Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Hofheim in Unterfranken (Kreis Haßberge)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule    
Die Ritualmordlegende von Manau    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen       
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
   
In Hofheim bestand eine kleine jüdische Gemeinde in Verbindung mit der Nachbargemeinde Lendershausen in der Zeit von ca. 1880 bis 1942. Erst nach 1860 konnten Juden in der Stadt sich niederlassen. Durch Zuzug einiger Familien aus Lendershausen und anderen Orten entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1867 7 jüdische Einwohner (0,7 % von insgesamt 942 Einwohnern), 1871 24 (2,4 % von insgesamt 986), 1880 39 (4,1 % von 948), 1890 47 (5,4 % von 875), 1900 39 (4,1 % von 939), 1910 59 (6,0 % von 985), 1925 54 (5,0 % von 1.087). Die jüdischen Haushaltsvorstände waren vor allem als Viehhändler und im Einzelhandel tätig, dazu war eine Fabrik in jüdischem Besitz.

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde seit 1920 einen Betsaal (Synagoge, s.u.), einen Schulraum und ein rituelles Bad in einem zu einem jüdischen Gemeindezentrum umgebauten Haus in der Stadtmitte.  Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war - gemeinsam mit der Nachbargemeinde Lendershausen - ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Erster jüdischer Lehrer Hofheims war zugleich der letzte jüdische Lehrer der Gemeinde Lendershausen (vermutlich seit 1878 und insgesamt 40 Jahre lang): Baruch Wolf. Einige Jahre war er Lehrer der vereinigten jüdischen Gemeinde Lendershausen - Hofheim. Ihm folgten 1921 Justin Fränkel (1924 nach Erlangen) und ab dem 15. Mai 1924 Simon Blumenthal

Im Ersten Weltkrieg fielen fünf jüdische Männer an den Fronten (von damals knapp 60 jüdischen Einwohnern!): Gefreiter Julius Fleischmann (geb. 12.3.1890 in Hofheim, gef. 7.6.1917), Max Reus (geb. 7.8.1890 in Lendershausen, gef. 7.12.1914), Julius Rosenbach (geb. 14.4.1895 in Schweinshaupten, gef. 28.7.1916), Offz.St. Moritz Schuster (geb. 25.7.1885 in Hofheim, gef. 17.10.1915) und Jakob Strauß (geb. 26.5.1884 in Hofheim, gef. 30.7.1916). Ihre Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal an der Stadtkirche.

Um 1924 gehörten 50 Personen zur jüdischen Gemeinde (4,2 % von insgesamt etwa 1.200 Einwohnern). Damals waren die Vorsteher der Gemeinde Moses Reus, Josef Oppenheimer und Theodor Levor. Als Religionslehrer, Kantor und Schochet wirkte der bereits genannte Simon Blumenthal. Er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde vier Kinder (auch 1931/32: vier Kinder). 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde Max Fein (1. Vors.), Joseph Oppenheimer (2. Vors.) und Theodor Levor (3. Vors.). An jüdischen Vereinen gab es die Chevras Bikur Cholim (Vorsitzender Josef Oppenheimer, Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Bestattungswesen) sowie den Israelitischen Frauenverein (Vorsitzende Rita Schloß, Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Bestattungswesen). 

Das Verhältnis zwischen den jüdischen und christlichen Einwohnern der Stadt war insgesamt gut. Seit 1929 gerieten die jüdischen Einwohner Hofheims und anderer Orte  der Umgebung im Zusammenhang mit einem angeblichen 'Ritualmord' von Manau im Kreis Hofheim in eine äußerst schwierige Situation, die von den Nationalsozialisten schamlos durch eine seitdem betriebene hässliche antijüdische Propaganda ausgenützt wurde. Die Atmosphäre für die jüdischen Einwohner der Stadt und Umgebung wurde zunehmend vergiftet.  

1933 lebten noch 43 jüdische Personen in der Stadt. In den folgenden Jahren wurden sie in zunehmendem Maße aus dem Geschäftsleben der Stadt verdrängt. Seit 1936 mied die Bevölkerung Käufe in jüdischen Geschäften. 1934 wurden auf Grund des immer noch unaufgeklärten Mordes von Manau und des erneuerten Vorwurfes eines Ritualmordes mehrere jüdische Männer in Hofheim und Umgebung (vgl. z.B. auch Ermershausen, Schweinshaupten) verhaftet und erst nach einigen Monaten wieder freigelassen. Auf Grund der immer schwieriger werdenden Situation und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts verließen bis 1940 alle jüdischen Einwohner die Stadt. 16 konnten emigrieren, darunter sechs nach England, fünf in die USA, fünf nach Luxemburg. 28 verzogen in andere deutsche Orte (u.a. neun nach Bamberg, sechs nach Würzburg). 
   
Von den in Hofheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Ludwig Fleischmann (1886), Lina Friedmann (1878), Moses Friedmann (1887), Selig Friedmann (1885), Martin Hahn (1919), Pauline Mayer geb. Stern (), Max Rosenthal (1876), Regina Schönthal geb. Schuster (1892),  Irma Sündermann geb. Fleischmann (1894), Babette (Bertha) Strauß geb. Silbermann (1872), Sali Strauß (), Theodor Vandewart (1878).   
   
Anmerkung: die Nachweise bei Yad Vashem sind teilweise unsicher, da zur Angabe "Hofheim" meist keine Näherbestimmung erfolgt, ob "Hofheim in Unterfranken" oder "Hofheim im Taunus" gemeint ist, wo auch eine jüdische Gemeinde bestand.
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Ausschreibungen der Stelle der Religionslehrers/Vorbeters/Schochet 1921 / 1924  

Hofheim Ufr Israelit 17021921.jpg (47537 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1921: "Infolge Rücktritt des bisherigen Lehrers soll die hiesige Religionslehrerstelle nebst Vorbeter- und Schächterdienst neu besetzt werden. Das feste Gehalt regelt sich nach derzeitigen Gehaltsansprüchen bei freier Wohnung. Auf größeren ständigen Nebenverdienst, hauptsächlich für musikalisch ausgebildete Herren ist sicher zu rechnen. Meldungen mit oder ohne Gehaltsansprüche sind zu richten an den Vorstand der Israeltischen Kultusgemeinde Hofheim - Lendershausen (Unterfranken)."  
  
Hofheim Ufr Israelit 31011924.jpg (64740 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1924: "Infolge Berufung unseres Herrn Lehrers in einen größeren Wirkungskreis ist die hiesige Lehrer-, Kantor und Schochetstelle bis 15.3. oder 1.4.1924 neu zu besetzen. Gehalt nach Gruppe VII der Satzungen des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Bewerber mit seminaristischer Vorbildung wollen ihre Zeugnisse umgehend an den unterzeichneten Kultusvorstand einschicken. Nur verheiratete Bewerber oder solche mit eigener Haushaltführung erwünscht. Geräumige Dienstwohnung mit großem Garten vorhanden. Der Vorstand der Israelitischen Kultusgemeinde, Hofheim in Unterfranken, gezeichnet M. Reus, Kultusvorstand." 

      
Zum Tod des Lehrers Baruch Wolf 1930: 
letzter jüdischer Lehrer in Lendershausen - zeitweise gemeinsamer Lehrer in Hofheim und Lendershausen und damit erster jüdischer Lehrer in Hofheim

Hofheim Israelit 14081930.jpg (170721 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1930: "Lendershausen-Hofheim in Unterfranken, 1. August (1930). Einen unersetzlichen Verlust hat nicht nur unsere Gemeinde sondern ganz Israel, insbesondere aber die gesamte jüdische Lehrerschaft in dem Heimgange unseres langjährigen Lehrers a.D. Baruch Wolf im 80. Lebensjahre erlitten. - Schon im zartesten Kindesalter das Torastudium im Elternhause pflegend, ging der teure Entschlafene aus der Schule großer Lehrer der damaligen Zeit, des Rabbi Isak Gutmann - seligen Andenkens - in Heidingsfeld, des Rabbi Eleasar Ottensoser  - seligen Andenkens - in Höchberg und des Rabbi Seligmann Bär Bamberger - seligen Andenkens - in Würzburg als Toragelehrter hervor. Mit einem umfangreichen Wissen schon ausgestattet, suchte er dasselbe auch während seiner 50jährigen Berufstätigkeit und auch noch nach seiner Pensionierung dem Grundsatze - Tag und Nacht in ihr zu wachsen - entsprechend immer noch zu bereichern und sich zu vervollkommnen. Seine peinliche Gewissenhaftigkeit in der Ausübung der Gebote und Berufspflichten, seine echte Gottesfurcht, Bescheidenheit, Gottvertrauen, Friedensliebe und Wohltätigkeitssinn trugen im während seiner 40jährigen aktiven Tätigkeit die Hochachtung nicht nur der jüdischen Gemeinde und seiner Amtsbrüder, sondern auch - wie die Bestattung zeigte - der hiesigen Gesamtbevölkerung ein. Herr Bezirksrabbiner Dr. Ephraim aus Burgpreppach würdigte an der Bahre die große Toragelehrsamkeit, die Frömmigkeit, das menschenfreundliche Wesen und die Verdienste des Heimgegangenen auf dem Gebiete der Schule und Synagoge. Dann sprachen Herr Rabbiner Dr. Michalski aus Karlsruhe als Verwandter und früherer Bezirksrabbiner in Burgpreppach, Lehrer Blumenthal in Hofheim namens des Israelitischen Lehrervereins in Bayern, zu dessen Mitbegründern Baruch Wolf vor 50 Jahren gehörte, ein Vertreter des Bezirkslehrervereins Hofheim, Kaufmann S. Schuster aus Hofheim als Schüler und ein Vertreter des hiesigen Turnvereins, der mit umflorter Fahne erschienen war. - Möge das Verdienst des teuren ein rechter Fürsprecher vor dem König voller Gnade sein für seine hochbetagte Gattin. Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen."
   
Hofheim Ufr BayrGZ 01091930.jpg (113661 Byte)Bericht in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. September 1930: "Hofheim - Lendershausen (Unterfranken). Unser hochverehrter Lehrer Baruch Wolf in Lendershausen ist im nahezu 80. Lebensjahr verschieden. Baruch Wolf ist noch aus den alten Vorbereitungsschulen für den Lehrerberuf aus der Schule eines Rabbi Eleasar Ottensooser (Höchberg) und Rabbi Seligmann Bar Bamberger (Würzburg) hervorgegangen, nachdem er zuvor noch zu Füßen des damaligen bedeutendsten Toragelehrten Rabbi Isak Gutmann (Heidingsfeld) gesessen und so neben einem umfangreichen Fachwissen einen großen Schatz an Torawissen in sich vereinigte. Während seiner vierzigjährigen Tätigkeit hat er sich nicht nur in der ursprünglichen, nunmehr fast aufgelösten Kultusgemeinde Lendershausen und späteren Gemeinde Hofheim - Lendershausen die größte Hochachtung erworben, sondern auch das Vertrauen der hiesigen Gesamtbevölkerung besessen. Ehrende Worte widmete dem Entschlafenen Herr Bezirksrabbiner Dr. Ephraim namens der Kultusgemeinde, des Rabbinatsbezirks und des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden; Herr Rabbiner Dr. Michalski (Karlsruhe) sprach als Verwandter am Grabe; der Amtsnachfolger Lehrer Blumenthal (Hofheim) als Vertreter des israelitischen Lehrervereins Bayern, Oberlehrer Gräf namens des Bezirkslehrervereins Hofheim, Kaufmann Schuster (Hofheim) im Namen der Schüler und des Vorstandes des Turnvereins Lendershausen, dessen langjähriges, treues Mitglied der Verewigte gewesen ist. Die hiesige Kultusgemeinde wird das Andenken des Entschlafenen stets in Ehren halten. - seligen Andenkens -."

    
Lehrer Justin Fränkel wechselt nach Erlangen, Lehrer Simon Blumenthal kommt nach Hofheim (1924)     
Anmerkung:  Justin Fränkel (geb. 28. Oktober 1896 in Obbach) wuchs mit seiner jüngeren Schwester Berta in der Familie des Viehhändlers und Metzgers Mendel Fränkel und seiner Frau Fanny geb. Grünbaum in Obbach auf. Er besuchte ab 1911 die Israelitische Präparandenschule in Höchberg. Ab 1914 bis 1919 machte er eine Ausbildung an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt ILBA in Würzburg, unterbrochen durch seine Zeit als Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg. Nach Abschluss der Ausbildung war Justin Fränkel von 1921 bis 1924 Lehrer in Hofheim, anschließend am Mädchengymnasium in Erlangen. Ab 1923 war er mit Frieda geb. Blatt aus Obbach verheiratet; 1924 wurde sein Sohn Ernst geboren, 1927 die Tochter Edith (Schwarz). Justin prägte als Religionslehrer und Kantor die noch junge Kultusgemeinde Erlangen und engagierte sich im Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, auch als Schriftführer der Ortsgruppe (1932). In der NS-Zeit kam es im September 1934 zu Misshandlungen durch einen SA-Mann. 1936, nach dem verfolgungsbedingten Berufsverbot, zog Justin nach Bamberg und arbeitete dort an einer jüdischen Sonderklasse der Volksschule. Im April 1937 wurde er verhaftet im Zusammenhang der Ritualmordlegende zu Manau, Kreis Haßberge; danach, im November 1937, ging er wieder zurück nach Erlangen. Justin Fränkel konnte im Juli 1938 in die USA emigrieren. Seine Mutter Fanny und seine Schwester Berta wurden nach der Deportation ermordet. Justin Frankel starb 1984 mit 87 Jahren in Cincinnati, betrauert von seiner Frau Frieda, den Kindern Ernst und Edith, Enkeln und Urenkeln. 

Mitteilung in "Mitteilungen des Israelitischen Lehrervereins für Bayern" vom 26. März 1924:
"Justin Fränkel in Hofheim erhielt ab 1. April die Religionslehrerstelle in Erlangen.
Simon Blumenthal in Rimpar kommt am 15. Mai nach Hofheim."   

      
Über Lehrer Simon Blumenthal (ab 1924 Lehrer in Hofheim)      
Anmerkung: 
Lehrer Simon Blumenthal ist am 1. April 1872 in der Hansestadt Lübeck geboren. Er stammte aus einer kinderreichen Lehrerfamilie. Sein Vater Lazarus Blumenthal unterrichtete von 1872 bis 1905 in Laudenbach bei Karlstadt. Simon studierte, wohl nach der damals üblichen Berufsvorbereitung an einer Präparandenanstalt, an der Isr. Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (Examen 1891). Seit etwa 1899 unterstützte er seinen Schwiegervater Simon Buttenwieser als Lehrer in Rimpar. Im Ersten Weltkrieg Kriegsdienst in einem bayerischen Infanterie-Ersatzbataillon (1916): Ab Juli 1917 war er wieder als Lehrer in Rimpar. Zum 15. Mai 1924 wechselte er nach Hofheim. 1930 bildete sich auf seine Initiative eine Bezirkskonferenz jüdischer Lehrer für Burgpreppach-Hofheim, die auch für die Fortbildung der Kultusbeamten in den umliegenden Gemeinden zuständig war. Ab Ende 1933 lebte Simon Blumenthal mit seiner Frau und seinen Töchtern Zartella (1927-2005) und Henriette (1932- ) im Ruhestand in Würzburg, zeitweise zusammen mit seiner Schwester Nanni Blumenthal. Simon Blumenthal und seine Familie emigrierten im August 1939 nach London. Von Oktober 1939 bis Januar 1941 war Simon als Feindlicher Ausländer auf der Isle of Man interniert.     
     
  
 Lehrer Simon Blumenthal begründet eine Bezirkskonferenz Burgpreppach-Hofheim für Lehrer (1930)  

Hofheim Ufr BayrGZ 15041930.jpg (22160 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April 1930: "Vor einigen Wochen hat Lehrer Blumenthal (Hofheim) die Bezirkskonferenz Burgpreppach-Hofheim ins Leben gerufen. Wir begrüßen den Zusammenschluss der Kollegen in diesem Bezirke und hoffen, dass auch hier fruchtbringende Arbeit für Beruf und Judentum geleistet wird."
  
Hofheim Ufr BayrGZ 15051930.jpg (71763 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai 1930: "Aus dem Bezirksrabbinat Burgpreppach. Hofheim in Unterfranken, 30. April. Dank der Bemühungen des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Ephraim und der finanziellen Mithilfe des Verbandes Israelitischer Gemeinden Bayerns konnten nach jahrelangen Unterbrechungen seit Ende September 1939, ähnlich wie in anderen Rabbinatsbezirken, Fortbildungskurse für die Kultusbeamten eingerichtet werden, die trotz der schlechten Verkehrsverhältnisse, besonders im Winter, in sechswöchentlichen Abschnitten stattfanden. Das Arbeitsgebiet erstreckt sich auf Bibel, Talmud, pädagogische Vorträge usw. 
Nun haben sich vor kurzem die an den Fortbildungskursen beteiligten Lehrer zu einer Bezirkskonferenz des Israelitischen Lehrervereins zusammengeschlossen, deren Beratungen in Verbindung mit den Fortbildungskursen von jetzt an in vierwöchentlichen Abschnitten stattfinden sollen."  

     
     
     
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde - die Ritualmordlegende von Manau
(Beitrag von Christiane Kolbet, Quelle: HaGalil.com)  

März 1929 im unterfränkischen Manau: Der viereinhalbjährige Karl Keßler kehrt nicht vom Spielen zurück. Eine Suchaktion wird gestartet. Nach bangen Stunden macht man einen grausigen Fund: Der Leichnam des Kindes wird mit durchschnittener Kehle im Wald entdeckt. Das Entsetzen im Dorf ist groß. Wer mordet einen unschuldigen Knaben? Diese Frage lässt im Dorf niemanden mehr schlafen. 
Da findet die Gernerbäuerin in ihren Schränken ein zerfleddertes Buch: "Ein Bericht von den zwölf Jüdischen Stämmen, was ein jeder Stamm dem Herrn Christo zum Schmach getan haben soll und was sie dieß den heutigen Tag dafür leiden müssen." Von den Nachkommen des Stammes Dan hieß es in diesem Büchlein, dass sie keine Ruhe fänden, wenn sie nicht "mit der Christen Blut ihren stinkenden Leichnam wieder salben und schmieren". Bereits einen Tag später wissen alle in Manau über den Stamm Dan Bescheid. Die Polizei geht in ihren Ermittlungen von einem "Lustmord" an dem viereinhalbjährigen Jungen aus, doch für die Manauer steht fest, dass es sich bei dem Vergehen um einen "jüdischen Ritualmord" handeln muss. Wahllos beginnen sie jüdische Bürger der Umgebung der Tat zu bezichtigen. Geschürt wird ihre Paranoia vom damaligen Gauleiter der NSDAP in Unterfranken, dem Zahnarzt Dr. Otto Hellmuth aus Marktbreit. Er war nur wenige Tage nach der Tat persönlich nach Manau gereist, um sich am Fundort der Leiche und mit Hilfe der ortsansässigen Bevölkerung und des Bürgermeisters ein eigenes Bild von den Vorkommnissen zu machen. Noch im März verfasst Hellmuth für den "Stürmer" einen Artikel über den Mord von Manau und er lässt keinen Zweifel daran, wen er für die Mörder des Jungen hält. Am 1. April 1929, dem Ostermontag, lädt die NSDAP in Hofheim, dem Nachbarort von Manau, zu einer Versammlung über die "Blutmorde der Juden" ein. Der Andrang ist riesig. In drei Sälen gleichzeitig hetzen die Nazis und ihr unterfränkischer Gauleiter gegen die Juden und rufen offen zu Tätlichkeiten gegen die Minderheit auf. Ähnliche Veranstaltungen folgen in Ortschaften im weiteren Umkreis. Zudem lässt Otto Hellmuth auf eigene Kosten ein vierseitiges Flugblatt und eine Postkarte mit dem Konterfei des ermordeten Karl Keßler drucken und in der Manauer Gegend verteilen. Die Juden in der Region wehren sich gegen die Hetze: In Zeitungsartikeln, ganzseitigen Anzeigen und in öffentlichen Veranstaltungen versuchen sie den absurden Vorwürfen entgegenzutreten. Im "Boten vom Haßgau" bezieht die Bayerische Rabbinerkonferenz dezidiert Stellung zur Mär vom Ritualmord. Auch das katholische "Fränkische Volksblatt", das in Würzburg erscheint, und dessen Chefredakteur Heinrich Leier Geistlicher ist, verweist den angeblichen Ritualmord in das Reich der Phantasie. Doch der Erfolg der Aufklärungsaktionen bleibt dürftig. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es der Polizei nicht gelingt, den Mörder des Jungen zu finden. 1930 wird an der Stelle, an der die Kinderleiche gefunden wurde, ein Gedenkstein enthüllt. Der Platz wird zur Pilgerstätte der immer stärker werdenden NSDAP. Vier Jahre nach dem Mord ist die Saat der Nazis aufgegangen. Nun hat der Gauleiter von Unterfranken Otto Hellmuth freie Hand, um gegen die vermeintlichen Mörder des Karl Keßler vorgehen zu können: 1934 werden jüdische Bürger unter der Beschuldigung, den viereinhalb-jährigen Jungen geschlachtet und sein Blut zu rituellen Zwecken verwendet zu haben, verhaftet und von der Gestapo verhört. Begleitet wird die Verhaftungsaktion von einer einschlägigen "Ritualmord"-Sondernummer des "Stürmer". Die Ermittlungen im Manauer Mordfall zeitigen wieder keine Ergebnisse. Doch Otto Hellmuth gibt nicht auf: 1937 kommt es wieder zu Verhaftungen. Sieben Personen werden diesmal festgenommen und im Würzburger Gestapogefängnis inhaftiert. Unter ihnen sind der Lehrer und Schächter Emanuel Levi aus Burgpreppach, der bereits 1929 und 1934 der Tat verdächtigt wurde, sein Sohn Simon, der Erlanger Lehrer Justin Fränkel, und der Mazzenbäcker von Burgpreppach, Julius Neuberger. Monatelang werden sie festgehalten und immer wieder verhört. Am Ende einer der zahllosen Vernehmungen droht der über siebzigjährige Emanuel Levi offen mit Selbstmord. Und obwohl Belastungszeugen mit abenteuerlichen Behauptungen in Erscheinung treten und die Willkür der Nazis schon damals keine Grenzen mehr kennt, müssen die Beschuldigten nach monatelangen ergebnislosen Ermittlungen, und dank des Geschicks von Anwälten wie Thomas Dehler, freigelassen werden. Justin Fränkel und Simon Neuberger nutzen in der folgenden Zeit die wiedergewonnene Freiheit dazu, Deutschland zu verlassen. Viele der anderen Verdächtigten werden 1942 von den Deportationen erfasst, so auch der Lehrer Manuel Levi, der 1941 im Alter von 77 Jahren nach Riga verschleppt und dort ermordet wird. Noch kurz vor der Kapitulation im Frühjahr 1945 halten die Nazis im Wald von Manau eine Gedenkveranstaltung" für den ermordeten Knaben ab. Bald danach wird der Gauleiter von Unterfranken, Otto Hellmuth, wegen einer Reihe von Vergehen als Kriegsverbrecher gesucht, gefasst und zum Tode verurteilt. Doch die Nachkriegszeit meint es gut mit dem Zahnarzt: Zu lebenslanger Haft begnadigt, wird er bereits 1955 aus dem Gefängnis entlassen und erhält eine Entschädigung für seine "Kriegsgefangenschaft". 1958 lässt er sich im Schwäbischen nieder und praktiziert wieder als Zahnarzt. Er stirbt 1968. In Manau aber gibt es noch heute Menschen, die ernsthaft glauben, dass Karl Keßler das Opfer eines "jüdischen Ritualmordes" wurde. 

     
Verschiedene Berichte in jüdischen Periodika April/Mai 1929:   
Manau BayrGZ 01051929a.jpg (240477 Byte) Manau BayrGZ 01051929b.jpg (384073 Byte) Manau BayrGZ 01051929c.jpg (428989 Byte)
  "Die Ritualmordhetze in Franken. Ein Bericht in Ausschnitten" - Darstellung in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. Mai 1929 
         
Manau BayrGZ 15041929.jpg (128066 Byte)
"Ritualmordlüge in Bayern" - Artikel in der
 "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung"
 vom 15. April 1929 
 "Noch keine Aufklärung des Manauer
 Mordfalles" - Artikel in der Zeitschrift 
"Der Israelit" vom 18. April 1929.
"Der Manauer Mord" - Artikel in der 
Zeitschrift "Der Israelit" vom 
24. April 1929.
     
Manau BayrGZ 15051929.JPG (265804 Byte)
"Große Protestkundgebung in Würzburg" - 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 10. Mai 1929 
 "Der bayerische Kultusminister Goldenberger
 gegen die Manauer Ritualmordhetze" - Artikel 
in der "Bayerischen Israelitischen
 Gemeindezeitung" vom 15. Mai 1929
 "Die Ritualmordhetze in Bayern" - Artikel 
in der Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 16. Mai 1929
      
       

Siehe weitere Beiträge:
- Der Ritualmord von Manau und seine Instrumentalisierung durch die unterfränkische NSDAP. In: Ullrich Wagner (Hrsg.): "Denn das Sterben des Menschen hört nie auf …".
Aspekte jüdischen Lebens in Vergangenheit und Gegenwart (= Schriften des Stadtarchivs Würzburg. Band 11), Ferdinand Schöningh, Würzburg 1997, S. 169–182.    

      
     
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Unter den Gefallenen des Ersten Weltkrieges ist auch Lehrer Max Strauß (aus Hofheim stammend, gefallen 1914)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Oktober 1914: "Von jüdischen Beamten, die in den Krieg gezogen, sind auf dem Felde der Ehre gefallen: Lehrer Max Strauß von der Israelitischen Religionsgesellschaft in München (aus Hofheim stammend); Lehrer H. Isenberg von Andernach am Rhein; Lehrer Benno Rosenstock, Lehrer und Kantor in Wiesbaden; Lehrer Ludwig Neumann an der städtischen Gemeindeschule in Frankfurt am Main; Lehrer John Horwitz in Koesfeld, Westfalen. Der Sekretär der Berliner jüdischen Reformgemeinde, Lehrer H. Blumenthal, wurde in den Kämpfen an der Ostgrenze leicht verwundet."           

 
Zum Tod von Moses Reus 1926  
In der kurzen Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hofheim spielte Moses Reus (1858-1927) eine besondere Rolle. Er war von 1917 bis 1927 Vorsteher der Gemeinde und war u.a. als Kassier des Rabbinatsbezirkes Burgpreppach sowie als Mitglied in der Vorstandschaft und als Kassier im Bund gesetzestreuer israelitischer Gemeinden Bayerns tätig. Auch gehörte er sieben Jahre lang dem Stadtrat von Hofheim an.  

Rechts Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1922.  
Als Mitglied in der Vorstandschaft und als Kassier im Bund gesetzestreuer
 israelitischer Gemeinden Bayerns unterzeichnet  Moses Reus in Hofheim. 
Die Anzeige wird nicht ausgeschrieben, da sie zur Geschichte der Gemeinde
 Hofheim keine Informationen enthält. 

Hofheim Ufr Israelit 09021922.jpg (388581 Byte)

     
Hofheim BayrGZ 07011927.jpg (62669 Byte) Hofheim Ufr BayrGZ 07011927.jpg (52082 Byte) Hofheim Ufr BayrGZ 07011927a.jpg (55439 Byte)
Oben links Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" am 7. Januar 1927: "Hofheim in Unterfranken. Am 25. Dezember (1925) verschied in Hofheim der Kaufmann Moses Reus, der seit Gründung des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden dessen Tagung als Mitglied angehörte und lange Jahre hindurch das Vorsteheramt in seiner Gemeinde bekleidet hat. Mit ihm verliert die unterfränkische Judenheit eine ihrer markantesten Persönlichkeiten. Trotz seiner vorgerückten Jahre war der Dahingeschiedene unermüdliche im Interesse seiner Gemeinde, wie im Interesse des Verbandes tätig, für den er stets mit voller Hingabe eingetreten ist. Als Kassier des Rabbinatsbezirks Burgpreppach hat er die Geschäfte des Bezirks in musterhafter Weise geführt. Auch im Kuratorium der früheren Bürgerschule Burgpreppach war er bis zuletzt tätig. Sein Andenken wird bei allen, die ihn kannten, stets in hohen Ehren gehalten werden."    
Nachruf der Gemeinde (Mitte, aus der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7. Januar 1927: "Nachruf. Tief erschüttert beklagen wir den allzu frühen Heimgang unseres Vorstandes Herrn Moses Reus, welcher für unsere Gemeinde einen fühlbaren unersetzlichen Verlust bedeutet. Von unermüdlicher Willenskraft beseelt, mit klug Umsicht, weitausschauendem Blicke, Geradheit und Uneigennützigkeit hat er zehn Jahre hindurch unser Gemeindewesen nutzbringend geleitet. Sein Name ist mit der Gründung der noch jungen Kultusgemeinde Hofheim unlösbar verknüpft, und sein Andenken wird in unserer Mitte niemals verlöschen. Die israelitischen Kultusgemeinde Hofheim."
Nachruf des Verbandes (rechts): "Am 25. Dezember verstarb in Hofheim (Unterfranken) plötzlich Herr Moses Reus, Mitglied der Tagung und Kassier des Rabbinatsbezirks Burgpreppach. Wir betrauern in dem Dahingeschiedenen eine Persönlichkeit, die mit strengster Lauterkeit der Gesinnung eifrigste Hingabe an die jüdische Sache verband. Trotz seiner hohen Jahre war Moses Reus unermüdlich im Interesse unseres Verbandes tätig und hat nicht nur in seinem Bezirk, sondern weit über diesen hinaus für unsere Aufgaben mit Rat und Tat gewirkt. Das Andenken dieses trefflichen Mannes wir von uns immer in Ehren gehalten werden. 
München, den 31. Dezember 1926. Verband Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Dr. Neumeyer."
  
Hofheim Ufr BayrGZ 08031927.jpg (186600 Byte) Hofheim Ufr BayrGZ 08031927a.jpg (180936 Byte) Links: Ausführlicher Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 8. März 1927
  
Nachfolgeregelung für Moses Reus im Amt des Kassiers für den Bezirksausschuss (Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 9. Februar 1927:
Hofheim Ufr BayrGZ 09021927d.jpg (34965 Byte)"Bekanntmachung des Verbandes Bayerischer Israelitischer Gemeinden. Betr. Bestellung eines Kassiers für den Bezirksausschuss Burgpreppach. Hierdurch geben wir bekannt, dass an Stelle des verstorbenen Herrn Moses Reus Herr Max Rein in Hofheim zum Kassier des Bezirksausschusses Burgpreppach gewählt worden ist. München, 18. Januar 1927. Dr. Neumeyer."

   
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Anzeige des Manufakturwarengeschäftes J. Schuster (1901)  

Hofheim Ufr Israelit 11031901.jpg (50867 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1901: 
"Suche für mein Manufakturwaren-Geschäft, welches Samstags und Feiertage streng geschlossen ist, einen 
Detailreisenden
 
für eingeführte Touren, welcher das 25. Jahre erreicht hat, oder durch Familienverhältnisse in der Lage ist, schon früher einen Wanderschein zu erlangen. Kost und Logis im Hause. 
J. Schuster, Hofheim in Unterfranken."

  
Dokument zum Geschäft von Juda Schuster in Hofheim (1922) 
(Quelle: aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries; die Kommentierung auf Grund der Recherchen von P. K. Müller)    

Postkarte von J. Schuster, versandt 
nach  Merseberg (1922) 
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Geschäftskarte von J. Schuster aus Hofheim, versandt nach Merseburg am 18. August 1922; der Inhalt ist geschäftlicher Natur. Zum Absender und seiner Familie: Juda Schuster (geb. 27. August 1852 in Sterbfritz, hatte 1900 die bayrische Staatsangehörigkeit erhalten) war verheiratet mit Ricka geb. Stern (geb. am 24. Dezember 1860. Das Ehepaar hatte drei Kinder: Moritz, Siegmund und Regina.
- Moritz Schuster (geb. 25. Juli 1885 in Hofheim) ist im Ersten Weltkrieg gefallen am 17. Oktober 1915 in Arras (vgl. oben in der Liste der Gefallenen aus Hofheim). Sein Name steht auch auf dem Denkmal für die Kriegsopfer der jüdischen Gemeinde auf dem jüdischen Friedhof Kleinsteinach.
- Siegmund Schuster (geb. am 2. April 1889) war verheiratet mit Selma geb. Klein (geb. 1. November 1895 in Mitterteich; weitere Informationen siehe Biografie unter Selma Klein). Ab Juli 1921 wohnte das Ehepaar in Hofheim. Hier erblickte 1922 ihre Tochter Ruth das Licht der Welt. 1933 oder 1934 emigrierte das Ehepaar nach Großbritannien, später in die USA. 1944 wohnten Siegmund und Selma Schuster in Wimbledon bei London. Ihre Tochter Ruth lebte damals schon in den USA, wohin ihr die Eltern später folgten. Siegmund Schusters Name findet sich auch auf dem Grabstein der Eltern auf dem jüdischen Friedhof in Kleinsteinach. Er starb am 21. Mai 1953 in Chicago; seine Frau Selma im Februar 1986 in Saint Petersburg (Florida). 
Regina Schuster (geb. am 16. September 1894) war verheiratet mit Julius Schönthal. Dieser war Mitinhaber und der kaufmännische Leiter der Korbmöbelfabrik in Hofheim und der Bamberger Niederlassung. Als diesen ihren Hauptsitz von Hofheim nach Bamberg verlegte, zog das Ehepaar Schönthal mit. Im Zuge der Reichspogromnacht wurde Julius Schönthal festgenommen und ins Landgerichtsgefängnis Bamberg eingeliefert, aber auf Grund seiner Verdienste als Frontkämpfer und einer Kriegsverletzung wieder entlassen. Am 27. November 1941 wurde das Ehepaar von Bamberg nach Riga deportiert. Ihr letzter bekannter Aufenthaltsort ist dort ab dem 3. Dezember 1941 das Lager Riga - Jungfernhof. Über ihr weiteres Schicksal und die Umstände ihrer Ermordung ist nichts bekannt. Detailliertere Informationen, auch über das Schicksal ihrer Kinder Martin (geb. 1920 in Hofheim) und Ludwig (geb. 1922 in Hofheim) finden sich im Gedenkbuch der Jüdischen Bürger Bambergs S. 337-338. 
Juda Schuster starb am 18. September 1928. Seine Frau Ricka am 9. März 1936. Sie wurden beigesetzt im jüdischen Friedhof in Kleinsteinach.  

    
Anzeigen des Manufaktur- und Modewarengeschäftes Gebrüder Reuß (1901 / 1902)
   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Mai 1901: "Mädchenlehrstelle-Gesuch 
für ein 15-jähriges Mädchen, von guter Figur, das schon Geschäftskenntnisse besitzt. Porzellan- und Kurzwaren bevorzugt. Näheres bei 
Gebrüder Reuß, Hofheim, Bayern." 
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. August 1902: "Wir suchen einen tüchtigen Verkäufer, der mit Stadt- und Landkundschaft umzugehen versteht, als Detailreisender zu engagieren. Samstags geschlossen. 
Gebrüder Reuß, Manufaktur- und Modewaren, Hofheim, Bayern."    

    
    
    
 Zur Geschichte der Synagoge         
    
Zunächst wurden die Gottesdienste in Lendershausen besucht. Ein eigener Betsaal (Synagoge) konnte 1920 in einem von der jüdischen Gemeinde Hofheim erworbenen Haus in der Kirchgasse 11 eingerichtet werden. Darin wurden die aus der aufgegebenen Synagoge Lendershausen gebrachten Ritualien eingestellt  Im selben Gebäude befand sich auch der Raum für die jüdische Schule. Im Keller wurde eine Mikwe eingerichtet.

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung des Betsaales mit den wertvollen Ritualien aus der Synagoge Lendershausen vernichtet oder gestohlen. Das Gebäude blieb erhalten und wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Der Raum der ehemaligen Mikwe wurde zur Waschküche und Abstellkammer, das Tauchbecken zugeschüttet. 
Eine Gedenk- oder Hinweistafel konnte bislang nicht an der ehemaligen Synagoge angebracht werden, eine solche befindet sich an einer Mauer hinter dem Rathaus der Stadt mit der Inschrift: "In Hofheim bestand eine Jüdische Kultusgemeinde mit Synagoge, deren Inneneinrichtung am 10. November 1938 durch die damaligen Machthaber zerstört wurde. Zur Erinnerung und Mahnung".  
  
  
Adresse/Standort der Synagoge: Kirchgasse 11   
   
   

Fotos               

Historische Aufnahmen
(Quelle Fotos links: Pinkas Hakehillot 
s. Lit. S. 458; Foto rechts von Theodor
 Harburger, Aufnahmedatum um 1929; Quelle: Central Archives for the History of
 the Jewish People, Jerusalem
;
 veröffentlicht in Th. Harburger: "Die
 Inventarisation jüdischer Kunst- und
 Kulturdenkmäler in Bayern. 1998 
Bd. 1 S. 297
Hofheim Synagoge 010.jpg (115945 Byte) Lendershausen Synagoge 010.jpg (82311 Byte)
   Das ehemalige jüdische Gemeindezentrum  Chanukkaleuchter aus der Synagoge Lendershausen. Nach 
Auflösung der jüdischen Gemeinde in Lendershausen kamen die
 Ritualien, u.a. dieser Leuchter, prächtige Messingleuchter und 
eine Ampel in den Betsaal nach Hofheim. 
 
 
     
Das ehemalige 
Synagogengebäude 2007 
Hofheim Synagoge 122.jpg (72936 Byte) Hofheim Synagoge 123.jpg (92455 Byte)
      Im Gebäude fanden sich neben dem Betsaal auch ein Raum für den Religionsunterricht 
sowie im Keller das rituelle Bad 
   
Die Gedenktafel für die 
ehemalige Synagoge 
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     Die Tafel ist an einer Mauer hinter der Kirche angebracht 
   
Gefallenendenkmal 
an der Kirche
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  Gefallenendenkmal  Auf den abgebildeten Tafeln sind die Namen von 
Jakob Strauß und Julius Fleischmann genannt, auf den 
anderen Tafeln die Namen der drei anderen Gefallenen (s.o.)
  
     
     
Historische Karte mit einem
 jüdischen Geschäft 
(aus der Sammlung von 
Aribert Elpelt, Website
 http://heimat-unterfranken.de.tl/  
Hofheim Karte 025.jpg (266920 Byte) Hofheim Karte 025a.jpg (91063 Byte)  
  Die Landgerichtsstraße in Hofheim mit dem Geschäft von B. Friedmann   
     

   
     

Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Stadt Hofheim in Unterfranken  
bulletDie Namen der jüdischen Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf einer Liste des Hauses der Bayerischen Geschichte 

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 67. 
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 320. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 458-459. 
bulletKordula Kappner: Die jüdischen Bürger in Hofheim. In: Chronik der Stadt Hofheim und ihrer Stadtteile. Hg. vom 'Arbeitskreis Hofheimer Stadtgeschichte' - Leitung Hans Reuscher. 1993 S. 111-114.
bulletdies.: "Oppenheimer Wein ist giftig". Vom Judentörle zum Faschingswagen - kleiner Abriss der Geschichte der jüdischen Bürger in Hofheim. In:  "Main-Post" vom 3. Juni 2011. Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei.  

    
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Hofheim  Lower Franconia. The Jewish community grew from seven in 1867 to 59 in 1910 (total 985) and numbered 43 in 1933. The Jews were mostly cattle traders and shopkeepers. In 1934 the Nazis revived a blood libel from 1929, arresting some Jews. All the Jews left by 1940, 16 of them emigrating from Germany.     
      
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020