Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zur Übersicht "Synagogen im
Elsass"
Lauterbourg
(Lauterburg, Dep. Bas-Rhin, Alsace, Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der
jüdischen Gemeinde (english
version)
In Lauterburg bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter.
Schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lebten Juden in der Stadt. Um
1309 zahlten sie eine Reichssteuer von neun Pfund. 1315 war die Judensteuer dem
Bischof von Speyer verpfändet. Bei den Judenverfolgungen in der NS-Zeit wurde
auch in Lauterburg Juden ermordet.
Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts lebten nur vereinzelt Juden in der
Stadt. 1689 werden vier jüdische Familien in der Stadt genannt; ihre Zahl
stieg innerhalb von hundert Jahren auf 16 Familien mit zusammen 84 Personen
(1784). Diese lebten vom Vieh- und Pferdehandel sowie vom Handel mit
Landesprodukten.
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit des 17./18.
Jahrhunderts zurück. 1784 wurden 16 jüdische Familien mit zusammen 84
Personen gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1807 135 jüdische Einwohner (6 % der Gesamtbevölkerung), 1846
316, 1861 293, 1870 282, 1896 82 (in 24 Familien), 1910 63.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(israelitische Elementarschule/Volksschule), ein rituelles Bad und ein
Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19./20.
Jahrhundert ein Rabbiner angestellt, der zugleich Religionsunterricht
erteilte. Dies wird 1843 von Rabbiner Ullmann berichtet (siehe unten). Bereits
vor ihm war 1840 bis 1842 Rabbiner Jacob Wolff (1813-1883) Leiter der
israelitischen Grundschule in Lauterburg. Er hatte eine abgeschlossene
Rabbinerausbildung und fand 1842 dann seine erste Anstellung als Rabbiner in
Biesheim, 1844-1883 in
Bouxwiller.
Neben dem Rabbiner war ein Lehrer sowie auch ein Kantor/Vorbeter und
Schochet angestellt (vgl. Ausschreibung der Stelle von 1904 unten). Unter den
Lehrern sind bekannt: um 1887/91 A. Kaufmann / Kauffmann, um 1894/96 A. Meyer.
Unter den Kantoren sind bekannt: um 1888/95 ein Herr Moßbacher, um 1896 L. Reß,
um 1915 Oberkantor Markus May. 1898 besuchten die Israelitische Volksschule noch
elf Kinder.
Um 1800 gab es in Lauterburg eine Talmudschule (Jeschiwa,
Präparandenschule), an der auch künftige Rabbiner ihre Ausbildung bekamen.
So studierte der 1786 in Mainbernheim
geborene Aron ben Elieser Schach (bürgerlich Aron Lazarus) in Lauterburg; er war
seit 1826 Rabbiner in Schirrhofen, wo er dann auch eine Jeschiwa eröffnete, an
der man auch in die Kabbala eingeführt werden konnte.
Lauterburg war Sitz eines Rabbinates. Rabbiner in der Stadt waren unter
anderem:
- vor 1826 Rabbiner Moyse Elie.
- 1826 bis 1834 Rabbiner Ephraim Haas (geb. 1800 in
Hottenbach bei Bernkastel, gest. 1834 in
Lauterburg): studierte in Mannheim und Frankfurt; 1826 bis 1834 Rabbiner in
Lauterburg.
- 1834 bis 1843 Rabbiner Salomon Ullmann (geb. 1806 in
Saverne, gest. 1865 in Paris): studierte in
Straßburg, nach der Zeit in Lauterburg (Ernennung 1843 s.u.) Großrabbiner
in Nancy, 1852 Ober-Rabbiner von Frankreich in Paris. Vgl.
https://en.wikipedia.org/wiki/Salomon_Ulmann und
https://fr.wikipedia.org/wiki/Salomon_Ulmann
- 1844 bis 1846 Rabbiner Isaac Libermann (geb. 1815 in
Saverne, gest. 1889 in Nancy): studierte in
Metz. 1840 Rabbiner in Surbourg, 1844 in
Lauterbourg, 1846 in Haguenau, 1854
Großrabbiner in Nancy.
- 1846 bis 1867: Rabbiner Abraham Grumbach (gest. 1867).
- 1868 bis 1874/75 Rabbiner Isaac Weil (geb. 1840 in
Brumath, gest. 1899 in Straßburg): studierte in Metz und Paris; 1865
Rabbiner in Seppois-le-Bas, 1868
Rabbiner in Lauterburg, 1874/75 in Phalsbourg, Lothringen, 1886
Groß-Rabbiner von Lothringen in Metz, 1890 Groß-Rabbiner des Unterelsass in
Straßburg.
- 1874/75 bis 1885 Rabbiner Simon-Adolphe Uhry (Ury) (geb. 1849 in
Niederbronn, gest. 1915 in
Straßburg): studierte in Paris; 1874/75 bis 1885 Rabbiner in Lauterburg,
1885 in Brumath, 1890/91 bis 1899
Oberrabbiner des Konsistoriums von Lothringen in Metz, seit 1900 Oberrabbiner
des Konsistoriums des Unterelsass in Straßburg.
- 1888 interimistisch Rabbiner Simon Lévy (geb. 1838 in
Balbronn, gest. 1898 in Schirrhofen),
studierte 1857 bis 1864 in Metz und Paris, ab 1867 Rabbiner in
Ingwiller, 1875 bis 1898 Rabbiner in
Schirrhofen.
- 1889 bis 1893 Rabbiner Dr. Benjamin Meyer (geb. 1867 in
Schwindratzheim, gest. 1934 in Straßburg): studierte in Colmar, dann in
Straßburg; 1889 Rabbiner in Lauterburg, 1893 in
Thann, 1900 in Metz, 1915 auf Grund der Kriegsereignisse nach
Mulhouse und Fellering geflüchtet, wo er nun als Religionslehrer tätig war;
1924 Rückkehr nach Thann.
- 1895 bis 1899 Rabbiner Dr. Isaak Albert Lévy (geb. 1864 in
Quatzenheim, gest. 1921 in
Brumath): studierte in Colmar, 1891 in
Breslau, dann Straßburg (Promotion 1891): Interimsrabbiner in
Soultz-sous-Forêts, 1895 bis 1900
Rabbiner in Lauterburg, [nach Biograph. Handbuch der Rabbiner II,2 1899 bis 1901 in
Marmoutier ?, vgl. Pressemitteilung aus dem "Israelit" unten], 1900 bis 1921 in
Brumath.
- 1903 bis 1910 Rabbiner Dr. Bernard Émile Schwarz (geb. 1877 in
Ribeauvillé, gest. 1956 in
Obernai): studierte in
Colmar, 1898-1902 in Berlin; 1908 Promotion in Heidelberg; 1903 bis 1910
Rabbiner in Lauterburg, 1910 in
Soultz-sous-Forêts, 1930 Verlegung des Rabbinatssitzes nach
Wissembourg, im Zweiten Weltkrieg
Rabbiner der elsässischen Flüchtlinge in La Châtre, nach 1945 Rabbiner in
Obernai.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1891/98 Jules (Juliues) Halff; um
1896 E. Meyer, M. Auscher, D. Ruff, L. Fromenthal und J. Kauffmann.
An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein Gemiluth Chassodim
(1905 unter Leitung des Gemeindevorstehers L. Fromenthal) und den
Krankenbesuchsverein Bikkur Cholim (1905 gleichfalls unter Leitung von L.
Fromenthal).
Im Ersten Weltkrieg erhielt unter den jüdischen Kriegsteilnehmern Moritz
Katz (Gefreiter im Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 215) das Eiserne Kreuz II.
Eine Rote-Kreuz-Medaille 3. Klasse erhielt Dr. Picard in Lauterburg.
Die jüdische Gemeinde hatte durch starken Wegzug in die größeren Städte um
1900 nur noch 58 Mitglieder. In diesem Jahr verließ der letzte jüdische
Lehrer (Abraham Mayer) den Ort, da die Gemeinde ihn nicht mehr bezahlen konnte.
1910
wurde das Rabbinat von Lauterburg mit dem von Weißenburg/Wissembourg verbunden.
1936 lebten noch 43 jüdische Personen in Lauterburg. Im Juni 1940
wurde Lauterburg von deutschen Truppen in Brand geschossen. Dabei brannte neben
vielen anderen Gebäuden auch die Synagoge völlig aus. Die letzten jüdischen
Einwohner wurden in das KZ Gurs in Südfrankreich deportiert. Am 10. Februar 1942
wurden bisherige jüdische Besitztümer der politischen Gemeinde übertragen. Der
Krieg ging in Lauterburg erst spät zu Ende. Als letzte französische Stadt wurde
sie von den Alliierten erst 1945 befreit. Sie war zu 90 Prozent zerstört.
Von den in Lauterburg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften
jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den
Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den
Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): u.a. Rosa Haas (1878), Leon
Klotz (1882), Gaby (Gabrielle) Levy (1922).
Nach 1945 sind nur wenige der früheren jüdischen Einwohner zurückgekehrt.
1953 wurden 29 jüdische Einwohner in der Stadtgezählt. Wenige Jahre später waren
es nur noch ungefähr 10 Personen.
Hinweis: eine Erinnerung an die jüdische Geschichte der Stadt war die "Rue de
juif", die im 19. Jahrhundert in "Rue de Lyon" umbenannt worden war.
Berichte
aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der mittelalterlichen
Geschichte
Lauterburg in einer
Judensteuerliste von 1309 (Artikel von 1909)
Artikel
in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1909 Heft 6
Seite 701: "An dieser Stelle seien auch die übrigen Judensteuern des
Speyergaus, soweit sie uns in den Aufzeichnungen der Reichseinkünfte aus
jenem Gebiet vom Jahr 1309 erhalten sind, erwähnt:
Rockenhausen = 5 Pfr. (ebd. S. 246
Z. 16); Leiningen und
Bockenheim = 7
Pfd. (ebd. Z. 17), Anweiler = 4 Pfd.
(ebd. Z. 23), Deidesheim = 9 Pfd.
(ebd. Z. 37), Dürkheim = 8 Pfd.
(ebd. S. 247 Z. 9), Lauterburg = 9 Pfd. (ebd. Z. 17), Selz = 6 Pfd.
(ebd. Z. 18), Münster (das
heutige Münster am Stein) = 5 Pfd. (ebd. Z. 24)." |
Neufestsetzung der Jahressteuer für
die Juden in Lauterburg und in anderen Orten (1337, Artikel von 1888 und 1910)
Artikel
in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1910 54
Heft 4 S. 464: "1337 setzt Bischof Gerhard von Speyer die Höhe der
Jahressteuer der Juden in Landau,
Lauterburg, Deidesheim,
Bruchsal,
Waibstadt und Udenheim für die Dauer
von 10 Jahren auf 700 Pfd. Heller fest (Zeitschrift für die Geschichte des
Oberrheins Bd. 26,82)..." |
|
Artikel in "Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland" 1888
Heft 2 S. 116: "Bischof Gerhart von Speyer verträgt sich mit seinen Juden zu
Landau, Lauterburg,
Deidesheim,
Bruchsal,
Waibstadt und Utenheim dahin, dass sie
zehn Jahre lang jährlich 700 M. geben sollen statt aller einzelnen Steuern
und Dienste. 1337. - Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Bd.
26,82. ." |
Kreditaufnahme von den Juden aus
Lauterburg und anderen Orten (1341)
Artikel
in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1863 Heft 8
S. 303: "Die Juden in Speyer waren aber bereits im Jahre 1339 für eine
Schuld von 2000 Pfd. Heller vom Kaiser seinem Vetter, dem Pfalzgrafen
Ruprecht, mit Einwilligung Gerhards, dem sie früher für denselben Betrag
verwendet waren, versetzt worden, so dass dieser die jährliche Abgabe von
500 Pfd. Heller, über welche er 1337 mit den speyer'schen Juden
übereingekommen war, nur zwei Jahre bezog. Indessen war Gerhard teils in
Folge bedeutender Ausgaben, teils durch die alten Schulden des Hochstiftes
oft in großer Geldverlegenheit, und eine Menge von Schuldverschreibungen an
Christen und Juden, von denen die eine wiederum die andere deckte, finden
sich aus den Jahren 1341-44. So nahm er am 29. April 1341 von den Juden zu
Landau,
Bruchsal und Lauterburg 400 Pfd. Heller auf mit dem Versprechen,
diese Vorauszahlung Ihnen an ihrer Bet von 700 Pfd. Heller abzuziehen, die
sie ihm auf Martini (11. November) jenes Jahres zu entrichten hatten..."
|
Die Stadt Lauterburg wurde dem
dortigen Vogt verpfändet, diese leiht Geld bei den Juden (1383, Artikel von
1863)
Artikel
in "Monatsschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums" 1863 Heft
11 S. 431: "Aus demselben Jahre 1383 erfahren wir noch, dass Bischof
Adolf als Erzbischof von Mainz die Stadt Lauterburg dem dortigen
Vogte für eine Summe verpfändete, welche dieser von Juden entlehnt und zum
Nutzen des Hochstiftes Speyer verwendet hatte, und dass der Pfleger des
Bistums Speyer, Ulrich von Hohenloch, dem Juden Gottschalk eine
Schuldverschreibung über 490 Gulden unter Bürgschaft zweier Nürnberger
Bürger ausstellte." |
Aus der
Geschichte des Rabbinates
Rabbiner Grumbach berichtet über einen großzügigen
Bildhauer (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1867: "Lauterburg.
Herr Grumbach, der Rabbine dieser Gemeinde, veröffentlicht in einem
Lokalblatte einen seltenen Zug von Toleranz, der in den weitesten Kreisen
verbreitet zu werden verdient.
Herr Ferdinand Killinger, Landwirt zu Trimbach, verließ am 7. Februar
dieses Jahres Wissembourg, um sich nach Hause zu begeben. Auf diesem Wege
begegnete ihm Herr Horn, ein Bildhauer, den er in sein Atelier begleitete.
'Welchen Preis', fragte er, 'verlangen Sie für einen Grabstein für eine arme
israelitische Frau?' Zehn Francs. Killinger übergab hierauf Herrn Horn ein
Zehnfrankenstück. 'Weil Sie dieses für eine Frau zahlen, die nicht ihrem
Kultus angehört, so werde ich dafür ein Übriges tun und einen Grabstein
anfertigen, der sonst 30 bis 40 Francs kostet.' Gut, erwiderte Killinger,
haben Sie die Güte und eigen Sie mir gefälligst den Tag an, an welchem Sie
den Grabstein auf den jüdischen Friedhof bringen werden, und ich werde
alsdann den Rabbinen von Lauterburg kommen lassen, damit dieser die bei
dieser Gelegenheit üblichen Gebete verrichtet. - Und ich, erwiderte der
hochherzige Künstler, ich werde dem Herrn Rabbinen das Honorar zahlen, das
er für diese Funktion für das Seelenheil der armen israelitischen Frau zu
empfangen hat." |
Rabbiner Salomon Ullmann wurde zum
Grabrabbiner von Nancy ernannt (1843)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. August 1843: "Nancy,
...
Den 5. Juli ist der Rabbine Ullman, bisher in Lauterburg, zum
Großrabbinen von Nancy ernannt worden." |
Zum Tod von Großrabbiner Salomon
Ullmann (1865)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Mai 1865: "Paris,
15. Mai. Die Arch. isr. enthalten einen kurzen Nekrolog und eine
ausführliche Beschreibung des verstorbenen Großabbinen Ullman. Derselbe ist
am 5. Mai nach 13-jähriger Verwaltung des Großrabbinats im 59. Lebensjahre
verstorben. Vor Kurzem war seine Schwester in Lauterburg verstorben,
und obschon krank, ließ er sich nicht abhalten, seinem Schwager zur Tröstung
einen Besuch abzustatten. Bei der Rückreise wurde er sterbend aus dem Waggon
gehoben. Er war der erste Rabbiner, der aus der Rabbinerschule zu Metz
hervorgegangen, und fungierte zuerst in Lauterburg, dann in Nancy und
endlich bei dem Centralkonsistorium in Paris. Er litt seit langer Zeit an
einer Brustkrankheit, und konnte daher nur selten öffentlich das Wort
ergreifen. Er war Ritter der Ehrenlegion und Mitglied des Oberrats der
'Gesellschaft des Prime-Imperial'. Die Arch. isr. klagen über die
Abwesenheit von Delegierten der bedeutendsten Departementalkonsistorien bei
dem Leichengegängnisse, sowie der militärischen, städtischen und
Staatsbehörden, mit Ausnahme zweier Vertreter des Kultusministeriums, und
schreiben dies der Nachlässigkeit des Begräbniskomités zu."
|
|
Artikel
in "Der Israelit" vom 24. Mai 1865: "Salomon Ullmann. Wir haben
bereits in voriger Nummer mit wenigen Worten das Hinscheiden des
Oberrabbiners von Frankreich, Salomnon Ullmann, angezeigt. Der Tod dieses
Mannes ist ein ebenso schmerzlicher wie unerwarteter Verlust. Die Trauer war
daher auch weit und breit, wohin immer die Trauerkunde sich verbreitet
hatte, eine überaus tiefe; denn der Verewigte war ein ein echter
aufrichtiger Jehudi, ein hervorragender Talmudgelehrter, ein unverdächtiger
Charakter, ein liebenswürdiger und in hohem Grade selbstloser Mensch.
Aus dem Elsass stammend war Ullmann zuerst Communal-Rabbiner zu
Lauterburg, wurde dann Groß-Rabbiner von Nancy und bekleidete
seit 13 Jahren die hohe und einflussreiche Stellung eines Oberrabbinen von
Frankreich; er war Ritter der Ehrenlegion und Mitglied des Oberrats der
Gesellschaft des kaiserlichen Prinzen. Bei den religiösen Konflikten und
Kämpfen der Gegenwart stand er stets auf der Seite der Orthodoxie, der er
seiner Überzeugung gemäß angehörte; er war dafür den niederträchtigsten und
gemeinsten Schmähungen der 'Allgemeinen Zeitung des Judentums' verfallen, –
eine Blume mehr in dem Kranze seines schönen Lebens.
Kaum von einer Reise zurückgekehrt, starb er im Alter von 59 Jahren am
Vormittag des 5. dieses Monats; Montag den 8. dieses Monats fand das
Leichenbegängnis statt.
Seit längerer Zeit an einem Brustübel leidend, traf ihn vor zwei Monaten der
Verlust einer Schwester sehr hart; er ließ es sich, trotz seiner
angegriffenen Gesundheit, nicht wehren, eine beschwerliche Reise in das
Elsass zu unternehmen, um seinen Schwager und dessen Kinder zu trösten. Hier
nahm die Krankheit einen gefährlichen Charakter an; nichtsdestoweniger
bestand er darauf, nach Paris zurückzukehren. Noch im Eisenbahnwaggon fühlte
er sein Ende herannahen und betete die Sterbegebete; in Paris angekommen,
musste man ihn aus dem Waggon in den Wagen tragen, der ihn in seine Wohnung
führte, wo er alsbald seinen Geist aushauchte.
An dem Leichenbegängnisse beteiligten sich circa 15.000 Personen; viele
Rabbiner und Repräsentanten von Gemeinden waren aus allen Provinzen
herbeigeeilt. Den Zipfel des Leichentuches trugen der Präsident des
Consistoire central Obrist Cerfbeer (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Max-Th%C3%A9odore_Cerfberr), der Präsident des Pariser
Consistoriums Baron Gustav von Rothschild (vgl.
https://fr.wikipedia.org/wiki/Gustave_de_Rothschild), der Präsident des
Konsistoriums von Metz Aron Caën und
der Präsident des Konsistoriums von Nancy Levylier (vgl.
https://www.geni.com/people/Joseph-Levylier/6000000019607830039). Die Leiche wurde zuerst
in die mit schwarzer Draperie verhüllte und von tausenden von Kerzen
erleuchtete Synagoge gebracht; hier hielt der Oberrabbiner von Paris, Herr
Isidor, eine ergreifende Trauerrede, in welcher derselbe die hohen
Verdienste bis Dahingeschiedenen schilderte. – Die Leiche wurde darauf nach
dem Friedhof er auf dem Mpntparnasse gebracht, dem Wunsche des Verblichenen
gemäß, der hier in der Nähe seiner Mutter zu ruhen wünschte. Am Grabe
sprachen die Herren Obrist Cerfbeer, Trenel, Direktor des
israelitischen Seminars, Libermann, Oberrabbiner von Nancy, und Mayer,
Direktor des Waisenhauses.
Die Arch. isr., denen wir die oben stehenden Daten entnehmen, erzählen, dass
Herr Ullman - er ruhe in Frieden - einfach gelebt hat und dass er
gestorben ist, ohne Vermögen zu hinterlassen. Die große Wohltätigkeit des
Verblichenen erlaubte ihm nicht, von seinem mäßigen Gehalt Etwas zu
erübrigen. Möge das Consistoire central das Andenken seines würdigen
Oberhirten dadurch ehren, dass es seiner Witwe eine angemessene Pension
aussetzt!
Wir sagten oben, der Tod Ullmans sei ein schmerzlicher Verlust; es gilt
dieses namentlich für unsere Glaubensgenossen in Frankreich. Wer wird dort
den Betrauerten ersetzen? Bis heute trug das französische Judentum offiziell
einen orthodoxen Charakter. Wird das auch künftig so bleiben? – Hoffen wir
das Beste, hoffen wir, dass mit dem Personenwechsel nicht auch ein Wechsel
des Systems eintrete, dass vielmehr im Geiste des Heimgegangenen fortgewirkt
werde, damit sich erfühle das Wort (hebräisch und deutsch:) das
Andenken des Gerechten gereicht zum Segen!" |
|
Artikel
in "Illustrierte Monatshefte für die gesamten Interessen des Judentums" II
Heft 2 November 1865: "Salomon Ullman. Am 5. Mai 1865 starb zu Paris
in noch nicht vollendetem 59. Lebensjahr Frankreichs Großrabbiner Salomon
Ullmann, Ritter der Ehrenlegion, Mitglied des Oberrats des kaiserlichen
Prinzen.
Ullman gehörte zu jenen, namentlich im heutigen Frankreich so seltenen
Naturen, die in ihrem Wirken, in der Verwirklichung ihres Strebens den
schönsten Lohn desselben suchen und finden, die es verschmähen, nach der
momentanen, dem denkenden Blick stets wertlos erscheinenden Anerkennung des
Publikums zu haschen und ihren Namen mit dem zweifelhaften Glorienschein der
Reklame zu umgeben.
Der erste Zögling des 1832 in Metz gegründeten Rabbinerseminars, begleitete
er zuerst das Rabbinat von Lauterburg, später das Großrabbinat zu Nancy. In
dieser wie in seiner späteren Stellung als Großrabbiner von Frankreich (mit
dem Sitz in Paris) verwaltete er sein Amt mit unermüdlicher Tätigkeit, mit
gereifter Einsicht und jener Weihe, jenem Interesse, welche nur wahren
Priestern eigen sind; reiches und gründliches theologisches Wissen stand ihm
dabei zur Seite.
Sein Leichenzug vereinte die berühmtesten Namen des gegenwärtigen
französischen Israel." |
Rabbiner Simone-Adolph Ury wechselte von Lauterburg nach
Brumath (1885)
Anmerkung: Rabbiner Simon-Adolphe Ury (Uhry) (geb. 1849 in
Niederbronn, gest. 1915 in
Straßburg): war 1874/75 Rabbiner in Lauterburg, 1885 als Nachfolger von
Salomon Lévy Rabbiner in Brumath,
gleichzeitig Dozent am Rabbinerseminar Straßburg; 1890/91 bis 1899 Oberrabbiner
des Konsistoriums von Lothringen in Metz, seit 1900 Oberrabbiner des
Konsistoriums des Unterelsass in Straßburg. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Ury.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Mai 1885: "Aus dem
Reichslande, im April (1885). Es sind jetzt mehrere Rabbinate im
Reichslande vakant. Vor Allem das Oberrabbinat von Metz durch den Tod des
seligen Herrn Bigard, die Rabbinate von
Bisheim, Cernay,
Durmenach,
Hegenheim
und Seppois-le-Bas. Dagegen
sind zwei Rabbinate besetzt worden,
Sultz
durch Herrn Roller und Brumath durch
Herrn Ury, früher Rabbiner von Lauterburg. Für Metz denkt man an
Herrn Weill, Rabbiner von Pfalzburg, wo auch der selige Bigard Rabbiner
gewesen." |
Oberrabbiner Ury wird in sein Amt
in Straßburg eingesetzt (1900)
Artikel in "Der Israelit" vom 22. Februar 1900: "Straßburg im Elsass,
18. Februar. Sonntag Nachmittag halb vier Uhr fand die feierliche
Installierung des Herrn Oberrabbiners Uri in der von hunderten
elektrischen Glühlampen festlich beleuchteten Synagoge statt. Sämtliche
Räume, besonders die Frauengalerie waren voll besetzt. Einige auswärtige
Rabbiner wohnten der Feier im Ornat bei. Als Vertreter der Stadt war
Bürgermeister Back, Polizeipräsident Dall, sowie einige weitere höhere
Beamte anwesend. Nachdem der Herr Oberrabbiner von den Mitgliedern des
Konsistoriums, des Synagogenrats, in die Synagoge geleitet war, verlas
Dr. Levi, der Präsident des Konsistoriums, die Anstellungsurkunde und
schloss mit dem Wunsche, dass Oberrabbiner Uri diese Stelle, die ihm heute
übertragen werde, lange und stets zum Wohle der Gemeinde begleiten möchte
möge. Dann wurde das 'Matofulied' von Herrn Kantor Kahn gesungen.
Weiter sang der gut geschulte Chor das 'Danklied zu Gott'. Hierauf bestieg
Oberrabbiner Uri die Kanzel, dankte und hielt die Festrede, in welcher er
betonte, dass er sich als Seelsorger stets bestreben werde, allen
Anforderungen seiner Gemeinde zu entsprechen. In rührende Weise gedachte er
seiner Vorgänger, der selige Oberrabbiner Aaron und J. Weil. Letzterem sei
er nach Lauterburg, Metz und Straßburg gefolgt. Wenn er ihm jetzt
nach Straßburg folge, dann sei es unbestritten das letzte Mal. Seine Rede
endete mit einem Gebete." |
Zum Tod von Oberrabbiner Simone-Adolf Ury (1874/75 bis
1885 Rabbiner in Lauterburg, gest. 1915 in Straßburg)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1915: "Straßburg im
Elsass, 29. August (1915). Am 24. August verschied nach kurzem
Krankenlager Oberrabbiner Adolf Ury. Mit ihm verliert die hiesige
Gemeinde einen von hohem Idealismus erfüllten Seelsorger, den Pflichttreue
und unermüdlicher Fleiß, Herzensgüte und Friedensliebe in gleicher Weise
auszeichneten. Sowohl in der Gemeinde wie als Vizepräsident des
Konsistoriums des Unter-Elsass und zahlreicher jüdischer und
interkonfessioneller Körperschaften und Anstaltsverwaltungen entfaltete er
eine überaus vielfältige und segensreiche Tätigkeit, die ihm die
Wertschätzung und Liebe der ganzen hiesigen Gemeinde und des ganzen
Konsistorialbezirkes und die Achtung und das Vertrauen seiner Mitbürger ohne
Unterschied des Glaubens erwarb. 1854 in
Niederbronn im Elsass
geboren, hatte Ury das Gymnasium in
Buchsweiler, dann das Rabbinerseminar in Paris besucht, wirkte als
Rabbiner zuerst in Lauterburg, später in
Brumath, von wo er auch
gleichzeitig an dem früher hier befindlichen Rabbinerseminar als Lehrer der
Exegese tätig war; bis 1900 war er sodann Oberrabbiner in Metz, in welchem
Jahre er hierher berufen wurde. Als an Stelle des Landesausschusses der
elsass-lothringische Landrat trat. wurde er als Vertreter der drei
Konsistorien in die Erste Kammer gewählt; er gehörte außerdem u.a. dem
Bezirksunterrichtsrat und dem Armenrat der Stadt Straßburg an und war Ritter
des Roten Adlerordens 4. und Kronenordens 3. Klasse. An der am Freitag
erfolgten Beerdigung nahmen u.a. der stellvertretende Kommandierende
General, ein Vertreter des Kaiserlichen Statthalters, des Ministeriums,
aller kirchlichen, staatlichen und städtischen Behörden teil. Bei der
Trauerfeier in der Synagoge schilderten der hiesige Rabbiner Dr. Marx
und Ober-Rabbiner Dr. Netter - Metz Charakter und Wirken des
Entschlafenen. In der Leichenhalle des
neuen israelitischen Friedhofes
sprachen sodann noch der Präsident des Unterelsässischen Konsistoriums,
Justizrat Dr. Schmoll im Namen des Konsistoriums, der Gemeindeverwaltung und
sämtlicher jüdischer Vereine und Anstalten; Bankier Mannheimer für
das Oberelsässische Konsistorium, Fabrikant Bing für den
Fürsorgeverein für entlassene Strafgefangene; Rabbiner Dr. Levy - Hagenau
als ältester Rabbiner im Namen der Berufsgenossen und Rabbiner Dr.
Dreyfuß - Saargemünd für die Familie." |
Weitere Berichte zu seinem Tod auf der
Seite zu Brumath.
|
Rabbiner Dr. Benjamin Meyer wurde
zum Rabbiner von Lauterburg gewählt (1889)
Mitteilung
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. September 1889: "Im
Elsass ist Herr Isidor Dreyfus zum Rabbiner von
Fegersheim
und Benjamin Meyer zum Rabbiner von Lauterburg gewählt worden.
|
|
Mitteilung in den "Populär-wissenschaftlichen Monatsblättern" vom 1.
Dezember 1889: "In Fegersheim wurde Herr Israel Dreyfus und in
Lauterburg Herr Benjamin Meyer zum Rabbiner gewählt. " |
Rabbiner Dr. Benjamin Meyer bewirbt
sich (vergeblich) auf das Rabbinat Brumath
(1891)
Artikel
in der "Israelitischen Wochenschrift" vom 15. Januar 1891: "Elsaß. Zu
dem erledigten Rabbinat in Brumath
haben sich die Rabbiner Roller - Dambach,
Dreyfus - Fegersheim, Mayer -
Lauterburg und Lazarus - Westhofen
gemeldet." |
Rabbiner Dr. Isaak Albert Lévy
(bisher Lauterburg) wird Rabbiner in Brumath (1900)
Anmerkung: Rabbiner Dr. Isaak
Albert Lévy (geb. 1864 in Quatzenheim,
gest. 1921 in Brumath) besuchte die Rabbinerpräparandenschule in Colmar und das
Jüdisch-theologische Seminar in Breslau, danach die Universität Straßburg
(Promotion 1891). 1895 bis 1900 war er Rabbiner in Lauterburg, ab 1900
Rabbiner in Brumath. Nach dem Biographischen
Handbuch der Rabbiner II,1 S. 384 soll er von 1899-1901 Rabbiner in
Marmoutier gewesen sein, doch ist das
nicht mit der Pressemitteilung im "Israelit" in Einklang zu bringen.
Mitteilung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August
1900: "Der jetzt in Lauterburg amtierende Rabbiner ist zum Rabbiner
in Brumath ernannt worden." |
Zum Tod der aus Lauterburg
stammenden Frau von Oberrabbiner Ury (Straßburg, 1913)
Anmerkung: es handelt sich um Alice Ury geb. Auscher, eine Tochter von
Bernard Auscher und Voegel geb. Blum, vgl.
https://www.geni.com/people/Alice-Ury/6000000026750249326.
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 21. Februar 1913: "Elsass-Lothringen.
Straßburg. In der Nacht vom letzten Samstag auf Sonntag verschied Frau
Oberrabbiner Ury nach einer schmerzlichen Krankheit. Ihr Tod bedeutet nicht
nur für die Familie einen schweren unersetzlichen Verlust, sondern wird von
der gesamten Gemeinde Straßburg, besonders deren Wohltätigkeitsanstalten und
humanitären Vereinen als eine große Lücke empfunden. Die Beerdigung
gestaltete sich zu einer mächtigen Trauerkundgebung. Im Trauerhause entwarf
Herr Rabbiner Dr. Marx ein treffendes Bild von dem unermüdlichen Wirken der
Verstorbenen, besonders auf dem Bild der Wohltätigkeit. In längerer Form
vollendeter Rede brachte hierauf Herr Oberrabbiner Dr. Netter den Dank der
jüdischen Gemeinde Metz, sowie des dortigen Damenvereins, und schilderte die
Verstorbene als die würdige und verständliche Mitarbeiterin ihres Gatten.
Herr Dr. med. Schmoll sprach im Namen des Verwaltungsrates des
Mädchenwaisenhauses, des Wöchnerinnenvereins 'Maternité', des
Schuldamenvereins, der Körperschaften, in deren Dienst die Verblichene ihre
stets energische und dabei liebevolle Persönlichkeit gestellt hatte. Hierauf
setzte sich der unübersehbare Trauerzug in Bewegung. Voran schritten die
Zöglinge des israelitischen Mädchenwaisenhauses mit ihren Leiterinnen. Es
folgten die Damenkomitees der wohltätigen Vereine und Anstalten - auch eine
Damendelegation aus Metz hatte sich eingefunden – sowie die israelitischen
Lehrerinnen. In dem großen Trauergeleite, dass dem Leichenwagen folgte,
bemerkte man Herren des Konsistoriums, fast sämtliche Rabbiner des Landes,
Vertreter der Synagogenkommission und der verschiedenen Wohlfahrtskomitees.
In der Leichenhalle des Friedhofs sprach der gebeugte Gatte, Herr
Oberrabbiner Ury, ein ergreifendes Abschiedswort, dass alle Anwesenden aufs
Tiefste erschütterte und zu Tränen rührte. – Die Verstorbene Ury entstammte
der bekannten Familie Auscher in Lauterburg, wo ihr seliger Vater
lange Jahre Gemeindevorstand gewesen war. Der wohltätige Sinn, der von jeher
diese Familie ausgezeichnet hatte, war auch ihr Erbteil, womit sie eine
ungewöhnliche Intelligenz und Energie verband. Möge der schwer geprüfte
Gatte, dem wir unsere herzliche Anteilnahme entgegenbringen, in der
Betätigung seines hohen Berufes Kraft und Trost finden." |
|
Artikel in "Neue jüdische Presse" vom 21. Februar 1913: "Straßburg. Die
Gattin des hiesigen Oberrabbiner Ury, eine geborene Auscher aus
Lauterburg, ist nach kurzem Leiden verschieden. Sie war ein guter
Mensch und hat sich in den vielen tropischen Institutionen in der Gemeinde
sehr verdient gemacht. – " |
Rabbiner Dr. Schwarz referiert über
"Religions- und Moralunterricht" (1909)
Artikel
in "Neue jüdische Presse" vom 18. Juni 1909: "Straßburg. Die
Generalversammlung des elsässisch lothringischen Rabbinerverbandes
beschloss eine Petition an die 'Kommission des Landausschusses für die
Pfarrerbesoldungsvorlage', in der sie Gleichstellung der Rabbiner mit den
protestantischen Geistlichen verlangt. Es wurde ferner beschlossen, falls
sich eine strengere Beaufsichtigung der Mazzosbäckereien nicht durchführen
lasse, die Aufsicht ganz fallen zu lassen und dies den Gemeinden bekannt zu
geben.
Rabbiner Dr. Schwarz - Lauterburg hielt auf der Generalversammlung
ein Referat über 'Religions- und Moralunterricht'. Er führte aus: Die
Verlangen nach Ersetzung des Religionsunterrichts durch einen
akonfessionellen Moralunterricht setzt dreierlei voraus: 1) dass es einen
akonfessionellen Moralunterricht gebe, 2) dass er in die Schulen als
Unterrichtsgegenstand eingeführt werden soll und 3) dass er den
Religionsunterricht ersetzen könne. Die dritte Voraussetzung ist auf alle
Fälle falsch, denn Moral ist nicht gleich Religion. Die zweite Voraussetzung
ist nicht unbedingt abzuweisen, falls nur 'akonfessionell' und nicht als
'antikonfessionell' aufgefasst werden; dann aber müsse Religionsunterricht
neben dem Moralunterricht erteilt werden. Die Hauptfrage aber bleibt, ob ein
akonfessioneller Moralunterricht möglich ist. Es frage sich dabei zunächst,
ob es eine akonfessionelle Moral gäbe? Utilitarismus und Eudämonismus
könnten dabei nicht in Betracht kommen, ernsthafter sei das Kantische
System, das übrigens ohne religiösen Abschluss nicht auskommt. Kant fordert
auch zuerst Moralunterricht. Es frage sich aber weiter, wie eine solche
Moral gelehrt werden sollte. Es gibt hierfür zwei Versuche. a) Kant gibt
selbst eine Anweisung dazu. Nach Verletzung eines Musterbeispiels, wie einem
zehnjährigen Knaben ein sittlicher Begriff beigebracht werden soll, kommt
der Redner zu dem Schluss, dass durch verstandesmäßiges Räsonnieren keine
moralischen Überzeugungen erzeugt werden können, sondern nur durch Gewöhnung
(Chinuch). Darum haben, wie bereits Samson Rafael Hirsch dargelegt habe,
alle Unterrichtsfächer, selbst die Mathematik der sittlichen Erziehung zu
dienen, hauptsächlich aber der Religionsunterricht. b) verwirklicht wurde
der Moralunterricht in Frankreich seit der Einführung der allgemeinen
Schulpflicht im Jahre 1882. Das französische Experiment ist aber eben nur
ein Experiment, ein Notbehelf. Entsprungen der Logik der Franzosen, die die
allgemeine Schule auch für alle allgemein benutzbar machen wollte. Das
Experiment ist aber ohne praktischen Wert; es ist auch nicht ein Schulbuch
geschaffen worden, von dem man behaupten können, es erfülle seinen Zweck.
Die Frage, ob Moral- oder Religionsunterricht zu erteilen sei, könne, so
schließt der Redner nur dahin beantwortet werden, dass der
Religionsunterricht allein zum Ziele führe." |
Neueinteilung der Rabbinatsbezirke
- Auflösung des Rabbinates Lauterburg (1909)
Artikel in "Der Israelit" vom 25. November 1909: "Aufgelöst werden durch die
Neueinteilung der Rabbinatsbezirke die bisherigen alten Rabbinate
Lauterburg, Maurmünster und
Quatzenheim und die dazugehörenden
jüdischen Gemeinden werden je nach ihrer Lage anderen Rabbinaten zugeteilt.
Dahingegen ist für Straßburg die Gründung eines zweiten Rabbinats
vorgesehen. Bei der Einteilung ist die Regierung von dem Grundsatz
eingegangen, die Rabbinatssitze womöglich in Kanton- und Kreishauptstädte zu
verlegen, so erklärt sich die geplante Verlegung der bisherigen
Rabbinatssitze von Dambach nach
Barr, von
Fegersheim nach
Erstein und von
Schirrhofen (statt Schirrhein) nach
Bischweiler…" |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibung der Stelle eines
Lehrer (1845)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. März 1845: "Anzeige.
Einige Gemeindemitglieder hier selbst wünschen einen jüdischen
unverheirateten geprüften Lehrer gegen ein Gehalt von 200 Talern jährlich
vom 1. Mai dieses Jahres zu engagieren.
Hierauf Reflektierende belieben
sich, unter Beilegung von Zeugnissen an mich zu wenden.
Lauterburg im März
1845. M. E. Santowski." |
Ausschreibung der Stelle des Vorbeters und Schochet (1904)
Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. März 1904:
"Lauterburg im Elsass. Vorbeter und Schächter per sofort. Gehalt Mark 840,
Nebeneinkommen Mark 300." |
Lob der jüdischen Schule unter Rabbiner Ullmann (1843)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Juni 1843: "Lauterburg,
eine treffliche Schule, in der der Rabbiner Ullmann selbst den
Religionsunterricht erteilt. Dieser ist so geliebt, dass, als er das
Rabbinat in Bayonne erhalten sollte, die Gemeinden sofort das freiwillig
zusammenschossen, was er dort an Gehalt mehr genossen hätte." |
Zum Tod von Abraham Asch, früher
Lehrer in Lauterburg (1907)
Artikel in "Der Israelit" vom 19. Dezember 1907: "Straßburg,
16. Dezember. Gestern Abend verschied nach kurzem Krankenlager Herr Abraham
Asch, langjähriger Sekretär des Israelitischen Konsistoriums, Inhaber des
königlichen Kronenordens, im Alter von 79 Jahren. Asch war hier eine
bekannte Persönlichkeit. Wer in irgendeiner Sache beim Konsistorium
vorstellig werden wollte, wandte sich vertrauensvoll an ihn und war sicher,
bei ihm das freundlichste Entgegenkommen zu finden. Asch war früher Lehrer
in
Lauterburg."
|
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Witwe Jeannette Weil wird für
"tugendhafte Handlungen" ausgezeichnet (1852)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. September 1852: "Zum
ersten Male finden wir in diesem Jahre einen israelitischen Namen unter den
für 'tugendhafte Handlungen' Belohnten. In dem Berichte des Herren Vitet an
die französische Akademie vom 20. August dieses Jahres wird eine Medaille
von 500 Fr. der Witwe Jeanette Weil, wohnhaft zu Lauterburg, erteilt. "
|
Babette Levy wird mit einem
Tugendpreis ausgezeichnet (1863)
Anmerkung: Zum Preis
https://fr.wikipedia.org/wiki/Prix_Montyon
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. August 1863: "Unter den
Montyon'schen Tugendpreisen, welche die französische Akademie dieses Jahr erteilt hat,
bemerkt man den Namen einer Jüdin, Frau Babette Levy in Lauterburg
(Oberrhein), die eine Medaille im Wert von 500 Frcs. als Belohnung für die Hingebung
empfangen hat, welche sie den jungen Kindern ihrer Schwester zu widmen nicht
aufgehört hat, obgleich sie selbst aller Hilfsquellen beraubt ist." |
|
Artikel in "Kalender und Jahrbuch für Israeliten" 1865 S. 200 ('Rückblick):
"Unter den Monthyon'schen Tugendpreisen, welche die französische
Akademie in diesem Jahre erteilt hat, bemerkt man den Namen einer Jüdin Babette Levy in
Lauterburg (Oberrhein), die eine Medaille im Wert von Fr. 500 als
Belohnung für die Hingebung empfangen hat, welche sie den unmündigen Kindern
ihrer Schwester zu widmen nicht aufgehört hat, obgleich sie selber aller
Hilfsquellen beraubt ist. Wollte man jedoch für Handlungen dieser Art Tugendpreise an Juden
austeilen, so würden auch die kolossalstem Fonds nicht
ausreichen, da die selbstverleugnende Liebe zu den Angehörigen eine alltägliche
Erscheinung im jüdischen Stamme ist. General Mylius hat einen Preis von 500
Francs für die beste
Abhandlung über die religiöse Toleranz ausgeschrieben." |
Herr Auscher wird für seine
Verdienste um die Hopfenzucht ausgezeichnet (1866)
Artikel in "Der Israelit" vom 27. Juni 1866: "Lauterburg
(Bas-Rhin.) Herrn Auscher wurde wegen seiner außerordentlichen
Verdienste um die Hopfenzucht eine silberne Medaille verliehen." |
Bei der Einweihung der Synagoge der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Straßburg spricht auch der Dichter Dr.
Pikard aus Lauterburg (1892)
Artikel in "Die jüdische Presse" vom 29. September 1892:
"Straßburg
im Elsass. 20. September (eigene Mitteilung). Was hingebungsvolle,
opferbeitete Glaubensbegeisterung auch unter den schwierigsten Verhältnissen zu
leisten vermag, das hat in wahrhaft bewunderns- und beherzigenswerter Weise die hiesige
Israelitische Religionsgesellschaft bewiesen. Kaum zehn Jahre sind verstrichen, seitdem
sie entstanden, und heute besitzt sie eine eigene vortreffliche Religionsschule, eigene
Schechita (koschere Schlachterei), Mikwah (rituelles Bad), Begräbnisstätte
und seit vorigen Donnerstag die Krönung des Werkes – ein herrliches
Gotteshaus, das in seinem äußeren Umfang der Mitgliederzahl der Gemeinde,
in seiner inneren Ausstattung der heiligen Bestimmung entspricht. Und die
freudige Genugtuung über das unter Gottes Beistand Erreichte bildete den Grundton der
Festtagsstimmung bei der am 15. dieses Monats vollzogenen Einweihung der
Synagoge, welche einen in jeder Hinsicht großartigen Verlauf nahm. Dieselbe
begann mit einer in ihrer schlichten Einfachheit doppelt ergreifenden Feier
in dem alten Betlokale, wo nach dem Mincha-Gebete Herr Rabbiner
Buttenwieser
tief empfundene Worte des Abschieds sprach, worauf die Torarollen nach dem
festlich geschmückten neuen Gotteshause gebracht wurden, woselbst sich die
gesamte Gemeinde,
zahlreiche christliche Notabilitäten, darunter Herr Polizeipräsident
Fechner, Polizeirat Zinsch etc. und auswärtige Gäste, die Herren
Rabbiner Dr. Bondi - Mainz, Samuel Straus
- Karlsruhe und andere, eingefunden
hatten. Während der unter Leitung des Herrn F. Klein stehende Knabenchor
Psalm 118,19 fg. intonierte, öffneten sich die mächtigen Flügeltüren,
und die Träger der 13 Torarollen, an ihrer Spitze Herr Rabbiner Buttenwieser
übertraten
die Schwelle. Nachdem unter den üblichen Gesängen, wobei Herr A. Durlach,
der freiwillig das Amt des Vorsängers versah, alle Hörer wahrhaft
entzückte, die Hakaphot vorgenommen und die Torarollen in die Heilige Lade
gestellt waren, bestieg Herr Rabbiner Buttenwieser die Kanzel, um in
formvollendeter, meisterhafter Weiherede unter Zugrundelegung von Psalm
118,22 in kurzen Strichen die Entwicklung der Religionsgesellschaft zu zeichnen,
dem Allmächtigen für das unter seinem Beistand Erreichte, der Gemeinde für ihre
opferbereite
Förderung des Werkes zu danken und dann mit dem Gebete für Seine Majestät
den Kaiser, für die Landesbehörden und die Beamten unserer Stadt
zu schließen. Das Anzünden der ewigen Lampe leitete der Herr Rabbiner mit
einer Darstellung der tiefsinnigen Bedeutung derselben ein, knüpfte daran
warm empfundene, aus unser aller Herzen gesprochene Worte gerechten Lobes
und Dankes für den Präsidenten der Religionsgesellschaft, Herrn David Levi,
und bat ihn, das Anzünden des Ner Tamid zu übernehmen. Daran schloss sich das
Maariv-Gebet, und mit dem Gesange von Psalm 150 fand die herrliche Feier
ihr stimmungsvolles Ende. An dieselbe reihte sich ein Festbankett, welches
etwa 120 Teilnehmer in gehobenster Stimmung bis in die späte Nachtstunde
vereinigt hielt. Den Reigen der Toaste eröffnete Herr David Levi mit einem
schwungvollen, begeistert aufgenommenen Trinkspruch auf seine Majestät den
Kaiser.
Herr Dr. Pikard - Lauterburg widmete sein Glas dem Statthalter,
Herr
Leburg dem
Präsidenten, Herr Rothschild dem Rabbiner, Herr Dr. Bondi - Mainz der
Religionsgesellschaft, Herr Picard dem Architekten, Herr Samuel Straus den
Frauen, Herr L. Mayer der Frau Rabbiner Buttenwieser, welche die
Feier durch ein herrliches Festgedicht verschönte. " |
|
Artikel in "Der Israelit" vom 4. Oktober 1892:
"Festgedicht zur Synagogeneinweihung in Straßburg im Elsass am 15.
September 1892. |
Mit Alten und mit Jungen an Gott geweihtem
Ort,
Lass ziehen uns zum Feste, so mahnte Moses Wort,
Zum Heiligtum walle der Gläub'gen fromme Schar
Und Knien betend nieder, erschauernd am Altar!
Die Stämme Jakobs zogen aus tiefer Knechtschaft Nacht,
Zur Freiheit unter Moses, trotz Pharaos stolzer Macht,
Zum Sinai durch die Wüste, wo ihm im Flammenblitz
Der Himmlische erschienen, aus hohem Wolkensitz.
Die Tora gab er Ihnen, lehrt schützen sie das Recht,
Mit gleicher Liebe lieben, den Bruder und den Knecht,
Dass einzig über
Sternen für alle Menschen thront
in Ewigkeit ein Vater, der reich das Gute
lohnt.
Für diese Tora ließen sie ihres Herzens Blut,
Galt es, im Sturm der
Zeiten, zu wahren dieses Gut,
Ihr Banner wehte siegreich, durch Finsternis und
Tod,
bis dämmernd sanft erglühte der Gleichheit Morgenrot. |
Die schwarzen Wolken wichen von Judas frommer Schwell,
Der Glaubensfreiheit Sonne, erstrahlte wieder hell,
Sorglos im Tempel
betet, der Rabbi im Talar,
Denn schützend hebt die Schwingen der Hohenzollernaar.
Mag zeitweis' gierig lauern, der Neid mit Schlangenblick,
Die Lüge frech sich spreizen, zu ändern das Geschick;
Der Glauben unserer
Väter, sei Zuflucht uns und Hort,
Wir zagen nicht und bauen auf Gottes und
Kaiser Wort.
Drum Brüder, schickt zum Himmel ein feurig Dankgebet,
Wo unterm Schutz des Kaisers, das Gotteshaus euch steht,
Lehrt beten Eure Kinder zu Gott jahrein, jahraus,
Wie es die Tora fordert, für's Wohl des Kaiserhaus.
Verfasst und vorgetragen von Dr. H. Picard,
praktischer Arzt, Lauterburg.
|
Der Dichter" Dr. Pikard aus
Lauterburg redet zum 25-jährigen Amtsjubiläum von Rabbiner Buttenwieser (1912)
Artikel in "Die jüdische Presse" vom 18. Oktober 1912:
"Straßburg im Elsass, 15. Oktober. Zu einer Reihe von
Festtagen, wie sie unsere israelitische Religionsgesellschaft seit den Tagen
der Einweihung ihrer neuen Synagoge vor 20 Jahren nicht erhebender gefeiert
hatte, gestaltete sich das 25-jährige Amtsjubiläum unseres hochverehrten
Herrn Rabbiners J. A. Buttenwoeser - sein Licht leuchte - am
vergangenen Schabbat Noach. Von einer Einmütigkeit und
hingebungsvollen Liebe, die ein gleich ehrendes Zeugnis für den Jubilar wie
die Gemeinde ablegte, sprachen die festlichen Veranstaltungen, die schon in
fieberhafter Tätigkeit seit Wochen vorbereitet wurden. Der Gesamtvorstand
erschien Freitag Nachmittag in der Wohnung des Jubilars, um ihn zu
beglückwünschen und im Auftrage der Gemeinde eine Ehrengabe zu überreichen.
Der Vorstand geleitete dann den Herrn Rabbiner in die Synagoge. Dort wurde
der Jubilar vom Festkomitee feierlich begrüßt und in die festlich
geschmückten Synagoge geführt. Am Schabbat Früh fand ein
Festgottesdienst statt, an dem auch eine große Zahl von Bekannten und
Verehrern des Jubilars außerhalb der Religionsgesellschaft teilnahmen sowie
Deputationen von verschiedenen hiesigen Vereinigungen. Auch das Rabbinat und
Vorstand der hiesigen Konsistorial-Gemeinde waren erschienen. Als Vertreter
der Religionsgesellschaft richtete Dr. med. F. Hausmann eine Ansprache. Er
wies darauf hin, dass das heutige Fest ein Doppeljubiläum für unsere
Gemeinde bedeute, die Religionsgesellschaft kann heute auf ihr 30-jähriges
Bestehen zurückblicken. In markanten Zügen entwarf der beliebte Redner ein
anschauliches Bild von der Gründung der Religionsgesellschaft und von den
ganz außergewöhnlichen Kämpfen, welche die kleine Schar zu bestehen hatte.
Diese Gelegenheit des Doppel-Jubiläums gab dem Vorstand einen willkommenen
Anlass aufgrund des im Archiv der Religionsgesellschaft aufbewahrten
Aktenmaterials die 'Geschichte der Gründung der israelitischen
Religionsgesellschaft zu Straßburg im Elsass' herauszugeben.
Da nun annähernd ein Menschenalter verflossen ist und somit
die damaligen Vorgänge bereits der Geschichte angehören, verfolgt diese
Publikation den Zweck der heranwachsen Generation ein Bild von den Zielen
und dem Streben der Gründer der Religionsgesellschaft zu geben. In
formvollendeter Weise entwarf der glänzende Redner ein Charakterbild unseres
Herrn Rabbiner. Er zeichnete ihn als eine zielbewusste, starke aber von
wahrer Friedensliebe erfüllte Persönlichkeit. Als einen begeisternden Lehrer
nicht nur für die Jugend, sondern auch als einen Lehrer und Künder des
Gotteswortes für die Erwachsenen, zu dem seine Gemeinde mit Verehrung und
Liebe aufblickt. 'Seines Geistes haben wir einen Hauch verspürt'. Die
eigentliche Festrede hielt Herr Rabbiner Dr. Cohn - Basel. In geistreicher
Ausdeutung der Worte der Sidre (Wochenabschnitt aus der Tora) und des
Midrasch feierte er den Jubilar als einen Isch Zadik Tamim haja
bedarchow; er wies darauf hin, dass es dem Jubilar vergönnt war, zu den
Füßen der größten Männer unserer Zeit zu sitzen, so des alten Würzburger
Raws - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen - und der
weltbekannten Gaonim zu Pressburg und als einen würdigen Schüler
dieser großen Männer bezeichnet werden kann. Es würde zu weit führen, all
das Schöne und Herrliche, welches der so bekannte glänzende Redner
ausführte, wiederzugeben. Nur das eine wollen wir noch erwähnen, dass der
Redner in so trefflicher Weise das harmonische Wesen des Straßburger
Rabbiner-Hauses schilderte. Den Ausspruch der 'Sprüche der Väter' jehi
Beitcha patuach... deutete der Festredner, dass sein in echt jüdisches
Haus auch offen stehen nicht nur den Bedrückten und
Beengten, sondern auch denen die in der Befriedigung ihrer Lebensbedürfnisse
sich nicht einengen müssen und dass in diesem Hause so viele der
akademischen Jugend sich so gerne heimisch fühlen. Der Festredner feierte
dann die Bedeutung des Herrn Rabbiner Buttenwieser für das religiöse
Judentum unserer Zeit. An allen ernsten Fragen gerade in unserer religiös so
bewegten Zeit nahm der Jubilar stets tatkräftigen und mitbestimmenden
Anteil. Im Anschluss daran überbrachte Rabbiner Dr. Cohn im Auftrag der
'Freien Vereinigung', deren Mitbegründer der Jubilar ist und dessen
Ausschuss er heute noch angehört, deren Glückwünsche. Die beste
Charakteristik des Jubilars fand der Festredner in den Dichterworten: 'Nehmt
alles nur in allem er ist ein Mann'. Tief bewegt betrat Herr Rabbiner
Buttenwieser die Kanzel, um vor allem dem
Festredner seinen Dank auszusprechen. Buttenwieser glaubte aber vor allem darauf hinweisen
zu müssen, dass die Anerkennung für die Entwicklung der Religionsgesellschaft
den Männern gebührt, die unter so außerordentlich schwierigen Verhältnissen
und in so hingebungsvoller Weise ein festes Fundament errichteten, auf dem
er selbst dann später vereint mit den Gründern des Ezchaim den Aufbau und
den Ausbau der Religionsgesellschaft ermöglichen konnte. Unser Rabbiner
sprach es noch aus, welche Richtlinien er sich für sein Rehwirken gesetzt
hatte, als er durch das Vertrauen der Gemeinde an dieser Stelle berufen
wurde. Dass ich die Worte des Propheten gewählt: 'HaÄmät we HaSchalom
ahewu', sich
im Dienst der Wahrheit zu stellen, des Ämät, der in Tora Ämät niedergelegt
ist und keinen Schalom auf Kosten des Ämät zu erstreben jedoch, wenn der
Ämät gefestigt ist dann den Schalom mit allen Kräften zu erstreben. Er fügte
hinzu, dass jetzt, nachdem schon der größere Teil eines Jubel überschritten, er ruhig und vertrauensvoll, es beurteilen lassen darf, ob er
seiner Devise treu geblieben ist. Er dankte allen den treuen Mitarbeitern.
Insofern
dankte er auch der kaiserlichen Regierung für das der Religionsgesellschaft
seit den Tagen ihres Werdens entgegengebrachte Wohlwollen. Der Gottesdienst
selbst trug einen festtäglichen Charakter. Die Leistungen unseres Kantors
und des ihn unterstützenden Chores fand bei allen die ungeteilte
Anerkennung. Den Abschluss der Festlichkeiten, die sich zu einer echten
Familienfeier für die ganze Gemeinde gestaltete – betrachtete doch jeder
einzelne diesen Tag als einen ihn persönlich angehenden Festtag – bildete
ein fast zweihundert Personen besuchtes Festbankett im Palast-Hotel Rotes Haus. Nachdem der Jubilar und die
zahlreich erschienenen Ehrengäste im feierlichen Zuge unter den Klängen der
Musik eingezogen waren, begrüßte das Festkomitee die Gäste und legte
zugleich im Namen der 'Jungen' das feierliche Gelöbnis ab. im Geiste der
Gründer und jetzigen Führer der Religionsgesellschaft zu leben, wirken und
weiter zu bauen. Der Rede folgte ein von den bekannten Lauterburger Dichter
Dr. Picard verfasster Festprolog. Eine staatliche Zahl von ernsten
und heiteren Reden, teils
in Prosa, teils in gebundener Form würzten das Festmahl. Das Kaiserhoch,
das begeistert aufgenommen wurde, brachte der Präsident der
Religionsgesellschaft, Herr David Levi aus. Rabbiner Dr. Schiffer
- Karlsruhe, Rabbiner Dr. Wolf -
Bischheim und Rabbiner Dr. Plato - Hamburg
sprachen als Kollegen und Freunde des Jubilars. Verschiedene hiesige Vereine
waren vertreten und ließen durch ihren Vorstand klärende Ansprachen halten,
die von der vielseitigen segensreichen Wirksamkeit des Jubilars beredten
Ausdruck gaben. Im
launigen Toaste antwortete Herr Rabbiner Buttenwieser und in humorvoller
Weise wies er die Bedeutung des Rabbiners als einer Null nach, nicht einer
bedeutungslosen Null, sondern einer Null, die aus den Einern das zehnfache
macht, ohne eine ihm gleichgestimmte und mit ihm schaffende Gemeinde ist er
eine Null, gleicht der Rabbiner einem Feldherrn ohne Armee. An all dem
großen, was geleistet wurde, gebührt der Gemeinde der gleiche Anteil, und so
gebührt der Dank der seiner Wirk..." |
Der aus Lauterburg stammende Prof.
Dr. Ernst Levy tritt in den Ruhestand (Straßburg 1916)
Anmerkung: Ernst Levy (geb. 5. März 1864, gest. 1919) studierte in Strassburg
und Paris als Schüler von Naunyn und des Instituts Pasteur (Duclaux), 1887
promoviert, wurde Privatdozent 1891, a. o. Prof. 1897 und wurde anschließend
Adjunkt am Institut für Hygiene der Univ. Strassburg. Er veröffentlichte u.a.:
»Grundriss der klinischen Bacteriologie« (Berlin 1894, 2. Aufl. 1898) – »Bacteriologisches
und Klinisches über pleuritische Ergüsse« (Arch. f. exper. Path. u. Pharmak.
XXVII) – »Über die Mikroorganismen der Eiterung. Ihre Specificität, Virulenz,
diagnostische u. prognostische Bedeutung« (Leipzig 1891, Habitilationsschr.) –
»Über Sepsinvergiftung und ihren Zusammenhang mit Bacterium Proteus« (Arch. f.
exper. Path. und Pharmak. XXXIV) – »Ein neues aus einem Fall von Lepra
gezüchtetes Bacterium aus der Klasse der Tuberkelbacillen« (Arch. f. Hygiene,
XXX) – »Bacteriologisches Notiz- und Nachschlagebuch« (Strassburg 1897) – »Über
die Actinomycesgruppe (Actinomyceten) und die ihr verwandten Bacterien« (Cbl. f.
Bakteriologie, XXVI), sowie zahlreiche andere Arbeiten und »Maladies de la
plèvre« (In Traité pratique de médecine de Bernheim et Laurent Paris 1895). Vgl.
http://worldcat.org/identities/viaf-40161950/
Artikel
in "Der Gemeindebote - Beilage zur 'Allgemeinen Zeitung des Judentums'" vom
14. Januar 1916: "Professor Dr. Ernst Levy, Extraordinarius für
soziale Hygiene an der Straßburger Universität, ist aus
Gesundheitsrücksichten in den Ruhestand getreten. Dr. Levy ist 1864 zu
Lauterburg (Elsass) geboren. Seine zahlreichen Schriften betreffen das
Gebiet der praktischen Bakteriologie, ferner Hygiene der
Infektionskrankheiten, schließlich insbesondere Morphologie und Biologie der
Strahlenpilze, der Rotz- und Tuberkelbazillen. Sein Grundriss und Leitfaden
der Bakteriologie erschien in mehreren Auflagen. Professor Levy ist zur Zeit
beratender Hygieniker des 15. Armeekorps. " |
|
Artikel
in "Jüdische Volkszeitung" vom 14. Januar 1916: "Straßburg im Elsass.
Ernst Levy, Extraordinarius für soziale Hygiene an der Universität, ist
aus dem Lehrkörper ausgeschieden.
1864 zu Lauterburg (Elsass) geboren, wurde Levy 1891 Privatdozent für
Hygiene und Bakteriologie. Als 1896 an der Straßburger Universität unter
Professor Förster ein Institut für Hygiene und Bakteriologie gegründet
wurde, bekam Levy an demselben die Stellung als Adjunkt, womit auch die
Leitung der bakteriologischen Anstalt für Typhusbekämpfung im Elsass
verbunden war. 1897 erfolgte die Ernennung zum Extraordinarius, Ostern 1911
wurde ihm das neuerrichtete etatsmäßige Extraordinariat für soziale Hygiene
übertragen. Seine zahlreichen Schriften betreffen das Gebiet der praktischen
Bakteriologie, ferner Hygiene der Infektionskrankheiten, schließlich
insbesondere Morphologie und Biologie der Strahlenpilze, der Rotz- und
Tuberkulosebazillen. Sein Grundriss und Leitfaden der Bakteriologie erschien
in mehreren Auflagen. Levy ist zur Zeit beratender Hygieniker des XV.
Armeekorps." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige für Kläre Dreyfuss
und Dr. med. Julius Picard (1926), dazu Karte an Kläre Dreyfuss von 1922 und
Todesanzeigen (1986/1995)
Anmerkung: es handelt sich um Dr. Julius Picard, Sohn von Hermann Picard und
Hedwig geb. Hausmann, geb. 20. Oktober 1893 in Lauterburg. Er war verheiratet mit
Claire (Kläre) geb. Dreyfuss, eine geb. 16. Juni 1902 in Kaiserslautern
geborene Tochter des Arztes und Obermedizinalrates Dr. Isidor Dreyfuss (geb. 17.
Juli 1869 in Ingenheim) und seiner Frau
Martha Mathilde geb. Cahn (geb. 25. November 1879 in
Hachenburg). Im Juli 1926 gaben Kläre
Dreyfuß und Dr. med. Julius Picard ihre Verlobung bekannt und luden zum Empfang
am 24./25. Juli 1926 in die Jägerstraße 13 in
Ludwigshafen. Am Geburtstag 1926 ihres
Ehemanns heiratete Kläre Dreyfuß ihren Verlobten Dr. Julius Picard. Im September
1938 emigrierte das Ehepaar mit den beiden Kindern Hans Eli (geb. 13. Juli 1927
in Mainz) und Ernst Heinrich (geb. 24. Juli 1929 in Mainz) mit der SS "Laconia"
von Liverpool aus nach Boston. Julius Picard starb am 30. September 1986 in Fall
River, Bristol County, MA/USA; seine Frau starb am
4. Februar 1995 gleichfalls in Fall River, Bristol County, MA/USA.
Weitere genealogische
Informationen über
https://www.geni.com/people/Julius-Picard/6000000022963526530 und
https://www.geni.com/people/Claire-Picard/6000000022963345377.
Julius Picard family collection:
https://archives.cjh.org/repositories/5/resources/14158
Anzeige
in "Der Israelit" vom 8. Juli 1926: "Stadt Karten
Kläre Dreyfuss
Dr. med. Julius Picard
Verlobte
Ludwigshafen Jägerstraße 13,2
Lauterburg (Elsass) / Mainz, Parkusstraße 11,1
Empfang am 24. und 25. Juli 1926
Ludwigshafen, Jägerstraße 13." |
|
|
|
Postkarte an Frl.
Kläre Dreyfuß, Ludwigshafen am Rhein, Jägerstraße 13 -
versandt am 4. September 1922
(Karte aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim am Ries) . |
|
|
|
|
|
|
|
Todesanzeigen
in der Zeitschrift "Der Aufbau": Oktober 1986 bzw. Februar 1995 |
Sonstiges
Erinnerung an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert -
Grabstein für Sophie Klotz aus Lauterburg in New Orleans (ca. 1834 - 1895)
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd., aufgenommen.
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans für
"Sophia Klotz.
A Native of Lauterburg, Alsace.
Died April 7, 1895 Aged 61 years.
Meyer Lehman.
A Native of Boechingen, Bavaria
Died November 23, 1897.
Aged 76 years, 6 months, 6 days." |
Zur Geschichte der Synagoge
Um 1760 wurde eine erste Synagoge erbaut.
1852 konnte man eine neue Synagoge einweihen, die von einem Germersheimer
Architekten namens Flörschinger erbaut worden war.
Als im Juni 1940 Lauterburg von deutschen Truppen in Brand geschossen
wurde, brannte neben vielen anderen Gebäuden auch die Synagoge völlig aus.
Nach 1945 wurde die Synagogenruine abgebrochen; außer ein paar Steinen ist
nichts mehr von ihr vorhanden.
Adresse/Standort der Synagoge: 1
Rue des Pêcheurs
Fotos
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,1 S. 474-475.
|
|
Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 42.91.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust".
First published in 2001 by
NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by
Yad Vashem Jerusalem, Israel.
Lauterbourg (german Lauterburg)
Bas-Rhin dist., France. The Jews of Lauterbourg are first mentioned in the 13th
centruy. They suffered during the Black Death persecutions of 1348-49. In 1760,
a synagogue was constructed. The community numbered 89 members by 1784 and 293
in 1865. After the Franco-Prussian War of 1870-71, the Jewish population
declined. In 1900 there were only 64 Jews in Lauterbourg, dropping to 43 in
1936. During Worldwar II, the Germans expelled all to the south of France. In
1956, only ten Jews remained in Lauterbourg.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|