohl diesem gleich einen Mann finden, in dem der Geist Gottes ist.' (Genesis Kap. 41, Vers 38). In einer dem Fassungsvermögen der Kinder angepassten Weise mahnte der Herr Provinzial-Rabbiner die Kleinen zur gewissenhaften Beobachtung der religiösen Vorschriften, zur Aufmerksamkeit in der Schule und zum Fleiße im Hause. Erst in später Stunde verließen die Gäste, unter denen sich auch Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Munk aus Marburg, der eine Adresse seiner Gemeinde überbracht hatte, befand, die Festräume. Möge es dem hochverehrten und hochverdienten Herrn Jubilare vergönnt sein, noch viele Jahre zur Ehre Gottes, zum Segen seiner Gemeinde und zu Israels Nutz und Frommen wie bisher zu wirken."   

    
Das neue Rabbinatsgebäude wird eingeweiht (1903)   

Fulda FrfIsrFambl 14081903.jpg (56667 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14. August 1903: "Fulda. Unser verehrter Rabbiner, Herr Dr. Cahn, hat die S'chiv, nächsten Samstag sein neues Haus einzuweihen. Der Schabbos Ekew hat für unsern Herrn Rabbiner eine glückbringende Bedeutung; an ihm erhielt er vor 26 Jahren seinen Doktortitel, er feiert seinen Geburtstag an diesem Tage, auch wurde ihm an diesem Tage sein ältester Sohn geboren. Möge dieser vierfache Freudentag ihn und seine ihm ebenbürtige Frau Gemahlin noch recht viele Jahre erfreuen."      

   
Rabbinatsassessor Dr. Chaim Lauer wird zum Rabbiner der jüdischen Kolonien in Argentinien ernannt (1914)   

Fulda AZJ 17071914.jpg (23453 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. Juli 1914: "Zum Rabbiner der jüdischen Kolonien in Argentinien hat die Direktion der JCA den früheren Rabbinatsassessor in Fulda, Dr. Chaim Lauer ernannt. Derselbe stammt aus Ungarn und hat das Berliner Rabbiner-Seminar absolviert."        
   
Anmerkung: Chaim Lauer: geb. 1876 Brzesko, gest. 1945 Biel/Schweiz: studierte in Basel und Berlin, seit 1925 Rabbiner und Lehrer an der Klaus in Mannheim, nach der Auswanderung von J. Unna war Lauer der einzige Rb der Klaus-Synagoge, Ende 1938 nach Biel/Schweiz emigriert, dort Rabbiner bis 1945.  

  
Zum Tod von Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1920)   

Fulda Israelit 08011920a.jpg (338447 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1920: "Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen. In der Nacht zum zehnten Tewes, dem Tage, der den Beginn unserer ersten nationalen Katastrophe bezeichnet, ist die gesetzestreue Judenheit Deutschlands, ja des ganzen Erdenrundes, von einem schweren Schlage getroffen worden: der Fuldaer Raw, der Mann der lebenssprühenden Begeisterung und der markigen Tat, der ragende Fels der Gottestreue und des Wahrheitsmutes in einer haltlos schwankenden Zeit, ist seiner irdischen Wirksamkeit plötzlich entrückt worden. Wohl hatten seit sechs Jahren die Nahestehenden um den Alternden gebangt, und liebevolle ärztliche und kindliche Sorgfalt war schon von damals an bemüht, ihn von jeder aufregenden Tätigkeit fernzuhalten. Aber gerade die letzten Monate hatten den mehr als Siebzigjährigen wunderbar verjüngt; er begann wieder zu lehren und zu arbeiten, und noch am Jom Kippur trugen um die Neila-Stunde seine herzergreifenden Weisen die Seelen seiner Gemeinde zum Göttlichen empor. 
So durfte er denn mitten in der Fülle der Mizwos von dannen gehen; kaum aus dem Kreise seiner Schüler herausgetreten, mit denen er gelernt, und die er dem Neumond froh entgegengeführt, die Worte des Kiddusch Lewono fest auf den Lippen - so kehrte er heim, 'seinen Bildner zu verherrlichen ob der Herrlichkeit seiner Weltenherrschaft.' - - - 
Der äußere Lebensgang des Entschlafenen ist rasch erzählt. In Rüdesheim am Rhein von einfachen, frommen Eltern erzogen - er hat sein Leben lang das fröhliche Temperament des Rheinländers nicht verleugnet - wusste er schon als Zwölfjähriger dem Vater die Erlaubnis abzuringen, in dem benachbarten Mainz seinen Wissensdurst stillen zu dürfen. Zu den Füßen von Rabbi Schmuel Bondi - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - lernte er mit Feuereifer Tora, dabei in unsäglichen Mühen durch Unterricht sich die Mittel zum Lebensunterhalt verdienend. So durfte er nach schweren Jahren das von Israel Hildesheimer - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - ins Leben gerufene Rabbinerseminar in Berlin beziehen. Es war die Zeit, in der der 'Rebbe' in der Vollkraft seiner Jahre jedem einzelnen seiner Schüler die ganze Fülle seiner begnadeten Persönlichkeit spendete, und sicherlich hat die engelgleich Ausstrahlung, die den Meister auszeichnete, mehr vielleicht als bei irgend einem seiner Schüler in der Seele des jungen Michael Cahn gezündet und Wurzel geschlagen. Nach erlangter Autorisation zum Rabbiner und mehrjähriger Amtswirksamkeit in der posen'schen Gemeinde Samter folgte der junge Rabbiner einem Rufe, der ihn wieder in die Nähe seiner süddeutschen Heimat führen sollte, nach Fulda.    
Was er hier innerhalb der Gemeinde und in einem ausgedehnten Landbezirke in den vier Dezennien seiner Lebenswirksamkeit als Rabbiner geleistet, davon legen die Institutionen dieser Gemeinden Zeugnis ab. Mit der ganzen Wucht seiner unvergleichlichen Überzeugungskraft, einer nimmer erlahmenden Energie und Tag und Nacht nicht rastender Gewissenhaftigkeit wandte er dem Kleinsten wie dem Größten, der Schule, der Mikwa wie der Schechita, dem Geschäfts- und Familienleben der Gemeindemitglieder, der Art der Mizwo-Erfüllung wie der Rechtsstellung der Gemeinden und ihrer Beamten seine Fürsorge zu. Mit den Lehrern der Landgemeinden wusste er in ein enges Freundschaftsverhältnis zu treten, das auf Vertrauen und Verehrung beruhte. Vor allem lag hm neben der Ausgestaltung der jüdischen Volksschulen das eigentliche Toralernen am Herzen, und seine Lieblingsschöpfung, das Beshamidrasch (Tora- und Talmudlernschule), das er in Fulda geschaffen, und mit dem er den Namen seines großen Vorgängers auf dem Fuldaer Rabbinatssitz, des Maharam Schiff - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, in seiner Gemeinde praktisch zu Ehren zu bringen gedachte. In seiner Genauigkeit in den religiösen Vorschriften galt Dr. Cahn vielen als eine strenge Natur - aber wer auch nur eine Ahnung von der Vielgestaltigkeit, von der Wesensart seines Gemilus Chesed (Wohltätigkeit) hatte, der musste in ihm einen Mann von übersprudelnder Menschenliebe erblicken. Da war keine Witwe, keine Waise in seinem Rabbinatsbezirke, die in ihm nicht den Annehmer, kein schwergeprüfter Familienvater, der nicht Rat und tatbereite Hilfe im Rabbinerhause zu Fulda gefunden hätte. Dazu war eine umfassende Sammeltätigkeit innerhalb wie außerhalb des Bezirkes nötig, deren Mühen und Unbilden nur eine so herzbezwingende Persönlichkeit      
Fulda Israelit 08011920b.jpg (615655 Byte)wie Michael Cahn überwinden konnte. Ihm zur Seite wirkte die kongeniale Gattin, die Tochter des Oberrabbiners Stern - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Hamburg, die in bewusstem jüdischem Pflichternst dem jungen Rabbiner aus der Großstadt in die kleine, große Welt des ländlichen Volkserziehers gefolgt war, und mit der es ihm gelang, sechs Söhne und vier Töchter allesamt zu ebenbürtigen, würdigen Trägern der väterlichen Ideale zu erziehen.   
Allein diese Welt des 'Provinzialrabbiners', sie war dem Feuergeiste des Heimgegangenen doch viel zu eng. Wie kaum bei einem zweiten hatte sich in seinem Innern eine Synthese Hildesheimer'schen und Hirsch'schen Geistes vollzogen, aus der eine weitverzweigte und einheitlich bestimmte öffentliche Wirksamkeit größten Stieles emporwuchs.   
Die auf das Persönliche eingestellte, die Menschen gewinnende, das Bedürfnis des jüdischen Lebens tief erfassende Art verdankte er Hildesheimer; die prinzipienklare, mit eiserner Konsequenz auf die Reinheit des religiösen Gedankens hinzielende Formgebung seiner politisch-religiösen und literarischen Wirksamkeit war gewiss eine Frucht der von dem Frankfurter Meister ausgestreuten Saat.   
So trat er diesem von der Gründung der 'Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums' an als hervorragendster Mitarbeiter und Mitstreiter zur Seite und hat als einer der Führer dieser Organisation, in treuer Freundschaft auch dem Nachfolger Hirsch's verbunden, drei Jahrzehnte namentlich in allen politischen Dingen den Stempel seines starken Wollens aufgedrückt. Was er hier auf praktischem wie auf politischem Gebiete, beim Schutze der Schechito, des Sabbats, der Mezizo (Beschneidung), beim Kampfe um die jüdische Volksschule, der Gründung des gesetzestreuen Lehrerbundes, in der Abwehr der unheilvollen Bestrebungen zur zwangsweisen Vereinheitlichung des Judentums, im Ringen um die Reinheit der religiösen Begriffe, gegen das Schlagwort von der 'Gleichberechtigung der Richtungen' Gewaltiges geleistet, das zu beschreiben, würde den Rahmen dieses kurzen Nachrufes sprengen.   
Denn Michael Cahns politisch-religiöse Wirksamkeit schildern, heißt die Geschichte der deutschen Judentums der letzten Jahrzehnte schreiben. Das muss ruhigerer Stunde vorbehalten bleiben.   
Der Inhalt dieses seines Wirkens, das auch innerhalb der 'Freien Vereinigung' sich nicht erschöpfte, sondern mit gleichem Ernste, soweit es das Alter gestattete, auch Agudas Israel galt, umfasst eine verwirrende Fülle von Einzelheiten - allein alle getragen und geordnet von dem einen Strebeziel, ernst zu machen mit der Gewinnung der jüdischen Gesamtheit für ihre alleinige Aufgabe, die Erfassung und Verwirklichung des Gotteswillens auf Erden.  
Zur Kennzeichnung der wunderbaren Art jedoch, wie der Heimgegangene gearbeitet hat, dürfen wir vielleicht die kurzen Sätze wiederholen, die wir ihm vor wenigen Monden, als er die Schwelle des Greisenalters überschritt, an dieser Stelle widmeten.   
Wer jemals das Glück gehabt hat, den Fuldaer Rabbiner bei irgendeiner Arbeit, sei ihr Gegenstand kleinlichsten oder weltumspannenden Charakters, zu beobachten, der wird einer ganz neuen Auffassung von dem Begriff der Genauigkeit in den religiösen Geboten teilhaft geworden sein. Da ihm jede Aufgabe ein religiöses Gebot war, ob sie auch 'profan' scheinen mochte, so wendete er ein so ungeheures Maß von Ernst, von Gewissenhaftigkeit, Gründlichkeit und Umsicht an jede Einzelheit, dass unter seinen Händen die kleinsten Dinge groß wurden, und hinter scheinbar verschlossenen engen Wänden Perspektiven in die Weite angeahnter Beziehungen, damit aber oft überraschendste Konsequenzen und - Erfolge aufgingen.  
Und wer käme Dr. Cahns Hingebung an die Menschen gleich, seinem ruhelosen, vor nichts zurückschreibenden Gemiluß Chesed-(Wohltätigkeits-)Bedürfnis, das eiserne Mauern zertrümmert und 'goldene' Berge als seien es sanfte Hügel erklimmt? 
Nur eine Persönlichkeit, die sich in jedem Moment ihres Daseins als Werkzeug Gottes fühlt, kann so wie Dr. Cahn alles klein Menschliche des eigenen Ichs hinter sich lassen und ganz den Dingen und den Menschen untertan werden, um ihnen das Siegel des Gotteswillens aufzuprägen. Daher die Absolutheit, die Unbedingtheit seines eigenen Wollens - die Blinden nennen es Fanatismus, die Sehenden beugen sich vor der Größe einer Persönlichkeit, die durch ihre verstehende Milde, ihre sonnige Heiterkeit und Bescheidenheit die Reinheit ihres Pinchas-Eifers tausendmal erwiesen hat.   
Charakteristisch für die innige Verflochtenheit des Praktisch-Politischen und des Grundsätzlichen in Cahns Persönlichkeit ist das große Werk, das er kurz nach den Broschüren: 'Die Verbände und das Judentum' und 'Das Plädoyer des Herrn Justizrat Makower' erscheinen ließ: 'Die religiösen Strömungen im zeitgenössischen Judentum'. Hier folgen auf die ins Kleinste gehenden gründlichen Auseinandersetzungen über die Vorgänge bei der Schaffung des Volksschulunterhaltungsgesetzes von 1906 tiefeindringende Untersuchungen zu den dogmatischen Grundproblemen der jüdischen Lehre. Ihm war eben Politik nichts anderes als die Verwirklichung der Gotteslehre im öffentlichen Leben, und der kleinste Buchstabe in einem Gesetzesparagraphen gewann ihm Würde und Heiligkeit, wenn an ihm Gedeihen oder Verderb für Mizwo-Tat oder Tora-Erkenntnis zu hängen schien.   
Das ist das Geheimnis dieses an Erfolgen reichen Lebens. - - - Seine Spuren werden hienieden nimmer verwehen, und die unauslöschliche Dankbarkeit aller derer, die zum Gottesvolke sich zählen, wird Dr. Michael Cahn - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - für alle Zeiten geweiht bleiben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 
Die Bestattung am Sonntag, den 13. Tewes gestaltete sich zu einer überwältigenden Kundgebung der Verehrung und Liebe, die dem Verstorbenen in den weitesten Kreisen entgegengebracht wurde, obschon durch die schwierigen Verkehrsverhältnisse gar mancher treue Freund ferngehalten worden war.  
Im Trauerhause gaben am frühen Morgen schon die Nächststehenden, Rabbinatsassessor Kunstadt, der Bezirkssekretär der Agudas Jisroel, Dr. L. Herz, und der älteste Sohn Oberlehrer Dr. M. Cahn aus Leipzig, in erschütternden Trauerklagen ihrem Schmerze an der Bahre Ausdruck. Die Trauerfeier in der Synagoge, wohin man den Oraun (Sarg) verbracht hatte, begann um halb 10 Uhr. Namens des Landrabbinats rief Provinzialrabbiner Dr. Bamberger - Hanau dem verehrten väterlichen Freund und Kollegen Worte des Abschieds nach und überbrachte gleichzeitig den Zoll der Dankbarkeit für den Heimatgegangenen von Seiten des Synagogenverbands Hamburg. Distriktsrabbiner Dr. R. Breuer - Aschaffenburg gab im Auftrag seines Vaters und des Orthodoxen Rabbinerverbandes dem tiefen Schmerze Ausdruck, dass es ihm versagt sei, dem treuen Mitarbeiter und Freunde persönlich die letzte Ehre zu erweisen. Der Redner zeichnete alsdann in eindrucksvollen Worten die historische Bedeutung des Heimgegangenen als des Pinchas der deutschen Orthodoxie, die in Hirsch und seinen Genossen ihre Moses und Ahron gefunden hatte. Herr Jacob Rosenheim - Frankfurt feierte die priesterliche Wirksamkeit dieses..., indem er seine unvergleichliche Lebensarbeit für 'Freie Vereinigung', 'Agudas Jisroel', 'Deutsch-holländische Palästina-Verwaltung', 'Schaare-Zedek-Hospital' andeutend skizzierte, um ihm schließlich namens der Synagogen-Gemeinde 'Israelitische Religionsgesellschaft' in Frankfurt und als Freund und Schüler Abschiedsgrüße widmete. Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld - Gießen sprach warme Worte inniger Verehrung namens der Nachbargemeinden, Lehrer Sonn - Fulda für den Lehrerverein 'Jeschurun'. Von besonderem Eindruck waren die Reden der Vertreter des Vorsteheramts der Israeliten, Sanitätsrat Dr. Stern und der Gemeinde Fulda, Mendel Wertheim. Aus den Reden dieser Männer leuchtete die ganze Größe des Verlustes hervor, den der Heimgang dieses wahrhaften treuen Hirten für den Kreis seines heimatlichen Wirkens bedeutet. Um zwölf Uhr schloss die Trauerfeier. Ein endloses Trauergefolge geleitete die Bahre um halb 2 Uhr von der Synagoge zu dem ziemlich           
Fulda Israelit 08011920c.jpg (91837 Byte)entfernten Friedhof, wo die Trauerreden im Freien stattfanden. Der Sohn und Nachfolger des Verstorbenen, Provinzialrabbiner Dr. Leo Cahn, den der Vater zu seiner innigen Befriedigung noch in sein heiliges Amt vor wenigen Monaten hatte einführen können, rang seinem Schmerze erschütternde Worte ab. Worte, die sich über das Einzelleid zur Höhe des Gesamtheits-Bewusstseins emporhoben und den Gemeinden das heilige Vermächtnis des Vaters ans Herz zu reden versuchten. Dann riss Rabbiner Dr. Munk - Berlin die Hörer noch einmal durch einen packenden Abschiedsgruß an den Mann mit dem Elijahu-Geiste mit sich fort; er sprach namens des 'Adaß Jisoriel' in Berlin, des Rabbiner-Seminars und des Bundes jüdischer Akademiker. Ferner sprachen noch die Herren Dr. Nathan Cahn, Lehrer Gans - Niederaula für die Lehrer des Rabbinatsbezirkes und Lehrer Hirschberg - Frankfurt am Main für den 'Bund jüdischer Akademiker'. Der Tag neigte sich, als die Erdschollen über die Bahre und über das Sefer Tora in irgender Umhüllung hinabrollten, das man der zur Erde heimkehrenden Hülle Michael Cahns mitgegeben hatte."       
   
Fulda Israelit 15011920.jpg (72518 Byte)Todesanzeige für Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Januar 1920: 
"Nachruf! Nach einer 40-jährigen segensreichen Wirksamkeit als Rabbiner und Lehrer unserer Gemeinde ist uns 
Herr Provinzialrabbiner a.D. Dr. M. Cahn - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen - 
durch den Tod entrissen worden. 
Durch sein vorbildliches Leben, seine eherne Pflichttreue, sein unermüdliches Streben, die Kenntnis der Gotteslehre zu vermitteln und zu verbreiten, durch sein mutiges Eintreten für Erhaltung der Tradition und durch Schaffung mustergültiger Gemeindeinstitutionen hat er sich ein dauerndes Denkmal gesetzt. Unsere Dankbarkeit wird nie verlöschen. 
Fulda, den 12. Januar 1920. Die Synagogenältesten."   
 
Fulda FrfIsrFambl 09011920.jpg (159479 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. Januar 1920: "Dr. Michael Cahn.  Provinzrabbiner Dr. Michael Cahn in Fulda ist im 71. Lebensjahre aus einem Leben abberufen worden, das in jedem Atemzuge der Verherrlichung und Verwirklichung des Thaurohwortes (Torawortes) geweiht war. Unbeugsame Ehrlichkeit und Reinheit des Wollens, unermüdliche Energie des Schaffens machten Rabbiner Dr. Cahn zu einer der markantesten Erscheinungen unter den orthodoxen Rabbinen Deutschlands. Die Selbstlosigkeit und Konsequenz, mit der er für Thauroh, Awaudoh und Gemilus-Chassed (Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit) strebte, nötigte selbst seinen Gegnern - und an solchen konnte es einem Manne, der ganz Persönlichkeit war, nicht fehlen - Bewunderung ab. Ein heiterer Mensch - von welch reichem Humor waren seine Tischreden an der Festtafel gewürzt! - ein weiches Gemüt - zu Tausenden zählen die Briefe, die er im Interesse Gedrückter und Armer schrieb -, und doch welch eiserne Pflichttreue! Eine Frucht seiner staunenswerten Arbeitskraft ist auf schriftstellerischem Gebiete die 1912 erschienene, fast 500 Seiten zählende Kampfschrift 'Die religiösen Strömungen in der zeitgenössischen Judenheit'.  
Die Beisetzung gestaltete sich zu einer gewaltigen Manifestation des Ansehens, das sich Rabbiner Dr. Cahn in seinem Wohnorte Fulda bei allen Schichten der Bevölkerung, in seinem Amtsbezirke bei allen Gliedern der ihm anvertrauten Gemeinden und bei der gesamten orthodoxen Judenheit Deutschlands mit seinem Wirken erworben hat.  
Es wurden 16 Reden gehalten. Es sprachen die Söhne, die Rabbiner Dr. Bamberger - Hanau, Dr. Breuer - Aschaffenburg, Dr. Hirschfeld - Gießen, Dr. Munk - Berlin, Lehrer Hirschberg, Jakob Rosenheim - Frankfurt, Dr. Stern, Mendel Wertheim - Fulda usw. usw."     
Fulda FrfIsrFambl 16011920.jpg (218040 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Januar 1920: "Der Fuldaer Raw seligen Andenkens.  
Wenn das Mahnwort 'Talmud chochom schemes hakaul krauwow' uns je in seiner ganzen Bedeutungsschwere ergriffen hatte, so war es vor einigen Tagen, da uns die Kunde kam, dass Rabbiner Dr. Michael Cahn von seinem himmlischen Vater in die 'Welt der Wahrheit' gerufen wurde. Es war den unzählig vielen, de gewohnt waren, mit Stolz von 'unserem' Dr. Cahn zu sprechen, so weh zu Mute, als wenn ein teures Familienmitglied heimgegangen wäre. Mit seiner Familie mit seinen Gemeinden zugleich trauern um ihn alle diejenigen, denen der Name Dr. Cahns ein Programm war, eine ragende, führende Licht- und Feuersäule in dem Wirrsal unserer Zerklüftung.  
Wollt Ihr wissen, wer Dr. Cahn war? Geht hin in die Fuldaer Synagoge und seht den Jüngling und den Mann, der mit minutiöser Gewissenhaftigkeit darauf achtet, dass er Mizwas Tefilin nach göttlichem Gebot ausübt (sc. vgl. Wikipedia-Artikel Tefilin). Dr. Cahn war es, der von Bank zu Bank in seiner Synagoge schritt und sich zu jedem Barmizwohjungen niederbeugte und ihm die Mizwo in der ihm eigenen väterlichen Weise demonstrierte. Geht dann hin ins Bethamidrasch (Talmud- Toraschule) und hört das 'Lernen' seiner Khillo (Gemeinde) ihrer Alten und aber auch ihrer Jungen.  
Geht in die Hütten der Witwen und Waisen und zählt die Tränen, die dort geweint werden um den Heimgang dessen, der ihnen Stütze und Helfer war. Und vergesst nicht zu den Lehrern seines Bezirkes zu gehen und sie zu fragen, ob sie je ein Anliegen hatten, das 'ihr' Dr. Cahn nicht in fürsorglichster Weise erledigte.   
Und wenn Ihr staunend dann erkennt, dass hier inmitten des traurigen Niederganges unserer Mittel- und Landgemeinden ein Heiligenland, ein Eiland der Tora und Jira (Gottesfurcht) sich erhob, geschaffen durch Unermüdlichkeit und Energie, die ein Lebenswerk bedeuten, - dann blättert in den Analen der jüdischen Geschichte Deutschlands in den letzten vier Jahrzehnten, und ihr werdet ein Blatt finden, auf dem Dr. Cahn sich nicht verewigt hätte Wie konnte er, der Mensch mit dem kindlich heiteren Gemüte und dem weichen Herzen, ernst und hart werden, wenn er Ernst und Härte am Platz glaubte, wenn es galt, zum Ausdruck zu bringen, dass das Judentum der vom Sinai geoffenbarten Lehre und der Tradition, das er mit der innigsten Glut seiner Seele liebte, und für das er mit seinem Herzblut kämpfte, dass dieses Judentum keine Parteirichtung darstelle, sondern eben das Judentum in seiner Reinheit und Unverfälschtheit ist.   
Bei Dr. Cahn konnte man in jeder Phase seines an Kämpfen so reichen Lebens erkennen, wie diese Kämpfe geführt wurden mit der absoluten Reinheit sachlicher Überzeugung, die nie getrübt war auch nur durch einen Schimmer persönlicher Beeinflussung. Das große Geheimnis seiner Erfolge in diesen Kämpfen war die Tatsache, dass bei ihm das 'Leschem schomajim' keine Phrase war. Dies Bewusststein, die göttliche Wahrheit zu vertreten, verlieh seinen Worten und Schriften jene hinreißende Überzeugungskraft, die ihn das erreichen ließ, was andere als hoffnungslos aufgegeben hatten. Sie ließen ihn in seiner Tätigkeit für die 'Freie Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums' die Hindernisse überwinden, welche in innerjüdischen und außerjüdischen Kreisen der Verwirklichung der einzelnen Toragebote sich entgegenstellten. Ihm ist es zu verdanken, wenn das jüdische Volksschulunterhaltungs-Gesetz er ermöglichte, dass die Stimme der Tora nicht noch mehr in Deutschland verstummte, als es ohnedies der Fall ist. Die Lehrerbildungsanstalt in Köln, die Jeschiwaus im Osten, die Kranken in Erez Jisroel, die der Tora Treugebliebenen in Baden, Rheinland, Westfalen, sie alle trauern um den, der ihre Sache zu den seinen machte.   
Wer aber je seinen heißen Hauch verspürt, wer von Dr. Cahn gelernt hat, was es heißt, Jude zu sein, wer von der Trauer des großen Heimgegangenen erfüllt ist, - für den ist er nicht gestorben, für den lebt er weiter. So wird im Erstarken an seiner Lichtgestalt sich ein Denkmal für ihn aufbauen, welches die Wahrheit künden wird: 'Zadikim awilu bmisisom nikoim chajim'. G."       

       
Ergänzungen zum Nachruf auf Rabbiner Dr. Michael Cahn (1920)      

Mainz Israelit 22011920.jpg (111089 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1920: "Mainz, 14. Januar (1920). In dem Nachrufe auf Rabbiner Dr. Michael Cahn seligen Andenkens, ist der mannigfachen Beziehungen nicht gedacht worden, die den Dahingeschiedenen mit dem Begründer und langjährigen Herausgebers Ihres Blattes, Dr. Lehmann - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - verknüpften. Denn nicht nur bei dem damals bereits hochbetagten Rabbi Samuel Bondi - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, lernte der Heimgegangene bei seinem mehr denn zehnjährigen Aufenthalte in Mainz, mindestens ebensoviel bereicherte er sein talmudisches Wissen bei dem damals noch in jugendlicher Kraft stehenden Rabbiner Dr. Lehmann, der eine Jeschiwah unterhielt, an der Michael Cahn einer der hervorragendsten Schüler gewesen ist. Auch war es Dr. Lehmann oft genug, der den Schüler immer wieder aus dem engsten Kreise seines Provinzialrabbinates herauszuheben und ihm den Blick für die großen jüdischen Fragen zu öffnen verstand. Rabbiner Dr. Cahn hat denn auch keine Gelegenheit verpasst, diesen Tatsachen dankbarsten Ausdruck zu verleihen, so in seiner Trauerrede auf Dr. Lehmann und bei der Jubiläumsfeier der Israelitischen Religionsgesellschaft. Dr. Cahn bezeichnete Dr. Lehmann als seinen hervorragendsten Lehrer, dessen unvergleichlich weisen Rat er bei jeder Gelegenheit einholte, den er seit dem Ableben des großen Mannes auf das Schmerzlichste vermisse."      

       
Zum Andenken an Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1920)   

Fulda Israelit 16121920.jpg (144785 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Dezember 1920: "Zum Andenken an Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - in Fulda. 
Kommenden Dienstag, am Fasttage des 10. Tewet (= 21. Dezember 1920), jährt sich zum erstenmal der Tag, an dem uns, dem Torajudentum, der unvergessliche Fuldaer Rabbiner genommen wurde Wie wir hören, wird in Fulda die erste Jahrzeit in sinniger Weise begangen werden. Am Vorabend des Jahrzeitstages wird dort eine Siumfeier auf den ganzen Schass (Talmud) abgehalten, an der viele Rabbiner und Toragelehrte Deutschlands, die während des Oweljahres (Trauerjahres) die verschiedenen Traktate zum Gedenken an seine Seele ausgelernt haben, teilnehmen werden.  
Am Jahrzeitstage selbst wird morgens auf dem Friedhof eine Gedenkfeier und nachmittags in der Synagoge eine Trauerrede stattfinden. Da am Bestattungstage voriges Jahr, infolge der Verkehrsschwierigkeiten am Sonntag, von den unzähligen Freunden und Verehrern des verewigten Rabbiners nur eine verhältnismäßig geringe Zahl nach Fulda gelangen konnte, ist zu erwarten, dass sich viele von ihnen die Gelegenheit nicht entgehen lassen, den ersten Jahrzeitstag it der Familie und der Gemeinde des Verewigten, in treuem Gedenken vereinigt zu sein.  
Wie wir ferner erfahren, ist zum ehrenden Andenken des Provinzialrabbiners Dr. Cahn - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - eine Stiftung am Fuldaer Beshamidrasch begründet worden, die dazu bestimmt ist, diese Lieblingsschöpfung des Verstorbenen, auf die er soviel Mühe und Zeit verwendete, in seinem Sinne und Geiste so auszubauen, dass darin beständig ein Toragelehrter dem Talmudstudium obliegen und Jünger für die Tora heranbilden kann. Es darf keinem Zweifel unterliegen, dass sie weite Kreise an diesem schönen Denkmal für den Mann, dessen ganzes Leben und ganze Kraft dem Judentum und der Tora gehörten, mit reichen Mitteln beteiligen werden."       

  
In Erinnerung an Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn soll eine Stiftung gegründet werden (1921)   

Fulda Israelit 06011921.jpg (85302 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Januar 1921: 
"Beit HaMidrasch schäl Maharam Schiff. Fulda.  
Wir haben beschlossen, zum ehrenden Andenken an unseren unvergesslichen Meister und Führer  
Provinzial-Rabbiner Dr. Michael Kahn 
- das Andenken an den Gerechten und Vollkommenen ist zum Segen
in Verwirklichung eines von ihm gehegten Planes an dem von ihm begründeten Beth Hamidrasch eine Stiftung zu errichten. Dieselbe soll er ermöglichen einen Talit Chochom (Talmudgelehrten) für dauernd anzustellen, der in diesen Räumen ununterbrochen Thauroh (Tora) lernen und verbreiten soll. Hierzu sind große Beiträge erforderlich. Wir bitten alle Freunde und Verehrer des Heimgegangenen uns bei der Ausführung dieses religiösen Gebotes (Mizwe) durch wesentliche Mithilfe zu unterstützen. Geldsendungen erbitten wir auf unser Konto.  
Beth Hamidrasch beim Hessischen Bankverein Fulda.  
Der Vorstand des Beth Hamidrasch zu Fulda
."      

   
Jahrzeitstag für Provinzialrabbiner Dr. Michael Cahn (1921)   

Fulda Israelit 13011921.jpg (33697 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Januar 1921: "Fulda, 2. Januar (1921). Am Abend des 10. Teweth (= 21. Dezember 1920, Fasttag Zom Tevet) versammelten sich im Hause unseres Raw die Freunde von Nah und Fern - soweit sie nicht durch dringende Amtsgeschäfte verhindert waren -, um den Sium auf .. in ernster Feier zu veranstalten. Es galt, den ersten Jahrzeitstag unseres Führers und Vaters, des Provinzialrabbiners Dr. Michael Cahn - das Andenken an den Gerechten und Heiligen ist zum Segen - in würdiger, sein Andenken ehrender Weise zu begehen.     
Fulda Israelit 13011921a.jpg (321941 Byte)Ein Denkmal der Liebe haben die Söhne, Schüler und Freunde ihrem Meister gesetzt, da sie zur Verherrlichung seines Andenkens sich zu einem edlen Bunde vereinigten und gemeinsam die gesamte mündliche Lehre von unserer Heiligen Tora während eines Jahres durcharbeiteten. Eine dem Geiste des Verklärten adäquatere Form des Dankes hätte die Schar seiner Jünger und Getreuen wahrlich nicht finden können. 
Diesem Gedanken gab der Sohn beredten Ausdruck, da er auf die glühende Liebe des Vaters zum Toralernen hinwies. Voll tiefer Ergriffenheit lauschten die Zuhörer der schlichten Erzählung, wie der zehnjährige Knabe seine Eltern bewogen hatte, ihn nach Mainz zu geben, wie er dort zu den Füßen von Rabbiner Lehmann und R. Schemuel Bondi saß und unermüdlich lernte, wie er nachts um 1 Uhr aufstand, trotz der kalten Winternacht in die Vorstadt wanderte, um bei einem hervorragenden Lamdon bis früh 6 Uhr zu lernen, weil der Thaurolehrer am Tage keine Zeit mehr für ihn frei hatte. So handelte der Knabe, der fern vom Elternhause lebte, getrieben und durchdrungen von einer Hingabe und Glut zum Gottesworte, die ihm seine frommen guten Eltern durch ihre treue Hingabe in die junge Seele gehaucht hatten. Des Jünglings brennende Sehnsucht ward im Manne zu jener Gottesflamme, die in alle Herzen schlug und den Gottesfunken zu hellem Feuer entfachte; die noch den Greis so urgewaltig durchlohte, dass der Zauber seiner Rede vor den Mächtigen der Erde, über Israel drohendes Unheil verscheuchte. Er empfand es als eine wundervolle Fügung, an der Stätte, die durch das Wirken von Rabbi Meir Schiff zu höchstem Ansehen in ganz Israel gelangt war, als Hüter des Heiligen zu stehen. Als krönenden Abschluss seines Lebenswerkes betrachtete er die Wiedererrichtung des Bes-Hamidrasch (Lehrhaus) des Rabbi Schiff. Diesen Bau lasset uns aufrichten, schloss der Redner - möge ein jeder in seinem Kreise zur Förderung dieses Zieles beitragen. Unser erstes vornehmstes Streben sei, das in diesem Jahre begonnene Lernen in den kommenden Jahren fortzusetzen. Dann lebt der Geist des Gerechten, uns weiter in einem Bris schel ahavoh (Bund der Liebe) einend, in uns und unseren Nachkommen fort immerdar zum Segen. - Es folgten noch viele Reden, deren Inhalt Thauroworte (Toraworte) des Verklärten waren und aus der Erinnerung stieg sein Bild herauf, gab der Versammlung Weihe und Erhebung. 
Am Morgen nach Schacharit begaben sich trotz des tiefen Schnees und eisigen Windes die Mitglieder der Gemeinde und die Freunde zur Trauer-Feier auf den Friedhof. Gemeinsam mit den Söhnen sprachen alle die Gebete am Grab des Gerechten. Der Stein stand bereits. Die Inschrift verlas und interpretierte der Raw. Der älteste Sohn dankte der Gemeinde für die Steinsetzung und sprach anknüpfend an die Stelle 'Und Jakob stellte einen Stein auf ihr Grab, das ist der Stein des Grabes Rachels'. Hinweisend auf den sinnigen Midrasch, dass jeder der Jakobssöhne einen Stein gebracht und sie alle Steine aufeinander getürmt, sodass ein Steinblock entstand, erinnerte er an die Worte des Raschban, man stelle den Gerechten keine Steine, ihre Worte, ihre Edeltaten seien ihr Denkmal. Auch unserem Lehrer Mose ist kein Stein gestellt. Sein Denkmal ist die ganze Tora. Sie erfüllen - von Anfang bis Schluss - heißt unseres Lehrers Andenken feiern. So möge der Stein uns nichts anderes sein als das Sinnbild, dass wir gemeinsam einen festen Felsblock bilden, gleich den geeinten Jakobssöhnen, um unseres Vaters heiliges Vermächtnis - die Erfüllung der Gebote unserer Heiligen Tora in allen Lagen des Lebens festzuhalten, jeder erneute Anblick dieses Denkmales der Liebe gebe uns die Kraft, dem edlen Rabbi gleich zu leben und zu streben, gebe uns die Mahnung, in den tiefen Schacht unserer Tora einzudringen, gemeinsam zu forschen und zu kämpfen, dann wird, wenn der Stein nicht mehr zu reden vermag, des verklärten Vaters Andenken in Israel als ein Edelstein von herrlichstem Glanze erstrahlen.   
Nach Mincha hielt der Sohn und Nachfolger in Schul einen groß angelegten Hesped, indem er den Gerechten als Fürsten und Retter Israels, als Vater und Berater seiner Gemeinden, als Lehrer und Führer der Jugend, als Wohltäter der Menschheit in der fast unübersehbaren Mannigfaltigkeit seines an Segen und Erfolgen so überreichen Schaffens feierte.   
Herr Lehrer Möller sang dann den vom Raw verfassten 'El Mole Rachamim' mit solcher Innigkeit, dass alle Herzen von Wehmut ergriffen wurden. Mit dem Vortrag dieses Gebetes, das der Allgütige erhören möge, schloss die würdige Feier."        

    
Rabbinatsvertretung gesucht (1921)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Januar 1921: "Zur Erteilung des Religionsunterrichts in den höheren Schulen dahier wird für die Dauer der Erkrankung unseres Provinzialrabbiners ein geeigneter Vertreter sofort gesucht. 
Geeignete Bewerber wollen sich an den Unterzeichneten wenden. 
Emanuel Stern, Synagogen-Ältester, Fulda."    

  
Geburtsanzeige einer Tochter von Provinzialrabbiner Dr. Leo (Jehuda) Cahn und Lea geb. Kober (1929)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Februar 1921: "Gott sei gepriesen
Die Geburt einer Tochter zeigen an Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn und Frau Lea geb. Kober
Fulda, 10. Adar 1 5689." (= 20. Februar 1929)   

   
Geburtsanzeige einer Tochter von Rabbiner Dr. Kalmann Kahan und seiner Frau Hanna geb. Kunstadt (1936)       

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1936: "Mit Gottes Hilfe. 
Die glückliche Geburt ihrer Tochter geben bekannt  
Rabbiner Dr. Kalman Kahan  Hanna Kahan geb. Kunstadt
.  
Fulda, Edelzellerweg 62. Am Abend vor dem 13. Elul 5696 (30. August 1936)".             


Beitrag von Rabbiner Dr. Kalman Kahan (1937)  
Dr. Kalman Kahan ist 1910 geboren. 1935 erschien von ihm noch im Hermon-Verlag (Frankfurt am Main): Seder Tannaim we Amoraim - auf Grund mehrerer veröffentlichter und nichtveröffentlichter Texte bearbeitet. 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juli 1937: 
"Der Einfluss der Orthodoxie auf den jüdischen Staat...
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken.     

   
Rabbiner Dr. Kalman Kahan übersiedelt nach Erez Jisrael (1938)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. September 1938: "Fulda, 23. September (1938). In diesen Tagen ist Herr Dr. Kalmann Kahan nach Erez Jisrael übergesiedelt. - In einer Abschiedsfeier, die durch die Zeitverhältnisse im engen Rahmen gehalten wurde, wurde ihm der Dank für seine hiesige Wirksamkeit ausgesprochen. Unser Raw schilderte, wie Dr. Kahan als Iwrith-Lehrer hierher gekommen sei, es aber bald verstanden habe, Erwachsene wie Jugendliche und Kinder im Toralernen um sich zu scharen und durch sein tiefgründiges Wissen auf jüdischem und allgemeinem Gebiete, Klarheit seines Lernens, die Echtheit seiner Jiroh (Gottesfurcht), die Reinheit seines Charakters und den Takt seines Auftretens immer mehr sie in der Emunoh (Wahrheit, Religion) zu stärken und einen Mittelpunkt für alle an der Tauroh (Tora) interessierten Kreise zu bilden. Insbesondere aber habe er sich ein unvergängliches Verdienst durch die 3 1/2-jährige Tätigkeit als Dozent an unserer Jeschiwa erworben. Er sei nicht nur der Lehrer, sondern der echte Freunde aller Bachurim (Torachüler) gewesen, für deren Ergeben und Zukunft er sich warm interessierte und sorgte.  
Diese Ausführungen wurden ergänzt durch Darlegungen des Herrn Siegfried Fulda, der namens des Kuratoriums der Jeschiwoh, Herrn Dr. Kahan für seine unermüdliche Hingabe und Pflichttreue dankte.  
Herr Meinhold Nußbaum schilderte die umfassende Arbeit, die Dr. Kahan als Bundesleiter des N.A. geleistet habe und wie seine Beziehungen zu den führenden Persönlichkeiten der Orthodoxie, aber auch seine enge Verbundenheit mit der chaluzischen Jugend eine wesentliche Hilfe zur Förderung des Chaluziuth und unserer Kibbuzim geworden sei.  
Zum Schlusse dankte Dr. Siegbert Katz namens des Esra (= Esra-Jugendbund) für die in dessen Rahmen geleistete Jugendarbeit. Dr. Kahana selbst dankte in bewegten Worten und Anschluss an Toraworte und zeitgemäße Worte unserer Großen (gemeint: bedeutende Persönlichkeiten des Judentums oder auch der Gemeinde). 
Es begleiten ihn die besten Wünsche der Fuldaer Gemeinde zu segensvollem Wirken in Erez Jisrael."       

      
      
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der anderen Kultbeamten (ohne Rabbiner)   
Ausschreibung der Stelle des Vorsängers und Schochet (1852)   

Fulda AZJ 10011853.jpg (43764 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Januar 1853: "Zur Wiederbesetzung der erledigten Vorsänger- und Schächterstelle bei der hiesigen israelitischen Gemeinde werden geeignete Bewerber, falls beide Stellen verbunden werden sollen, unter Vorlage ihrer betreffenden Befähigungs- und Sittenzeugnisse an die Unterzeichneten binnen 4 Wochen aufgefordert. 
Fulda, am 29. Dezember 1852. Die Synagogenältesten S. Eschwege. J. Weilburg."      
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 7. Januar 1853:  "Anzeige. Zur Wiederbesetzung der erledigten Vorsänger- und Schächterstelle bei der hiesigen israelitischen Gemeinde, werden geeignete Bewerber, falls beide Stellen verbunden werden sollen, unter Vorlage ihrer betreffenden Befähigungs- und Sittenzeugnisse aufgefordert, sich innerhalb 4 Wochen bei Unterzeichneten zu melden. 
Fulda, am 29. Dezember 1852. Die Synagogen-Ältesten: S. Eschwege. J. Weilburg.

        
Ausschreibung der Schächter- und Hilfsvorsängerstelle (1860)   

Fulda Israelit 13061860.jpg (56115 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Juni 1860: "Vakanz. Die hiesige Schächter- und Gehilfsvorsänger-Stelle soll alsbald besetzt werden. An Gehalt wird außer den gewöhnlichen Nebeneinkünften 200 Gulden gegeben. Hierauf Reflektierende, am liebsten Unverheiratete, belieben sich unter Beibringung ihrer Fähigkeit und religiöser Führungszeugnisse zu wenden an 
Die Synagogen-Ältesten: Simon Eschwege, J. Weilburg. Fulda, den 16. Mai 1860."     

  
Ausschreibung der Stelle des zweiten Religionslehrers (1890)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1890: "Die Stelle eines 2. Religionslehrers in der hiesigen Synagogen-Gemeinde, mit welcher die Versehung des Küsterdienstes verbunden ist, soll alsbald besetzt werden. Das Diensteinkommen besteht in Mark 1.000 jährlich fixen Gehaltes und in den mit dem Küsterdienst verbundenen herkömmlichen Akzidenzien. Seminaristisch gebildete Bewerber haben ihre Gesuche nebst Zeugnissen - letztere können vorläufig unbeglaubigte Abschriften sein - an die unterzeichnete Stelle zu richten , von welcher aus den Bewerbern auf deren Verlangen auch nähere Auskunft erteilt wird. 
Fulda, 17. Juni 1890. Vorsteheramt der Israeliten: Dr. M. Cahn, i.V. Tannenbaum".   
   
Fulda Israelit 11091890.jpg (70941 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1890:  "Vakanz. In Folge Ablebens eines Kultusbeamten in hiesiger Gemeinde ist die Stelle eines zweiten Religionslehrers, verbunden mit der eines Vorbeters, alsbald zu besetzen. Das Diensteinkommen besteht in Mark 1.300 fixen Gehaltes. Gelegenheit zu anderweitigen, nicht unbeträchtlichen Nebeneinnahmen ist geboten. Seminaristisch gebildete Bewerber haben ihre Gesuche nebst Zeugnissen - vorläufig unbeglaubigte Abschriften - an die unterzeichnete Stelle zu richten.
Unsere frühere Ausschreibung vom Juni dieses Jahres findet hierdurch ihre Erledigung. 
Fulda, im September 1890. Vorsteheramt der Israeliten: Dr. M. Cahn."    

            
Ausschreibung der Schächterstelle (1890)    

Fulda Israelit 11091890c.jpg (42468 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. September 1890: "Schächterstelle
In hiesiger Gemeinde soll die Stelle eine Schochet, in Verbindung mit dem Küsterdienste, alsbald vergeben werden. Gehalt Mark 1100 nebst den mit dem Küsterdienste verbundenen herkömmlichen Akzidenzien. Geeignete Bewerber wollen ihre Zeugnisse senden an 
A. Wertheim, Gemeinde-Älteste. 
Fulda, im Elul 5650." (= August-September 1890)      

  
Ausschreibung der (orthodoxen) Kantoren, Schächter- und  Lehrerstelle (1892)   

Fulda Israelit 14031892.jpg (61609 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1892: "Lehrer-Gesuch. 
Die wegen religiöser Bedenken neu zu begründende Gemeinde in Fulda sucht einen jungen, religiösen Lehrer er 1. April 1892. Derselbe muss ein guter Chasan (Kantor), tüchtiger Schochet und Lehrer sein und wird demselben ein hohes Einkommen garantiert. Bevorzugt werden solche, welche das Würzburger Lehrerseminar besucht und von dem Würzburger oder Aschaffenburger Rabbiner Rabbiner eine Autorisation haben. Offerten nebst Zeugnissen unter 'Symmachos' an unseren Vorsitzenden H. Heßdörfer in Fulda erbeten."    

  
Lehrer Spiro eröffnet ein Schülerpensionat in Fulda (1900)   

Fulda Israelit 08031900.jpg (65731 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1900: "Am 1. April dieses Jahres eröffne ich in Fulda ein 
Pensionat 
für Knaben, die die höheren Schulen besuchen sollen. Liebevolle Behandlung und Nachhilfe in allen Schulfächern wird zugesichert Auf Wunsch Privatunterricht in hebräischen Disziplinen. Referenzen erteilen gütigst Seiner Ehrwürden Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn in Fulda und Herr Seminar-Direktor Dr. Hoffmann, Berlin.  
Spiro, Lehrer, zur Zeit in Schenklengsfeld."     

   
Anzeige des Schülerpensionates von Provinzialrabbiner Dr. Cahn (1903)   

Fulda Israelit 12031903.jpg (84564 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1903: "Pensionat
Knaben und junge Leute, die sich einem wissenschaftlichen und kaufmännischen Beruf widmen wollen, finden im Hause des Unterzeichneten Aufnahme. Königliches Gymnasium und Realschule am Ort. Studium der Heiligen Tora, der hebräischen Bibel, der Mischna und des Talmud im Hause; desgleichen Nachhilfe in allen Fächern; Gelegenheit zu französischer und englischer Konversation. Familiäre Behandlung. Haus mit Garten in gesunder, freier Lage; Zimmer hell und freundlich. 
Provinzialrabbiner Dr. Cahn in Fulda. 
Zu näherer Auskunft sind bereit: Dr. Feilchenfeld, Rabbiner in Posten, Dr. Breuer, Rabbiner in Frankfurt am Main, Dr. Ritter, Oberrabbiner in Rotterdam, Dr. H. Adler, Chief-Rabbi in London".   

  
Ausschreibung der Stelle des 2. Schächters und Gemeindedieners (1903)   

Fulda FrfIsrFambl 03071903.jpg (12823 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Juli 1903:  "Fulda, 2. Schächter und Gemeindediener. Gehalt Mark 1400, Nebeneinkommen Mark 300-400."    
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1903: "Gute Existenz. 
Die Stelle des zweiten Schochet verbunden mit der Stelle des Gemeindedieners, soll sofort in hiesiger Gemeinde besetzt werden. Bewerbungsgesuche unter Anfügung der Zeugnisse über die bisherige Führung und die Befähigung zum Schächterdienst sind an die Unterzeichneten zu richten. Gehalt 1400 Mark und ungefähr 3-400 Mark Nebeneinkünfte.
Fulda, 25. Juni (1903). 
Die Synagogen-Ältesten: 
K. Löbenstein, Em. Stern."  

  
Nachfolger von Lehrer Spiro wird Lehrer Möller aus Lübeck (1910)   

Fulda FrfIsrFambl 06051910.jpg (14536 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Mai 1910: "Fulda. An die Stelle des in den Ruhestand versetzten Lehrers Spiro tritt Lehrer Möller aus Lübeck".    

   
Zum Tod der Frau von Lehrer Spiro (1917)   

Fulda Israelit 04011917.jpg (87082 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar 1917:  "Fulda, 25. Dezember (1917). Heute ist hier Frau Lehrer Spiro nach langem schwerem Krankenlager sanft entschlummert. Was der Kreis der Familie und Freunde an dieser edlen Frau verloren hat, kann nur der würdigen, der ihr vorbildliches Walten und Wirken beobachten durfte. Sie hatte zusammen mit ihrem Gatten, mit dem sie in 35-jähriger glücklicher Ehe verbunden war, die Freude, ihre Kinder, ihre Kinder, für die sie lebte und strebte und die sie zu beglücken suchte, zu echten, guten Menschen heranblühen zu sehen.  Ihr Haus war ihre Welt, ihr Heiligtum, in dem sie als echte, gottesfürchtige Priesterin ihres Amtes waltete, in dem die Schlichtheit und Natürlichkeit ihres Wesens, die Anmut ihrer Tugenden sie mit lichtem Zauber umstrahlte. Die große Beliebtheit der Entschlafenen erkannte man an der ungewöhnlich großen Teilnahme bei der Beerdigung, die am 6. Chanuka-Tage stattfand. Herr Rabbiner Dr. Frankl aus Halberstadt schildert unter den durch das Religionsgesetz gebotenen Einschränkungen im Trauerhause in schmerzbewegten Worten die Vorzüge der Verewigten, ihr im Namen der Familie den Dank für alle im Leben erwiesene Liebe und Güte aussprechend. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."     

   
70. Geburtstag von Lehrer Spiro (1924)      

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 13. März 1924: "Unter Anteilnahme der gesamten Bürgerschaft Fuldas und Umgebung konnte unser verdienstvolles Mitglied und langjähriges Vorstandsmitglied des Landesverbandes Hessen-Nassau und Hessen, Herr Lehrer Spiro, seinen 70. Geburtstag feiern. Indem wir Herrn Lehrer Spiro für seine bisherige treue Gefolgschaft und Wirksamkeit für unsere Sache danken, sprechen wir ihm noch nachträglich unsere herzlichsten Glückwünsche aus."         

 
Zum Tod von Lehrer Spiro (1927)   

Fulda Israelit 12121927.jpg (67749 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1927: 
"Lehrer Spiro - das Andenken des Gerechten ist zum Segen
Fulda, 12. Dezember (1927). Am frühen Morgen des Heiligen Schabbat Paraschat Wejischlach durcheilte die Trauerkunde, dass Herr Lehrer Spiro nach langem, schweren Leiden in seine künftige Welt eingegangen sei, die Stadt. Montag vormittag, 11 Uhr wurde er unter großer Beteiligung von nah und fern zur letzten Ruhe geleitet. Da er sich letztwillig jeden Hesped (Trauerrede) und jede Würdigung seiner Person in der Presse verbeten hatten, sprachen nur seine beiden Schwiegersöhne, Herr Dr. Frankel und Herr Lehrer Sonn einige Abschiedsworte im Hause an der Bahre. und auch wir müssen uns jede Würdigung seiner Person versagen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

  
Beitrag von Lehrer Abraham Sonn über "Musik und Musikinstrumente der Bibel" (1931)  

Artikel (nur der Anfang des längeren Artikels ist abgebildet und zitiert!) in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1931:  
"Musik und Musikinstrumente der Bibel. Von A. Sonn, Lehrer in Fulda
Musik erfreut des Menschen Herz, des einzelnen, wie der Gesamtheit. Das Herz des gesunden und glücklichen Menschen wird zu Frohsinn und Heiterkeit gestimmt, das des Kranken und Schwermütigen wird beruhigt und zu neuer Hoffnung belegt. Die Musik veredelt des Menschen Herz, zieht vom Niedrigen ab, wirkt zähmend ein auf die Rohheit und Wildheit, weckt feines, tieferes Gefühl für das Schöne, macht zugänglich für das Bessere und erhebt die Menschen; sie ist der Schlüssel zum Herzen. 'O es weiß der nichts, was es ist, sich verlieren in der Wonne, wer die Religion, begleitet von der geweihten Musik und von des Psalms heiligem Flug, nicht gefühlt hat! Sanft nicht gebebt, wenn die Scharen im Tempel feiernd sangen!' ist das Wort des Dichters..."       
Zum weiteren Lesen des Artikels aus dem "Israelit" über compactmemory.de: Seite 1  Seite 2  

   
Zum Tod der Frau von Lehrer Abraham Sonn, Henriette Sonn (1933)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1933: "Fulda, 23. Oktober (1933). Am Morgen des Simchat Tora-Festes ist Frau Henriette Sonn, die Gattin des Lehrers Herrn A. Sonn nach langem Leiden verschieden. Mit dieser Frau ist eine Persönlichkeit von recht seltener Prägung dahingegangen. Mit den ihr eigenen feinen Geistesgaben hatte sie die jüdische Ideenwelt mit tiefem Verständnis erfasst. Ihre Geisteswelt basierte auf tiefinnerlicher Wahrheit und auf einem Gottvertrauen, das ihr die Kraft verliehen, das schwere Schmerzenslager mit Geduld und mit Ergebenheit in den göttlichen Willen zu ertragen. Als gleichgesinnte Gattin stand sie ihrem Gatten in der Erziehung ihrer Kinder treu zur Seite und so hatten sie das Glück, diese als Jehudim im Sinne von unserer heiligen Tora heranwachsen zu sehen. Die Beisetzung der wackeren Frau hat am Sonntag, dem 25. Tischri (= 15. Oktober 1933) unter Beteiligung der gesamten Gemeinde und auch vieler, von von auswärts gekommen sind, um ihr die letzte Ehre zu erweisen, stattgefunden. Wegen der kaum verflossenen Feiertage wurde keine Trauerrede gehalten. Nur im Trauerhause sprachen der Schwager, Herr Rabbiner Dr. Frankl aus Halberstadt und der Sohn der Verstorbenen ergreifende Worte des Abschieds. Möge der Verdienst der Dahingeschiedenen den Hinterbliebenen beistehen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

    
Lehrer Abraham Sonn tritt in den Ruhestand - Nachfolger wird Lehrer Iwan Goldschmidt - Lehrer Möller begeht sein 25-jähriges Ortsjubiläum (1935)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1935: "Fulda, 20. Februar (1935). Herr Lehrer Abraham Sonn tritt nach zurückgelegtem 62. Lebensjahre mit dem 1. April dieses Jahres in den Ruhestand. Mit Bedauern sieht die Gemeinde den gewissenhaften Beamten der Schule und der Gemeinde aus dem Dienste scheiden, da Herr Sonn bei voller Rüstigkeit und jugendlicher Körper- und Geistesfrische das Feld seiner Tätigkeit verlässt. Zu seinem Nachfolger hat die Regierung zu Kassel Herrn Iwan Goldschmidt, Lehrer an der Jüdischen Volksschule zu Wüstensachsen zum 1. April ernannt. - Am gleichen Tage blickt Herr Lehrer Möller auf eine 25-jährige segensreiche Tätigkeit an der hiesigen Jüdischen Volksschule und Gemeinde zurück. Wie verlautet, plant die Jüdische Gemeinde eine kleine Feier, durch die der Abschied des Herrn Sonn und das 25-jährige Ortsjubiläum des Herrn Möller begangen werden soll."     

   
Abschiedsfeier für Lehrer Abraham Sonn und 25-jähriges Ortsjubiläum von Lehrer Möller (1935)  

Fulda Israelit 11041935.jpg (240998 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1935: "Fulda, 31. März (1935). In einem Klassenraume der jüdischen Elementarschule fand heute Vormittag um 10 Uhr die Abschiedsfeier für Herrn Lehrer Sonn, der mit dem 1. April in den Ruhestand tritt, in einfacher, würdiger Weise statt. Gleichzeitig war mit dieser Feier die des 25-jährigen Ortsjubiläums des Herrn Lehrer Möller verbunden. Den Auftakt zu dieser Doppelfeier bildete die Predigt unseres Herrn Provinzialrabbiners Dr. Cahn am Heiligen Schabbat Paraschat Hachodesch (= 30. März 1935), der in seiner Rede einige Gedankengänge einzuflechten wusste, die das Wirken und Schaffen verdienstvoller Männer im allgemeinen schilderte und durch seine andeutenden Worte aus Daniel 12,1 (Zitat) die Gemeinde auf die Feier des nächsten Tages vorbereitete. Da diese der Zeit entsprechend sich nur in engstem Rahmen bewegen sollte, waren nur wenige Einladungen ergangen. Außer den Gemeinderabbinern, den Gemeindeältesten, den Mitgliedern des Vorsteheramtes, den Gemeindepräsidenten, Lehrern, den Jubilaren und Familien war der größte Teil der Schüler versammelt. Unter der bewährten Leitung des Oberlehrers, Herrn Dr. Rothschild, wurde die Feier durch Vorträge der Schüler angenehm umrahmt. Zunächst betrat Herr Dr. Cahn das Rednerpult und schilderte die segensreiche Wirksamkeit der beiden Lehrer in Schule und Gemeinde. Der Gemeindeälteste, Herr Mendel Wertheim dankte im Namen der Gemeinde und des Vorsteheramtes den beiden Lehrern für ihre aufopfernde Hingebung für Schule und Gemeinde und überreichte ihnen als Anerkennung eine Ehrengabe. Im Auftrage der abgehenden Schüler dankte ein Schüler (Bachenheimer) dem geliebten und verehrten Lehrer Sonn für seine Mühe und aufopfernde Tätigkeit und bergab ihm ein Abschiedsgeschenk. Auch die Religionsschüler der Realschule ließen durch einen Schüler ihren Dank zum Ausdruck bringen und übergaben ein Geschenk. Eine Schülerin hielt eine herzliche Ansprache an Herrn Möller und überreichte ihm ein Geschenk. In sehr bewegten Worten erwiderte nun zunächst Herr Sonn und dankte für die Feier, die man ihm und seinem Kollegen zu Ehren veranstaltet habe.    
Herr Möller dankte gerührt dem treuen Kollegen und Freund und hob hervor, dass während der 16-jährigen Tätigkeit des Herrn Sonn kein Misston das innige Verhältnis, das zwischen ihnen herrscht, getrübt habe. Herr Dr. Cahn widmete ein Abschiedswort Herr Dr. Rothschild, der schon nach einjähriger Lehrtätigkeit einem Rufe nach Frankfurt folge, dessen Scheiden allgemein bedauert werde, da er trotz der kurzen Tätigkeit sich die Herzen der Jugend gewonnen habe und so viel Segen ausgestreut habe.  
Zum Schlusse wurde ein Schreiben der Staatsregierung an Herrn Sonn verlesen, durch welches die Anerkennung der Regierung ausgedrückt wurde. Ein ähnliches Schreiben war auch von dem Stadtschulrat Dr. Hammacher eingetroffen. Nach einer Stunde war die schlichte, eindrucksvolle Feier beendet."      

    
Zum Tod der Frau von Lehrer Löwenstein (1937)   

Fulda Israelit 07101937.jpg (103209 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Oktober 1937: "Am Schabbat Schuwa (Samstag, 11. September 1937) verschied hier nach mehrmonatlicher Krankheit Frau Lehrer Löwenstein. Die Beerdigung vollzog sich unter außerordentlicher Teilnahme der hiesigen Gemeinde und eines großen Kreises auswärtiger Freunde und Verehrer des Hauses Löwenstein. Am Grabe schilderte Provinzialrabbiner Dr. Cahn die seltenen Charaktereigenschaften des Heimgegangenen. Er gab ein Bild von der harmonischen Vereinigung echter Gottesfurcht und edler Menschenliebe, wie sie in dem Hause des Lehrers Löwenstein - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, der zu den engsten Freunden und Mitarbeitern des alten Fuldaer Raw - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - zählte, geherrscht haben und wies darauf hin, wie diese Häuslichkeit auf so viele Menschen charakterstärkend wirkte und wie die Mitwirkung solcher Lehrerpersönlichkeiten zur Heranbildung echter und wackerer Jehudim wesentlich beitrug. Das echte Gemilus Chesed (Wohltätigkeit), die unermüdliche Sorge für Nah- und Fernstehende, das seltene Gottvertrauen und die Anspruchslosigkeit der Heimgegangenen wirkte sich in einer sie beglückenden Wiese aus, als es galt, nach dem Tod ihres Mannes die Kinder weiter zu echten Jehudim und tüchtigen Menschen zu erziehen. Der Geist, der im Kreise ihrer Kinder herrschte, war stets der schönste Lohn ihres hienidigen Lebens. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

    
Lehrkraft für Englisch und Hebräisch gesucht (1937)   

Fulda Israelit 04111937.jpg (48594 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November 1937: "Lehrkraft 
gesucht zur Erteilung von englischem und hebräischem Sprachunterricht. Eintritt nach Übereinkunft. Bewerbungen mit Zeugnissen, Lebenskauf, Lichtbild, Gehaltsanspüchen und möglichen Referenzen an das 
Israelitische Schulkuratorium, Fulda,
 
zu Händen des Herrn Max Nußbaum, Fulda, Kanalstraße 30."    

   
    
    

Aus der Geschichte der Israelitischen Schulen   
Der Bischof verbietet den jüdischen und protestantischen Mädchen den Besuch der katholischen Töchterschulen (1854)   

Fulda AZJ 16101854.jpg (28109 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Oktober 1854: "Fulda, 4.Oktober (1854). Der hiesige Bischof hat verordnet, dass die katholische Töchterschulen fernerhin nicht mehr von Mädchen israelitischer und protestantischer Konfession besucht werden."     

  
Ein Schulhaus für die Israelitische Elementarschule wird gebaut (1898)
  
Fulda Synagoge 2099.jpg (77944 Byte)Anmerkung: es handelt sich um das Gebäude mit der heutigen Anschrift "Von Schildeck-Straße 13" (Fl. 16, Flst. 11/4). Das Gebäude wurde 1898 bis 1900 als jüdisches Schulhaus nach Plänen des Fuldaer Stadtbaumeisters Johann Fuhrmann erstellt. Es handelt sich um einen zweigeschossigen Backsteinbau, der bis heute erhalten ist (in der Liste der Kulturdenkmäler der Stadt).
Nach 1945:  Das Gebäude der früheren jüdischen Schule kam zunächst in den Besitz der wiederbegründeten jüdischen Gemeinde, einige Jahre später war hier die städtische "Hilfsschule" untergebracht. 1987 wurde das Gebäude wiederum der in Fulda durch Zuwanderung größer gewordenen jüdischen Gemeinde übergeben. In ihm ist seitdem das jüdische Gemeindezentrum mit einer Synagoge im ersten Stock, Gemeinderäumen, einer Bibliothek und einem Museum untergebracht.
Vgl. Seite zur jüdischen Gemeinde in Fulda nach 1945 (interner Link)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1898: "Fulda, 20. Januar (1898). Die hiesige israelitische, 566 Seelen zählende Gemeinde ist in die Lage versetzt, im 1. Oktober dieses Jahres ab eine zweiklassige Elementarschule errichten zu können. Dieser Aufschwung bedingt den Neubau eines Schulhauses, der auch schon auf dem Submissionswege vergeben ist. Der Bauplatz, den die Stadt in liberaler Weise zu Mark 2,50 per Quadratmeter der israelitischen Kultusgemeinde überlassen hat, liegt an der verlängerten Brauhausstraße auf einem hochgelegenen Terrain, das einen freien Ausblick in die Umgebung Fulda's bis in die Rhön gewährt; er ist so groß, dass um das Schulgebäude mit geräumiger Lehrerwohnung ein Turn- und Spielplatz sowie ein Blumengarten angelegt werden können. Das Innere des Schulgebäudes ist eingeteilt in drei Lehrsäle, zwei davon Hochparterre, einer im ersten Stockwerk, in welchem Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn lediglich den Religionsunterricht erteilen wird, sechs Räume zum Wohnen für Herrn Lehrer Löwenstein, endlich in je ein Zimmer zu Konferenzen und für das Gemeinde-Archiv. Der Bau wird unter der Leitung des Stadtbaumeisters sofort begonnen und dürfte auf ca. 25.000 Mark zu stehen kommen, wie auch der Stadt zur Zierde und unserer israelitischen Gemeinde für ihre, sie selbst ehrende Opferwilligkeit bei Lösung kultureller Aufgaben zum Stolze gereichen. Hans Schoen."     

  
Die Israelitische Volksschule öffnet am 1. April 1900   

Fulda Israelit 05031900.jpg (75206 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. März 1900: "Fulda. Dem löblichen Bemühen unseres hochverehrten Rabbiners, des Herrn Dr. Cahn und der israelitischen Gemeinde dahier ist es nunmehr gelungen, am hiesigen Orte eine zweiklassige israelitische Volksschule zu gründen, die am ersten April dieses Jahres in einem neuerbauten, allen Anforderungen der Neuzeit ausgestatteten Schulhause eröffnet wird. Als Lehrer an dieser Schule sind von der Königlichen Regierung ernannt der derzeitige Religionslehrer der israelitischen Gemeinde, Herr Lehrer Löwenstein und der Lehrer J. Spiro aus Schenklengsfeld.  
Es wird mit der Gründung dieser Schule dem Zuge der Zeit und dem lokalen Bedürfnisse Rechnung getragen und wünschen wir dem Unternehmen Blühen und Gedeihen. Gleichzeitig sei auch der schon oft geäußerte Wunsch wiederholt, dass man überall, wo es nur irgend angängig ist, sich allen Ernstes bestreben möge, im hohen Interesse der Gemeinden und Lehrer israelitische Volksschulen zu errichten. M."        

  
Einweihung des neuen Schulhauses (1900)   

Fulda Israelit 10051900.jpg (175059 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1900: "Fulda, 23. April (1900). In erhebender Weise fand heute die Weihe des neuen Schulhauses statt. Als Vertreter des Staates und der Stadtbehörde waren der Königliche Herr Landrat und die Herren Beigeordneter Kircher und Stadtverordnetenvorsteher Halbleib, als Ehrengäste die Herren Seminardirektor Dr. Ernst, Kreisschulinspektor Bottermann, Stadtbaumeister Fuhrmann und Stadtsekretär Jeckel erschienen. Als Vertreter der Gemeinde hatten sich die Mitglieder des Vorsteheramtes und die Herren Synagogenältesten eingefunden. Vor dem festlich geschmückten Schulhause hatten die genannten Herren unser hochverehrter Herr Provinzialrabbiner Dr. Cahn und Mitglieder unserer Gemeinde Aufstellung genommen. Der Synagogenchor eröffnete die Feier mit dem Choral: 'Wenn Gott der Herr das Haus nicht baut.' Dann überreichte eine Schülerin dem Stadtbaumeister den Schlüssel zum Gebäude. Unter sinniger Ansprache, in der die Entstehung des allen Anforderungen der Hygiene entsprechenden Baues der lauschenden Menge vor Augen geführt wurde, übergab der Stadtbaumeister als Leiter des Baues den Schlüssel dem Herrn Beigeordneten Kircher, der ihn mit den Worten entgegennahm, dass er in der Überreichung ein Symbol erblicke, dass die jüdische Gemeinde, deren Opferwilligkeit rühmend Erwähnung geschah, bereit sei, das Schulhaus unter den Schutz der Stadt zu stellen, die diesen freudig übernehme. Mit der Versicherung, dass die Stadt der jüdischen Gemeinde ein stetes Wohlwollen in Wort und Tat entgegenbringen werde, legte der Herr Beigeordnete den Schlüssel in die Hand des Königlichen Herrn Landrats, der ihn als Vertreter des Staats entgegennahm. Hinweisend auf die hohe Bedeutung der Schule als Pflanzstätte der Kultur, Gottesfurcht und Königstreue überreichte er ihm dem Herrn Provinzialrabbiner, als geistlichem Hirten der Gemeinde. Mit dem Rufe Öffnet mir die Tore der Gerechtigkeit öffnete Herr Dr. Cahn, nachdem er warme Dankesworte an den Herrn Landrat für dessen Interesse an dem Zustandekommen der Elementarschule und für die tatkräftige Unterstützung bei der Ausführung des nun mit Gottes Hilfe vollendeten Werkes, zu dem der Allgütige seinen reihsten Segen geben möge, die Pforten des Schul-      
Fulda Israelit 10051900a.jpg (118953 Byte)hauses. In dem großen, mit Blattpflanzen, Ölgemälde und der Kaiserbüste geschmückten Saal desselben wurde dann der eigentliche Weiheakt vollzogen. Nachdem der Synagogenchor den 24. Psalm meisterhaft gesungen hatte, trug die Schülerin Anna Frank in mustergültiger Weise einen Prolog vor. Hierauf betrat Herr Dr. Cahn das Podium, um die Weiherede zu halten. Diese war ein Meisterstück der Rhetorik, von Herzen kommen und zu Herzen gehend. Herr Lehrer Löwenstein richtete danach Worte des Dankes an alle Diejenigen, besonders aber an den hochverehrten Herrn Provinzialrabbiner, die sich um die Begründung der Elementarschule und um die baulichen Ausführungen des herrlichen Gebäudes verdient gemacht und gelobte in seinem und seines Amtsbruders Namen, das auf die Lehrer als Jugendbildner gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen. Der Herr Landrat hielt dann eine patriotische Ansprache, die in ein Hoch auf Seiner Majestät unsern geliebten Kaiser ausklang, in das die Versammlung begeisternd einstimmte. Den Schluss der Feier bildete der Vortrag des Synagogenchors, der den 150. Psalm sang.   
Die Vertreter des Staats, der Stadt und die Ehrengäste besichtigten nach Schluss des Weiheaktes die Schulräume und sprachen sich über dieselben wie über die Ausstattung lobend und anerkennend aus. 
Möge die unter Kämpfen ins Leben gerufene Elementarschule, an welcher die Lehrer Löwenstein und Spiro wirken, der Gemeinde und dem Staate zum Segen und Gott zur Ehre gereichen."       

   
10 Jahre Talmudschule - Einweihung eines neuen Heimes (1909)  

Fulda Israelit 11111909.jpg (194954 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. November 1909: "Fulda, 7. November (1909). Seit 10 Jahren besteht innerhalb unserer Gemeinde ein Beth-Hamidrasch, eine dem Zweck des Torastudiums gewidmete Lehranstalt, die von der Chevra Schass (Talmudverein) dahier unter Leitung ihres Hauptes, des Herrn Provinzialrabbiners Dr. Cahn, ins Leben gerufen wurde. Die Errichtung dieses Beth Hamidrasch sollte zugleich einen Tribut der Verehrung für jenen zu den gefeiertsten Größen unseres Volkes zählenden großen Fürsten in Israel: Rabbi Meir Schiff bedeuten, der vor bald drei Jahrhunderten, in dem Zeitraum von 5382-5401 (1622-41) seine gewaltige Geistestätigkeit als das Oberhaupt unserer Gemeinde entfaltet und in diesen 19 Jahren jene reiche Fülle hervorragender Werke geschaffen hat, die - soweit sie nicht entwendet und ein Raum der Flammen geworden - durch ihre Tiefe und Meisterschaft die jüdische Gelehrtenwelt in Staunen setzen.  
Am vergangenen Samstag Abend beging das Beth Hamidrasch die Feier der Einweihung seines neuen Heimes, verbunden mit einem Sijum auf den Talmudtraktat Schabbat. Der Verein hat nämlich vor einiger Zeit, durch die Umstände genötigt, in unmittelbarer Nähe der Stelle, wo einst das Beth-Hamidrasch des Maharam Schiff gestanden, ein Haus gekauft, das mit den Kosten der Herrichtung auf 22.000 Mark zu stehen kommt. Das Festmahl, das in den freundlich aussehenden Räumen des neuen Hauses stattfand, offenbarte die die Herzen verbrüdernde Kraft des gemeinsamen Torastudiums, wie es im hiesigen Beth-Hamidrasch tagaus, tagein mit einer den fremden Zuhörer in Erstaunen setzenden Eifer betrieben wird. Herr Dr. med. Stern, der unermüdliche, für das Toralernen begeisterte Vorsitzende, schilderte in seiner Eröffnungsansprache unter dem Ausdruck heißen Dankes für die dem Beth Hamidrasch sichtbarlich zuteil gewordenen Gnade Gottes die Geschichte des Vereins, in deren Verlauf man bereits die Traktate Schabbat, Gittin, Baba Kamma beendete und, vor etwa Jahresfrist, Chullin begann. Dann folgte eine großangelegte Rede des Herrn Dr. Cahn, die, die Bedeutung des Tages erschöpfend, durch die Tiefe ihres Gedankeninhaltes wie durch ihre ergreifende Herzlichkeit und ihren strahlenden Humor die Gemüter hinriss. Herr Lehrer Löwenstein lieh den Gefühlen des Dankes, die de Vereinsmitglieder für die aufopferungsvollen Bemühungen des Herrn Dr. Cahn um das geistige und materielle Gedeihen des Beth Hamidrasch beseelen, freudige Worte.  
Herr Rabbinatsassistent Dr. Lorsch knüpfte in seiner Rede an die Schlussworte des Traktates Schabbat an und schloss mit einem warmen Appell an die Versammelten, für die Forterhaltung und Vervollkommnung der Lehranstalt stets mit besten Kräften einzutreten."          

   
Städtischer Zuschuss für die Israelitische Volksschule (1921)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1921: "Fulda, 23. Juni (1921). In der letzten Stadtverordnetenversammlung in Fulda wurde bei der Etatberatung der dortigen israelitischen Volksschule für das laufende Jahr ein Zuschuss von 32.513 Mark bewilligt. Die erwähnte Schule wird zurzeit von 102 Kindern besucht."      
    
Fulda AZJ 08071921.jpg (41462 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Juli 1921: "Aus Fulda wird geschrieben: In der letzten Stadtverordnetenversammlung wurde bei der Etatberatung der hiesigen israelitischen Volksschule für das laufende Jahr ein Zuschuss von 32.513 Mark bewilligt. Diese städtische Zuschuss ermöglichst es der Jüdischen Gemeinde, die persönlichen Ausgaben ohne eigene Opfer zu decken. Die erwähnte Schule wird zurzeit von 102 Kindern besucht."   
  
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1921: "Fulda, 10. Juli (1921). Die hiesige jüdische Volksschule erhält von der Stadt neuerdings einen Zuschuss von 32.000 Mark, bei einer Frequenz von 102 Schülern und Schülerinnen. Die Fuldaer Zeitung bemerkt zu der Erhöhung des Zuschusses durch die Stadtverordnetenversammlung folgendes: 'Die Bewilligung erfolgte ohne irgendwelchen Widerspruch einstimmig. Als Zentrumsleute halten wir dieses Verhalten unseren jüdischen Mitbürgern gegenüber für selbstverständlich."    

  
Lehrangebote für Schüler (1935)  

Fulda Israelit 07031935.jpg (38711 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. März 1935: "Fulda, 28. Februar (1935). Es ist geplant, von Pessach ab einer begrenzten Anzahl von Schülern Gelegenheit zu regelmäßigem Taurohlernen und Erweiterung ihres allgemeinen und fremdsprachlichen Wissens unter Leitung der hie ohnedies tätigen Rabbinen und Lehrer zu geben. Einige auswärtige Knaben im Alter von 14 bis 15 Jahren können noch in den Kreis aufgenommen werden."      

     
Aus der Arbeit der Jeschiwa - Feier eines Sijum (1936)   

Fulda Israelit 12031936.jpg (109187 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. März 1936: "Fulda, 8. März (1936). Vorige Woche konnte unsere hiesige Jeschiwa ihren ersten Sijum feiern. Einige Herren hatten sich dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt, um gemeinsam mit den Bachurim die Feier möglichst schön auszugestalten. Und sie wurde wirklich zu einem Fest für den Ewigen. Nach dem gemeinsamen Maariw-Gebete wurde die Feier durch Gesänge eingeleitet. Bald saßen alle an den schön gedeckten Tischen und nun begann der Rosch Jeschiwoh den Traktat (sc. der Mischna/des Talmud) auszulernen. Im Anschluss daran hielt er einen sich auf den ganzen Traktat erstreckenden Hadran, der mit einem Aufruf an die Schüler, immer tiefer in die jüdischen Quellen einzudringen, schloss. Anschließend an die Ansprache des Fuldaer und des Marburger Raw trugen einige Bachurim kleine Ansprachen und Abhandlungen aus der verschiedensten jüdischen Gebieten vor. Ein Hörer dankte im Namen seiner Chawerim den Dozenten und dem Vorstande der Jeschiwa für die aufopfernde Tätigkeit und Fürsorge. Zwischendurch hörte man immer wieder schöne Lieder, aus denen man so ganz ihre Verbundenheit mit der Tora und mit Erez Jisroel herausspüren konnte; und seine Sehnsucht ging plötzlich durch jeden, als mit dem Lied Leschana habaah Bijerusalem (Im nächsten Jahr in Jerusalem) die Feier abgeschlossen wurde. J.K."          

  
Ein Jahr Jeschiwa in Fulda (1936)   

Fulda Israelit 19031936.jpg (197020 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. März 1936: "Ein Jahr Jeschiwa in Fulda.  
Nachdem nun das erste Jahr der hier eröffneten Jeschiwoh sich seinem Ende zuneigt, ist ein Rückblick gestattet. 
Es war ein glücklicher Gedanke, den Ort, an dem so manche Gedaulim, deren Ruf in die Welt hinaus drang, gewirkt haben, zu erwählen, um das Projekt einer Jeschiwo K'tannoh (kleine Jeschiwa) zu erproben. Das Beth Hamidrasch, die Lieblingsschöpfung des verewigten Fuldaer Raw, Michael Cahn - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, das er nach dem Gaon Olam, dem Maharam Schiff - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - nannte, und das er mit einer reichhaltigen Bibliothek ausgestattet hat, bot den geeigneten äußeren Rahmen. Hier sollten die Manen eines Rabeinu Eliahu MiFulda, u.v.a. wieder zu neuem Leben erweckt werden.  
Aus der Notwendigkeit heraus, einer Reihe von Schülern, die mit 14 Jahren die höhere Schule verlassen hatten und deren bisheriges Taurohlernen und sonstige Vorbildung nicht plötzlichen Abbruch erfahren sollte unter den Augen der Eltern noch weiter geistig und sittlich zu betreuen und zu stärken, entstand der Plan, eine Jeschiwoh für 14-jährige einzurichten. Der überwiegende Teil der Zeit wird dem Gemorohlernen gewidmet. Hauptschiur: Baba Kama. Nebenschiur: Beza. Daneben regelmäßig als erster Morgenschiur: Chumisch mit Erklärern. Mehrmals in der Woche Dinim-Schiur, ebenso T'nach-Schiur. Einige Spätnachmittagsstunden sind der Erweiterung der Iwrith- und fremdsprachlichen Kenntnisse gewidmet.     
Für auswärtige Bachurim, die hinzukamen, ist in Privatpensionen für vorzügliche Kost und Unterbringung  gesorgt. Es wurden in diesem Jahre im Hauptschiur 25 Blatt, in der Regel mit Tosefta und anderen Erklärern, im Nebenschiur etwa das gleiche Pensum und noch einige Sugioth durchgearbeitet. 
Die wöchentlich stattfindenden Verhöre haben sich besonders bewährt und bilden eine wesentliche Stütze zur Erleichterung des am Schlusse eines jeden S'man stattfindenden großen Verhörs.  
Die Heschiwoh steht unter Leitung des Dajon, Rabbi Kunstadt. Es wirken an ihr auch die übrigen hier tätigen Toragelehrten mit. Im letzten S'man hat auch der Marburger Raw, der sich seit einiger Zeit zu Besuch hier aufhielt, wesentlich an der Jeschiwoh mitgewirkt. 
In welch günstigem Sinne die Jeschiwoh auf die Zöglinge einwirkte, zeigt sich in der Tatsache, dass die meisten von dem Wunsche beseelt sind, noch ein zweites Jahr auf ihr weiter zu lernen.   
Die erfreuliche Entwicklung unseres Projektes zeigt, dass hier ein Weg beschritten wurde, der auch in anderen Gemeinden, in denen bisher keine Jeschiwoh besteht, nachgeahmt werden sollte."  

   
Aus der Arbeit der jüdischen Volksschule in der NS-Zeit (Sommer 1937)  

Fulda Israelit 15071937.jpg (172383 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Juli 1937:  "Fulda, 12. Juli (1937). Eine vor kurzem durchgeführte ärztliche Untersuchung in unserer jüdischen Volksschule ergab, dass ein großer Prozentsatz der Schuljugend stark erholungsbedürftig ist. Da die finanzielle Lage der hiesigen Gemeinde es nicht erlaubte, dies in der wie in den letzten Jahren in Erholungsheimen unterzubringen, wurde auf Anregung des Vorsitzenden der örtlichen Zentral-Wohlfahrtsstelle, Herrn Salomon Nußbaum, der Plan gefasst, eine lokale Ferienfürsorge einzurichten, die in der Form durchgeführt wird, dass die Kinder morgens ein gemeinsames kräftiges Frühstück erhalten und anschließend in kleinen Gruppen unter Führung ehrenamtliche Mitarbeiterinnen spazieren geführt werden. Dank der rührigen Tätigkeit des Herrn Salomon Nußbaum gelang es, unter Mithilfe des Provinzial-Verbandes für jüdische Wohlfahrtspflege, Frankfurt die finanzielle Mittel in kürzester Zeit aufzubringen, sodass diese segensreiche Einrichtung am 11. Juli dieses Jahres durch eine schlichte Feier in den Räumen der Israelitischen Volksschule eröffnet werden konnte. In seiner Begrüßungsansprache wandte sich Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Cahn zunächst mit Worten des Dankes und der Anerkennung an die Synagogen-Ältesten und an die Damen und Herren unserer Gemeinde, die sich selbstlos in den Dienst der Sache gestellt haben. Besonderer Dank gebühre Herrn Synagogen-Ältesten Salomon Nußbaum, unter dessen Leitung die Ferienfürsorge steht. Anhand sinnig ausgelegter Toraworte wies er auf die besondere Bedeutung dieser Einrichtung hin. Herr Synagogen-Ältester Salomon Nußbaum betonte, dass es für Pflichten keinen Dank gebe und dass das Bewusstsein, helfen zu dürfen, genug inneren Dank in sich berge. In humorvoller Weise versuchte er der Schuljugend und den anwesenden Eltern die Pflichten, die sie der Gemeinschaft gegenüber haben, auseinanderzusetzen. Im Namen der Zentral-Wohlfahrtsstelle dankte Frau Direktor Kayser für die Worte der Anerkennung und versprach auch für die Zukunft selbstlose Mitarbeit. - Als Vertrauensarzt des Provinzial-Verbandes hob Herr Dr. Löwenstein die Notwendigkeit einer vernünftig durchgeführten Gesundheitspflege hervor. - Nachdem die Kinder durch eine nette süße Überraschung einen Vorgeschmack von der Ferienspeisung bekommen hatten, fand die Feier ihren Abschluss."     

  
   
Sonstiges  
Werbeanzeigen für die Lehr- und Erziehungs-Pensionsanstalt von Dr. Müller für israelitische Jugend des In- und Auslandes (1850)
    

Anzeige in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 8. Februar 1850: "Anzeiger. Bekanntmachung und Einladung. 
Mit Genehmigung der Staatsbehörde begründet der Unterzeichnete in hiesiger Stadt eine Lehr- und Erziehungs-Pensionsanstalt für israelitische Jugend des In- und Auslandes, welche Knaben von 6 Jahren an, aufnimmt, für ihre religiöse Erziehung, für ihr geistiges und körperliches Gedeihen nach Kräften Sorge trägt, den gesetzlichen Jugend-, Religions- und Elementarunterricht erteilt, dann wissenschaftlichen Religionsunterricht, kaufmännischen Unterricht in seinen verschiedenen Zweigen, in der französischen, englischen und italienischen Sprache, womit für die reifere Jugend stete Konversationsübungen verbunden werden sollen, in Zeichnen und in der Musik. Ferner wird für höhere Studien vorbereitender Unterricht in der lateinischen und griechischen Sprache, Mathematik etc. etc. erteilt, und den die hiesigen höheren Unterrichtsanstalten besuchenden Zöglingen in den betreffenden Unterrichtszweigen, Unterstützung geleistet.  
Die Zöglinge ganzer Pension, Bett mit Zubehör bleibt ausgeschlossen, zahlen ein jährliches Honorar von 160 Th. - Einhundert und sechzig Talern.
Indem ich nur noch auf das bereits ausgegebene Programm und die demnächst zu veröffentlichende spezielle Darstellung der inneren Einrichtung des Instituts verweise, lade ich alle Eltern und Vormünder, nah und fern, welche ihren Söhnen und Pflegbefohlenen eine gediegene Ausbildung zu geben wünschen, hiermit wohlwollend ein, sie meinem Institute, welches unter Aufsicht des Staates und eines besonderen israelitischen Aufsichtsvereins gestellt ist, anzuvertrauen und mir bis zum 15. Februar dieses Jahres ihre desfallsige Erklärung darüber zukommen zu lassen. 
Fulda, in Kurhessen, am 18. Januar 1850. Der Aufsichtsverein. Dr. Müller Institutsvorsteher."      
 
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Februar 1850: 
Derselbe Text wie oben       

         
Über die von "Rabbinatskandidat Dr. Müller" geplante Errichtung einer Erziehungs- und Bildungsanstalt und Kritik an dem Vorhaben (1849)   

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 30. März 1849: "Fulda, den 22. März (1849). Ich beeile mich Ihnen, geehrtester Herr Redakteur, eine für unsere Jugend bedeutungsvolle Neuigkeit zu berichten, die Sie unverzüglich durch Ihr vielgelesenes Blatt zur Veröffentlichung bringen wollen.  
Seit Kurzem ist in unserer Stadt das Tagesgespräch von einer Erziehungs- und allseitigen Bildungsanstalt für die israelitische männliche Jugend des In- und Auslandes, welche der junge, aber hochgelehrte Rabbinatskandidat, Dr. Müller aus Melsungen errichten will, die im Juni dieses Jahres eröffnet werden soll. Ob ihn zur Verwirklichung seines Vorhabens schon die Erlaubnis Seitens der hiesigen Kurfürstlichen Regierung respektive Bezirksdirektion zugeteilt sei, das kann ich mit Bestimmtheit noch nicht versichern, wohl aber, dass alle betreffende Unterinstanzen beziehungsweise das dermalige rechtsliebende und gutgesinnte Vorsteheramt der Israeliten dahier sein Gesuch um diese Erlaubnis mit den günstigsten Berichten unterstützt haben. Das Detail des Instituts, das in jeder Beziehung sehr großartig werden soll, sollen Sie demnächst erfahren. Nur noch dieses von dem Unternehmer und werdenden Direktor Dr. Müller. Man behauptet allgemein, dass er sich durch tiefe Kenntnisse, durch einen höchst lobenswerten Charakter auszeichnet. Er weilt seit vier Wochen hier, wird geschätzt und gelobet von Allen, die ihn kennen. Er verbindet mit gewecktem Geiste ein ausgezeichnetes Rednertalent. Erfasste nur deshalb den edlen gottgefälligen Entschluss zur Gründung einer solchen Anstalt, weil er gemeinnütziger zu werden wünscht, als eine Rabbinerfunktion ihm hierzu Gelegenheit darbietet. Segen ihm von oben!"   
  
Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 20. April 1849: "Steinbach. Um das Publikum einer Täuschung zu entreißen, in die es vielleicht durch einen irrtümlich in diesen Blättern aufgenommenen Artikel versetzt werden könnte, sehen wir uns genötigt, da Schein und Trug nicht mit der Tendenz dieses Blattes übereinstimmt, folgende Zeilen gegen die in Nr. 13 enthaltene Korrespondenznachricht, die Errichtung eines Institutes in Fulda betreffend, zu richten.   
Der Gründer des in jenem Artikel erwähnten Institutes, der mit dem Doktortitel präludiert, den er aber bald in Marburg, bald in Erlangen erlangt haben will, und der sich rühmt, so tief in die Schachten des Geistes gedrungen zu sein ist nichts anderes als ein Pedant, der mit der Blendlaterne des Phantasmagoreten dem Publikum seine Pedanterie zeigen will. Der Korrespondent dieser für das Allgemeine so wichtigen Nachricht scheint kein Anderer zu sein, als der Herr Dr. selbst, indem er darin mit solchen Attributen ausgestattet ist, die ihm jeder Gelehrte absprechen wird, und die er sich nur selbst beigelegt haben kann. Ist dies nicht der Fall, so hat der Herr Korrespondent insofern seine Ignoranz an den Tag gelegt, als er einen unreifen Jüngling, der seine maßlose Arroganz und Frivolität allenthalben zur Schau trägt, einen Hochgelehrten nennt. Um dem Volke die Errichtung eines Instituts bekannt zu machen, genügt eine einfach Annonce und es ist nicht nötig, diese auf so marktschreierische Weise auszuposaunen.
Am lächerlichsten klingt aber der Schluss dieses Artikels, worin der Herr Korrespondent die Gründung dieser Anstalt einer Rabbinerfunktion vorzieht, um gemeinnütziger zu werden. Wir sind begierig, die Ordination zu sehen, wodurch der werdende Direktor des Institutes zur Bekleidung einer Rabbinerstelle autorisiert ist und möchten ihm alsdann applaudieren, wenn er seine Rolle als Eskamoteur so glücklich gespielt hat, dass er eine solche verlangte. Sapienti sat."    

   
Das Institut von Dr. Müller besteht nicht mehr (1851)      

Artikel in der Zeitschrift "Der treue Zionswächter" vom 7. November 1851: "Fulda, im Oktober (1851). Dass unser hiesiges Institut des Herrn Dr. Müller aufgehört hat und letzterer ein Passivum von ca. 8-10.000 Talern hinterlassen und deshalb nicht gut von hier weggekommen sein soll, ist das Neueste in unserer Gemeinde. Das Institut hat wahrlich nur kurze Zeit geblüht und ging, vor dem sie zur erforderlichen Reife gelangt war, unter..." 

        
24. Jahresversammlung der israelitischen Lehrerkonferenz in Fulda 1892)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. August 1892:                  

 
     
      

      

       

 

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Stand: 30. Juni 2020