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Sickenhofen (Stadt
Babenhausen, Kreis Darmstadt-Dieburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Sickenhofen bestand eine jüdische
Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
17./18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden um 1600 Juden am
Ort genannt, darunter 1605 Abraham ben Elieser in Sickenhofen. Ihre Zahl nahm im Laufe des 17. Jahrhunderts zu, sodass die
Ortsherren von Groschlag zu Dieburg 1688 verfügten, dass in Hergershausen
und Sickenhofen nur noch eine geringe Zahl von jüdischen Einwohnern geduldet
werden sollte. Tatsächlich kam es auch zu Ausweisungen von Juden, u.a. um
1712/15 zur Ausweisung des Aaron von Sickenhofen und des Moses zu Sickenhofen.
1732/33 werden vier jüdische Einwohner genannt (Mayer der Alte, Mayer der Jung,
Aron und Hon), 1734-1735 dazu Liebmann und Manna.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie
folgt: 1815 10 jüdische Familien, 1828 71 jüdische Einwohner, 1855 82, 1861 77
(15,2 % von insgesamt 507), 1880 79 (14,3 % von 536), 1900 33 (7,6 % von 436),
1910 23 (4,7 % von 485). Jüdische Familiennamen waren in Sickenhofen: Frank,
Fuld, Oppenheimer, Rothschild, Ullmann, Kahn. Als Berufe werden in der 2.
Hälfte des 19. Jahrhunderts genannt: Metzger, Spezereikrämer, Handelsmann,
Viehhändler, Ellenwarenhändler, Sattler, Uhrmacher, Lumpensammler,
Federnhändler und Geflügelhändler.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule,
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein
Religionslehrer angestellt,
der zugleich als Vorbeter tätig war (siehe unten Ausschreibung von 1878). Als
Lehrer werden genannt: Aaron Bonnheim (um 1865/66), Maier Reis (1867).
Bär Zopp (um 1876/77; um 1864 in Obernzenn
genannt). Die
jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinat Offenbach am Main (1924).
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Robert Frank (geb.
3.1.1886 Sickenhofen, gef. 5.8.1917) und
Siegmund Kahn (geb. 29.4.1884 Sickenhofen, gef. 19.12.1916). Außerdem sind
gefallen: Hermann Fuld (geb. 27.3.1885 Sickenhofen, vor 1914 in Babenhausen
wohnhaft, gef. 25.9.1915) und Isidor Kahn (geb. 4.3.1895 in Sickenhofen, vor
1914 in Babenhausen wohnhaft, gef. 25.9.1915).
1925 wurden noch 14 jüdische Einwohner gezählt.
1933 lebten noch acht jüdische Personen in Sickenhofen. Es handelte
sich um die Familie Gustav Kahn (Viehhändler, Hauptstraße 57, mit Frau Hilde
geb. May und den Söhnen Fritz und Walter) sowie Familie Friedrich Julius Frank
(Metzger in der Hauptstraße 100 mit Frau Flora geb. Mane und den Kindern Erich
Zeno und Kurt Isidor). Die Familie Kahn ist - nachdem Gustav Kahn viele
Schikanen und beim Novemberpogrom 1938 schwerste Misshandlungen in Babenhausen
zu erleiden hatten - 1939 nach Frankfurt gezogen und 1941 in die USA emigriert.
Von den in Sickenhofen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bernhard
Frank (1882), Erich Frank (1922), Flora Frank geb. Mane (oder Manne; 1885),
Friedrich Julius Frank (1889), Isidor Kurt Frank (1926), Max Frank (1893), Simon Frank
(1888), Julius Hess-Fuld (1876), Betty (Betti) Rosa Kahn (1878), Karl Kahn (1890;
"Stolperstein" in Babenhausen), Siegfried Kahn (1885), Emanuel Oppenheimer (1871), Emma Ester Oppenheimer
(1866), Meda (Meta) Schön geb. Frank (1880).
Ende Mai 2014 wurden vor den ehemaligen Häusern der jüdischen Familien
Kahn und Frank (Hergershäuser Straße 15 und Sachsenhäuser Straße 13) acht
"Stolpersteine" zur Erinnerung an ihr Schicksal verlegt. Die
Aufstellung einer "Gedenkstation" ist geplant (vgl. Presseartikel vom
Juni 2015 unten).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle der Religionslehrers und Vorbeters 1878
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juni 1878:
"Annonce. Die israelitische Religionslehrer- und Vorbeterstelle zu
Sickenhofen, Großherzogtum Hessen, Kreis Dieburg, ist sofort zu besetzen.
Gehalt 500 Reichsmark nebst freier Wohnung. Bewerber wollen sich an den
Unterzeichneten wenden. Der Vorstand. J. Bähr." |
Lehrer Bär Zopp verkauft eine Torarolle (1876)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Mai 1876: "Eine
noch gut erhaltene Sefer Tora (Torarolle) ist bei dem Unterzeichneten zu
verkaufen. Franco-Offerten wolle man gefälligst richten an Bär Zopp,
Lehrer in Sickenhofen, Kreis Dieburg, Großherzogtum Hessen." |
Anmerkung: der Name von Bär Zopp erscheint
auch auf einer Spendenliste für die Synagoge
Ortenberg (1876). |
Lehrer Bär Zopp wird genannt bei der
Sammlung für Opfer eines Brandes in Bad Brückenau (1877)
Spendenliste
"Für die Abgebrannten in Brückenau (Bayern) in der Zeitschrift "Der
Israelit" vom 7. Februar 1877: "Amalie Helft in Derenburg 6. – Ungenannt
6. – Eine Ungenannte in Mainz 10. – Durch Gabriel Marx in Felleringen:
von ihm selbst 3, Lazare Marx in Urbes 3, zus. 6. – Durch Dr. Engelbert
in St. Gallen in der dortigen Gemeinde gesammelt 40. – Durch Kohn in
Trabelsdorf gesammelt 20. – Moritz Heßlein in
Bamberg 3. – L. Strauß
in Heilbronn 0,80. – K. Loewenstein in
Sontra 6. – Wolf Wolf in
Lengfeld 1,50. – Levi Meyerhoff in
Volkmarsen 0,50. – H. Fabian in
Hochzeit 3. – A. in München 4. – B. in München 2. – Durch Rabbiner
Adler in Kitzingen: von ihm selbst 6, durch Sußmann Mayer in
Sickershausen bei der Verlobung des Seligmann Gutmann mit Fräulein
Karoline Meyer gesammelt: von Seligmann Gutmann 3, Löb Meyer 3,
Lichtenauer 6, Sußmann Meyer 6, = 18, zusammen 24. – Durch Bär Zopp,
Lehrer in Sickenhofen: Sal. Fuld II. 1, Ungenannt 2, zusammen 3. –
Ungenannt aus Stuttgart 1,50. – Carl Seligmann in
Karlsruhe 10. – Gumpel Ephraim in Neudamm 3. – Durch H. Bär in
Ahrweiler von der
dortigen Gemeinde 3. – H. Levi in Windecken 15. – Durch Lehrer Wolf in
Buttenheim ges. 14. – Lehrer Strauß in
Gensingen 1. – Frau Hellmann
in Mainz 6. – Frl. Salm in
Oppenheim 3. – Gumpel Ephraim in Neudamm 3.
– J.B. Kahn in Montabaur 5. -
... |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spendenaufruf für Abraham Rothschild
(1884)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. März 1884: "'Heil,
wer sich des Armen annimmt, am Tage des Unglücks wird ihn der Ewige
retten' (Psalm 41,2). Dringende Bitte! Schon so oft von dem
Wohltätigkeitssinn unserer Glaubensgenossen in der Spendenliste
wahrgenommen, sehen wir uns heute leider auch in der Lage, unsere
Glaubensbrüder und Schwestern in Anspruch zu nehmen. Unserem braven,
ehrbaren Mitglied Abraham Rothschild droht sein bisher bewohntes Haus,
wenn nicht baldigst nachgeholfen, seinem Einsturz. Da dessen Vermögensverhältnisse
bei einer sehr starken Familie sehr gering sind, so hat er nur für deren
Unterhalt zu kämpfen. Die Unterzeichneten erlauben sich daher, alle
wohltätigen Glaubensgenossen um recht zahlreiche Spenden für diese
Familie zu bitten, und erklären sich zur Annahme bereit:
der israelitische Vorstand S. Fuld I. J. Svent. B. Fuld. Sickenhofen, im
März (1884)." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Zacharias Frank (1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1901: "Suche
für die hohen Feiertage, wie Neujahr und Versöhnungstag Stelle
als Vorbeter in einer religiösen Gemeinde als Aushilfe oder auch
ständig.
Zacharias Frank, Sickenhofen bei
Babenhausen." |
Anzeige der Metzgerei von Julius Frank II. (1902)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 24. November 1902:
"Für mein Metzgergeschäft suche per sofort einen
Lehrling.
Kost und Logis im Hause. Samstags und Feiertage geschlossen.
Julius Frank II., Metzgerei, Sickenhofen, Post Babenhausen
(Hessen)." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Sickenhofen geboren sind |
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KK (Dieburg 1939) für Albert
Frank (
geb. 29. März 1897 in Sickenhofen),
Metzger
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KK (Aschaffenburg 1938) für
Bernhard Frank
(geb. 4. Mai 1882 in Sickenhofen),
Kaufmann
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KK (Dieburg 1939) für Erich
Zeno Frank
(geb. 15. Juni 1922 in Sickenhofen),
wohnhaft in Sickenhofen, am 25. März 1942
deportiert ab Mainz - Darmstadt in das
Ghetto Piaski, umgekommen |
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KK (Dieburg 1939) für
Friedrich Julius Frank
(geb. 25. Mai 1889 in Sickenhofen), Metzger,
wohnhaft in Sickenhofen, am 25. März 1942
deportiert ab Mainz - Darmstadt in das
Ghetto Piaski, umgekommen |
KK (Dieburg 1939) für
Isidor Kurt Frank
(geb. 4. Oktober 1926 in Sickenhofen),
Schüler, wohnhaft in Sickenhofen, am
25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski, umgekommen |
KK (Wuppertal 1939) für
Max Frank
(geb. 6. August 1893 in Sickenhofen),
kfm. Angestellter, wohnhaft in Wuppertal,
am 10. November 1941 deportiert ab Düsseldorf
in das Ghetto Minsk, umgekommen |
KK (Wuppertal 1939) für
Simon Frank
(geb. 16. Mai 1888 in Sickenhofen),
wohnhaft in Wuppertal, am 10. November 1941
deportiert ab Düsseldorf in das
Ghetto Minsk, umgekommen |
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KK (Offenbach 1939) für Jakob
Fuld
(geb. 26. September 1892 in Sickenhofen),
Kaufmann
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KK (Frankfurt 1939) für
Julius Hess-Fuld
(geb. 2. Juli 1876 in Sickenhofen), Kaufmann,
wohnhaft in Frankfurt, am 22. November 1941
deportiert ab Frankfurt nach Kowno (Kauen),
Fort IX, umgekommen |
KK (Dieburg 1939) für
Betti Rosa Kahn
(geb. 13. Juni 1878 in Sickenhofen),
wohnhaft in Babenhausen und Frankfurt,
deportiert an unbekanntes Ziel,
umgekommen |
KK (Dieburg 1939) für
Gustav Kahn
(geb. 7. August 1886 in Sickenhofen),
Viehhändler und
Metzger
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KK (Dieburg 1939)
für Karl Kahn
(geb. 9. August 1890 in Sickenhofen), Kaufmann,
wohnhaft in Babenhausen und Schlierbach,
am 25. März 1942 deportiert ab Mainz - Darmstadt
in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
KK (Heppenheim 1939) für
Leopold Kahn
(geb. 16. August 1892 in Sickenhofen),
Landwirt
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KK (Ludwigshafen a. Rh. 1939) für
Siegfried Kahn
(geb. 21. Dezember 1885 in
Sickenhofen), kfm.
Angestellter, wohnhaft in Ludwigshafen, am 22. Oktober 1940
deportiert in das Internierungslager
Drancy, am 14. August 1942 in das
Vernichtungslager Auschwitz, ermordet |
KK (Worms 1939) für
Ester Oppenheimer
(geb. 21. Dezember 1866 in Sickenhofen),
am 27. September 1942 deportiert ab
Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt,
wo sie am 26. Oktober 1942
umgekommen ist |
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KK (Frankfurt 1939) für
Lazarus Oppenheimer
(geb. 31. Mai 1874 in Sickenhofen),
Schuhmacher
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KK (Frankfurt 1940) für
Emma Reis geb. Kahn
(geb. 10. März 1877 in Sickenhofen)
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KK (Aschaffenburg 1938)
für
Moses Rothschild
(geb. 28. September 1859 in Sickenhofen),
Privatier
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KK (Köln 1939) für
Meta Schön geb. Frank
(geb. 28. November 1880
in Sickenhofen, wohnhaft
in Köln, am 22. Oktober 1941 deportiert ab Köln in
das Ghetto Litzmannstadt (Modz), Mai 1942 in das
Vernichtungslager Kulmhof (Chelmno), ermordet |
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Weitere
Personen
(nicht in Sickenhofen geboren) |
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KK (Frankfurt
1939) für
Amalie Vöhl geb. Fuld
(geb. 12. Oktober 1883 in
Sickenhofen)
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KK (Dieburg 1939)
für Flora Frank geb. Mane
(geb. 24. April 1885 in Geinsheim), wohnhaft in
Sickenhofen, am 25. März 1942 deportiert ab Mainz -
Darmstadt in das
Ghetto Piaski, dann in das
KZ Majdanek, umgekommen |
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Zur Geschichte der Synagoge
Wann ein erster Betraum oder eine erste Synagoge in Sickenhofen erbaut wurde, ist nicht
bekannt. Spätestens im 18. Jahrhundert dürfte eine Synagoge vorhanden gewesen
sein. In den 1830er-Jahren wollte die Gemeinde jedenfalls eine neue Synagoge
bauen. Die Handwerksleistungen zum Neubau wurden im September 1841
ausgeschrieben:
Ausschreibung
der Bauarbeiten für die neue Synagoge im "Wochenblatt für die Stadt
und den Kreis Offenbach" (Quelle: Lötzsch/Wittenberger s. Lit. S.
108): "Versteigerungen. Arbeits-Versteigerung.
Mittwoch, den 6. Oktober laufen Jahres, vormittags um 10 Uhr, sollen auf
dem Gemeindehause zu Sickenhofen die auf die Erbauung einer neuen Synagoge
Bezug habenden Arbeiten vermittelst öffentlicher Versteigerung an die
Wenigstnehmenden in Akkord gegeben werden.
Nach dem Voranschlag betragen: a. die Maurerarbeit 585 fl. 11 kr. b. die
Steinhauerarbeit 68 fl. 50 kr. c. die Zimmerarbeit 226
fl. 14 kr. d. die Dachdeckerarbeit 33 fl. - kr. e. die
Schreiberarbeit 211 fl. 16 kr. f. die
Schlosserarbeit 60 fl. 16 kr. g. die Glaserarbeit
10 fl. 51 kr. h. die Weißbinderarbeit 300 fl. 45 kr.
Plan, Voranschlag und Bedingnisheft liegen vom 29. laufenden Monats an bei
dem israelitischen Vorstand in Sickenhofen zur Einsicht offen.
Offenbach, den 26. September 1841. Der Großherzogliche
Kreisbaumeister. Eickemeyer." |
Vermutlich wurde die Synagoge 1842 erstellt und eingeweiht.
Das Grundstück der Synagoge lag in der Ortsmitte, unweit der Kirche. Beim
Gebäude handelte sich um einem ursprünglich einstockigen Massivbau, in
dem neben der Synagoge mit einer Frauenempore auch die Religionsschule und
das rituelle Bad sowie die Lehrerwohnung untergebracht wurden.
Nach einem Bericht von 1935 wurde die Synagoge damals schon lange Zeit
nicht mehr benutzt. Dies auf Grund der stark zurückgegangenen
Gemeindegliederzahlen, die keinen regelmäßigen Minjan (Zehnzahl der jüdischen
Männer) mehr erlaubten. So ist im Frühjahr 1935 das Synagogengebäude
für 1.800 RM an die bürgerliche Gemeinde verkauft worden. Es war geplant, ein
Heim für die Hitlerjugend einzurichten:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Mai 1935:
"Frankfurt am Main, 7. Mai (1935). Die Synagoge in Sickenhofen bei
Babenhausen (Hessen) ist von der Bürgermeisterei zum Preise von 1.800
Reichsmark gekauft worden und soll nach Entfernung der Kultgegenstände
als Heim für die Hitler-Jugend verwendet werden. Die Jüdische Gemeinde
in Sickenhofen, in der einst ein reges jüdisches Leben herrscht, ist auf
zwei Familien zusammengeschrumpft. Die Synagoge war lange Zeit verwaist.
In ihr fand schon lange kein G'ttesdienst mehr statt." |
Beim Novemberpogrom 1938 kam es auf
Grund der vermutlich schon erfolgten neuen Nutzung (HJ-Heim) zu
keinen gewaltsamen Aktionen gegen die Synagoge. In den Folgejahren wurde das
Gebäude (nach 1945?) zeitweise als Turnhalle verwendet.
1956 kam das Gebäude in
Privatbesitz und wurde zu einem Mehrfamilienwohnhaus umgebaut. Beim Umbau wurde
das Gebäude durch einen zweiten Stock erhöht und erhielt einen neuen
Treppenzugang, neue Fenster und Dachgauben. Durch den Umbau wurde das Gebäude
als ehemalige Synagoge unkenntlich gemacht.
Adresse/Standort der Synagoge: Wacholderstraße
3
Fotos
Historische Fotos
/ Darstellungen sind nicht bekannt; über Hinweise freut sich
der
Webmaster von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite. |
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Das ehemalige
Synagogengebäude
im Mai 1986
(Quelle: Altaras 1988 s.Lit. S. 135) |
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Das ehemalige
Synagogengebäude
im März 2009
(Foto: Hahn, Aufnahmedatum 17.3.2009) |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Mai 2014:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Sickenhofen |
Artikel von Ursula Friedrich in der
"Offenbacher Post" (op-online.de) vom 31. Mai 2014: "Stolpersteine in Sickenhofen.
Dunkles Kapitel wachhalten.
Sickenhofen - Vier Stolpersteine in Sickenhofen im Gedenken an die Familien Kahn und Frank verlegt.
Nie wieder Faschismus und Völkermord! Das Grauen des Nationalsozialismus zeigt sich lokal am Schicksal der beiden jüdischen Familien Kahn und Frank, die nach der Machtergreifung der Nazis in Sickenhofen lebten.
'Von den acht jüdischen Mitbürgern wurden vier deportiert, vier konnten noch
emigrieren', erinnerte Ortsvorsteher Friedel Sahm. Sickenhofen stellt sich nun seiner Vergangenheit, um der Opfer zu gedenken. Vor den ehemaligen Häusern der jüdischen Familien in der Hergershäuser Straße 15 und Sachsenhäuser Straße 13 wurden an Christi Himmelfahrt acht sogenannte Stolpersteine als sichtbare Mahnmale menschlicher Gräueltaten verlegt.
'Die Steine sind nicht nur zum Andenken', sagte der Ortsvorsteher, 'nur die Erinnerung kann uns davor bewahren, Faschismus noch einmal in unserem Land erleben zu müssen'..."
Link
zum Artikel |
Artikel in echo-online.de vom 2. Juni
2014: |
Stummer Aufruf gegen den Hass (veröffentlicht am 02.06.2014 00:06 auf echo-online.de) |
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Juni 2015: Eine
Gedenkstation soll errichtet werden |
Artikel von Stefan Scharkopf in der
"Offenbacher Post" (op-online.de) vom 24. Juni 2015: "Erinnerung an Schicksal jüdischer Mitbürger.
Mehr als nur Info-Tafeln in Sickenhofen
Sickenhofen - 300 Jahre lebten Juden im Dorf, sie waren – wie die Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften auch – Teil des Lebens in Sickenhofen. Eine moderne Gedenkstätte wird sich ihnen widmen..."
Link
zum Artikel |
Anmerkung: die Gedenkstation soll neben
der Brücke über den Richer Bach in der Bachstraße erstellt
werden. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 252-254. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 135-136. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 116. |
| Klaus Lötzsch und Georg Wittenberger
(Hrsg.): Die
Juden von Babenhausen. Beiträge zur Geschichte der jüdischen Gemeinden von
Babenhausen, Langstadt, Sickenhofen und Hergershausen. Hrsg. im Auftrag des
Heimat- und Geschichtsvereins Babenhausen. Babenhausen einst und jetzt,
Beiheft 1. Babenhausen 1988. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. S.
31-32. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 212-213. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Sickenhofen,
Hesse. Established around 1600, the Jewish community numbered 79 (15 % of the
total) in 1880, but declined rapidly. Eight Jews remained in 1933 and two years
later the community disbanded.
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